Straßenkönigs Tagebuch
 
 
 
 

Alles hat ein Ende - auch dieser herrliche Urlaub

Jetzt ist er vorbei, unser wundervoller Urlaub. Immerhin entlässt uns das Zillertal mit strahlendem Sonnenschein und bestem Sommerwetter wieder in den Alltag. Aber macht das die Abreise wirklich leichter? Nein, genauso wenig wie die herzliche Verabschiedung durch unsere Wirtsleute Melanie und Walter. Klar ist auf jeden Fall: Wir kommen wieder! Zum Entspannen, zum Genießen, zum Gleitschirmfliegen.

Natürlich geht es für mich mit meinem Straßenkönig nicht auf direktem Weg nach Hause. Das tolle Wetter muss ich einfach ausnutzen. Und so lenke ich die Road King hinauf zum Achensee, wundere mich wieder über die seltsame Geschwindigkeitsregelung auf der Straße entlang des Ostufers und tuckere gemütlich hinunter Richtung Grenze. Trotz Mariä Himmelfahrt, immerhin Feiertag in Österreich und Teilen Bayerns, ist kaum Verkehr unterwegs. Und zu meiner Freude ist die lange gesperrte Strecke über Kreuth hin zum Tegernsee wieder offen. Die Fahrbahn ist zwar gerade erst frisch asphaltiert, es gibt noch keine Markierungen und es liegt noch ordentlich Rollsplitt auf der Straße. Aber das soll mich nicht schrecken und ist immer noch besser als der Umweg über Bad Tölz.

So tuckere ich gemütlich im Rahmen der in der Baustelle vorgeschriebenen 50 km/h dahin - ein Tempo, das mir nicht zuletzt wegen des Splitts auf der Straße durchaus sinnvoll erscheint. Bis dann plötzlich ein Linienbus in meinem Rückspiegel auftaucht, der mit deutlich erhöhter Geschwindigkeit heranrauscht, eine Weile dicht hinter mir her drängelt und mich dann tatsächlich auch bei erst bester Gelegenheit überholt. Da muss aber jemand ordentlich Verspätung haben! Kurz ärgere ich mich über den Vorfall. Dann konzentriere ich mich lieber wieder auf die wichtigen Dinge des Lebens: Motorradfahren bei bestem Wetter in einer herrlichen Landschaft! So ziehen Tegernsee und Schliersee an mir vorbei, rolle ich von Bayerisch Zell hinüber nach Thiersee, schwinge mich hinunter nach Kufstein und wenig später von Sebi hinauf nach Sachrang, fahre weiter nach Aschau, um über Bernau, Rottau und Grassau nach Hause zu kommen.

Dort treffe ich zu meiner großen Überraschung fast zeitgleich mit meiner Rockerbraut ein. Die hat zwar mit dem Auto die direkte Route genommen, war aber noch bei einem Bäcker einkaufen und mit unserem Hund Gassi - auch ein angenehmer Zeitvertreib. Weniger angenehm ist allerdings das unvermeidliche Ausladen, Auspacken und Wegräumen des Urlaubsgepäcks - angesichts der Temperaturen an diesem 15. August eine ziemlich schweißtreibende Angelegenheit. Warum nur nehmen wir immer so viel Zeug mit in den Urlaub? Und warum kaufen wir dann im Urlaub auch noch ein, vor allem lokale Spezialitäten wie Speck oder schon besagte Backwaren?

Das muss kesseln

Nach einem biketechnischen Ruhetag gestern und vor der Heimreise morgen muss heute noch einmal eine schicke Tour unter die Weißwandreifen meiner Road King Classic kommen. Sie darf aber nicht zu lang werden. Denn heute Nachmittag wartet noch ein ganz besonderes Highlight auf meine Rockerbraut. Spätestens um 16 Uhr sollte ich deshalb wieder zurück im Hotel sein. Also schaue ich mir beim Frühstück die auf meinem Navi gespeicherten Tourenplanungen für diesen Urlaub genau an. Welche Strecke reizt mich heute? Und welche passt von der Länge her in mein zur Verfügung stehendes Zeitfenster? Nach einigem Hin und Her steht die Entscheidung fest: Die Kesselbergrunde soll es werden. Eine schöne Mischung aus Wohlbekanntem und Neuem. Und: Wegen des Fahrverbots für Motorräder am Kesselberg ab 15 Uhr muss ich für diese Tour sowieso die Uhr genau im Auge behalten!

Gleich nach dem Frühstück verschwinde ich also in der Tiefgarage, starte meinen Straßenkönig, rolle aus dem Zillertal hinaus und auf der gegenüberliegenden Talseite gleich hinauf zum Achensee. Dort fällt mir heute zum ersten Mal der Tempolimit-Irrsinn an der Seeuferstraße auf. Vielleicht war es mir ja bei den bisherigen Fahrten egal, weil ich keinen Zeitdruck hatte. Jetzt nervt mich dieses ständige Auf und Ab, weil die Strecke heute nur eine Transferetappe ist, die ich auf dem Weg zu meinem eigentlichen Ziel einfach schnell hinter mich bringen möchte. Kaum ist die Road King auf 80 km/h hochbeschleunigt, steht auch schon wieder ein 60er Schild am Straßenrand. Und habe ich dann brav abgebremst, darf ich auch schon wieder beschleunigen. Einen Sinn kann ich hinter diesem Schilderwald nicht entdecken. Wahrscheinlich hat irgendjemand im Ausverkauf oder bei sonst einer Rabattaktion 60er und 80er Tempolimitschilder eingekauft und völlig willkürlich entlang der Seeuferstraße aufgestellt.

Egal, trotz des Tempolimits ist die Fahrt entlang des Achensees irgendwann vorbei, ich überquere alsbald die Grenze nach Deutschland und biege gleich dahinter ab zum Sylvenstein-Stausee. Von dort geht es heute aber nicht Richtung Eng oder Wallgau, sondern weiter nach Bad Tölz. Zum Glück leitet mich mein Navi bei erster Gelegenheit weg von der Bundesstraße auf eine kleine Nebenstrecke, die mich erst hinter Bad Tölz wieder auf die Bundesstraße Richtung Bad Heilbrunn führt. Hier kann ich gut Strecke machen, genauso wie auf dem weiteren Weg über Benediktbeuren bis Kochel am See. Weil ich so gut in der Zeit liege, kann ich mir am Kochelsee sogar eine kleine Pause erlauben und den herrlichen Ausblick auf das Wasser genießen. Und während ich ein wenig am Ufer entlang spaziere, entdecke ich - im wahrsten Sinne des Wortes zu meiner großen Erleichterung - ein öffentliches Toilettenhäuschen. Zurück an meiner Road King fülle ich die entsorgte Flüssigkeit aus meiner Thermoskanne wieder nach und starte in Richtung des so viel gelobten Kesselbergs.

Wow! Alles, was ich über diese Strecke gelesen habe, finde ich heute bestätigt. Perfekte Kurven, ein durchaus brauchbarer Straßenbelag, dazu eine tolle Landschaft - das lässt mein Bikerherz deutlich höher schlagen. Als Harley-Pilot stört mich das Tempolimit von 60 km/h auch nicht wirklich. Und die Knie- und Ellenbogenschleiferfraktion ist heute zumindest in meiner Fahrtrichtung nicht unterwegs. Ganz im Gegenteil. Ich kann die Strecke fast ohne anderen Verkehr genießen. Und das tue ich auch in wohldosierten Schwüngen rund um diese herrlichen Kurven, die selbst für meine Road King wie gemacht scheinen. In sauberer Linie ziehe ich hoch bis zur Passhöhe und schwinge dann genauso elanvoll wieder die Kehren hinunter nach Urfeld.

Nach wenigen Metern am Ufer des Walchensees entlang lege ich auf einem kleinen Parkplatz erst einmal eine Pause ein - einerseits um die Eindrücke der letzten Kilometer Revue passieren zu lassen, andererseits um die wundervolle Aussicht zu genießen. Und tatsächlich ertappe ich mich bei diesem Stopp dabei, wie ich ernsthaft überlege, für eine Wiederholungsfahrt noch einmal umzukehren. Ein Blick auf die Uhr bestätigt mir zwar, dass ich das vor 15 Uhr - der Anfangszeit des Fahrverbots - noch schaffen würde. Allerdings stünde dann meine rechtzeitige Rückkehr ins Zillertal in Frage. Und so belasse ich es doch bei ein paar Schritten hinunter ans Wasser und ein paar Fotos, bevor ich mich wieder auf den Police-Seat meines Straßenkönigs schwinge und weiterfahre.

Die Weiterfahrt endet allerdings schon wieder kurz hinter der Ortschaft Walchensee. Ich muss hier einfach noch einmal auf den Parkplatz fahren und Fotos machen. Zu magisch ist die Aussicht auf den See. Deshalb biege ich auch wenig später auf die kleine Mautstraße in Richtung Jachenau ab. Wie erwartet, bieten sich mir nämlich auch von hieraus wieder grandiose Berg-und-See-Panoramen. Allerdings fahre ich die Strecke nicht durch, sondern pendle nur am Südufer entlang, mache Foto um Foto und wende am Seeende wieder. Mein Plan sieht ja schließlich vor, nicht wieder über den Sylvenstein-Stausee und den Achensee zurück ins Hotel zu fahren, sondern über Mittenwald, Seefeld und Innsbruck.

Ein blödes Vorhaben, wie sich bald herausstellen wird. Die Strecke bis Innsbruck ist zwar noch einmal ein durchaus akzeptables Vergnügen. Allerdings stellt sich die Stadtdurchfahrt bei immer schwüler werdendem Wetter als sehr zweifelhafter Spaß heraus. Scheinbar habe ich die rote Welle erwischt und darf an jeder Ampel im eigenen Saft schmoren. Aber da muss ich jetzt Wohl oder Übel durch. Immerhin geht die Weiterfahrt ins Zillertal so zügig voran, dass ich bald wieder auf eine Normaltemperatur abgekühlt bin. Und ich bin pünktlich zurück im Hotel.

Dort wartet meine Rockerbraut schon auf mich - und unser lieber Wirt Walter. Denn der singt und kocht nicht nur wunderbar, sondern ist auch Gleitschirmpilot, der für mutige Gäste Tandemsprünge anbietet. Und dieses Abenteuer steht heute Nachmittag für meine Rockerbraut auf dem Programm. Das Wetter ist ausgezeichnet und der Wind steht richtig für den ausgewählten Startplatz. Also springe ich schnell aus den Motorradklamotten raus und rein in einen bequemen Freizeitdress, schnappe mir den Autoschlüssel, helfe unserem Wirt bei Verstauen des ganzen Flugzubehörs im Kofferraum unseres Wagens und fahre die beiden Himmelsstürmer hoch zum Absprungplatz auf dem Reither Kogel. Dort angekommen, geht alles ganz schnell: Gleitschirm ausgepackt und auf der Wiese neben dem Auto ausgebreitet, das Fluggeschirr angelegt, Pilot und Mitflieger aneinandergekoppelt - bevor meine Rockerbraut sich versieht und richtig nervös werden kann, kommt schon das Kommando zum Loslaufen und die beiden schweben nach zwei, drei flinken Schritten in den Himmel über dem Zillertal davon. Ich fotografiere und filme im Motormodus meiner Kamera - zum Glück brauche ich hier ja nur das noch funktionierende Tele-Objektiv! - die Speicherkarte voll, bis der Gleitschirm einfach zu weit weg ist für vernünftige Bilder. Dann springe ich wieder hinter das Steuer und düse hinunter ins Tal zum vereinbarten Landepunkt.

Noch während der Abfahrt erreicht mich der Anruf, dass die beiden gut gelandet sind und ich sie aufsammeln kann. Am Landeort warten dann ein bestens gelaunter Walter und eine etwas blasse, leicht schwankende Rockerbraut und auf mich. Sie mussten den Flug früher als geplant abbrechen, weil sie in ihrer Begeisterung zu viel in der Gegend herumgeschaut hat, statt den Blick geradeaus zu halten und die Landschaft an sich vorbeiziehen zu lassen. Das hatte zu einem kleinen bisschen Übelkeit geführt, die allerdings nicht zum Ausbruch gekommen ist. Nur schwummrig ist ihr gerade. Zurück im Hotel und nach einem kühlen Spezi auf der Terrasse ist die Übelkeit aber schnell totaler Begeisterung gewichen. Schnell steht fest: Das war sicherlich nicht der letzte Flug meiner Rockerbraut! Das bestätigt sich im Laufe des Abends immer wieder, wenn wir die Fotos und Videos von ihrem Flug immer und immer wieder anschauen.

Auch ich komme dazu, von meiner tollen Tour zu berichten. Und erfahre dabei, dass meine Fahrt durch Innsbruck doppelt dumm war. Denn das Mautticket für die Strecke vorbei am Walchensee in Richtung Jachenau hätte auch noch für die Passage von Wallgau nach Vorderriss an diesem Tag gegolten. Kostenloses Fahrvergnügen wäre das gewesen statt Innenstadt-Durchfahrt-Schwitzerei. Na, dann weiß ich´s jetzt für´s nächste Mal!

Viel Spaß im Zillertal

Samstag ist Bettenwechseltag. Aber nicht für uns. Denn wir bleiben noch drei Nächte in unserem Lieblings-Biker-Hotel im Zillertal. Allerdings gibt mir unsere liebe Wirtin den dringenden Rat, das Tal heute am besten nicht zu verlassen. Für den Vormittag prophezeit sie Stau durch die abreisenden Gäste auf allen Ausfallstraßen, für den Nachmittag durch die neu ankommenden Urlauber dasselbe Spiel in umgekehrter Richtung auf den Zufahrtstrecken. Da solle ich doch lieber antizyklisch fahren: morgens rein ins Tal und am Nachmittag dann wieder raus, zurück ins Hotel, das nahe am Talanfang liegt. Also machen wir doch einfach aus der Not eine Tugend und besuchen die Highlights im Zillertal - auch wenn es Wiederholungstaten sind. Ich nehme die Zillertaler Höhenstraße und den von mir so sehr geliebten Zillergrund ins Visier.

Als ich nach einem leckeren Frühstück meine Road King in Richtung Talmitte und zum Einstieg in die Höhenstraße in Ried lenke, sehe ich gleich beim Einbiegen auf die Bundesstraße, was unsere Wirtin Melanie meinte: Auf der entgegenkommenden Fahrspur aus dem Tal heraus herrscht sehr, sehr zähfließender Verkehr mit streckenweise komplettem Stillstand. Ein end- und nahezu lückenloser Lindwurm aus Blech schiebt sich dem Urlaubsende entgegen. In meiner Richtung taleinwärts herrscht dagegen völlig freie Fahrt. Die endet auch beim Anstieg hinauf zur Zillertaler Höhenstraße nicht. Was mich sehr freut. Denn so kann ich die doch recht engen Kehren auf dem schmalen Sträßchen weitestgehend auf der Ideallinie nehmen. Ohne störenden Gegenverkehr ist es das pure Vergnügen, bis zur Mautstelle hinaufzuklettern. Schließlich gilt es, über sieben Zentner Harley plus zwei Zentner Fahrer auf Kurs zu halten - notfalls auch im Schritttempo und bei nicht unbedingt perfektem Asphalt.

Nach dem Entrichten der Mautgebühr - vergleichsweise lächerliche 5 Euro für die mich erwartenden 35 Kilometer Fahrspaß und die herrlichen Bergpanoramen - sind es noch ein paar Kurven durch den Wald, bis die eigentliche Höhenstraße erreicht ist und sich der Blick weitet auf die Zillertaler Alpenwelt. Fantastisch! Diese Aussicht begeistert und fasziniert mich immer wieder mit ihrer Mischung aus Weite und doch überall neu zu entdeckenden Ankerpunkten für das umherschweifende Auge. Das eher gemächliche Fahrtempo, das hier oben glücklicherweise herrscht, gibt mir auch die ausreichende Muße, das aus dem Sattel meiner Road King im Schleichgang zu genießen, ohne immer und immer wieder anzuhalten. Trotzdem: Eine Pause zur Stärkung muss natürlich sein. Deshalb halte ich an einem der Gasthäuser an der Höhenstraße an, erfrische mich mit einem Spezi, wandere ein bisschen umher, um Fotos zu machen, und lasse meinen Blick immer wieder auf den gegenüberliegenden Hang schweifen, wo die Straße entlang führt, die ich gleich unter die Räder nehmen werde. Dazu unterhält mich eine Blasmusikgruppe, die weit oberhalb des Gasthauses an einer kleinen Kapelle spielt.

Genau von dort drüben, wo ich soeben noch hin geschaut habe, blicke ich ein paar Minuten und wenige Gasstöße später zurück auf das Gasthaus und die hinter mir liegende Strecke. Und nicht nur das. Ich habe an diesem tollen Aussichtspunkt vor allem angehalten, um das einzigartige Panorama über das komplette Zillertal auf mich wirken zu lassen und mit der Kamera festzuhalten. Nachdem genügend Daten auf die Speicherkarten meiner Kamera und des Smartphones gewandert sind, starte ich meinen Straßenkönig für die letzte Etappe auf der Zillertaler Höhenstraße. Hoffentlich reichen diese Bilder, um diese Eindrücke, dieses Gefühl irgendwie für motorradlose Abende daheim zu konservieren!

Weiter geht es jetzt bis hinunter nach Hippach, wo ich nur kurz auf die Bundesstraße in Richtung Mayrhofen einschwenke, um sie sogleich wieder für mein nächstes Tagesziel, den Zillergrund zu verlassen. Der Brandbergtunnel ist schnell durchfahren, genauso schnell die Mautgebühr entrichtet. Und wie schon so oft bei meinen Reisen an diesen magischen Ort packt mich eine eigenartig ruhige, entspannte, meditative Stimmung gleich auf den ersten Metern nach der Einfahrt in das herrliche Seitental. Entsprechend langsam tuckere ich auf meiner Road King das Sträßchen entlang und sauge die wohlbekannten Ansichten der vorbeigleitenden Landschaft in mich auf. Allerdings fahre ich nicht bis ans Talende, sondern kehre kurz vorher im Gasthaus ein und gönne mir einen Kaiserschmarrn - obwohl ich mir sicher bin, im Hotel heute Abend noch mit einem vorzüglichen Menü verwöhnt zu werden.

Mit der süßen Köstlichkeit im Bauch mache ich mich dann auf den Heimweg, nicht ohne hier und da für ein paar Fotos anzuhalten - unter anderem auch an einem der anderen Gasthöfe entlang der Zillergrundstraße. Während ich dort mit meinem Smartphone herumlaufe und fotografiere, fällt mir eine abgestellte Harley auf, die mir schon bekannt ist. Ein anderes Gästepaar aus meinem Hotel ist damit unterwegs und kommt just in diesem Augenblick aus dem Biergarten zurück, um - wie sich schnell herausstellt - ebenfalls den Rückweg ins Hotel anzutreten. Und so fahren wir jetzt als Doppel die wenigen Kilometer zurück und haben natürlich am Abend beim Essen im Hotel so einiges von unserer heutigen Tour zu erzählen. Die war in meinem Fall zwar nur 100 km lang, hat aber trotzdem fast einen ganzen Tag in Anspruch genommen und war voller fahrerischer und landschaftlicher Highlights!

Auf die Spitze getrieben

Als ich gestern auf der Heimfahrt am Ötztal vorbeigefahren bin, ist mir die Ötztaler Gletscherstraße wieder eingefallen, die ich noch auf meiner Streckenwunschliste habe. Und während ich unten durch das Inntal tuckerte, habe ich so manch sehnsüchtigen Blick hinauf zum Kühtai geworfen. Was liegt also näher, als heute diese beiden Ziele anzusteuern?

Der erste Teil der Strecke ist inzwischen Routine. Schwaz und Wattens sind schnell durchfahren. Vor der Innbrücke hinter Volders verlasse ich die Bundesstraße, fahre einmal mehr durch den Torbogen zwischen der rechts von der Straße liegenden Kirche und dem ehemaligen Kloster auf der gegenüberliegenden Seite und mache mich über die wundervolle Nebenstrecke zuerst auf den Weg nach Tulfes und dann weiter nach Aldrans. Von hier geht es leider und unvermeidlich nach Innsbruck, das ich aber am südlichen Stadtrand über Völs bis Kematen umfahre. Endlich! Jetzt beginnt das pure Vergnügen: die Fahrt durch das Sellraintal hinauf zum Kühtai. Was für ein Spaß ist doch diese Auffahrt, die für mich einfach nie enden sollte! Diese Landschaft, die schöne, aber keineswegs anspruchsvolle Straße, die Kühe, Pferde und Esel auf und neben der Straße - das alles genieße ich einfach in vollen Zügen.

Irgendwann und viel zu schnell bin ich oben in Kühtai. In einem der wenigen geöffneten Restaurants und Cafés dieses Wintersportorts lege ich einen Pause ein und gönne mir ein Stück Sachertorte und ein Spezi. Damit dürfte der Blutzuckerspiegel für den Rest meiner heutigen Tour auf einem ausreichenden Level sein. Noch schnell die Blase geleert, dann kann es auch in dieser Hinsicht ungestört bis zum Tourenziel hoch über dem Ötztal weitergehen.

Aber zuerst kommt Genuss pur. Denn die folgende Straße von Kühtai über Ochsengarten hinunter nach Ötz gehört für mich zu den schönsten Strecken, die ich auf unseren bisherigen Touren unter die Weißwandreifen meines Straßenkönigs nehmen durfte. Entlang des Nederbachs schwingt sich das Sträßchen durch dieses Hochtal, vorbei an Wäldchen, Wiesen und natürlich immer wieder Kühen und anderem Vieh, das auf der Straße steht, als wäre sie nur dafür gebaut. Und dann erst die Abfahrt nach Ötz! Das ist das erste richtige Geschlängel für heute mit ordentlichen Kehren und engen Kurven. Was für ein Spaß!

Im Talgrund angekommen, lasse ich die Road King einfach durch das Ötztal bis Sölden rollen. Hier ist ohnehin viel zu viel Verkehr, um irgendwelche ambitionierten Fahrvorhaben umzusetzen. Vor allem in Sölden herrscht urlaubszeitgemäßer Trubel. Fußgänger und Radfahrer wechseln ohne Rücksicht und Vorwarnung die Straßenseite. Autos halten unvermittelt mitten auf der Straße an, um jemanden ein- oder aussteigen zu lassen. Das alles ist nervtötend und verlangt auf der kurzen Ortsdurchfahrt mehr Konzentration als der ganze herrliche Kurvengenuss über das Kühtai. Aber es ist bald geschafft. Denn gleich am Ortsende zweigt die Gletscherstraße mit einem starken Rechtsschwenk ab.

Was soll ich über den weiteren Verlauf der Strecke sagen? Die Fahrt hinauf zum Rettenbachferner ist wenig anspruchsvoll und ziemlich unspektakulär. Die Straße ist gut ausgebaut und verlangt mir fahrerisch kaum etwas ab. Auch der letzte Abschnitt durch den langen, schnurgeraden Rosi-Mittermaier-Tunnel hinüber zum Tiefenbachferner ist keine große Herausforderung. Beeindruckend ist während der Fahrt neben der hochalpinen Landschaft vor allem die ständig steigende Höhenanzeige auf meinem Navi, die tatsächlich irgendwann 2870 m anzeigt.

Die Höhe bekomme ich dann auch während meiner Pause und eines kleinen Spaziergangs auf dem Parkplatz des Tiefenbachferners deutlich am eigenen Leib zu spüren. Bei der kleinsten Steigung während meiner Fotorunde fange ich gleich an zu keuchen und zu prusten, fühle mich ein bisschen wie ein Fisch auf dem Trockenen, der nach Luft schnappt. Dazu noch die Mondlandschaft um mich herum. Schön, dass ich einmal hier war. Aber lange verweilen muss ich nicht. Und so starte ich meinen Straßenkönig wieder, lasse den V2 rütteln und schütteln und mache mich wieder auf den Heimweg - nicht ohne auf der Abfahrt hinunter nach Sölden den einen oder anderen Fotostopp einzulegen. Denn: Beeindruckend und fotogen sind die Aussichten auf die umliegenden Berge allemal!

Weil es durch Sölden auch zurück nur knapp oberhalb der Schrittgeschwindigkeit geht, fällt mir jetzt noch der völlig überfüllte Minigolfplatz an der Straße auf. Liebe Leute, das kann doch keinen Spaß machen, hier an den einzelnen Bahnen immer wieder und immer wieder Schlange zu stehen, um ein Bällchen mit dem Schläger ins Loch zu befördern. Aber offensichtlich gibt es eine Menge Menschen, die das völlig anders sehen als ich - nicht nur Familien mit Kindern.

Eigentlich geplant war die Heimfahrt durch das Inntal über Telfs mit einem Schlenker nach Seefeld. Mit der Erinnerung an die tolle Hinfahrt über das Kühtai entscheide ich auf der Fahrt durchs Ötztal aber, denselben Weg auch wieder zurückzunehmen. Und so schwinge ich mich von Ötz wieder hinauf nach Ochsengarten und freue mich noch einmal über jede dieser herrlichen Kurven. So wedle ich mit meiner Road King wieder die herrliche Strecke bis zum Speicher Längental, wo ich am Parkplatz neben der Staumauer noch eine Rast einlege, um mich aus Thermosflasche und Brotdosen zu stärken und mir die Beine zu vertreten. Danach geht es weiter durch Kühtai und dann im Schritttempo an einer Autofahrerin vorbei, die kurz hinter dem Ortsausgang auf der Straße angehalten hat, um ausgiebig eine der Kühe zu kraulen, die auf der Straße stehen. Kann ich nur zu gut verstehen! Die Rindviecher sind mit ihren treuen Blicken und ihrer totalen Gelassenheit einfach zu liebenswert. Wenn nur ihre Hinterlassenschaften nicht überall auf dem Asphalt verteilt wären und besondere Aufmerksamkeit von uns Motorradfahrern verlangen würden!

Besondere Aufmerksamkeit verlangt wenig später auch eine ganz besondere Autofahrerin vor mir. Nicht nur, dass sie wirklich beiden Fahrspuren der Straße Richtung Sellrain benötigt, um ihren Kleinwagen fortzubewegen. Bei jeglichem Gegenverkehr - ob Radler, Motorradfahrer oder Auto - bremst sie bis auf Schrittgeschwindigkeit ab und fährt beinahe nach rechts von der Straße hinunter in den Graben. Als uns schließlich auch noch ein Traktor entgegenkommt, hält sie angesichts des aus Ihrer Perspektive offensichtlich monströsen Vehikels mitten auf der Straße an, um das langsam bergauf schnaufende landwirtschaftliche Gefährt passieren zu lassen. Immerhin gibt mir dieser Stopp endlich die Gelegenheit, an diesem Verkehrshindernis auf vier Rädern vorbeizuziehen. Denn bevor die Dame am Steuer überhaupt wieder ans Weiterfahren denkt, bin ich mit einem kräftigen Gasstoß und einem eleganten Schwung an ihr vorbei.

Endlich kann ich diese wundervolle Strecke wieder ungestört genießen. Das tue ich jetzt auch ganz entspannt. Selbst die Stadtdurchfahrt durch Innsbruck kann mich heute nicht schrecken. Zu perfekt ist dieser Tag. Und das ändert sich auch auf den abschließenden Kilometern über Hall, Wattens und Schwaz ins Zillertal nicht mehr.

Flüsterleiser Straßenkönig

Gestern war noch einmal Pausentag im Zillertal. Das Wetter war nicht so besonders und mir steckten tatsächlich noch die Kilometer von meiner Staller-Sattel-Runde in den Knochen, die ein bisschen rausgewandert werden wollten. Umso mehr freue ich mich auf den heutigen Tag und die geplante Tour: Namloser Tal und Hahntennjoch will ich mit meinem Straßenkönig befahren, weil er - im Gegensatz zur Sporty meiner Rockerbraut - nicht vom Fahrverbot auf diesen Strecken betroffen ist. Schließlich ist der Road King-Twin Cam-Motor mit seinen 86 dB Standgeräusch regelrecht flüsterleise und blubbert sein Potato-Potato weit unterhalb des vorgegebenen Limits von 95 dB. Und da meine Rockerbraut ja sowieso motorradlos in diesem Urlaub unterwegs ist, bietet sich diese Tour geradezu für einen Solotrip an.

So geht es erst einmal aus dem Zillertal hinaus über den Inn und hinauf zum Achensee, von dort wieder hinab zum Sylvenstein-Stausee und dann die kleine Mautstraße von Vorderriss nach Wallgau. Schon allein dieser erste Abschnitt meiner Tour ist für mich wieder ein Highlight, bei dem ich mich an den Panoramen und dem wilden Isartal nicht satt sehen kann und das mir auch als Fahrstrecke erneut viel Spaß macht. Ab Wallgau führt mich die Bundesstraße dann ein Stück weit nach Süden, bis ich in Krün Richtung Garmisch-Partenkirchen abbiege. Die nun folgende Transferetappe und die Fahrt durch die Stadt bringe ich zügig hinter mich, genieße dabei aber durchaus die Aussicht auf die umliegende Bergwelt - genauso wie auf der Fahrt um die Zugspitze herum nach Ehrwald und Lermoos, wo ich Richtung Bichlbach abzweige.

Dieses Örtchen ist für mich der Einstieg in das Namloser Tal, über das ich schon so viel gelesen und von dem ich schon so viel gehört habe. Was soll ich sagen: Nichts davon war übertrieben! Jeder Meter, den ich die Strecke entlang rolle, begeistert mich mehr. Was für eine Landschaft! Was für eine Straßenführung! Was für ein Vergnügen! Und das darf ich heute zu allem Überfluss auch noch mehr oder weniger alleine auf weiter Flur bei herrlichem Wetter genießen. Schöner kann ein Motorradtag nicht werden! Schade nur, dass dieser Streckenabschnitt im Lechtal schon allzu bald sein Ende findet. Ich kann durchaus verstehen, dass so mancher Biker wendet und das Namloser Tal auch noch einmal zurück fährt!

Ich mache mich dagegen durch das Lechtal auf den Weg zum Abzweig hinauf zum Hahntennjoch. Am Einstieg in die Bschlabser Landesstraße gibt es allerdings erst einmal einen Halt, um ein paar Fotos zu machen und um etwas zu essen und zu trinken. Leider muss ich bei dieser Gelegenheit feststellen, dass meine Kamera spinnt. Seltsame Geräusche beim Auslösen machen mich hellhörig, ein Blick auf den Speicher bringt die Ernüchterung: Die letzten Fotos stammen von der Mautstraße zwischen Vorderriss und Wallgau. Danach ist scheinbar nichts mehr auf der Chipkarte gelandet. Immerhin kann ich durch einen Objektivtausch feststellen, dass nicht die Kamera defekt ist, sondern ganz offensichtlich das Weitwinkelzoom. Denn mit dem Tele aus dem Seitenkoffer funktioniert alles wunderbar. Hat die Weitwinkeloptik vielleicht die Harley-Vibrationen nicht verkraftet? Oder stört nur Staub den Kontakt zwischen Kamera und Objektiv? Das werde ich hier und jetzt wohl nicht herausfinden. Dann muss ab sofort erst einmal das Smartphone für die Panorama-Aufnahmen herhalten. Die Kleinbildkamera taugt nur noch für den Blick in die Ferne und aufs Detail.

Etwas angefressen ob des Kameraschadens starte ich nach dieser Pause den Weg hinauf zum Hahntennjoch. Auch hier kann ich die Beliebtheit der Strecke bei Motorradfahrern nur zu gut nachvollziehen. Allerdings bekomme ich auf den ersten Kilometern auch gleich den Beweis dafür geliefert, warum Motorradfahrer hier nicht sehr wohl gelitten sind und mit zweifelhaften Fahrverboten vertrieben werden sollen: Ein Möchtegern-Rennfahrer knallt die Strecke in einem Tempo weit jenseits der erlaubten Höchstgeschwindigkeit hinauf und überholt mich in einer Kurve trotz Gegenverkehrs in einem halsbrecherischen Manöver. Zum Glück passiert nichts, außer dass mir und sicherlich auch dem entgegenkommenden Autofahrer ein gewaltiger Schreck in die Glieder fährt.

Der ist aber angesichts der tollen Strecke und der phantastischen Aussichten bei der weiteren Fahrt hinunter nach Imst bald vergessen. Dort wundere ich mich dann, wie die Strecke hier mit ein paar schicken Kurven tatsächlich mitten durch ein Wohngebiet am Rand des Städtchens führt. Was für ein schöner Abschluss des Kurvengeschlängels für heute! Denn jetzt geht es nur noch durch das Inntal zurück ins Hotel. Vorbei geht es am Ötztal und dann über Telfs bis Zirl. Ab hier wechsle ich von der Bundesstraße auf die Autobahn, weil ich mir die Stadtdurchfahrt durch Innsbruck im Feierabendverkehr ersparen möchte. Die Autobahn verlasse ich allerdings in Hall schon wieder, zu langweilig ist das monotone Kilometerfressen auf der Inntalstrecke. Da ist mir selbst die Bundesstraße über Wattens und Schwaz noch lieber. Aufregend ist die zwar auch nicht. Aber immerhin kann ich hier und da ein bisschen schauen, was links und rechts der Straße so los ist.

Auf zum Staller Sattel

Auf meine trockene Anreise am Freitag folgten drei motorradfreie Tage. Der Samstag war so verregnet, dass wir ihn mit Ausnahme der notwendigen Hunde-Gassirunden bei einem guten Buch auf dem Zimmer oder maximal für ein paar Minuten auf dem überdachten Teil unserer zum Zimmer gehörenden Terrasse verbracht haben. Am Sonntag war das Wetter zwar schon besser, aber immer noch nicht nach meinen Motorrad-Touren-Wünschen. Deshalb haben wir einen erstaunlich langen Spaziergang, fast schon eine kleine Wanderung, vom Hotel aus durch den nördlichen Teil des Zillertals unternommen. Die mitgeschleppten Regenjacken hätten wir dabei bis auf einen ganz kurzen Nieselschauer fast nicht gebraucht. Den Montag schließlich hatte meine Rockerbraut mit einer Verabredung schon lange im Voraus für sich verplant - ohne Hund. Um den habe ich mich gekümmert, unter anderem mit einer herrlich langen Wanderung am Reitherkogel.

Heute ist es aber endlich so weit. Mein Straßenkönig darf die Tiefgarage verlassen und mich auf eine Tour bringen, die schon lange auf meiner Wunschliste steht: zum Staller Sattel. Bei herrlichem Wetter starte ich viel später als geplant. Das Frühstück war einfach zu entspannt, als dass ich mich hätte losreißen können. Und so geht es erst um halb 12 auf die Straße. Egal, dann komme ich eben auch erst spät wieder zurück - die Abende jetzt Anfang August sind ja noch lang.

Ich lenke meine Road King also erst einmal hinein ins Zillertal bis Zell am Ziller und biege dort ab in Richtung Gerlospass. Wie schon bei der Anreise und bei unseren Spaziergängen der letzten Tage sind auch hier die Sturmschäden an den Wäldern nicht zu übersehen. Teilweise ist die Straßenführung sogar nur einspurig mit Wechselampelschaltungen. Und durch Gerlos geht es nur im Schritttempo, weil gerade eine Herde Kühe durch den Ort spaziert, die zudem noch reichlich Hinterlassenschaften auf der Straße verteilt. Na, wenn das mal meinen Zeitplan nicht vollends durcheinander wirbelt.

Entsprechend halte ich mich nicht mit großen Stopps an den üblichen Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke auf. Den Durlassboden und die Krimmler Wasserfälle passiere ich zügig und rolle flott durch das Salzachtal bis nach Mittersill, wo ich einen kleinen Tank- und Erfrischungsstopp einlege. Dann geht es über die Felbertauernstraße und durch den Tunnel hinüber nach Osttirol. Dank des trotz Ferienzeit sehr übersichtlichen Verkehrsaufkommens mache ich auf der gut ausgebauten Straße ordentlich Strecke, bevor ich ab dem Abzweig ins Defereggental in den Cruising und Entspannungsmodus wechsle.

Die Fahrt durch Defereggen genieße ich in vollen Zügen und mit ruhiger Gashand. Die umliegenden Berge sind viel zu schön, als sie nur vorüberfliegen zu lassen. Und weil die Passage über den Staller Sattel aus dem Defereggental nur zur vollen Stunde freigegeben ist, habe ich keine Eile. Das Navi zeigt mir als Ankunftzeit für die Passhöhe halb 3 an. Da bummele ich doch lieber, als oben herumzustehen. So komme ich tatsächlich um 15 vor 3 an, rolle an den stehenden Autos bis in Sichtweite der Ampel vor und Reihe mich dort in die Gruppe der wartenden Motorradfahrer ein. Die verbleibende Zeit nutze ich für einen kleinen Rundgang, einen erfrischenden Schluck Wasser aus der Thermosflasche und ein paar Fotos, bis ich die aufkommende Unruhe unter Motorrad-, Fahrrad- und Autofahrern bemerke. Zeit also, wieder zurück zum Straßenkönig zu gehen, die Kameraausrüstung zu verstauen, den Helm aufzusetzen und mich startklar zu machen.

Als die Ampel für die Weiterfahrt auf Grün springt, geht vor mir das große Gedränge los. Einige Motorradfahrer meinen wohl, es wäre der Start zu einem Rennen. Ich lasse noch den einen oder anderen Biker vorbeiziehen, bevor ich dann als letzter motorisierter Zweiradfahrer vor den Radlern und der Autokarawane auf die Strecke gehe. Eine gute Entscheidung! Mit dem Tempo der Sportmaschinen und Hightech-Reiseenduros kann und will ich schließlich nicht mithalten. Gegenüber den Pedalrittern und Wagenlenkern bin ich aber immer noch einen kleinen Schwung schneller. Und so kann ich die Abfahrt ins Antholzer Tal tatsächlich richtig genießen - mit freier Fahrt nach vorn und ohne nervigen Druck von hinten.

Allerdings muss ich auf der Fahrt hinunter auch feststellen, dass ich den Hype um diese fünf Kilometer Serpentinenstrecke nicht ganz nachvollziehen kann. Klar macht es Spaß, das schmale Sträßchen ohne Rücksicht auf Gegenverkehr auf der Ideallinie unter die Räder zu nehmen. Natürlich haben die Tunneldurchfahrten ihren ganz eigenen Reiz. Und selbstverständlich gibt es tolle Aussichten zu genießen. Aber alles in allem habe ich auf meinem Straßenkönig schon wesentlich schönere Straßen befahren, die lange nicht so einen großen Namen tragen.

Vorbei geht es nach der Abfahrt über den einspurigen Streckenabschnitt am Antholzer See und höchst entspannt durch das Antholzer Tal, das mich fahrerisch vor keinerlei Herausforderungen stellt, dafür aber reichlich herrliche Aussichten bietet. Ähnlich entspannt cruise ich dann durch das Pustertal bis Bruneck und noch weiter, bis ich bei Schabs nach Norden in Richtung Sterzing und Brenner abbiege. Weil mir die Zeit ein bisschen wegrennt, traue ich mir auf diesem Streckenabschnitt keine Experimente und Abstecher zu, sondern rolle über die gut ausgebauten Hauptstraßen und die Brenner Landstraße bis Matrei. Dort schwenke ich allerdings auf die Nebenstrecke Richtung Hall in Tirol ein. Denn eine Stadtdurchfahrt durch Innsbruck muss ich mir heute wirklich nicht geben.

Die Strecke von Matrei über Arztal und Patsch bis Tulfes ist wieder ein Genuss. Der Blick auf Innsbruck und hinunter ins Inntal ist einfach herrlich. Und das Sträßchen ist weitestgehend leer, sodass ich diese Aussichten auch recht ausgiebig genießen kann. Die Schlussetappe des Tages von Hall ins Zillertal ist zwar nur noch Pflichtprogramm auf der Bundesstraße. Aber sie ist ein ruhiger Ausklang für diesen genialen, aber auch langen Tag.

Und wieder geht's ins Zillertal

Anfang August. Heute geht es für einen 12-tägigen Urlaub ins Zillertal. Wie schon in der Vergangenheit haben wir einen Motorrad-Hunde-Wander-Kombi-Urlaub in unserem kleinen Lieblings-Motorrad-Hotel geplant, weil wir unsere alte Hündin nicht zum Sitter geben möchten. Und so wird meine Rockerbraut mit unserer Seniorin wandern, während ich die freie Wahl habe, ob ich lieber mit den beiden auf Schusters Rappen unterwegs sein möchte oder alleine auf Gummisohlen einen Motorradtourentag einlege. Meinen Vorschlag, statt meines Straßenkönigs ihre Sporty mitzunehmen, damit sie auch mal einen Biketag einlegen könnte, hat meine Rockerbraut lachend abgelehnt: Ohne Navi würde sie ja ohnehin nirgendwo hin und erst recht nicht mehr zurück finden! Sie gönne mir meine Auszeiten auf zwei Rädern von Herzen.

Nachdem ich den Vormittag noch gearbeitet habe, starte ich wie geplant pünktlich gegen 15 Uhr mit meinem Straßenkönig in den Urlaub. Leider ist das Wetter alles andere als hochsommerlich. Dieser erste Freitag im August erinnert eher an einen Novembertag - Grau in Grau, wolkenverhangen und ziemlich frisch. Immerhin: Der angekündigte Regen ist bis jetzt nicht vom Himmel gefallen. Aber Vorbeugen ist besser als Nachsehen. Deshalb habe ich mich für die Anreise in die Funktionskombi statt in die coolen Harley-Klamotten geschmissen.

Über Kössen kurve ich am Walchsee vorbei nach Sebi, Ebbs und Kufstein, wo ich noch einen kleinen Tankstopp einlege, bevor es über Langkampfen und damit weg von der Bundesstraße das Inntal hinauf in Richtung Kramsach geht. Herrlich! Sobald ich Kufstein hinter mir gelassen habe, sind die Straßen wie leer gefegt, obwohl es Freitagnachmittag ist. Und auch das Wetter ist gnädig. Es bleibt zwar trist und trüb. Aber aus der geschlossenen Wolkendecke fällt nicht ein Tröpfchen Regen. Die Straßen bleiben trocken und laden zu entspanntem Cruisen oder auch zur einen oder anderen kleinen Kurvenhatz ein.

In Kramsach widerstehe ich der Versuchung, noch die herrliche Runde durch das Brandenberger Tal anzuhängen. Zeit wäre dafür zwar noch, aber ich will mein Wetterglück nicht ausreizen und zu sehr auf die Probe stellen. So wechsle ich hier noch schnell die Innseite hinüber nach Brixlegg und bin nach wenigen Minuten im Zillertal am Hotel. Da erwartet mich eine freudige Begrüßung durch die Wirtsleute Walter und Melanie samt herzlicher Umarmung und einem frisch gezapften Spezi, ohne dass ich es überhaupt bestellen muss. Meine Vorliebe für das Cola-Limo-Gemisch ist also noch in bester Erinnerung!

Zu meiner großen Verwunderung ist meine Rockerbraut mit dem Auto noch nicht angekommen. Okay, sie ist erst nach mir losgefahren und musste einen Gassistopp mit unserem Hund einlegen. Aber dass ich so flott unterwegs war, hätte ich jetzt auch nicht gedacht. Egal, dann verstaue ich jetzt erst einmal meinen Straßenkönig in die Tiefgarage. Da herrscht schon reges Treiben. Der Rest der motorradfahrenden Gäste scheint einen Faible für Reise-Enduros aus bayerischer oder sportliche Maschinen aus österreichischer Produktion zu haben. Jedenfalls wimmelt es in der Garage von BMW GS und KTM-Maschinen aller Stil- und Hubraumklassen. Aber ich finde auch noch ein Eckchen für meine Harley. Mal sehen, wie die Fahrerinnen und Fahrer dieses Fuhrparks so drauf sind ...

Nachdem ich die paar Utensilien, die ich selbst mitgenommen habe - Fotoapparat, Thermosflasche, Navi und ein bisschen Kleinkram - von meiner Road King zusammengepackt habe, stapfe ich aus der Motorradgarage wieder Richtung Hoteleingang, als just in diesem Augenblick meine Rockerbraut an mir vorbei auf den Parkplatz fährt. Es gibt noch einmal ein freudiges Hallo mit unseren lieben Gastgebern, dann schnappen wir uns den Zimmerschlüssel und laden schnell das Auto aus - gerade rechtzeitig, bevor es tatsächlich doch noch anfängt zu regnen. Das passt ja wunderbar! Wir sind trocken im Hotel angekommen, das Motorrad ist geparkt und das Gepäck im Zimmer verstaut. Jetzt kann der Urlaub beginnen. Und das tut er auch. Mit einer erfrischenden Dusche, einem vorzüglichen Abendessen aus Walters Küche und einem ersten, wenn auch kurzen, aber sehr lustigen Abend im Hotelrestaurant zusammen mit dem gemischten Biker-Publikum, dessen fahrbare Untersätze ich schon bewundern durfte.

Zweiradmechanikermeister

Vor zwei Wochen hatte ich bei meiner Ausfahrt die Gummiauflage des rechten Trittbretts meiner Oldtimer-Electra Glide verloren. Der Ersatz ließ nicht lange auf sich warten. Schon diese Woche sind die neuen Trittbretter gekommen. Jetzt müssen sie nur noch montiert werden. Den Koffer mit meinem zölligen Werkzeug habe ich schon bereitgestellt, jetzt geht es mit dem Kartönchen mit den neuen Trittbrettern unterm Arm in die Garage, wo ich angemessen ehrfurchtsvoll vor der alten Shovelhead niederknie und den Werkzeugkoffer öffne. Mal sehen, welche Nussgröße ich auf die Ratsche stecken muss.

Aber egal, welche Nuss ich an den Trittbrettschrauben ausprobiere, keine passt. Das lässt nur einen Rückschluss zu: Die hier bei der Montage der Trittbretter irgendwann in der Vergangenheit einmal verwendeten Schrauben und Muttern sind nicht zöllig. Der flugs aus dem Keller geholte Knarrenkasten bestätigt auch umgehend meine Vermutung. Gleich die erste herausgefischte metrische Nuss passt auf Anhieb. Und so sind die alten Trittbretter im Handumdrehen demontiert und durch die neuen Exemplare ersetzt. Eine echte Meisterleistung für einen völlig unbegabten Schrauber mit zwei linken Händen wie mich!

Die Inspektion der alten Teile zeigt: Gut, dass ich gleich beide Trittbretter ausgetauscht habe. Auch links sind die Haltegummipfropfen schon total porös und brüchig, einer ist sogar schon abgerissen. Es wäre also nur eine Frage der Zeit gewesen, bis ich auch hier einen Verlust zu verzeichnen gehabt hätte.

Pillersee gegen die Uhr

Die Fahrt zum Pillersee gehört zum Standardrepertoire in unserem Tourenkalender. Aber bei meiner heutigen Ausfahrt mit der Oldtimer-Shovel wage ich mal mutig etwas ganz Neues: Ich fahre die Runde tatsächlich zum ersten Mal andersherum und damit entgegen dem Uhrzeigersinn. Führt mich der Einstieg noch ganz klassisch über Marquartstein und Schleching nach Kössen, schlage ich von hier nicht die übliche Route über Erpfendorf und Waidring ein, sondern fahre über Schwendt erst einmal nach St. Johann in Tirol, um den Pillersee von Süden über Fieberbrunn anzufahren.

Ab St. Johann gesellt sich eine stark gechoppte Harley zu mir, die ein gutes Stück weit bis kurz vor Fieberbrunn hinter mir her fährt. Dabei fällt mir ein, dass in dieser Woche ja das Harley-Treffen in Kitzbühel war und der hinter mir her rollende Biker wahrscheinlich auf der Rückreise von diesem Event ist. Tja, das habe ich wohl verpasst. Macht aber nichts. Die heutige Tour ist Entschädigung genug. Erst recht, als der Chopper an mir vorbeizieht und ich erkenne, dass es sich auch um einen Oldtimer mit Shovelmotor handelt. Was für ein lustiger Zufall, dass sich ausgerechnet hier und jetzt die beiden alten Motorradgeschwister treffen!

Aus meinem geplanten Stopp im Gasthaus am Pillersee wird leider nichts. Das Restaurant ist geschlossen. Statt liebenswürdiger Bedienungen gibt es nur Automaten mit Getränken und Snacks vor dem Haus. Die Sitzgelegenheiten im Biergarten direkt am See sind nicht aufgebaut. Da macht eine Pause keinen Spaß. Also weiter. Waidring und Erpfendorf durchfahre ich heute erst auf dem Rückweg nach Kössen. Dort zweige ich ab nach Reit im Winkel und gönne mir auch noch die Fahrt entlang der drei Seen nach Ruhpolding, wo ich zu meiner Freude feststelle, dass die Strecke nach Inzell wieder frei ist. Das nutze ich nur zu gerne aus und scheuche meine alte E-Glide durch die herrlichen langgezogenen Kurven, bevor es nach Hause geht.

Dort finde ich dann auch die Ursache für das seltsame Fußgefühl heraus, dass ich irgendwann unterwegs zum ersten Mal und dann auch immer wieder beim Bremsen bemerkt habe: Auf meinem rechten Trittbrett fehlt die Gummiauflage! Die muss ich wohl irgendwann heute unterwegs verloren haben. Müßig darüber nachzudenken, wo das passiert sein könnte. Im Trägerblech stecken nur noch die Gummifüßchen, mit denen die Auflage vibrationsarm befestigt war. Das alte Gummi war wohl morsch und hat meiner Fußarbeit beim Bremsen nicht mehr standgehalten. Da muss vor der nächste Fahrt erst einmal Ersatz her!

Ab ins Inn-Viertel

In irgendeiner Motorradzeitschrift habe ich irgendwann einmal einen Reisebericht über eine Tour durch das Inn-Viertel gelesen und die Route auch gleich in meiner Planungssoftware nachgebaut. Gefahren bin ich sie aber bis heute nie, obwohl die Gegend mehr oder weniger vor der Haustüre liegt. Was mich davon abgehalten hat? Zum einen wahrscheinlich die rund 350 Landstraßenkilometer, die die Tour auf den Tacho bringen wird und für die ich natürlich entsprechend Zeit brauche. Zum anderen wohl auch die Tatsache, dass mich entweder die Berge im Süden oder die klangvollen Namen der vielen Seen im Salzkammergut mehr angezogen haben als das Innviertel. Aber heute ist es soweit. Ich habe genug Zeit, weil meine Rockerbraut mir für eine Solotour einen kompletten freien Tag gönnt. Selbst mitfahren kann sie leider nicht, weil wir keinen Hundesitter haben. Und angesichts der gerade beginnenden Ferienzeit ist die Entscheidung für das Inn-Viertel sicherlich auch nicht schlecht, denn auf den Strecken zu touristisch bekannteren Zielen muss ich natürlich mit viel zu viel Verkehr rechnen.

Der Einstieg in die Tour ist schon mal vielversprechend, auch wenn ich Teile der Strecke schon von meinen Feierabend-Hausrunden kenne. So geht es mit einem kleinen Umweg über Waging nach Laufen und dort über die Salzachbrücke hinüber nach Oberndorf auf die österreichische Seite. Hier geht der Spaß auf kleinen Nebenstraße weiter, bis ich in Burghausen wieder die Salzachseite wechsle und zurück auf deutsche Straßen schwenke.

Was nun folgt, ist nicht besonders prickelnd. Die Route führt über Bundesstraßen recht langweilig ins Chemiedreieck und wegen einer Baustelle statt auf der eigentlich geplanten Strecke zu allem Überfluss auch noch in einem großen, zeitraubenden Bogen über die öde Bundesstraße nach Braunau, wo ich nach der Überquerung des Inns endlich wieder auf die Ursprungstour einbiegen kann. Langsam komme ich nach dem inzwischen doch schon reichlich aufgestauten Frust mit jedem der kleinen, kurvigen Sträßchen wieder in einen entspannten Cruisermodus.

Leider hat die Umleitung aber so viel Zeit gekostet, dass ich die Tour in Mattighofen abbreche. Eigentlich ginge es von diesem zentral im Inn-Viertel liegenden Ort und KTM-Stammsitz aus noch einmal in einer großen Schleife Richtung Osten nach Frankenburg. Aber es ist schon viel später als geplant, sodass ich das Navi auf „nach Hause“ umprogrammiere - immerhin über kurvenreiche Strecken, denn davon habe ich heute noch nicht genug! Zum Glück gibt es von diesen Sträßchen auch auf dem Weg nach Oberndorf und dann durch den Rupertiwinkel noch reichlich schöne Exemplare, die mich an diesem Sonntag nach Hause bringen. Das Inn-Viertel werde ich auf jeden Fall noch einmal unter die Räder nehmen. Dafür werde ich die Tour aber umplanen, die Schleife von Burghausen nach Braunau durch Deutschland herausnehmen und lieber noch ein paar Sträßchen durch Österreich einbauen.

Hollerschorlenentdeckung

Heute gehen meine Rockerbraut und ich mal wieder gemeinsam auf Tour. Einfach drauf los durch den Chiemgau und den Rupertiwinkel. Nichts besonders, nur wohlvertraute Sträßchen zur schnellen Entspannung am Samstagnachmittag mit Sporty und Shovel unterm Allerwertesten. Dazu gehört zu allererst die wunderbare Strecke von Neukirchen nach Surberg. Dann huschen wir schnell über die B304 zum Abzweig nach Lauter, um gemütlich über den Wonneberg nach Waging zu tuckern. Dort queren wir bei Tettenhausen die Verbindung zwischen Waginger und Tachinger See und schwingen uns nach Fridolfing. Um die B20 zu vermeiden, biegen wir schon im Ort links ab auf die parallel zur Bundesstraße verlaufende kleine Landstraße, bis wir kurz vor Tittmoning doch auf die viel befahrene Nord-Süd-Verbindung zwischen Niederbayern und Berchtesgaden wechseln müssen. Sei’s drum. Das Stückchen durch das bayerisch-österreichische Grenzstädtchen ist halb so wild. Außerdem lädt der historische Marktplatz mit seinen Cafés und Restaurants zum Verweilen ein.

Nach der Durchfahrt durch das südliche Stadttor beschließen wir tatsächlich, hier und jetzt eine kleine Pause einzulegen. Ein schattiges Parkplätzchen für die Bikes ist schnell gefunden. Wir setzen uns aber lieber auf die Sonnenseite des Platzes unter einen Sonnenschirm in ein Straßencafé. Das hält eine echte Überraschung für meine Rockerbraut bereit. Während ich mich mit einem Spezi erfrische, hat sie eine Hollerschorle bestellt. Und die kommt hier nicht nur als schnöde Mischung aus Sirup mit Wasser. Sie ist liebevoll mit frischen Minzblättern aufgepeppt und schmeckt meiner Rockerbraut so vorzüglich, dass sie sich beim Bezahlen zu einem kaum zu toppenden Lob hinreißen lässt: „Vielen Dank für die beste Hollerschorle ever!“, gibt sie dem Kellner und wohl auch Inhaber des Cafés mit auf den Weg, während ich die Rechnung begleiche.

Auch die Ausfahrt aus Tittmoning über die B20 ist übrigens nicht zu verachten. Denn gleich hinter dem nördlichen Stadttor warten zwei schicke Kurven auf uns, die aus dem Städtchen Richtung Burghausen hinausführen. Bis dorthin fahren wir aber nicht. Wir biegen vorher nach Asten ab, fahren weiter nach Halsbach, überqueren die Alz und kurven noch bis Tüßling, bevor wir unseren Nord-Ost-Kurs beenden und ganz allmählich wieder Richtung Süden und damit nach Hause einschwenken. Aber wirklich nur ganz allmählich. Denn wir nehmen eine große Schleife über Polling, Taufkirchen, Waldhausen und Kienberg. Irgendwo auf dieser Strecke legen wir sogar noch einmal eine Pause am Straßenrand ein, um einen Schluck zu trinken und ein bisschen vom vorsorglich eingepackten, selbstgebackenen Kuchen aus dem Seitenkoffer meiner Road King zu naschen, bevor es über Altenmarkt und Truchtlaching nach Hause geht. Was für eine geniale Runde über weitestgehend leere und vorwiegend kleine Nebenstraßen!

Sonntagstreffen

Strahlend blauer Himmel und ein Treffen für US-Bikes und -Cars in der Nähe. Da hält mich an diesem Sonntag natürlich nichts daheim! Ich muss rauf auf den Straßenkönig und eine Runde drehen. Der Biker-Event ist dabei ein willkommenes Zwischenziel und soll den Tag als Highlight krönen. Trotzdem darf die Anfahrt nicht auf direktem, kürzestem Weg erfolgen. Deshalb wähle ich für den Hinweg eine reichlich dimensionierte Schleife östlich des Chiemsees nach Seebruck, fahre im Norden um das bayerische Meer herum und dann weiter Richtung Westen nach Bad Endorf. Dort nehme ich die Straße nach Prutting und starte von dort nach Wasserburg durch. Hier wechsle ich auf die andere Inn-Seite, um wieder Richtung Süden hinunter nach Rott am Inn einzuschwenken und dann in einem umständlichen Zickzackkurs nach Ostermünchen, Tattenhausen, Jarezöd und Großkarolinenfeld zu rollen, bevor ich endlich meinen Stopp beim Treffen einlege.

Vielleicht bin ich am Sonntagnachmittag ja einfach nur zu spät dran. Obwohl die Veranstaltung offiziell noch läuft, ist nicht besonders viel los. Auf dem Bike-Parkplatz steht nur noch eine Hand voll Motorräder. An den Verkaufs- und Ausstellungsständen langweilen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Unter den aufgebauten Zelten an den Getränkeständen sitzt nur noch eine mehr als überschaubare Anzahl Gäste. Einzige Action auf dem Gelände ist ein Tänzer, der auf einem provisorisch als Bühne hergerichteten Anhänger versucht, mit seiner Michael-Jackson-Show das kleine um ihn herum gescharte Häufchen Publikum zu begeistern.

Nach zwei Schlenderrunden über das Gelände und einer Erfrischung an einem der Getränkestände verlasse ich deshalb das Treffen schon wieder und nutze die gewonnene Zeit lieber für eine wieder recht ausgiebige Runde nach Hause. Die führt mich jetzt in die Berge, die ich bei der Hinfahrt schon die ganze Zeit bewundern durfte. Über Irschenberg und Fischbachau fahre ich nach Bayrisch Zell, wo ich nach Thiersee einschwenke. Von dort schwinge ich mich die wundervolle Serpentinenstrecke nach Kufstein hinunter, rolle nach Sebi und kurve hinauf nach Sachrang, um über Aschau, Bernau, Rottau und Grassau nach Hause zu düsen. Zum Glück habe ich mir reichlich Zeit für die Hin- und Rückfahrt genommen. Die beiden Touren machen den Flop des Treffens mehr als wett.

Urlaubsabschlussrunde

Nach einem Einkaufstag am Freitag und einem Erledigungs- und Gartentag am gestrigen Samstag gehen meine Rockerbraut mit ihrer Sporty und ich mit meiner Oldtimer-Shovelhead heute noch einmal auf eine Urlaubsabschlussrunde. Nichts Großartiges, wir wollen nur eine entspannte kleine Tour über wohlbekannte, aber nichts desto weniger heiß geliebte Straßen unter die Pneus nehmen. Und so fahren wir erst einmal südlich des Chiemsees bis nach Bernau, wo wir Richtung Aschau abbiegen, um dann über Frasdorf die wunderbar kurvige Strecke hinauf auf den Samerberg in Angriff zu nehmen. Dann geht es hinunter ins Inntal. Dort cruisen wir sehr entspannt über Erl nach Niederndorf bei Kufstein und weiter zum Walchsee und nach Kössen.

Zum Glück fahren wir die Runde heute in dieser Richtung gegen den Uhrzeigersinn. Denn in der Gegenrichtung sorgen die in den Sommer- und Urlaubsmonaten eingerichteten Dosierungsampeln für einen ordentlichen Stau und zähfließenden Verkehr der abreisenden Touristen auf zwei und vier Rädern. Wir dagegen erreichen zügig Kössen, schwingen unsere kleine Lieblingskurvenstrecke nach Reit im Winkl hinüber und dann zum Weitsee. Hier ist endlich Zeit für einen kurzen Stopp auf dem kleinen Parkplatz am See mit einer kühlen Erfrischung aus den mitgeführten Thermoskannen und einer Kuchenstärkung aus der Blechdose. Als wäre er extra zu unserer Unterhaltung im Wasser, beobachten wir während unserer Pause einen Hund bei seinen ausgelassenen Schwimmkapriolen. Da spricht ungezügelte Lebensfreude aus jedem Bellen und jedem Planscher in den See!

Nachdem wir ausgetrunken, aufgegessen und uns am Hundevergnügen sattgesehen haben, starten wir auf den Rest unserer geplanten Runde und fahren weiter nach Ruhpolding. Dort wollen wir eigentlich noch Richtung Inzell einschwenken, bevor wir nach Hause fahren. Aber diese Strecke ist wegen Bauarbeiten leider gesperrt. So geht es also entgegen dem ursprünglichen Plan von Ruhpolding aus direkt nach Hause. Auch wenn damit das i-Tüpfelchen auf der heutigen Urlaubsabschlussrunde fehlt - sie ist dennoch ein würdiger Abschluss für zwei arbeitsfreien Wochen mit einem grandiosen Rock-Festival und tollen Motorradtouren!

Noch ein Doppel auf Solopfaden

Nachdem ich erst vor kurzem die wundervolle Runde über den Dientener Sattel auf einer meiner Solotouren entdeckt und meiner Rockerbraut davon vorgeschwärmt hatte, starten wir heute endlich als Doppel auf diese Tagesausfahrt. Über Reit im Winkl düsen wir hinüber nach Österreich, um dann über Erpfendorf und Waidring an den Pillersee zu fahren. Den lassen wir aber links liegen. Es geht gleich weiter nach Fieberbrunn und Richtung Saalfelden. Erst in Leogang legen wir eine Pause ein an einem Zufallsstopp.

Meine Rockerbraut hat mir signalisiert, dass ich mal rechts ranfahren soll. Das tue ich natürlich auch bei erster Gelegenheit - dummerweise an einer Automatentankstelle, an der es nicht die Möglichkeit gibt, dem dringenden Grund für diesen Halt nachzukommen. Aber gleich nebenan gibt es ein Lokal, das auf den ersten Blick nicht besonders einladend auf uns wirkt, aber immerhin mit Parkplätzen direkt vor dem Haus und einer Terrasse mit Blick auf die dort abgestellten Bikes punktet. Und das uns wieder einmal eine Lehrstunde in Sachen österreichischer Gastlichkeit erteilt. Das Personal ist supernett, bedient uns äußerst freundlich und zuvorkommend und serviert dazu noch einen vorzüglichen Kuchen und eine Mega-Portion Pommes. Das Tüpfelchen auf dem i ist aber - jetzt bitte nicht lachen - die Toilette im Keller. Die ist mit so viel Stilsicherheit aus Holz und Stein gebaut, dass sie eine Wohlfühlatmosphäre ausstrahlt, wie ich sie selten in einer halbwegs öffentlichen Toilette verspürt habe. Tatsächlich lädt dieses stille Örtchen zum Verweilen ein!

Aber natürlich wollen wir hier nicht dauerhaft verweilen. Schließlich möchten wir zum Dientener Sattel! Und so machen wir uns frisch gestärkt und angenehm erleichtert auf den Weg. Nachdem wir die Ortsdurchfahrt Saalfelden gemeistert haben, beginnt entlang der Urslau der Spaß. Sehr entspannt schwingen wir hier zunächst nach Maria Alm und Hinterthal, bevor es dann deutlich kurviger zum ersten Mal so richtig bergauf geht. Was für ein Vergnügen! Die Strecke über Dienten hinüber nach Bischofshofen macht heute im Doppel sogar noch ein kleines bisschen mehr Spaß als bei meiner Solotour.

Und selbst die danach folgende Bundesstraßenetappe von Bischofshofen über Werfen und durch die Salzachklamm zum Pass Lueg ist wegen des extrem starken Gegenwinds hier unten im Tal zwar fahrerisch nicht der absolute Hochgenuss, dafür aber in Sachen Aussichten und Atmosphäre. Hinter dem Pass Lueg lassen wir den Tourentag dann ganz entspannt ausklingen. Wir rollen auf dieser von unseren Faak-Touren wohlbekannten Strecke über Golling und Kuchl nach Hallein, dann hinauf nach Bad Dürrnberg und Berchtesgaden. Wegen der Sperrung bei Schneizlreuth fahren wir dann aber gleich über Bischofswiesen nach Bad Reichenhall und über Traunstein nach Hause. Was uns allerdings irritiert: Heute sind plötzlich die Umleitungsschilder für die Sperrung bei Schneizlreuth durchgeixt. Sollte diese schöne Strecke tatsächlich wieder frei sein?

Postalm-Duo

In den vergangenen Jahren war ich schon zwei Mal auf der Postalm - eine Tagesrunde, die ich sehr schätze. Aber immer alleine, nie im Doppel mit meiner Rockerbraut. Das wollen wir heute endlich ändern. Also starten wir wegen der immer noch bestehenden Sperrung der B305 bei Schneitzlreuth heute über Bad Reichenhall und Bischofswiesen nach Berchtesgaden. Von dort geht es über Bad Dürrnberg nach Hallein und durch das Salzachtal weiter nach Kuchl und Golling, wo wir nach Abtenau abzweigen und das kleine Sträßchen hinauf zur Postalm erklimmen. Schon allein bis hierher ist die Strecke für mich immer ein Genuss. Und auch meine Rockerbraut ist begeistert, vor allem von dem Abschnitt hinter Golling, den sie noch nicht kannte.

An der Mautstation zur Postalmstraße offenbart sich allerdings ein Denkfehler meinerseits. Schlaubär, der ich nun einmal glaube zu sein, habe ich die Mautgebühren für unsere beiden Bikes extra abgezählt dabei. Dumm nur, dass die Mautgebühr dieses Jahr erhöht wurde! Da nützen mir meine sorgfältig auf Heller und Pfennig parat gelegten Münzen für den Automaten schlicht und ergreifend gar nichts mehr. Stattdessen muss ich Wohl oder Übel mit einem 50-Euro-Schein zahlen. Wäre ja im Prinzip nicht so schlimm, schließlich wechselt der Automat ja auch. Allerdings spuckt er das komplette Wechselgeld in Münzen aus. 36 Euro in Hartgeld füllen meine Börse, und entsprechend hart und schief sitze ich auf der weiteren Fahrt erst einmal auf meinem Straßenkönig.

Bei der wohl verdienten Pause auf der Postalm stärkt sich meine Rockerbraut mit einer heißen Nudelsuppe, während ich mir den Stopp mit einem Kaiserschmarrn versüße. Und mich darüber freue, dass meine Rockerbraut meine Schwärmerei für diese Strecke teilt. So lässt sich auch verschmerzen, dass im Restaurant eine ganze Busladung älterer Damen und Herren die meisten Tische bevölkert und die ruhige Almatmosphäre lärmend und quasselnd mächtig dämpft.

Entsprechend zügig treten wir auch die Weiterfahrt an. Denn das eigentliche Schmankerl der Tour liegt noch vor uns: die Strecke hinunter zum Wolfgangsee, die wir dann auch herzlich und fast ohne andere Verkehrsteilnehmer ganz für uns allein genießen können. Am Wolfgangsee vorbei geht es dann zügig bis zum Salzburgring, wo wir wieder nach Hallein abbiegen, um eine Stadtdurchfahrt durch Salzburg zu vermeiden. Zwar ist diese wunderbare Strecke ein deutlicher Umweg, aber die herrliche Straßenführung bis Hallein lohnt jeden Kilometer. Damit wir nicht dieselbe Route wie am Morgen zurückfahren, nehmen wir jetzt die Strecke unterhalb des Untersbergs über Kaltenberg und Grödig bis nach Walserberg zurück, um dann klassisch über Bad Reichenhall, Teisendorf und Traunstein nach Hause zu rollen. Kann ein Urlaubstag perfekter sein?

Auf die Flasche kommt es an

Auch in diesem Jahr haben wir wieder eine Tour zum Nova Rock-Festival in Österreich unternommen. Und wie immer waren wir dorthin als Rocker ohne Bikes unterwegs. Eine gute Entscheidung, denn das Wetter war eher durchwachsen mit reichlich Regen und Gewitter - was der Partystimmung aber keinen Abbruch getan hat.

Wieder daheim und mit einer zweiten Urlaubswoche in der Hinterhand, erholen wir uns jetzt bei bestem Wetter von unserem Nova Rock-Besuch - natürlich mit unseren Bikes. Gestern stand erst einmal eine ordentliche Putzaktion für meinen Straßenkönig auf dem Programm. Der hatte eine Reinigung dringend nötig. Dreckig wie er war, konnte ich mit ihm nicht wieder auf die Straße.

Heute gab es dann noch einen Fototermin für meine neuen Oberschenkeltattoos. Und weil ganz in der Nähe des Fotografen ein nettes, kleines Haushaltswarengeschäft ist, haben wir auch gleich Ausschau nach einer Thermosflasche für die neuen Taschen der Sporty meiner Rockerbraut gehalten. Aber: Ohne ein Muster mitzunehmen oder ohne die Tasche dabei zu haben, ist die Entscheidung für die richtige Ggröße schier ummöglich. Zu groß ist die Auswahl an Flaschen und Formen.

Was ist also die naheliegende Lösung? Natürlich nach Hause zu fahren, noch eine Motorradrunde mit Shovelhead und Sporty in Angriff zu nehmen und dabei ganz zufällig einen Zwischenstopp im Haushaltswarenladen einzulegen samt Anprobe für die Auswahl der perfekten Flasche. Die ist auch tatsächlich schnell gefunden. Aber: Wie gut, dass wir getestet haben! Wir hätten sonst prompt die falsche Größe gekauft, soweit lagen unsere Vorstellungen von der passenden Flasche und die tatsächlichen Platzverhältnisse im Flaschenhalters auseinander!

Solotour

Pfingstmontag gehe ich noch einmal allein auf Tour. Aus dem vielen Verkehr bei unserer gestrigen Runde ziehe ich allerdings meine Schlüsse: Damit ich heute vor allem möglichst wenigen Auto- und Fahrradfahrern begegne, schlage ich den Lenker meines Straßenkönigs in Richtung der nördlichen Teile des Chiemgaus ein und fahre über Seebruck, Truchtlaching und Seeon nach Obing. Der hier fällige Tankstopp erweist sich wegen einer Baustelle als kleine Irrfahrt zur Tankstelle im Ort. Aber mit ein bisschen Instinkt und dank rudimentärer Ortskenntnisse finde ich den Weg zum brennbaren Nass für meinen V2 dann doch.

Mit frisch gefülltem Spritfass zwischen den Beinen geht es anschließend weiter nach Pittenhart, Höslwang, Sonnering und Amerang, von wo ich weiter nordwärts über Frabertsham und Schnaitsee nach Peterskirchen und Engelsberg rolle. Von Schörging geht es dann hinüber nach Wiesmühl und über Feichten und Kirchweidach Richtung Halsbach. Bevor ich dieses Örtchen erreiche, biege ich allerdings ab nach Asten. Die hier unweigerlich zu befahrende B20 verlasse ich schnell wieder und zweige lieber zum Tachinger und Waginger See ab, um dann über den Wonneberg, Lauter, Surberg, Neukirchen und Siegsdorf nach Hause zu fahren. Die Wahl dieser Route erweist sich als goldrichtig. Ich muss mir die Straßen mit ganz wenigen Ausnahmen kaum mit anderen Fahrzeugen teilen. Selbst Biker kann ich heute nur ganz selten grüßen. Und so ist es ein wohltuend entspannter Genuss, allein dahin zu rollen.

Zweite Lenkertestfahrt

Das Pfingstwochenende beschert uns herrliches Wetter. Also nichts wie rauf auf die Bikes. Und heute sogar als Duo. Denn meine Rockerbraut möchte auf ihr wohlbekannten, kurvigen Strecken in die Berge den neuen Lenker noch einmal intensiv testen. Deshalb machen wir uns auf den Weg und fahren über Marquartstein und Schleching nach Kössen. Auf dem weiteren Weg zum Walchsee bietet sich uns ein wahrlich lustiges Bild. Erst fahren wir an einer Radsportlerin vorbei, die auf ihrem Rennrad und im Rennstalldress kräftig schnaufend in die Pedale tritt - nicht gerade am Limit, aber ganz offensichtlich doch angestrengt angesichts der Temperaturen und der leichten Steigung. Gleich davor fährt eine ältere Dame auf ihrem E-Bike - völlig entspannt und in einem Outfit wie aus dem Bilderbuch: Sommerkleid, Hütchen, vorne am Lenker ein Weidenkörbchen mit einem Blumensträußchen. Ein wirklich seltsames Doppel! Denn die ältere E-Bikerin lässt der Rennradlerin hinter sich zumindest hier in der Steigung ganz offensichtlich keine Chance sie zu überholen.

Am Walchsee vorbei geht es dann nach Sebi, um die herrliche Kurvenstrecke hinauf und weiter bis Sachrang zu düsen. Von dort wedeln wir wieder runter nach Aschau, wo wir einen kurzen Zwischenstopp zum Tanken einlegen. Weil meiner Rockerbraut das Grinsen von einem Ohr zum anderen ins Gesicht geschrieben steht, fällt uns die Entscheidung nicht schwer, noch eine Zusatzschleife anzuhängen. Also fahren wir weiter nach Frasdorf und Richtung Achenmühle, um den Samerberg zu erklimmen und wieder hinunter ins Inntal zu schwingen. Über Rohrdorf schlagen wir dann den Rückweg ein, der uns erneut nach Frasdorf führt. Von dort schwenken wir jetzt allerdings nach Hittenkirchen ein. Schließlich wollen wir uns die fantastische Aussicht auf den Chiemsee gönnen. Und die ist heute wahrlich grandios. Auf dem Wasser sind unter strahlend blauem Himmel gefühlte tausend Segelboote unterwegs. Was für ein herrliches Bild, das wir an diesem tollen Tag nur zu gerne mit auf den Heimweg über Bernau, Rottau und Grassau nehmen!

Dort heißt es natürlich, Resümee zu ziehen zur heutigen Lenkertestfahrt. Und das fällt rundum positiv aus: Auch wenn meine Rockerbraut wegen des doch recht hohen Verkehrsaufkommens an diesem langen Wochenende und etlicher langsamer Fahrzeuge nicht alle Kurven perfekt auskosten konnte, ist sie wieder von ihrer Sporty und dem neuen Lenker begeistert. Und sie weiß noch eine lustige Anekdote zu berichten, die mir überhaupt nicht aufgefallen ist: Scheinbar haben wir auf unserer Tour drei Mal dieselben Radler überholt. Nein, nicht das lustige Rennrad-E-Bike-Gespann, das wir hinter Kössen überholt haben. Sondern eine Familie, an der wir wohl vor Aschau, dann nach dem Tanken auf dem Weg nach Frasdorf und - nach unserer Sonderschleife über den Samerberg und Hittenkirchen - auf dem Heimweg zwischen Prien und Bernau vorbeigefahren sind.

Spontanes Zickzack

Was tun an einem Samstag bei herrlichem Wetter? Natürlich Motorrad fahren! Meine Rockerbraut hat allerdings keine Lust mich zu begleiten, gibt mir aber frei, sodass ich gleich nach dem wie üblich späten Frühstück starten kann. Aber wohin? Ach, ich fahre einfach drauf los, auf jeden Fall in Richtung Berge. Und so rolle ich mit meinem Straßenkönig erst einmal nach Reit im Winkl und schwinge am Loferbach entlang hinüber nach Kössen. Begeistert vom Hin und Her auf diesem kurzen Abschnitt, erinnere ich mich an die tolle Straßenführung der gründlich sanierten Strecke über Schwendt nach St. Johann und schwenke entsprechend auf diese Strecke ein. Hei, was für ein Vergnügen!

In St. Johann steht aber schon die nächste Entscheidung an, wie es nun weitergehen könnte. Richtung Kitzbühel oder Richtung Pillersee, einem unserer Lieblingsziele für kurze Tagestouren? Lieblingsziele sind immer eine gute Entscheidung. Deshalb schlage ich den Lenker meiner Road King nach ganz kurzem Zögern Richtung Waidring ein. Die Bundesstraße dorthin hat zwar nicht die spannendste Straßenführung, bringt mich aber zügig zum Abzweig in das kleine Örtchen am Fuße der Steinplatte und der Loferer Steinberge, wo ich auf die wundervolle Straße zum Pillersee abbiege. Jetzt heißt es wieder Kurvenspaß genießen. Schwungvoll geht es hinauf zum Pillersee und an dessen Ufer vorbei, gemütlich durch St. Ulrich hindurch und weiter nach Fieberbrunn. Fahrspaß pur, den ich heute erleben darf!

Und der sollte nicht allzu schnell zu Ende gehen. Deshalb fahre ich in Fieberbrunn nicht wie auf unseren üblichen Runden wieder zurück nach St. Johann, sondern nach Saalfelden. Über Hochfilzen und Leogang erreiche ich zügig dieses Zwischenziel und will eigentlich eigentlich nach Norden Richtung Lofer und damit wieder nach Hause fahren. Aber dann elektrisiert mich ein Wegweiser am Straßenrand. Rechts ab geht es nach Dienten. „Dientener Sattel“ schießt es mir sofort durch den Kopf. Der steht schon seit Ewigkeiten auf meiner Liste der zu erfahrenden Pässe. Warum also warten? Der Tag ist noch jung, der Tank ist voll und die Sonne scheint. Kann es besser Voraussetzungen geben?

Die Wegweiser leiten mich schnell durch Saalfelden und schon bald geht es über eine herrlich geschwungene Straße durch eine wundervolle Landschaft mit stetigem Blick auf die Südseite der Berchtesgadener Alpen mit dem Hochkönig nach Maria Alm und Hinterthal. Wieder mal eine Straße, die ein Harley-Fahrer geplant und gebaut haben muss! Dann folgt Kurvenspaß hinauf zum Filzensattel, bevor es erst hinunter nach Berg geht, um anschließend wieder beschwingt hinauf zum Dientener Sattel zu düsen. Das Ganze begleitet immer eine fantastische Aussicht auf die umliegenden Berge. Kein Wunder, dass diese Strecke, wenn auch nicht hochalpin und sonderlich anspruchsvoll, immer wieder als lohnenswertes Bikerziel genannt wird! Und die Tour bis hierher war noch nicht alles. Auch die letzten Kilometer vor Bischofshofen, auf denen sich die Straße entlang des Mühlbachs schlängelt, sind purer Genuss.

In Bischofshofen lege ich den ersten Stopp des Tages ein. Mich plagt meine Blase und gleichzeitig ordentlicher Durst. Beide Bedürfnisse kann ich schnell an einer Tankstelle  befriedigen und mir dabei auch ein bisschen die Beine vertreten. Einen Ort für einen langen Aufenthalt brauche ich nicht. Heute geht’s ums Fahren. Deshalb starte ich den V2 meiner Harley auch bald wieder und mache mich auf den Heimweg. Über Werfen fahre ich durch die immer wieder beeindruckende Salzachklamm zum Pass Lueg und dann über Golling nach Hallein - alles wohlvertraute Wege von unseren Reisen zur European Bike Week nach Faak in den vergangenen Jahren. Dann steuere ich den Straßenkönig hinauf nach Bad Dürrnberg und über Berchtesgaden weiter nach Ramsau bis kurz vor Schneizlreuth, wo mich eine Umleitung zwingt, nach Bad Reichenhall abzuzweigen. Die direkte Strecke nach Inzell ist wegen Sanierungsarbeiten gesperrt. Egal, denke ich mir, dann geht es eben über Bad Reichenhall und den Thumsee nach Inzell und nach Hause. Aber auch die Route über den Thumsee nach Inzell ist gesperrt. Bleibt also nur die Fahrt über Anger und Teisendorf in heimische Gefilde. Damit das nicht allzu langweilig wird, schwenke ich allerdings in Oberteisendorf ab nach Achthal. Die wundervolle Kurvenstrecke bis Neukirchen muss ich mir als Tagesabschluss einfach noch gönnen, bevor ich nach einer Tour voll mit spontanen Entscheidungen und wildem Zickzackkurs vor der heimischen Garage ausrolle. What a wonderful day!

Erstes und hocherfreuliches Sonntagsdoppel

Der erste Sonntag im Mai und gleich allerbestes Wetter. Das ist die perfekte Gelegenheit für die erste gemeinsame Tour mit meiner Rockerbraut in dieser Saison. Und so starten wir nach einer ausführlichen Gassirunde mit dem Hund und nach einem entspannten Frühstück die Sporty und den Straßenkönig. Der erste Teil der heutigen Ausfahrt gleicht der Streckenführung meiner Shovel-Runde am Ostermontag bis zum Fotostopp bei St. Leonhard am Wonneberg auf den Meter.

Erst ein gutes Stück weiter weichen wir ab, indem wir nach Waging und dann über Tettenhausen nach Fridolfing fahren. Dort legen wir einen erfrischenden Zwischenstopp mit kühlen Getränken und einem Stück Kuchen ein. Ach, ist das herrlich, einfach so da zu sitzen, die Sonne im Gesicht zu spüren und den Frühling zu genießen! So gestärkt und entspannt rollen wir über kleine Nebenstraßen nach Kirchanschöring und Leobendorf, wo wir nach Schönram abzweigen, um dann über Teisendorf, Freidling und durch Achthal wieder nach Hause zu schwingen.

Diese wohlbekannte Strecke haben wir für heute ganz bewusst ausgewählt. So kann meine Rockerbraut nämlich ihren neuen Lenker noch einmal intensiv testen - mit großem Erfolg übrigens. Schon beim Zwischenstopp im Café ist das Strahlen in ihrem Gesicht unübersehbar. Die neue Sitzposition sorgt spürbar für Entspannung im Rücken und in den Armen. Nach den Kurvengeschlängeln hinauf nach Freidling und anschließend von Achthal bis Neukirchen herrscht dann pure Begeisterung. Zuhause beschreibt sie mir das tolle Fahrverhalten ihrer Sporty in den schillerndsten Metaphern. Vor allem das Einlenken hat sich laut ihrer Schilderungen in den durchzirkelten Kurven deutlich verbessert. Alle Bedenken zum neuen Lenker und der neuen Sitzposition sind weggewischt. Stattdessen gibt es unserer großen Freude pures Fahrvergnügen.

Schnellschuss am Abend

Der April macht dieses Jahr tatsächlich was er will, nur kalt und nass muss es scheinbar sein. Morgens Schnee? Kommt tatsächlich mehr als einmal vor. Dauerregen? Fast schon normal. Sonne? Die große Ausnahme. Genauso wie Temperaturen im zweistelligen Bereich. Deshalb sollte ich diesen Freitagnachmittag mit sonnigem und recht warmem Wetter unbedingt für eine kleine Runde mit dem Straßenkönig nutzen. Und so starte ich nach getaner Arbeit auf eine Chiemsee-Umrundung.

Die verläuft zu zwei Dritteln völlig unspektakulär - bis sich ab Prien immer dunklere Wolken über den Bergen zusammenballen. Trotzdem fahre ich weiter, denn ich möchte für meine Rockerbraut im Schokoladen-Outlet in Bernau unbedingt noch vegane Hasen und Eier im nachösterlichen Abverkauf abstauben. Das gelingt auch, vor allem Hasen stehen noch in rauen Mengen im Regal und werden zum Spottpreis verhökert.

Als ich mit meiner prallgefüllten Einkaufstasche zurück zum Motorrad stiefele, fallen die ersten dicken Tropfen vom Himmel. Was also tun? In die Regenkombi klettern und die Runde durch den Regen zu Ende bringen? Oder wieder um den See zurückfahren, so wie ich gekommen bin, weil nördlich blauer Himmel lockt? Als mir meine Rockerbraut bei einem kurzen Anruf zuhause bestätigt, dass es dort aus Kübeln schüttet und dazu auch noch blitzt und donnert, entscheide ich mich für die längere Variante zwei und tuckere also wieder los in Richtung Prien. Dort regnet es tatsächlich nicht. Aber gleich hinter Rimsting revidiere ich meine Entscheidung. Die dunklen Regenwolken ziehen jetzt nämlich nordwärts über den Chiemsee und damit genau auf meine weitere Route zu. Über den Bergen tun sich dagegen schon wieder erste kleine blaue Wolkenlücken auf. Also wende ich wieder und fahre zum dritten Mal an diesem Tag durch Prien.

In Bernau regnet es inzwischen tatsächlich nicht mehr, nur die Straßen sind noch nass. Und dann wird es wettertechnisch spannend: Hinter Bernau bei der Fahrt durch Rottau, Grassau und Staudach bis hin in den kleinen Weiler mit dem schönen Namen Klaus ist die Straße komplett trocken. Hier hat es offensichtlich nicht einen einzigen Tropfen geregnet. Was sich in Klaus jetzt aber schlagartig ändert. Erst wird die Straße immer feuchter, dann kommt der Regen auch von oben. Und so werde ich auf den letzten paar Kilometern bis nach Hause doch noch nass. Trotzdem: Die kleine Runde hat sehr, sehr gut getan. Den Straßenkönig kann ich irgendwann immer noch putzen. Und die Klamotten sind schnell wieder trocken.

Erste Runde der Saison

Nach den Transferfahrten am Karmittwoch war das Wetter über die Ostertage mehr als bescheiden. Aber der Ostermontag überrascht uns heute mit Sonnenschein und einigermaßen warmen Temperaturen. Deshalb gönne ich mir nach ein paar Stunden erfolgreicher Gartenarbeit, in denen wir unsere Hochbeete für die anstehende Bepflanzung vorbereitet haben, am späten Nachmittag eine Runde mit meiner Oldtimer-Harley. Unter die Räder nehme ich die klassische Feierabendrunde und fahre über Siegsdorf, Neukirchen, Surberg und Lauter auf den Wonneberg, wo ich zum wiederholten Male und wie in fast jedem Jahr einen Fotostopp vor dem grandiosen Panorama der Chiemgauer Alpen und einer Fernsicht bis hinein ins Salzburger Land einlege.

Nachdem die Bilder auf der SD-Karte meines Smartphones gespeichert sind, knattert die alte Electra Glide in Richtung Waging, bevor ich sie rechts weg nach Teisendorf und später dann über die Bundesstraße nach Traunstein lenke. Weitere Schleifen fahren möchte ich jetzt nicht mehr. Denn je länger die Tour dauert und je tiefer die Sonne sinkt, desto kühler und ungemütlicher wird es. Aber: Der frische Wind um die Nase tut richtig gut. Das liegt vielleicht auch daran, dass es für einen solchen Feiertag erstaunlich wenig Verkehr gibt und ich mit dem Oldtimerchen gemütlich meine Runde drehen kann.

Der Winter ist vorbei! Wirklich?

Seit ich unsere Bikes Mitte März von ihren leidigen Saisonkennzeichen erlöst habe, ist genau das eingetreten, was zu befürchten stand: Das Wetter war alles andere als motorradfreundlich, meist kalt-verregnet. Es gab zwar wenige fast sommerliche Tage. Aber natürlich immer nur dann, wenn ich keine Zeit hatte, die Maschinen von ihrer Überwinterung in der Werkstatt unseres Lieblings-Harley-Schraubers zurück in die heimische Garage zu holen oder gar eine Runde zu drehen. Aber so hatten wir es ja gewollt. Nicht die Monatszahlen auf dem Nummernschild, sondern das Wetter sollte Anfang und Ende einer Saison bestimmen. Und das tut es jetzt, ob es uns gefällt oder nicht.

Immerhin hat der Wettergott heute am Karmittwoch ein Einsehen mit uns. Es ist zwar verdammt kalt. Die Nachttemperaturen lagen deutlich unter Null und auch jetzt kurz nach Mittag zeigt das Thermometer nur einstellige Plusgrade an. Aber immerhin scheint die Sonne von einem blauen, fast wolkenlosen Himmel. Und ich habe Urlaub, also Zeit, um den Winterschlaf von Sportster, Road King und Electra Glide zu beenden.

Während ich mich schön warm in mehrere Lagen Motorradklamotten packe, ist meine Rockerbraut noch skeptisch, ob sie ihre Sporty schon selbst in die heimische Garage lenken soll. Denn das ist heute überhaupt nicht ihre Wohlfühltemperatur fürs Motorradfahren. Aber dazu später mehr. Jedenfalls bleibt sie erst einmal in Zivil und fährt mich mit dem Auto zu unserem Lieblings-Harley-Schrauber. Den Anfang der Heimfahrten macht heute mein Straßenkönig. An ihm ist tatsächlich im Winter nichts als der übliche Service gemacht worden plus einer geringfügigen Erhöhung der hinteren Sitzhalterung, sodass ich durch den nun stärker nach vorne geneigten Police-Seat hoffentlich einen etwas besseren Rückhalt bekomme. Zumindest auf der kurzen Heimfahrt fühlt sich die minimal veränderte Sitzposition auch schon sehr gut an, selbst wenn die Luftfederung nach der Winterpause noch nicht wieder optimal angepasst ist.

Und damit zur Sporty. Das Bike hat über Winter einen leichten Ape-Lenker bekommen. Denn der Standardlenker und die damit verbundene, leicht vorgebeugte Sitzhaltung verursachten meiner Rockerbraut zunehmend Probleme im Rücken und vor allem in den Schultern, Armen und Handgelenken. Die gerade, aufrechte Sitzposition soll das alles in Zukunft entlasten, damit längere Touren purer Spaß bleiben und nicht in schmerzhafter Quälerei enden. Aber: Obwohl sie schon einmal Probe gesessen hat, fremdelt sie noch mit dem neuen Lenker.

Sie ist vor allem unsicher, ob sie beim Rangieren, in engen Serpentinen und auf schlechten Straßen mit der neuen Sitzposition und Lenkerhaltung klar kommen wird. Und ob der neue Lenker schon perfekt für sie eingestellt ist. Deshalb will sie erst einmal eine Probefahrt machen, eine kleine Runde mit ein paar Abbiegern und einer Kreisverkehrumrundung fahren, bevor das Bike in die heimische Garage kommt und dann im Sommer über kleine Nebensträßchen in den Bergen gefahren wird.

Außer dem neuen Lenker wartet an der Sporty noch eine weitere Überraschung auf meine Rockerbraut. Denn zu Ostern und zu ihrem Geburtstag habe ich zwei neue Taschen für ihre Sporty organisiert. Bis zu beiden Festtagen ist zwar noch ein bisschen Zeit. Aber wenn die Taschen schon fertig sind, warum sollten sie dann nicht auch schon zum Saisonstart montiert sein?

Der erste Anblick der umgebauten Sporty bei der Abholung meines Straßenkönigs hat jedenfalls seine Wirkung getan: Den niedrigen Temperaturen zum Trotz hat sich meine Rockerbraut doch dazu entschieden, ihr Schätzchen heute selbst nach Hause zu fahren. Deshalb haben wir das übliche Gequatsche mit dem Lieblings-Harley-Schrauber bei der Abholung meines Straßenkönigs auch auf später verschoben, damit wir noch Zeit für die zweite Tour samt Sporty-Probefahrt haben. Und deshalb warten, als ich mit meiner Road King vor die Garage rolle, auch schon meine Rockerbraut mit ihrer dicksten, wärmsten Bikerinnenmontur über dem Arm und eine liebe Freundin auf mich. Die hat sich nämlich zum Glück kurzfristig bereit erklärt, uns beide jetzt zum Lieblings-Harley-Schrauber zu fahren, damit wir Sporty und Oldtimer-E-Glide gleich gemeinsam nach Hause fahren können.

Vor dem Werkstatttor des Lieblings-Harley-Schrauber glitzern bei unserer erneuten Ankunft die Sporty und mein Schäufelchen abholbereit in der Sonne. Und erst jetzt zeigt sich der neue Glanz der Sporty in seiner ganzen Pracht. Die Kabel sind im neuen Lenker verschwunden, die Züge laufen in neuen, hellen Ummantelungen und die Armaturen haben verchromte Schalter und Kappen bekommen, während die Gehäuse selbst schwarz geblieben sind. Außerdem sind mit dem neuen Lenker vorne auch neue Blinker oder besser gesagt: schicke, kleine LED-2-in-1-Leuchten mit Blink- und Positionslicht, an die Sporty gekommen. Und weil die natürlich hinten ihre entsprechenden Pendants brauchen, gibt es als Rück-Blink-Bremsleuchten die passenden 3-in-1-LED-Strahler am Heck. Und dann erst die neuen Taschen! Wie geplant, bleiben sie unscheinbar, was genau die Absicht war. Die Taschen sollten keine Hingucker sein sondern praktische Transportbehälter, die die Optik der Sporty nicht stören, sondern dezent unterstreichen. Trotzdem kommt das Leder im Used-Black-Look im Sonnenlicht so richtig zur Geltung.

Schnell ist meine Rockerbraut in ihre dicke Motorradjacke, Helm und Handschuhe geschlüpft und startet auf ihre Probefahrt. Das Losfahren sieht ziemlich unsicher aus. Die neue Sitzhaltung ist wohl noch zu ungewohnt. Aber sobald die Fuhre rollt, scheint die Unsicherheit wie weggeflogen und ich sehe nur noch ihren Rücken davonsausen. Eine Viertelstunde später hören wir auch schon wieder das Blubbern der Sporty und noch einmal ein paar Minuten später steht meine Rockerbraut neben unserem Lieblings-Harley-Schrauber, unserer lieben Fahrdienst-Freundin und mir wieder in der Werkstatt. Auf Ihrem Gesicht strahlt ein gewaltiges Grinsen - der neue Lenker scheint die Kurven- und Kreisverkehrtestfahrt mit Bravour bestanden zu haben. Das bestätigt sie uns dann auch in freudigen Worten. Der gemeinsamen Heimfahrt steht also nichts mehr im Weg. Und unsere Freundin muss den Heimweg alleine antreten.

Damit ist jetzt auch Zeit für das abschließende Schwätzchen mit unserem Lieblings-Harley-Schrauber. Und wir begleichen natürlich die letzten Rechnungen, bevor wir uns verabschieden. Denn schließlich ist es auch schon kurz vor Feierabend für den Werkstattmeister. Dann starte ich zum ersten Mal in diesem Jahr meine Oldtimer-E-Glide und tuckere hinter meine Rockerbraut her nach Hause. Das ist übrigens ein toller Anblick, wie sie jetzt aufrecht und gerade auf ihrer Sportster sitzt. Aber ist es Einbildung oder liegt es an den gegenüber dem Straßenkönig fehlenden beheizbaren Griffen? Mir kommt diese Heimfahrt am späteren Nachmittag jedenfalls deutlich kühler vor als die vorherige Tour. Umso mehr Respekt also für meine schnell frierende Rockerbraut! Aber nach einer guten halben Stunde ist es geschafft: Alle Harley Davidsons stehen endlich wieder in der heimischen Garage. Jetzt muss nur noch das Wetter etwas wärmer und freundlicher werden. Dann können wir wieder auf tolle Touren gehen!

Vorsatz umgesetzt

Heute ist es endlich soweit: Ich setze meinen Plan in die Tat um, unseren Fahrspaßzeitraum unabhängig von irgendwelchen Monatsvorgaben auf den Kennzeichen zu machen und den Saisonstart ausschließlich vom Wetter bestimmen zu lassen. Das Terminvereinbarungssystem der Zulassungsstelle funktioniert tatsächlich, ich komme pünktlich zur gebuchten Uhrzeit dran und lande am Schalter einer sehr netten Mitarbeiterin, die allergrößtes Verständnis für meinen Wunsch hat und die notwendigen Ummeldungen schnell abwickelt. Dann geht es zum Bezahlen, zur ebenso freundlichen und verständnisvollen Schildermacherin und zum Bekleben der neuen Kennzeichen mit den Siegeln für TÜV und Landkreis - keine halbe Stunde nach Betreten der Zulassungsstelle halte ich stolz die Ganzjahreskennzeichen für die Sporty meiner Rockerbraut und meinen Straßenkönig in den Händen. Jetzt muss nur noch das Wetter mitspielen, dann steht der Abholung der Bikes bei unserem Lieblings-Harley-Schrauber und der ersten Ausfahrt des Jahres nichts mehr im Wege.

Perfektes Finish

Zwei Wochen sind vergangen wie im Flug. Und ich darf heute wieder zum Tätowierer meines Vertrauens, um das Bild auf meinem rechten Oberschenkel fertig stechen zu lassen. Aus der geplanten Autofahrt nach Salzburg wird allerdings nichts. Heute Nacht hat es angefangen zu schneien und vor der Haustüre liegen locker 10 cm der weißen Pracht, während vom wolkenschweren Himmel immer mehr dicke Flocken trudeln. Also werde ich heute mit der Bahn fahren. Angesichts der ausklingenden Faschingsferien in Bayern ist das wahrscheinlich ohnehin die bessere Entscheidung, zumindest im Hinblick auf die Heimfahrt heute Nachmittag. Denn dann werden sich voraussichtlich die wegen des samstäglichen Bettenwechsels Heimreisenden über die Autobahn aus dem Ski-Urlaub Richtung München quälen.

Zuerst aber schnappe ich mir unseren Hund und stapfe mit ihm die morgendliche Gassirunde durch die weiße Pracht - inklusive eines Abstechers zum nahegelegenen Bahnhof, wo ich mir am Automaten gleich das Zugticket für meine heutige Reise ziehe. Dann komme ich meiner sportlichen Pflicht bei diesem Wetter nach: Schneeräumen vor der Garage und auf dem kurzen Weg zur Haustüre, bevor der weiße Zauber festgetrampelt und festgefahren ist und dadurch zu einer eisigen Rutschbahn werden kann.

Trotz der ungeplanten Schneeräumaktion geht mein Timing auf und ich stehe pünktlich am Bahnhof, wo zu meiner Überraschung genauso pünktlich der Zug einfährt und mich entspannt nach Freilassing bringt. Einmal umsteigen bitte! Wenige Stationen sowie einen kleinen Fußmarsch später stehe ich in der kleinen Patisserie direkt neben dem Tattoostudio. Anlässlich des letzten Termins am heutigen Samstag lasse ich als Dankeschön für die wieder einmal tolle Betreuung kalorienreiche Glücklichmacher für das gesamte Körperkünstlerteam in eine große Schachtel füllen. Und nicht nur das: Zu meiner großen Freude gibt es bei diesem Zuckerbäcker auch vegane Leckereien, sodass ich als Überraschung für meine milchallergische Rockerbraut vier der rein pflanzlichen Kunstwerke reserviere, um sie auf dem Heimweg mitzunehmen.

Das große Hallo, das durch das Tattoo-Studio schallt, als ich mit den liebevoll dekorierten Törtchen und Cremeschnitten auftauche, beweist mir, dass ich mit meinem Dankeschön goldrichtig liege und den Nerv der Belegschaft zu 100 Prozent getroffen habe. Aber: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen! Die Patisserie-Schachtel wird zwar eingehend begutachtet, aber - vielleicht liegt es auch an der vormittäglichen Stunde - noch nicht in Angriff genommen.

Ganz im Gegensatz zu meinem Bein. Darüber saust schon bald die Tätowiermaschine mit ihrem fröhlichen Summen, um meine Shovelhead zu vollenden, die neben unserer hauseigenen Zapfsäule - hoffentlich frisch vollgetankt - auf die nächste Ausfahrt wartet. Außerdem werden heute auch die letzten Schattierungen in Schwarz und Grau ausgearbeitet. Und in einem allerletzten Arbeitsgang blitzen mit Weiß Akzente auf. Wow, kann ich nur sagen, als ich das fertige Werk betrachte. Vor allem die wenigen weißen Striche geben dem ganzen Motiv noch einmal mehr Tiefe und lenken wie kleine Scheinwerferspots zusätzliche Aufmerksamkeit auf viele Details, die mir wichtig sind.

Nach einer herzlichen Verabschiedung für diesen Winter vom Tattoo-Team und ganz besonders vom Tätowierer meines Vertrauens hole ich noch schnell meine veganen Kalorienbomben aus der Patisserie und komme auf die Minute zum nächsten erreichbaren Zug am Bahnsteig an. Ohne lange Wartezeiten geht es nach Hause, wo ich meine Rockerbraut gleich zweimal begeistern kann: mit meinem neu gestalteten Oberschenkel und dem köstlichen Gebäck zum Nachmittagstee.

Aus tiefem Tal zum höchsten Hoch

Mein dritter Tattoo-Termin steht an. Aber ob es dazu heute kommen wird? Ach, wäre ich doch nur mit dem Zug nach Salzburg gefahren! Oder hätte zumindest vor der Abfahrt die Verkehrsnachrichten gehört! So bin ich voll in die Staufalle getappt. Bei uns vor der Haustür war die Autobahn leer, aber kurz hinter Teisendorf wartet der komplette Stillstand auf mich. Aus den Nachrichten erfahre ich jetzt erst, dass es wegen eines brennenden Fahrzeugs eine Vollsperrung gibt. Na sauber. Da werde ich nicht pünktlich im Studio ankommen.

Immerhin: Nach eine halben Stunde totalen Stillstands kommt zumindest minimale Bewegung in die Blechkarawane. Und eine weitere halbe Stunde später habe ich mich per Stop-and-Go zur kleinen Abfahrt in Anger vorgekämpft, sodass ich die Autobahn verlassen kann. Der zweite dumme Fehler an diesem Tag. Denn die Landstraße Richtung Piding ist natürlich genauso verstopft wie die Autobahn selbst, nur eben mit Autobahnflüchtigen und Stauumfahrern wie mir. Die Schleichfahrt auf den Nebenstraßen hat nur einen Vorteil gegenüber der Autobahn: Ich kann an einem kleinen Parkplatz ausscheren und einem überfälligen körperlichen Bedürfnis nachgehen, bevor meine Blase platzt.

Natürlich habe ich im Tattoo-Studio schon längst Bescheid gesagt, dass ich später kommen werde. Allerdings habe ich die Verzögerung total falsch eingeschätzt. Aus der angekündigten Verspätung von ca. einer Stunde sind schon eineinhalb Stunden geworden, als ich endlich bei Bad Reichenhall über die Landstraßen-Landesgrenze fahre - und prompt im nächsten Stau lande. Denn bis zur ersten Autobahnauffahrt in Österreich reihen sich auch hier die Autos von Walserberg bis Himmelreich Stoßstange an Stoßstange aneinander - alles vermeintliche Stillstandsvermeider, die hier ziemlich still stehen.

Als ich mit zwei Stunden Verspätung dann endlich beim Tätowierer meines Vertrauens eintreffe, befürchte ich schon, dass er mich unverrichteter Dinge wieder heimschicken wird. Lohnt es sich denn überhaupt noch, für die verbleibende Zeit anzufangen? Schließlich hat er nach meinem Bein noch einen weiteren Nachmittagstermin, der pünktlich gestochen werden will und einen fitten Tätowierer verdient hat.

Zu meiner großen Freude ist der Nadelkünstler aber total entspannt und will natürlich noch die Tätowiermaschine über meinen Oberschenkel sausen lassen. Und so darf ich noch gut eineinhalb sehr intensive Tattoo-Stunden genießen, in denen auf meinem Bein Bäume und Sträucher aufblühen, Holzbretter Maserungen und Struktur bekommen und ein paar der mehr oder weniger versteckten Hinweise auf die wirklich wichtigen Dinge in meinem Leben vollendet werden. So beweist sich heute mal wieder, dass es selbst aus dem tiefsten Tal des Ärgers und Frusts noch einen Weg hinauf auf die höchsten Höhe des Glücksgefühls gibt - wenn man nur das richtige tut und dabei auf die richtigen Menschen trifft.

Der zweite Termin

Gestern war ich zum zweiten Verschönerungstermin beim Tätowierer meines Vertrauens. Wie immer ging es darum, aus dem Liniengewusel unter meiner Haut ein echtes Gemälde mit Licht, Schatten und Tiefe zu machen. Und wieder einmal blieb mir nichts als Staunen, was der Künstler da nur mit schwarzer Tinte so alles auf mein Bein zaubert. Plötzlich wird der Schuppen, in dem die Sporty meiner Rockerbraut und mein Straßenkönig stehen, zu einem richtigen Raum. Das Dach des Schuppens hängt tatsächlich über, die Dachbalken kommen richtig zur Geltung, die Wände könnten nicht mehr aus irgendeinem Material bestehen, sondern sind eindeutig aus Holz. Die Zapfsäule mit unserem ganz persönlichen Spritvorrat ist kein flaches Strichgebilde mehr, sondern eine wohlgeformtes, dreidimensional wirkende Spritfass.

Als es aber nach über zwei Stunden Tätowierarbeit an das offene Tor zum Schuppen oder genauer gesagt: an den Schatten, den das Tor auf die dahinterliegende Wand geht, streike ich. Mein Schmerzpensum für heute ist offensichtlich erschöpft und ich stoße damit zum Glück auf das Verständnis meines Tätowierers. Der macht nur noch ein paar Stiche, um einen Abschluss zu finden, an den er bei unserer nächsten Sitzung anknüpfen kann. Dann geht es ans Abdecken, anschließend auf den Heimweg und zuhause nur noch auf die Couch. Schließlich muss ich in zwei Wochen ja wieder fit sein für den nächsten Termin.

Geduld lohnt sich und Aberglaube ist totaler Quatsch

Endlich ist die lange, lange Wartezeit auf meinen ersten Tattoo-Termin dieses Winters vorbei. Heute ist Freitag, der 13., und ich mache mich auf den Weg zum Tätowierer meines Vertrauens. Dem hatte ich schon vor Wochen meine Idee für das neue Unter-der-Haut-Gemälde und ein paar Bilder per E-Mail zugeschickt, seither aber nichts mehr gehört. Entsprechend gespannt bin ich auf seinen Entwurf. Oder hat er die Nachricht vielleicht gar nicht bekommen? Ich habe auf jeden Fall auch noch einen USB-Stick mit allen Daten dabei. Sicher ist sicher.

Nach ein paar Minuten Wartezeit im Vorraum und einer überaus herzlichen Begrüßung - schließlich haben wir uns fast ein Jahr nicht mehr gesehen - darf ich die heiligen Hallen des Studios betreten. Auf dem Skizzentisch liegt schon ein Blatt Papier, auf dem ich eindeutig mein neues Tattoo erkennen kann. Die E-Mail ist also angekommen. Und der Tattoo-Meister hat meine Idee nicht nur umgesetzt, sondern wieder einmal einmal optimiert, perfektioniert, besser als vollkommen gemacht. Denn er hat viele kleine, liebevolle Details hinzugefügt, die tatsächlich hervorragend zu mir und zum Motiv passen. Was mich am meisten begeistert: Dieses Tattoo wird zum ersten Mal ein paar persönliche Details aus meinem Leben enthalten. Die sind so geschickt und versteckt eingearbeitet, wie ich es mir zwar gewünscht hatte, aber selbst nicht vorstellen konnte.

Am Entwurf sind deshalb nur minimale Änderungen notwendig, bevor wir zur Tat und zur ersten Anprobe schreiten können. Aber irgendetwas gefällt meinem Lieblingstätowierer nicht. Während er den Entwurf an mein Bein hält, neigt und dreht er den Kopf, wiegt er sich vor und zurück, dreht und verschiebt er das Blatt. „Die Perspektive stimmt nicht“, murmelt er vor sich hin. „Damit die Hütte auf Deinem Oberschenkel nicht total verzerrt wirkt, muss ich sie total verzerrt vorzeichnen“, erklärt er mir weiter, nimmt das Blatt wieder von meinem Bein, geht zu seinem Tablet, modifiziert irgendetwas, lässt einen neuen Ausdruck aus dem Drucker und kehrt zurück, um das neue Blatt wieder anzuhalten.

Dieses Spielchen wiederholt sich noch ein weiteres Mal, bevor er zufrieden ist und mir die jetzt wohl fertige Zeichnung zeigt. Was darauf zu sehen ist, gleicht eher der Karikatur einer Hütte als dem ursprünglichen Entwurf: ein windschiefes, am Boden viel zu schmales und nach oben zum Dach hin widersinnig breit werdendes Etwas reckt sich mir entgegen. So sehen Hexenhäuschen und Zaubererburgen in Comics aus! Was macht der nur aus meinem schönen Harley-Schuppen? Aber tatsächlich: Sobald sich das Blatt an meinen Oberschenkel schmiegt, wird aus dem Zerrbild ein Kunstwerk mit passenden Proportionen.

Zufrieden mit seinem Werk kurbelt der Nadelkünstler die Vorlage durch sein Kopiergerät, um mir dann mit der Matrize das Motiv aufs Bein zu übertragen. Nach einem prüfenden Blick in den Spiegel muss ich allerdings intervenieren: „Auch wenn Du mir jetzt vielleicht böse bist“, setze ich vorsichtig an, „aber das Motiv sitzt zu weit außen. Das müsste für mich locker 5 cm weiter nach innen rücken.“ Wider Erwarten reagiert mein Tätowierer nach einem prüfenden Blick seinerseits total entspannt: „Kein Problem, dann wischen wir alles wieder weg und platzieren es noch einmal neu“, lautet die Antwort, bevor er zur großen Sprühflasche mit seinem Desinfektionsalkohol greift, das Bein einsprüht und mit reichlich Küchenkrepp alles wegwischt. Wobei: „Alles wegwischt“ ist irgendwie auch nicht richtig. Denn die Konturen verschwinden zwar, dafür ist mein ganzer Oberschenkel bläulich-lila eingefärbt. Ein bisschen sehe ich so aus wie die lila Kuh aus der Schokoladenwerbung.

Also nächster Versuch. Jetzt bin ich mit der neuen Position des Tattoos zufrieden. Aber mein Tätowierer nicht: „Die Hütte kippt optisch, die stürzenden Linien stimmen nicht. Ich muss die Senkrechte anders wählen“, murmelt er vor sich hin und - schwuppdiwupp - ist die Vorlage schon wieder weggewischt. Während ich mir Sorgen mache, ob auf dem blitzeblauen Bein ein dritter Abdruck der Vorlage überhaupt noch zu erkennen sein wird, landet die Matrize schon wieder auf dem Oberschenkel, wird noch einmal justiert und jetzt endlich zum letzten Mal übertragen. Zu meiner großen Verwunderung zeigt der Abdruck tatsächlich immer noch alle Details.

Nachdem das aufgetragene Fixiermittel getrocknet ist, darf ich es mir endlich auf der Tätowierliege bequem machen. Mit Kissen im Rücken und im richtigen Winkel eingestellter Lehne kann es jetzt losgehen. Allerdings hat sich das frühere Vorbereitungsprocedere für die Tätowiermaschine deutlich beschleunigt und vereinfacht. Da ist nix mehr zu verkabeln und mit Folie einzupacken. Es ist auch eigentlich gar keine Tätowiermaschine mehr, die diesen Namen verdienen würde. Auf das Ding würde wohl eher die Bezeichnung Tattoo-Pen passen. Das akkubetriebene Gerät sieht nur noch aus wie ein dicker Stift, an dessen Spitze statt einer Feder oder Mine eben die Nadeln sitzen.

Jedenfalls scheint das neue Maschinchen sehr gut in der Hand zu liegen. Denn der Tätowierer geht gleich schwungvoll und locker an die Arbeit. Linie um Linie verwandelt sich die blaue Vorlage auf der Haut in schwarze Konturen darunter. Nach zweieinhalb Stunden fleißiger Nadelstecherei ist die erste Sitzung vorüber. Total begeistert von dem, was ich auf meinem Oberschenkel sehe, kann ich mich kaum von meinem Spiegelbild losreißen. Aber das muss ich jetzt wohl. Denn erstens will das neue Tattoo noch versorgt und abgedeckt werden. Und zweitens muss ich jetzt natürlich schnell nach Hause, um das Werk meiner Rockerbraut zu präsentieren. Die ist genauso angetan von meinem neuen Kunstwerk wie ich, obwohl sie es erst einmal nur durch die darüber liegende Folie betrachten kann. Da sage doch noch mal jemand, dass ein Freitag, der 13., Unglück bringe!

Gute Nachrichten

Seit einer Woche sind die Bikes jetzt im Winterlager. Und das wundervolle Herbstwetter nagt an meiner guten Laune. Es bestätigt Tag für Tag meinen Entschluss, die Ära der Saisonkennzeichen im nächsten Jahr zu beenden. Denn nach dem sonnigen März haben wir jetzt auch noch das schöne Oktoberende auslassen müssen.

Immerhin gibt es heute gute Nachrichten, die meine Stimmung deutlich aufbessern. Meine Rockerbraut konnte neue Tattoo-Termine buchen und ich kann wieder meinem Wintervergnügen nachgehen. Schließlich soll auch noch mein rechter Oberschenkel mit einem schicken Motiv aufgehübscht werden. Aber ist Freitag, der 13., als Termin der ersten Sitzung wirklich so ein gutes Datum?

Winterlager

Eigentlich ist erst am Montag der 31. Oktober. Aber dann ist wegen Allerheiligen am Dienstag Brückentag. Den habe nicht nur ich frei, sondern auch unser Lieblings-Harley-Schrauber. Es sei ihm von Herzen gegönnt, aber: Für das Wochenende und sogar die Tage danach ist noch einmal herrliches Wetter vorhergesagt, dass wir jedenfalls nicht mit Motorradfahren nutzen können. Denn heute am Freitag ist wegen der besagten Urlaubstagekonstellation die letzte Möglichkeit, meinen Straßenkönig und die Oldtimer-Shovel ins Winterlager zur bringen. Aber egal. Schließlich können wir an diesem Wochenende ohnehin nicht mehr all die verpassten und ausgefallenen Touren dieses nicht nur in Sachen Motorradfahren eher durchwachsenen - um nicht zu sagen: verkorksten - Jahres nachholen.

Zuerst ist mein Oldtimerchen an der Reihe, dass ich nur schnell vor der Werkstatt abstelle, um dann sofort mit dem Shuttleservice meiner Rockerbraut zurück nach Hause zu fahren und den Straßenkönig zu holen. Danach geht es dann an die Besprechung der Arbeiten.

Den Plan, meiner Road King eine Fahrerrückenlehne zu verpassen, habe ich inzwischen schon wieder ad acta gelegt. Die Idee war aufgekommen, nachdem ich mit der Gepäckrolle auf dem Beifahrersitz aus Faak zurück gefahren bin und diese Stütze sehr angenehm für mein altes Kreuz war. Allerdings hatte ich dann die Touren zum Rossfeld und auf die Postalm sowie in den Ahornboden mit deutlich erhöhtem Luftdruck in der Federung meines Police-Seats genauso gut überstanden. Und eine schon vor der Werkstatt meines Lieblings-Harley-Schraubers auf die Wintereinlagerung wartende Road King eines anderen Kunden mit solch einer Rückenlehne bestätigt meine Entscheidung, auf diesen Anbau erst einmal zu verzichten: Das sieht - gelinde gesagt - sehr gewöhnungsbedürftig aus. Einfach schrecklich, könnte ich genauso gut formulieren. Ein optisches Highlight ist dieses Gestell auf jeden Fall nicht. Damit stehen für meinen Straßenkönig also tatsächlich auch nur die üblichen Wartungsarbeiten an.

Ganz anders sieht das bei der alten Electra Glide aus. Die wird eine umfassende Trockenlegung brauchen, damit sie im nächsten Jahr nicht nur in der Garage steht und inkontinent vor sich hin tröpfelt, während ich mich angesichts des Motor- und Getriebeölverlustes nicht traue, mit ihr zu fahren. Außerdem muss der Lenkanschlag gemacht werden. Denn bei Volleinschlag nach links kommen die Gabelrohrverkleidungen an den Tank. Da könnte ich zwar auch aufpassen. Aber die Erfahrung zeigt, dass ich beim Rangieren einfach nicht daran denke und immer wieder gegen den Lack lenke.

Mit diesen Arbeitsaufgaben und natürlich nach einem ausführlichen Benzingespräch verlassen wir irgendwann schweren Herzens die Werkstatt und nehmen Abschied für die nächsten fünf Monate von Sporty, Straßenkönig und Oldtimer-E-Glide. Dabei zementiert sich die schon im Frühjahr ausgesponnene Idee als stiller Beschluss: Die Saisonkennzeichen kommen für nächstes Jahr weg, alle Maschinen werden irgendwann im Februar ganzjährig zugelassen. Wann unsere Motorradsaison beginnt und endet, das will ich mir definitiv nicht mehr von irgendwelchen Zahlen auf dem Kennzeichen vorschreiben lassen. Es reicht, wenn uns da das Wetter seinen unbeeinflussbaren Rahmen steckt.

Jahresabschluss

Sonne, Sonne, Sonne - die zweite Oktoberhälfte verwöhnt uns einfach aufs Feinste. Gut dass ich die letzte Woche dieses Monats Urlaub genommen habe! So bleibt meiner Rockerbraut und mir tatsächlich noch die Zeit für eine gemeinsame Abschlussrunde, bevor die Harleys morgen in den Winterschlaf gehen.

Wir entscheiden uns für einen Klassiker unserer Hausrunden und fahren südlich des Chiemsees über Grassau nach Bernau und von dort Richtung Prien. Bevor wir das Städtchen erreichen, biegen wir aber links ab hinauf nach Hittenkirchen und düsen nach Frasdorf, um von dort über Törwang hinunter ins Inntal zu fahren. Ein wundervoll abwechslungsreicher Bikespaß, denn auf dieser Strecke ist wirklich alles geboten, was unsere Harleyfahrerherzen höher schlagen lässt.

Im Inntal biegen wir Richtung Süden ab und fahren über Erl nach Niederndorf und - für mich zum zweiten Mal binnen einer Woche - von Sebi über Sachrang und Aschau wieder an den Chiemsee. Weil wir noch recht früh unterwegs sind und die Bikes morgen ohnehin ins Winterlager gehen, bringen wir die Sporty ganz spontan heute schon bei unserem Lieblings-Harley-Schrauber vorbei.

Etwas Besonderes ist für diesen Winter an diesem Bike nicht geplant, nur die üblichen Wartungsarbeiten stehen an. Aber auch meine Rockerbraut wird nicht jünger und hat ab und an ihre Probleme mit der Sitzhaltung, vor allem auf längeren Touren. Deshalb soll uns unser Lieblings-Harley-Schrauber mal einen Vorschlag für einen höheren Lenker unterbreiten. Vielleicht bringt den ja dann der Weihnachtsmann ... Aber bis dahin ist noch lange hin. Jetzt geht es erst einmal mit der Rockerbraut auf dem Sozius meines Straßenkönigs nach Hause.

Der Ahornboden lockt

Wettertechnisch schöpft der goldene Oktober in diesem Jahr aus dem Vollen. Und lockt mich an diesem Wochenende wieder aufs Bike. Mein Ziel: der Ahornboden, den ich am vergangenen Wochenende sozusagen verpennt hatte. Dafür bin ich heute extra rechtzeitig aus den Federn gekrochen, um die Tour an einem der merklich kürzer werdenden Tage überhaupt zu schaffen. Also starte ich nach einem schnellen Frühstück - erneut allein, denn auch heute möchte meine Rockerbraut keine so lange Runde mehr fahren. Schade, aber dafür ein umso herzlicheres Dankschön für diesen Freifahrtschein!

So geht es für mich erst einmal hinauf nach Kössen und von dort über Walchsee nach Kufstein. Nach der Inn-Überquerung biege ich gleich ab hinauf nach Thiersee, wo ich den Spritvorrat für den Tag auffülle, und fahre weiter nach Bayrischzell. Immer wieder herrlich, diese Strecke! Und heute noch extra garniert mit vielen wunderschönen Oldtimern, die mir ständig entgegenkommen, und massenhaft Motorradfahrern, die ich grüßen kann.

Vielleicht liegt es an mir oder es kommt mir nur so vor: Die anderen Verkehrsteilnehmer sind heute wesentlich entspannter als am vergangenen Sonntag unterwegs. Raser und Drängler begegnen mir praktisch nicht. Das macht das Vergnügen nur noch vollendeter - auch auf der eigentlich nicht so tollen Etappe von Bayerischzell an den Schliersee und dann über Hausham an den Tegernsee. Sogar die Ortsdurchfahrten durch Tegernsee und Rottach-Egern gestalten sich erstaunlich entspannt - trotz des unvermeidlichen Sonntagsstaus bei diesem tollen Wetter.

Nachdem ich das Ortsausgangsschild von Rottach-Egern hinter mir gelassen habe, starte ich durch in Richtung Kreuth und Achensee, biege allerdings vor der österreichischen Grenze ab in Richtung Sylvensteinsee. Was ich dort erlebe, lässt mich dann aber leider wieder ein kleines bisschen an der Menschheit und meinen lieben Bikerkolleginnen und -kollegen zweifeln. Auf den Parkplätzen auf der Staumauer ist - wie zu erwarten - großer Bikertreff, was natürlich überhaupt nichts Schlimmes ist und auch mich kurz über einen Stopp nachdenken lässt. Allerdings kommen einige Biker wohl mit dem anwesenden Publikum nicht so ganz klar. Sie meinen, hier und jetzt die große Schau abziehen zu müssen und malträtieren ihre Hinterreifen sowie die Umwelt mit Burn-outs und Donuts. So wabern eine bläuliche Rauchwolke und der Gestank von verbranntem Gummi über den Sylvensteinsee. Die nicht-motorradfahrenden Besucher dieses beliebten Ausflugsziels wandern oder radeln kopfschüttelnd vorbei. Na, vielen Dank, Ihr lieben Chaoten. Da müssen wir uns nicht wundern, wenn hier bald die nächste Streckensperrung diskutiert wird und die Herrschaften mit den blau-silbernen Dienstfahrzeugen massiv und kompromisslos kontrollieren!

Ich verkneife mir jedenfalls die kurz in Erwägung gezogene Pause und fahre lieber meinem eigentlichen Ziel entgegen. Am Stausee und ein Stück weit die Isar entlang genieße ich die feine Straße, bis ich ins Risstal abzweige, in Hinterriss herzlich gerne die Mautgebühr zahle und zumindest in meiner Fahrtrichtung ziemlich einsam und allein in den Ahornboden fahre. Offensichtlich ist hier um diese Uhrzeit eher Abreise angesagt als Einfahrt.

Der Ahornboden ist dann leider eine Enttäuschung. Herrschte auf der Hinfahrt überall goldener Oktober mit bunten Blättern an den Laubbäumen, bin ich für einen Indian Summer in diesem Tal wohl schon zu spät dran. Die Ahornbäume stehen kahl und entblättert vor dem beeindruckenden Panorama des Karwendel. Auf eine Art ist das auch faszinierend, aber eben nicht das Schauspiel, das ich erhofft hatte. Trotzdem genieße ich den Ausblick und tanke Kraft an diesem besonderen Ort - nicht nur durch die einzigartige Atmosphäre, sondern auch durch ein Stück Kuchen und einen ordentlichen Schluck Wasser aus den Vorräten in den Seitentaschen meiner Road King Classic.

So gestärkt mache ich mich auch schon wieder auf den Heimweg. Schließlich würde ich gerne noch mit den letzten Sonnenstrahlen zuhause ankommen. Allerdings entscheide ich am Abzweig oberhalb des Sylvensteinsees, nicht dieselbe Route zurück zu nehmen, auf der ich schon gekommen bin. Ich biege lieber rechts ab und fahre hinauf zum Achensee, hinunter ins Inntal und über die kleine, liebgewonnene Nebenstrecke nördlich des Flusses über Kramsach, Breitenbach und Langkampfen superentspannt und auf ziemlich einsamen Straßen nach Kufstein. Zum Finale gönne ich mir dann noch die lustige, kurvenreiche Auffahrt von Sebi nach Sachrang und die nicht weniger spaßige Abfahrt wieder hinunter nach Aschau, bevor ich tatsächlich mit dem letzten Tageslicht den Straßenkönig in die Garage schiebe.

Rossfeld mit Zugabe

Über einen Monat stehen die Harleys jetzt schon wieder reglos in der Garage. Das scheint dieses Jahr irgendwie normal zu sein. Gesundheit, Wetter oder Arbeit ließen keine Gelegenheit, auch nur eine kurze Runde zu drehen. Bis mich heute, Mitte Oktober, der Hafer sticht. Bei dem herrlichen Wetter muss ich unbedingt noch einmal raus und einen meiner Lieblingsorte besuchen, bevor die Motorräder in die Winterruhe gehen. Zur Wahl stehen der Ahornboden oder die Rossfeld-Panoramastraße. Für ersteres Ziel habe ich leider zu lange im Bett gelegen, also geht es auf ins Berchtesgadener Land - leider allein, weil meine Rockerbraut sich nicht wirklich wohl fühlt und lieber im Garten herumkruschteln möchte.

Auf der Fahrt über Inzell in die Berge ärgere ich mich über einige Vollidioten sowohl auf zwei als auch auf vier Rädern, die offensichtlich die gut gefüllte Landstraße mit einer Bergrennstrecke verwechseln und rücksichtslos überholen, drängeln und schneiden, was das Zeug hält. Sollen sie doch fahren. Ich ziehe meine Bahnen, lasse mich nicht provozieren oder irritieren und genieße den herrlich Tag. Den Mautabschnitt der Rossfeldstraße fahre ich einmal hin und her, halte an den Aussichtspunkten und genieße den Blick über Berchtesgaden ebenso wie hinunter ins Salzachtal. Und während ich so hinein nach Österreich schaue, setzt sich eine Idee in meinem Kleinhirn fest: Wie wäre es mit einem Abstecher zur Postalm? Zeit genug dafür wäre noch, es ist erst früh am Nachmittag.

Also schwinge ich mich wieder auf den Sattel meines Straßenkönigs und fahre über Bad Dürrnberg hinunter nach Hallein, um dann der Straße nach Kuchl und Golling bis zum Abzweig nach Scheffau zu folgen. Von hieraus geht es entlang der Lammer bis nach Voglau, wo die etwas versteckte Zufahrt zur Postalmstraße beginnt. Im Gegensatz zum hektischen Verkehrsgewusel auf der Anfahrt zur Rossfeldstraße ist dieser Teil meiner heutigen Tour herrlich entspannt. Es herrscht deutlich weniger Verkehr. Und die Verkehrsteilnehmer auf den österreichischen Straßen sind offensichtlich viel mehr in einem sonntäglichen Ruhemodus als ihre deutschen Nachbarn.

So rolle ich also an die Mautstation zur Postalmstraße, zahle meinen Obulus und - schaue plötzlich ziemlich dumm. Denn während ich noch vor der geöffneten Schranke meine Geldbörse verstaue und meine Handschuhe wieder anziehe, surrt ein Rennradler an mir vorbei, durchfährt die offene Schranke und löst damit offensichtlich den Mechanismus zum automatischen Schließen aus. Schwups, ist die Schranke wieder unten. Und ich weiß nicht, ob ich lachen oder dem Radler unflätige Schimpfworte hinterher rufen soll. Immerhin glaubt mir der nette Herr am anderen Ende der Sprechanlage meine aberwitzige Story und öffnet die Schranke noch einmal für mich. Vielleicht hat er die Nummer aber auch auf einem Monitor beobachtet und sich köstlich amüsiert - was ich ihm übrigens ausdrücklich gönne! Ich hoffe nur, dass es keine Aufzeichnung gibt. Sonst tauche ich noch in irgendeiner Pech-und-Pannen-Sendung auf.

Apropos gönnen: Mich selbst verwöhne ich nicht nur mit der herrlichen Strecke über die Postalmstraße, sondern im Gasthaus oberhalb des großen Parkplatzes auch mit einem vorzüglichen Stück Marillenkuchen, bevor es an den noch schöneren Streckenabschnitt entlang des Weißenbachs hinunter Richtung Wolfgangsee geht. Einfach wundervoll, dieses Sträßchen!

Leider ist es ab dem Wolfgangsee dann mit wundervoll sehr schnell vorbei und einfach nur noch voll. Dank des herrlichen Wetters waren wohl hunderte Ausflügler unterwegs im Salzkammergut, die jetzt alle auf dem Heimweg Richtung Salzburg und - den Kennzeichen nach zu urteilen - auch München sind. Nach St. Gilgen hinein staut sich der Verkehr zum ersten Mal so richtig, vorbei am Fuschlsee fließt er auch eher zäh bis gar nicht, die Ortsdurchfahrt durch Hof bei Salzburg ist eine echte Quälerei. Deshalb beschließe ich, mir die Fahrt quer durch Salzburg zu ersparen und stattdessen ab dem Abzweig Salzburgring lieber den Umweg über Hallein zu nehmen und von dort wieder über Berchtesgaden nach Hause zu fahren.

Eine gute Idee! Kaum habe ich die Hauptroute Richtung Salzburg verlassen, ist die Straße wie leer gefegt und ich kann genussvoll am Wiestalstausee vorbei nach Hallein schwingen. Dort mache ich allerdings einen folgenschweren Abbiegefehler. Denn ich zweige offenbar einen Kreisverkehr zu früh rechts ab und fahre östlich der Salzach nach Norden. So lande ich nicht an der Auffahrt Richtung Bad Dürrnberg und Berchtesgaden, sondern ... mitten in Salzburg.

So muss ich jetzt doch die Stadtdurchfahrt bewältigen, die ich eigentlich unbedingt vermeiden wollte. Und angesichts des lauen Herbstabends ist in der Stadt auch ordentlich was los. Überall flanieren Spaziergänger herum, die Straßencafés sind selbst zu dieser inzwischen abendlichen Stunde noch gut gefüllt - genauso wie die Straßen. Aber irgendwann habe ich es geschafft und fahre Richtung Freilassing aus Salzburg hinaus. Dort möchte ich eigentlich über die B304 nach Teisendorf und weiter nach Hause fahren. Aber daraus wird wohl nichts. Denn die Bundesstraße ist gesperrt - Bauarbeiten.

Also bleiben zwei Alternativen: Autobahn oder von Piding aus nach Teisendorf fahren. Weil der Weg erst einmal derselbe ist, verschiebe ich die Entscheidung bis zur Autobahnauffahrt. Wenn die Autobahn frei ist, nehme ich angesichts der hereinbrechenden Dunkelheit auf jeden Fall diese schnelle Option. Und weil von der Zufahrt zur Brücke über die A8 kein Stau zu sehen ist, treffe ich die nächste folgenschwere Fehlentscheidung des Tages: Ich fahre auf die Autobahn. Und stehe kaum einen Kilometer später im Stau. Weil keine drei Autos vor mir ein Polizeifahrzeug steht, verwerfe ich den Gedanken mich durchzuschlängeln sofort. Aber zum Glück ist die Abfahrt Anger nicht weit, sodass ich die Autobahn nach einer knappen halben Stunde Stop-and-go wieder verlassen kann - ziemlich viel Zeit für die paar Kilometer! Ab jetzt gibt es kein Halten mehr. Ich muss zwar erst noch hinter einem Lkw herfahren. Aber erstens gibt der ordentlich Gas und zweitens kann ich ihn kurz vor Teisendorf dann auch überholen. So komme ich um 20 Uhr abends endlich nach Hause - zwei Stunden später als geplant.

Urlaub ohne Bike

Erst am Montag sind wir nach unserem Verlängerungstag aus Faak zurückgekommen. Heute, nur fünf Tage später, geht es schon wieder in den Urlaub. Dieses Mal ins Zillertal in das von uns so heiß geliebte Biker-Hotel. Ursprünglich wollte ich eigentlich zwei Wochen Urlaub am Stück nehmen - eine Woche Kärnten, eine Woche daheim. Das ging aber aus beruflichen Gründen nicht, weshalb wir schon vor längerer Zeit den Urlaub aufgeteilt und statt zuhause zu bleiben lieber im Zillertal gebucht haben. Dass jetzt meine Darmgeschichte sowieso alles irgendwie über den Haufen geworfen hat, konnte damals ja noch niemand ahnen. Und so war ich die letzte Woche zuhause, statt wie geplant auf Messe zu fahren, habe immer wieder den Arzt besucht und auf grünes Licht gewartet, dass wir diese zweite Urlaubswoche überhaupt antreten können.

Dieses Okay kam gestern endlich auf den letzten Drücker. Die Blutwerte sind soweit in Ordnung, ich muss weiter Antibiotika nehmen, auf meine Ernährung achten und mich erholen. Na, das sollte im Urlaub wohl kein Problem werden. Und in Sachen Essen bin ich bei unseren Wirtsleuten im Zillertal ohnehin bestens aufgehoben. Der liebe Walter wird da notfalls extra etwas für mich zaubern, davon bin ich absolut überzeugt. Nur mein Straßenkönig, der wird wohl oder übel zuhause in der Garage bleiben müssen. Denn mein Bauch und sonstiger Zustand ist nicht wirklich so, dass ich einen Motorradurlaub machen möchte. Es wird eher auf Chillen und Spazierengehen mit dem Hund herauslaufen. Ich bin nicht mal sicher, ob ich fit genug für diese Aktivitäten bin, die nicht einmal die Bezeichnung „wandern“ verdienen werden.

Immerhin macht mir das Wetter die Entscheidung leicht. Es regnet heute in Strömen, für Höhenlagen über 1500 Meter ist Schnee vorhergesagt. Da würde mit dem Motorrad spätestens die Fahrt über den Gerlospass keinen echten Spaß mehr machen. Also setze ich mich neben meine Rockerbraut auf den Beifahrersitz unseres Autos und lasse mich nach Österreich chauffieren. Auch mal ganz schön, aber nicht wirklich das Gelbe vom Ei ...

Long way home

Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Wir müssen die Rückreise von Faak nach Hause antreten - auch wenn mir beim Gedanken an die vor uns liegenden 275 km ziemlich mulmig ist. Aber: Erstens können wir unsere Ferienwohnung nicht noch eine Nacht länger nutzen. Zweitens werden meine Tabletten, die ich vom Krankenhaus verschrieben bekommen habe, heute zur Neige gehen, sodass ich dringend noch zu unserem Hausarzt, zumindest aber in die heimische Apotheke muss. Und drittens brauche ich natürlich auch eine Krankschreibung, denn Arbeiten kann ich so sicherlich nicht.

Nachdem wir gefrühstückt und die paar Sachen, die wir für die Zusatznacht zurückbehalten hatten, auf meinem Straßenkönig verstaut haben, gibt es noch einen herzlichen und von meiner Seite sehr emotionalen Abschied von unseren Gastgebern. Denn als es ans Bezahlen geht, fehlt die zusätzliche Nacht auf der Rechnung. Von mir darauf hingewiesen, dass wir acht statt sieben Nächte da waren, winkt unser Wirt ab: „Die letzte Nacht braucht Ihr nicht zu zahlen, das ist unser Genesungsgruß für Dich. Kommt gut heim und nächstes Jahr wieder - dann ohne Krankheit und Besuch im Spital, sondern einfach nur um Party zu machen.“ Weil ich nervlich ohnehin schon ziemlich angekratzt bin von den letzten Tagen meiner persönlichen No-Bike-Week, muss ich die kleine Rezeption fluchtartig mit Tränen in den Augen verlassen, bis ich mich nach ein paar Minuten an der frischen Luft wieder fange. Was für ein Glück, dass wir gestern Abend beim Essen noch den Gutschein gekauft haben! So stehen wir jetzt nicht gänzlich ohne Dankeschön unsererseits da.

Jetzt aber auf nach Hause. Das Navi habe ich auf schnellste Strecke, aber „Autobahnen vermeiden“ programmiert. So kommen wir hoffentlich zügig voran. Gleichzeitig könnte ich auf der Landstraße immer irgendwo am Straßenrand anhalten, falls ich eine Pause brauche oder gar schlapp mache. Auf der Autobahn dagegen müsste ich bis zum nächsten Rastplatz durchhalten, um einen sicheren Stop einzulegen. So düsen wir bei herrlichem Sonnenschein durch Villach zur B100, die uns über Spittal und weiter durch das Drautal bis nach Lienz führt. Mit jedem gefahrenen Kilometer fühle ich mich etwas sicherer, achte nicht nur dauernd auf meinen Bauch und etwaiges Zwacken, Reißen oder Stechen, sondern kann tatsächlich irgendwann entspannen und die herrliche Strecke durch Kärnten und Osttirol ein bisschen genießen.

In Lienz ist dann aber endgültig Zeit für eine Pause. Schon erstaunlich, wie anstrengend Motorradfahren ist - auch wenn es nur in gemütlichem Tempo bei überschaubarem Verkehr über gut ausgebaute Landstraßen geht. Ich merke jedenfalls ziemlich deutlich, wie die Kräfte und die Konzentration nachlassen. Also schwenken wir kurz vor der Stadt von der direkten Route ab in Richtung Iselsberg, um dort im Biker-Treffpunkt eine Rast einzulegen. Eineinhalb Stunden sitzen wir vor dem Gasthaus in der Sonne, trinken reichlich und essen eine Kleinigkeit. Erst dann fühle ich mich wieder fit für die nächste Etappe. Gleichzeitig bin ich ziemlich stolz auf mich. Schließlich hätte ich nicht erwartet, dass ich die erste Pause erst nach mehr als einem Drittel der gesamten Strecke einlegen muss.

Die Durchfahrt durch Lienz unterbrechen wir nur für einen kurzen Tankstopp, dann geht es weiter Richtung Felbertauerntunnel. Die Fahrt verläuft weiterhin unproblematisch. Das Wetter verwöhnt uns nach wie vor - genauso wie die Verkehrslage. Und trotzdem: Nach der Tunneldurchfahrt muss ich wieder eine Pause einlegen. Noch einmal über 100 km packe ich offenbar nicht. Und so rollen wir nach 60 km auf den Parkplatz gleich hinter dem Nordportal. Allerdings halten wir hier nur gut 20 Minuten, trinken etwas und spazieren ein wenig umher. Dann starten wir unsere V2-Motoren wieder für die nächste Etappe.

Die führt uns nach Mittersil, dann den Pass Thurn hinauf und weiter über Kitzbühel bis nach St. Johann. Dort stoppen wir an einer Burgerbude - nicht um zu essen, sondern weil ich die nächste Pause brauche und meine Rockerbraut und ich außerdem einmal austreten müssen. Immerhin sind wir jetzt sozusagen schon in Sichtweite unseres Zuhauses. Entsprechend zuversichtlich bin ich, dass ich die Heimfahrt tatsächlich zu Ende bringen kann. Und dass wir früh genug daheim ankommen, um noch den notwendigen Arzt- und Apothekenbesuch zu erledigen. So ist es dann auch. Es ist zwar schon später Nachmittag, als wir vor der heimischen Garage von unseren Harleys steigen, aber noch früh genug, um in der späten Sprechstunde unseres Hausarztes vorstellig zu werden, das dringend notwendige Antibiotika-Rezept zu holen und in der örtlichen Apotheke vor Dienstschluss einzulösen. Und dann? Dann falle ich völlig erschöpft und fertig ins Bett.

Verschobene Abreise

Heute Morgen müssen wir früh aufstehen, obwohl wir noch nicht nach Hause fahren. Denn unser Lieblings-Harley-Schrauber nimmt unser Gepäck mit zurück in den Chiemgau. Deshalb haben wir gestern Abend auch noch unsere Koffer gepackt - bis auf die paar Dinge, die wir für unseren Verlängerungstag noch brauchen werden. Weil ich nicht in der Lage bin, das Gepäck zwei Etagen hinunter zum Auto zu schleppen, muss ich dabei zuschauen, wie mein Lieblings-Harley-Schrauber, der liebe Wirt unserer Ferienwohnung und meine Rockerbraut die schweren Taschen mit Klamotten, Schuhen und Einkäufen die Treppen hinunter schleppen. Ich selbst dackle mit einem leichten Kulturtäschchen hinterher. Mehr darf ich nicht tragen - und könnte ich wohl auch nicht. Trotzdem ist mir die ganze Aktion ziemlich peinlich. Der coole Biker muss dabei zuschauen, wie andere seine Dreckwäsche und Shopping-Taschen für ihn tragen. Frustrierend. Aber auch der Beweis dafür, dass die Entscheidung, unsere Heimreise um einen Tag zu verschieben, absolut richtig war.

Nachdem das Gepäck verstaut und unser Harley-Schrauber abgereist ist, gehen wir für ein kleines Frühstück zurück in unsere Ferienwohnung und beraten, wie wir den Tag jetzt verbringen wollen. Da es keinen Shuttle-Service mehr gibt, fällt eine Fahrt ins wohl noch geöffnete Village nach Faak flach. Immerhin dringt noch das Dröhnen der abreisenden Harley zu uns herauf. Deshalb beschließen wir kurzerhand, einen Spaziergang zur Seeblickstraße zu machen, um den vorbeirollenden Maschinen Lebewohl zu sagen.

Und so schleichen wir tatsächlich die Straße hinauf bis zum Abzweig nach Faak und dort noch ein wenig weiter bis zum Ortsende, wo wir uns auf eine kleine Treppe hocken und dem Treiben der vorbeirollenden Biker zuschauen. Weil wir in unmittelbarer Nähe zum beliebten Aussichts- und Fotopunkt auf den Faaker See sitzen, kommen wir auch immer wieder mit Bikern ins Gespräch, die hier einen Stopp einlegen und ein Abschiedsfoto von der Bike Week machen. So verbringen wir hier einen äußerst kurzweiligen Sonntagvormittag.

Irgendwann plagt uns der Durst und wir verlassen unseren Logenplatz, um hinunter zum Strandbad zu spazieren, wo wir uns bei herrlichstem Wetter in die Strandbar setzen und ein paar erfrischende Getränke zu uns nehmen. Während wir hier unter einem Sonnenschirm bei feinstem Spätsommerwetter sitzen, erreichen uns immer wieder Nachrichten von Heimreisenden: Spätestens ab Salzburg herrscht Starkregen, streckenweise geht es nur im Schritttempo voran, weil der Regen den Verkehr lahmlegt. Da haben wir wohl Glück im Unglück, dass uns dieses Wetter gerade erspart bleibt. Und ich bin doppelt froh, heute nicht fahren zu müssen.

Obwohl ich den ganzen Tag eigentlich nichts getan habe außer zu chillen, bin ich fix und fertig, sodass wir am Nachmittag noch einmal in die Ferienwohnung zurückkehren und ich mich für ein Nickerchen ins Bett lege. Am Abend gehen wir dann noch einmal los zum Essen. Irgendwie muss ich ja doch mal etwas anderes zu mir nehmen als Gemüsebrühe und ein bisschen Brot. Dazu hatten wir heute Morgen einen Tipp bekommen: Als wir unsere Spazierrunde angetreten haben, sind wir mit anderen Hausgästen aus unserer Unterkunft ins Gespräch bekommen, die sich wunderten, dass wir nicht wie alle anderen Harley-Fahrer abreisen. Nachdem ich meine Leidensgeschichte geschildert hatte, empfahlen sie uns ein Restaurant in Egg, wo es erstens eine herausragend leckere Rinderbrühe mit Gemüse gebe und zweitens auch sonst hervorragende vegetarische Gerichte, die meinem Darm wohl besser bekommen würden als eine fette Fleisch- und Pommes-Kost. Und so ist es dann auch in der Tat. Und nicht nur das: Wir speisen nicht nur vorzüglich, sondern werden auch noch auf herzlichste bewirtet. Deshalb fassen wir kurzerhand den Entschluss, für unsere lieben Wirtsleute einen Gutschein als kleines Dankeschön für die Krankenfahrten ins Villacher Spital und zur Apotheke mitzunehmen.

Blutwerte nicht besser, aber ausreichend

Pünktlich am Samstagmorgen um 8 Uhr stehe ich wieder in der Notaufnahme des Villacher Krankenhauses - sicherheitshalber stocknüchtern. Unser lieber Ferienwohnungsvermieter hat mich her gefahren zu dieser frühen Stunde. Nach einer kurzen Wartezeit geht es wieder zur Blutabnahme, es gibt wieder ein kurzes Gespräch in der Aufnahme, wie ich mich denn so fühle, dann geht die Warterei wieder los. „Tut mir leid“, sagt die liebe Krankenschwester in der Aufnahme, „aber es dauert mindestens drei Stunden, bis wir die Blutwerte aus dem Labor bekommen werden. So lange müssen Sie jetzt leider warten.“ Na, wenn’s sonst nichts ist. Über nur drei Stunden wäre ich gestern froh gewesen.

Also nehme ich wieder im Wartebereich Platz, wo heute zum Glück kein Fernseher mit Kochsendungen läuft. Das Ding ist einfach nur aus, bietet also überhaupt keine Ablenkung. Bevor ich mir jetzt das vorbeirauschende Krankenhaustreiben des Spitals Villach anschaue, zücke ich doch lieber das Smartphone und surfe durch alle möglichen Seiten rund um die Bike Week. So bekomme ich wenigstens ein bisschen vom Festival-Treiben mit. Denn ans Zuschauen bei der Parade brauche ich heute wohl nicht mehr zu denken. Und so lese ich eben die Nachrichten über das Event auf den einschlägigen Kanälen, plündere zwischendurch immer wieder den Vorrat im Wasserspender, damit mein leerer Magen irgendetwas zu tun hat, und warte geduldig, bis die Krankenschwester aus dem Aufnahmezimmerchen auf mich zukommt und mir die Neuigkeiten mitteilt: „ Die Blutwerte sind schlechter geworden, die Entzündung ist also noch aktiv“, beginnt sie ihre kleine Ansprache. Und mir wird ziemlich mulmig, was da jetzt noch kommen wird.

Viel Gutes erwarte ich jedenfalls nicht. „Aber“, setzt sie neu an: „Die könnten noch viel schlechter sein. Das Antibiotikum scheint zu wirken. Und weil der Ultraschall gestern keine Hinweise auf Komplikationen gegeben hat, dürfen Sie jetzt wieder nach Hause.“ So lerne ich heute noch, dass „nicht besser“ trotzdem gut genug sein kann. Die Krankenschwester hakt noch einmal nach, wie ich mich so fühle und ob ich stärkere Beschwerden hätte als gestern. Als ich das verneine, ermahnt sie mich noch einmal, fleißig und regelmäßig meine Tabletten zu nehmen und beim Essen darauf zu achten, nur leichte Kost zu mir zu nehmen: gedünstetes Gemüse, Brühe, Joghurt. Auf keinen Fall Fleisch, Vollkorn und Müsli. Das würde den Darm zu sehr belasten. Da für morgen eigentlich die Rückreise ansteht, frage ich auch danach: Kann ich die überhaupt antreten? „Wegen der Tabletten spricht nichts dagegen, die schränken Ihre Fahrtauglichkeit nicht ein“, lautet die knappe Antwort. Mehr will mir die nette Krankenschwester ganz offensichtlich nicht sagen. Das bleibt dann wohl meine Entscheidung.

Nach meinem kurzen Anruf in der Unterkunft holt mich keine 20 Minuten später unser lieber Wirt am Spital ab und freut sich sichtlich darüber, dass ich wieder gehen durfte. Ich erzähle ihm natürlich den ganzen Ablauf und deute an, dass ich mit der Heimreise morgen noch nicht so ganz glücklich bin. Nach zwei Tagen ganz ohne oder mit nur sehr wenig Essen fühle ich mich momentan ziemlich schlapp. Aber das müssen wir jetzt abwarten. Zurück in der Unterkunft freue ich mich auf jeden Fall erst einmal auf einen weiteren Teller Suppe und eine Scheibe Brot. Und weil die Sonne vom Himmel strahlt und von überall her die V2-Motoren bollern, sticht mich sogar ein wenig der Hafer und ich überrede meine Rockerbraut, mit mir ins Village zu fahren. Dort wollen wir ein bisschen bummeln und Harley-Treffen-Luft schnuppern, damit die Woche nicht nur trist und trostlos endet.

Schon die Busfahrt nach Faak gibt mir klar zu spüren, dass in meinem Bauch so gar nichts in Ordnung ist. Holpern und Poltern mag der Darm scheinbar gar nicht. Und auch beim Spazieren durch das Village mache ich mehr Pausen als dass wir gehen. Aber es ist ein großes Vergnügen nach zwei Tagen im Bett und im Krankenhaus. Sogar die trockene Semmel, die mir meine Rockerbraut an einem der Catering-Stände besorgt, ist plötzlich ein Hochgenuss - zumal sie wohl irgendwie in der Nähe des Grills gelegen hat und ein köstliches Aroma von gegrilltem Fleisch auf meine Zunge und an meinen Gaumen bringt.

So gestärkt komme ich sogar noch auf die verrückte Idee, nach Arneitz weiterzuziehen. Meine Rockerbraut stimmt zu, allerdings nur unter dem Versprechen, dass ich sofort abbreche, wenn es zu viel wird. Und so gibt es tatsächlich noch eine pausenreiche Wanderung an den zweiten Hauptort dieser Veranstaltung. Den Rundgang über den Markt ersparen wir uns aber. Dazu bin ich jetzt viel zu fertig. Wir entern lieber den nächsten Bus und fahren zurück nach Drobollach. Und während der Bus die kurze Strecke dahintuckert, beschließen wir in der Unterkunft zu fragen, ob wir einen Tag länger bleiben können. Vielleicht haben wir ja Glück und die Wohnung ist nicht sofort im Anschluss wieder vermietet.

In der Unterkunft läuft uns auch gleich der Wirt über den Weg, den wir sofort mit unserer Idee konfrontieren. „Die Planung macht meine Frau“, sagt er uns, „aber meines Wissens kommen die nächsten Gäste erst am Dienstag oder sogar Mittwoch. Dass Ihr eine Nacht länger bleibt, sollte kein Problem sein. Wir sagen Euch da noch Bescheid.“ Nach einer kleinen Ruhe- und Erfrischungspause machen wir uns noch auf in die Gartenwirtschaft, in der wir auch immer den ersten Faak-Abend verbringen. Auf dem Weg dorthin treffen wir im Treppenhaus durch Zufall unsere Wirtin, die uns gerne und von Herzen bestätigt, dass wir tatsächlich eine Nacht länger bleiben dürfen. Deutlich beruhigt treffen wir uns dann noch mit unserem Lieblings-Harley-Schrauber und seiner Frau, die natürlich darauf brennen zu erfahren, was genau los ist und wie es mir geht. Auch wenn es für mich an diesem Abend nur Wasser gibt und es nicht allzu spät wird, ist es doch herrlich unter Leuten zu sitzen und - ja - sich den Frust von der Seele zu quatschen.

Auf ins Spital

Trotz aller liebevollen Pflege und der Ruhe gestern war die Nacht die Hölle. Die Schmerzen im Bauch nahmen immer mehr zu, sodass in aller Früh feststeht: Eigentherapie und Hausmittel werden da nicht helfen. Da muss ein Fachmann ran, sonst kann die Geschichte böse enden. Also spurtet meine Rockerbraut zu unseren Wirtsleuten und fragt nach einem Arzt. „Die haben in dieser Woche entweder geschlossen oder sind total überlaufen. Da könnt Ihr nur ins Krankenhaus“, lautet die wenig erbauliche Antwort. Hilft aber wohl nix, dieser Weg muss jetzt wohl sein. Unser Lieblings-Harley-Schrauber, der ja während der Bike Week im selben Haus übernachtet, erklärt sich sofort bereit, mich dorthin zu fahren.

Und so geht es ins Spital nach Villach. Tja, eine lustige Motorradtour nach Spittal an der Drau wäre mir heute lieber gewesen. Erst schleppe ich mich aus unserer Ferienwohnung im zweiten Stock zum Sprinter meines Lieblings-Harley-Schraubers, verbringe ziemlich wortkarg und verbissen die Fahrt ins Krankenhaus auf dem Beifahrersitz und marschiere dort schnurstracks in die Notaufnahme. Dort setzt sich die Ambulanzmaschinerie auch sogleich in Gang: Anmelden. Warten. In die Erstaufnahme zum Blutdruckmessen, Blutabnehmen und für eine erste Befragung. Wieder warten. Zur ersten Untersuchung in ein Behandlungszimmer, abhorchen, abtasten, weitere Fragen, eine erste vorläufige Diagnose. Wieder warten, bis die Blutwerte vorliegen. Ins nächste Behandlungszimmer zur Oberärztin für die abschließende Untersuchung, wieder abtasten, abhorchen, jetzt auch noch ein Ultraschall, dann die finale Diagnose. Hohe Entzündungswerte, die eindeutige Symptomatik und ein typisches Erscheinungsbild in der Ultraschallaufnahme lassen nur einen Rückschluss zu: eine Bilderbuch-Divertikulitis, wie sich die Oberärztin ausdrückt.

Was hier in wenigen Zeilen beschrieben ist, dauert natürlich bis in den Nachmittag hinein. Aber: Alle im Villacher Krankenhaus sind supernett! Der Krankenpfleger bei der Erstaufnahme freut sich über die Bike Week-Gäste, weil die mal ein bisschen Abwechslung in den Alltag bringen: „Bei den Auto-Veranstaltungen mit den jungen Leuten gibt’s immer nur Besoffene. Aber bei Euch Harley-Fahrern ist das viel spannender. Weil Ihr Motorrad fahren wollt, haltet Ihr Euch beim Alkohol ziemlich zurück. Und weil Ihr meistens nicht mehr die Jüngsten seid, habt Ihr’s halt mal am Herzen, mal im Bauch, habt Rücken oder sonst irgendwelche Zipperlein. Da hat man viel mehr Abwechslung und muss auch besser hinhören, damit man nicht auf die falsche Fährte kommt. Und netter seid’s auch, dankbarer, wenn wir Euch helfen.“ Na, wenn das kein herzliches Willkommen in der Notaufnahme ist.

Später bei der ersten Untersuchung geht es nicht minder freundlich weiter. Hier erwartet mich nicht nur ein Arzt, sondern auch gleich eine Gruppe Assistenzärztinnen und -ärzte, die ihr Handwerk noch lernen müssen. Wieder gibt es eine muntere Fragerunde, bevor ich abgehört und abgeklopft werde. Das dürfen auch die Doktor-Azubis, die allerdings noch ein wenig rabiat zu Werke gehen und darauf auch vom Profi hingewiesen werden: „Sachte, sachte“, bremst er eine der jungen Medizinerinnen ein, die ein bisschen arg forsch auf meinem Bauch herumdrückt. „Der Patient hat wahrscheinlich eine Entzündung im Bauchraum. Das ist mit ordentlich Schmerzen verbunden.“ Und natürlich beantworte ich auch die Fragen der angehenden Ärzte geduldig - ich hab ja gerade eh nichts besseres zu tun und empfinde das schon fast als willkommene Ablenkung. Jedenfalls bestätigt die bisherige Untersuchung und Befragung weiter meinen Verdacht, dass mein Darm mir irgendetwas ziemlich übel genommen hat und sich mit einer Divertikelentzündung dafür rächt.

Eines muss ich allerdings doch noch kritisieren: Österreichische Krankenhäuser haben offensichtlich einen seltsamen Sinn für Humor. Denn im Wartebereich, in dem ich immerhin einige Stunden verbringen darf, läuft ein Fernseher mit Kochsendungen und einer Reportage über einen Kräuterexperten, der Interessierte auf Almen führt und ihnen dort die essbaren und schmackhaften Gewächse und ihre Anwendung zeigt. Toll anzuschauen, wenn man mit Bauchschmerzen da sitzt und sich Gedanken macht, ob und wann man überhaupt wieder etwas essen wird.

Die finale Diagnose stellt nach einer weiteren Warterunde die Oberärztin, der inzwischen die Laborwerte meiner Blutuntersuchung vorliegen und die noch ein Ultraschall meiner Innereien macht. Auch die Chefin vom Dienst für den heutigen Tag ist überaus freundlich bei ihrer Begrüßung und während der Untersuchung. Während sie mit dem Kopf des Sonographen auf meinem Bauch herumfährt, fragt sie immer wieder, ob das auch alles auszuhalten sei. Irgendwann stoppt sie dann mit ihrer Rundreise und fixiert mit dem Ultraschallgerät eine Stelle: „Eine Bilderbuch-Divertikulitis! Schöner kann man das auch im Lehrbuch nicht sehen“, freut sie sich und lässt von der ebenfalls anwesenden Krankenschwester geschwind die mir schon bekannten Nachwuchsärzte herbeiholen, um ihnen diese wunderschöne Ultraschallaufnahme zu zeigen.

Dass meine Entzündung im Darm so gut zu erkennen ist, erspart mir in Verbindung mit den eindeutig miserablen Entzündungswerten im Blut eine weitere Untersuchung: „Normalerweise gehört zur Anamnese noch ein CT. Aber bei Ihnen ist alles so offensichtlich, das können wir uns sparen“, erklärt mir die Oberärztin. „Zum Glück sind Sie früh genug zu uns gekommen. Es gibt noch keinen Abszess oder gar einen sich abzeichnenden Durchbruch, der Verlauf ist bisher unkompliziert“, führt sie weiter aus, „da reichen erst einmal hochdosierte Antibiotikagaben.“ Tja, und dann kommen die Worte, die ich überhaupt nicht hören mag: „Über Nacht würde ich Sie gerne zur Behandlung und Beobachtung hier behalten - nur um sicher zu gehen, dass nicht doch noch Komplikationen eintreten.“

Es entspannt sich eine kleine Diskussion, in der ich die nette Ärztin davon überzeugen kann, dass ich heute angesichts der schon fortgeschrittenen Uhrzeit und meines Zustandes ohnehin nichts mehr unternehmen werde außer Medikamente zu schlucken und ins Bett zu gehen, sodass sie mir auf meinen eigenen Wunsch die Nacht im Krankenhaus erspart, allerdings unter einen zwingenden Auflage: „Morgen um 8 Uhr sind Sie wieder hier zur Kontrolle.“ Für eine Nacht im beinahe eigenen Bett der Ferienwohnung nehme ich das liebend gerne in Kauf.

Also rufe ich meine Rockerbraut an, die meine Abholung organisiert - dieses Mal durch unseren Wirt, der sich liebend gerne bereit erklärt hat, diese Krankenfahrt zu übernehmen. Schließlich hat mein Lieblings-Harley-Schrauber während einer European Bike Week besseres zu tun, als darauf zu warten, mich aus der Klinik abzuholen. Und die Krankenfahrt durch einen ortskundigen Chauffeur hat natürlich auch noch einen anderen Vorteil: Er kann mich auf kürzestem Weg in eine Apotheke kutschieren, wo ich meine dringend benötigten Medikamente holen kann. Und so geht es mit dem kleinen Abstecher zur Tablettenabholung zurück nach Drobollach, wo ich völlig erschlagen noch einen Teller der leckeren Gemüsesuppe schlürfe, die meine Rockerbraut für mich gekocht hat, und meine Medikamente nehme, bevor ich ins Bett falle und sofort einschlafe. Immerhin: Meine Rockerbraut nutzt den freien Abend zu einem Ausflug ins Harley-Village und hat dort noch ein bisschen Spaß, statt für mich die Krankenschwester zu geben. Und das ist gut so!

Böses Erwachen

Ich hatte es eigentlich schon seit Montag im Gefühl: Mein Darm macht mir nach längerer Ruhephase mal wieder Ärger. Ich bekomme hin und wieder eine Entzündung - Divertikulitis heißt das Zauberwort. Aber weil Urlaub ist und dazu noch Bike Week wollte ich das natürlich auf gar keinen Fall wahrhaben. Jetzt ist schließlich absolut nicht die Zeit um krank zu werden. Tja, offensichtlich sieht mein Körper das total anders und fordert sein Recht auf Ruhe ein. Immerhin: Draußen regnet es, sodass ich mich nicht doppelt grämen muss, den Tag im Bett zu verbringen. Meine Rockerbraut sorgt derweil für meine - wenn auch sehr frugale - Versorgung: Tee, Gemüsebrühe, ein bisschen Brot bereitet sie mir nach einem Einkaufsgang in den nahegelegenen Supermarkt in kleinen Portionen über den Tag verteilt mit viel Liebe zu.

Speck und Alm

Seit wir den Erzeuger-Speckverkauf im Gailtal entdeckt haben, gehört ein Ausflug in den Hofladen zu unserem festen Ausflugsprogramm der Bike Week. Schon im Vorfeld hatten wir in diesem Jahr abgeklärt, wann der kleine Laden geöffnet hat, und haben entsprechend für den heutigen Mittwochmorgen unsere Tour geplant. Allerdings müssen wir bis 12 Uhr da sein, weshalb wir Langschläfer für die Hinfahrt die schnellste Strecke ins Navi programmiert haben.

Pünktlich um Viertel vor Zwölf stellen wir Straßenkönig und Sporty vor dem Ladengeschäft irgendwo zwischen Pressegger See und Hermagor ab. Der freundliche Metzger öffnet uns sogleich die Pforten zu seinem kleinen Schlaraffenland und wir stürzen uns in den Einkaufsrausch mit Schinken, Speck und Würsten. Stück um Stück und Paket um Paket wandert auf die Waage, wird - falls nicht ohnehin schon geschehen - fein säuberlich vakuumiert und so motorradtransportsicher verpackt. Schließlich wollen wir nicht nur für uns einen ordentlichen Vorrat mitnehmen, sondern auch ein paar Arbeitskollegen beliefern und unserem Housekeeper wieder ein kleines Dankeschön aus dem Urlaub mitbringen.

Garniert wird unser Einkauf von einem munteren Plausch übers Motorradfahren im Allgemeinen, Harleys und die Bike Week im Besonderen, über Kärnten, den Sommer und die Unwetter der vergangenen Monate. Außerdem gibt es Tourentipps aus erster Hand, auch gleich für den heutigen Tag. Auf die Egger Alm müssten wir unbedingt fahren und dort im gleichnamigen Gasthaus mit eigener Käserei einkehren. Das sei ein wundervoller kleiner Abstecher ganz in der Nähe mit einem kulinarisch lohnenswerten Ziel. Die Wegbeschreibung gibt es gleich dazu.

Nachdem die ganze Schweinerei, die wir gerade eingekauft haben, in der Gepäckrolle meiner Road King verstaut ist, machen wir uns auf den beschriebenen Weg. Tatsächlich führt uns die Streckenempfehlung über kleine und kleinste Sträßchen zunächst hinunter an das Flüsschen Gail und dann auf der südlichen Talseite hinauf zur Egger Alm. Der Straßenverlauf ist herrlich, ein wundervolles Geschlängel durch den Wald. Der Straßenzustand ist allerdings eher, sagen wir mal, gewöhnungsbedürftig. Eine geschlossene Asphaltdecke gab es sicherlich mal. Jetzt sind die Schlaglöcher aber deutlich in der Überzahl. Dazu kommen zahllose Aufwürfe in der Fahrbahndecke, wenn sich die Wurzeln der Bäume unter die Straße ausgestreckt haben und dort ihren Platz einfordern. Schnell geht es hier also nicht voran, sondern nur sehr behutsam und vorausschauend. Immerhin: Damit bleibt auch ein bisschen mehr Zeit, die wundervolle Landschaft zu genießen.

Oben an der Egger Alm erwartet uns ein kleines Almdorf mit hübschen Häuschen auf einer wundervollen, weiten Hochebene, die den Blick auf die umliegenden Berge freigibt. Und es gibt ein einladendes Gasthaus: die vom Speckhändler empfohlene Almkäserei. Trotz der ganzen Schinken- und Wurst-Probiererei kehren wir ein, um uns mit einer Portion Pommes für meine Rockerbraut und - was auch sonst - einer Käsebrotzeit für mich zu verwöhnen. So gestärkt machen wir uns im Schritttempo auf die Abfahrt hinunter ins Tal. Immerhin ist die viertklassige Straße jetzt keine böse Überraschung mehr, die kritischen Kehren kennen wir ja schon. Und so kommt tatsächlich ein wenig Fahrspaß auf.

Wieder zurück in der Sohle des Gailtals nehmen wir jetzt eine kurvenreiche Strecke zurück nach Drobollach. Die führt uns nicht nur über kleine Nebensträßchen und lustiger Weise auch wieder an unserem Speckbauern vorbei, sondern auch noch über Bad Bleiberg hinüber nach Villach und an den Faaker See. Dort rollen die beiden Harleys schnell in den Schuppen, denn heute Abend wollen wir noch zum Draupuls, um uns wieder die Rockshow der Wasserspiele anzuschauen. Und dafür müssen wir uns schnell frisch machen und umziehen, damit wir noch den Bus in die Stadt erwischen. Der kommt pünktlich an der Haltestelle vorgefahren und ist bis auf eine weitere Mitfahrerin komplett leer. Das wundert uns zwar etwas, aber diese Woche ist wohl eher der Faaker See das Ziel als Villach, sodass die Fahgastströme zumindest um diese Uhrzeit wahrscheinlich noch in die andere Richtung ziehen.

Uns kann es nur recht sein, dass wir so entspannt und ruhig unserem Abendvergnügen entgegen rollen. In Villach kommen wir früh genug an, sodass wir noch gemütlich durch die Innenstadt bummeln, etwas trinken und eine Kleinigkeit essen können. Pünktlich zum Start der Wassershow sind wir dann am Ufer und genießen zum zweiten Mal die tolle Show mit der bikerfreundlichen Auswahl an Rockmusikklassikern und der eindrucksvollen Licht- und Videoinstallation zu den Wasserspielen. Wieder ist es ein sehenswertes Erlebnis, für das sich der Ausflug weg vom zentralen Ort des Harley-Spektakels absolut gelohnt hat.

Nach der Draupuls-Show spazieren wir gemütlich zum Villacher Bahnhof, um von dort den Shuttlebus zurück nach Drobollach zu nehmen. Der Bus steht dort auch schon bereit - allerdings muss der Fahrer noch seine vorgeschriebene Ruhepause einlegen. Dafür entschuldigt er sich tausendfach, weil wir jetzt eine halbe Stunde bis zur Abfahrt warten müssen. Aber es gibt Schlimmeres, als an einem lauen Spätsommerabend eine halbe Stunde an der frischen Luft zu verbringen. Dafür ist der Bus auf unserer anschließenden Heimfahrt wieder ein exklusiver Service für meine Rockerbraut und mich. Das riesige Gefährt ist bis auf den Fahrer und uns schlicht und ergreifend leer. Aber, so bestätigt uns der nette Wagenlenker, das wird sich dann auf der Rückfahrt von Faak nach Villach wieder ändern.

Hammerrunde in die Klamm

Vor zwei Jahren hatten wir an unserem letzten Back-to-the-Roads-Tag in Kärnten am Nordrand der Karawanken die wundervolle Gegend zwischen Bad Eisenkappel und Zell mit dem Schaidasattel entdeckt. Damals waren wir nichtsahnend an der Trögener Klamm vorbeigefahren, von der ich erst vor kurzem irgendwo im Web gelesen habe. Dieses Versäumnis wollen wir in diesem Jahr nachholen - natürlich auf einer etwas anderen Route als vor zwei Jahren.

So starten wir nach dem Frühstück auf unsere kleine Tour und drehen erst einmal eine Runde um den Faaker See. Schließlich ist heute Dienstag und damit der erste Bike Week-Tag samt Einbahnstraßenregelung rund um den See. In Egg verlassen wir den Rundkurs, um über Rossegg Richtung Wörthersee zu fahren, aber vorher nach St. Egyden und ins Rosental abzubiegen. Wir genießen die Strecke, die uns oberhalb der Drau über Ludmannsdorf nach Köttmannsdorf und dann irgendwann auf die Hauptstraße Richtung Süden führt.

Bevor wir die Drau erreichen, biegen wir nach Maria Rain ab und ziehen von dort über Göltschach eine große, herrliche Schleife nach Ebenthal in Kärnten. Hier legen wir an einer Tankstelle einen kurzen Halt ein, betanken die Bikes und erfrischen unsere Kehlen mit kühlem Nass. Dann geht es nicht minder schön weiter über die Miegerer Landesstraße an die Drau, die wir bei Moos überqueren, um über Galizien nach Süden Richtung Bad Eisenkappel zu fahren. Dort schwenken wir ein nach Ebriach und machen nach ein paar Kilometern halt an einem Gasthaus direkt an der Straße, wo wir aufs vorzüglichste von der herzlichen Bedienung verwöhnt werden.

Mit vollem Bauch geht es jetzt weiter zu unserem eigentlichen Ziel, in die Trögener Klamm. Von unserer Rast sind es nur ein paar Minuten, bis die kleine Straße in das Seitental abzweigt und wir in die wild-romantische Schlucht eintauchen, die der Trögernbach hier in den Fels gewaschen hat. Wir folgen dem Sträßchen langsam tuckernd um die vielen Biegungen und Windungen, immer auf der Hut vor herabgefallenen Steinen auf dem Asphalt und dem Gegenverkehr. Denn die meist nur einspurige Fahrbahn ist auf der einen Seite von überhängenden Felswänden, auf der anderen vom steilen Abhang hinunter ins etwas tiefer liegenden Bachbett gesäumt. Zum Glück ist heute praktisch kein Verkehr in diesem verwunschenen Teil Kärntens und wir können die Fahrt bis zum Ende der Straße genießen. Nur ganz wenige Wanderer und ein paar motorisierte Ausflügler begegnen uns. Bei einem Fotostopp sind meine Rockerbraut und ich uns einig: Dieser Abstecher ist zwar kurz, aber absolut lohnenswert - nicht aus fahrerischer, aber uneingeschränkt aus landschaftlich-atmosphärischer Sicht.

Die Fahrt zum Schaidasattel hält eine weitere erfreuliche Überraschung für uns bereit: War die Straße vor zwei Jahren noch die reinste Holper- und Schlaglochstrecke, so ist sie jetzt in weiten Teilen frisch asphaltiert. So bereitet die Auffahrt zur Passhöhe das reinste Vergnügen! Und das lässt auch auf der weiteren Fahrt nicht nach. In Terkl zweigen wir in Richtung Stausee Freibach ab und freuen uns wieder über eine wunderbare Streckenführung. Nur der Anblick des Stausees lässt uns zusammenzucken. Der niedrige Wasserstand ist selbst im Vorbeifahren nicht zu übersehen, an vielen Stellen ist sogar der Grund des Sees zu sehen - folgen des heißen, regenarmen Sommers. Da wird es etliche Tage Regen und Schnee brauchen, um das Reservoir wieder zu füllen.

Im Ort Freibach schwenken wir wieder ein ins Rosental und fahren über St. Margareten, Ferlach, Feistritz und St. Jakob zurück zum Faaker See. Schließlich ist heute der erste Tag, an dem das Harley Village nach zwei Null- oder Minimal-Bike-Week-Jahren wieder in vollem Umfang geöffnet ist: Mit Fressbuden, Verkaufsständen, Bierzelten und Musik. Da müssen wir natürlich noch hin! So parken wir die Road King und die Sporty an unserer Unterkunft, machen uns ein bisschen frisch und nehmen den Bus ins Village.

Endlich wieder echtes Bike Week-Feeling! Während der Busfahrt donnern Harleys an uns vorbei, sogar das seltsame Surren einiger Live Wire-Maschinen ist zu hören. In Faak ist die linke Fahrbahn wieder als Bike-Parkplatz gesperrt, an der Bushaltestelle Bahnhof stehen schon die ersten Cateringstände genauso wie gegenüber am Eingang zum Harley Village. Dann kommt die berüchtigte Fressmeile mit all ihren Leckereien vom Grill, aus der Friteuse, dem Wok, der Pfanne und zahllosen Töpfen. Und natürlich die Harley-Ausstellung mit dem unvermeidlichen Merchandising-Zelt und dem roten Partybus, der Vida Loca Bar. Es gibt wieder große Bierzelte und natürlich die Verkaufszelte der Harley-Dealer aus ganz Europa. Dazu gesellt sich noch die Schleife mit den freien Händlern für Klamotten, Helme, Schuhe, Lederwaren und Schmuck.

Allerdings kann das muntere Treiben nicht darüber hinweg täuschen, dass es auch erhebliche Lücken gegenüber der letzten richtigen Bike Week 2019 gibt. Die Fläche gleich nach der Tourist-Info gegenüber den Pkw-Parkplätzen am Abzweig nach Finkenstein ist leer, hier steht kein Getränkepavillon mit Bierbänken mehr und lädt zu einem ersten Erfrischungshalt ein. Auf der Harley-Fläche muss scheinbar Event-Partner Ford mit seiner Auto-Ausstellung dafür sorgen, dass es nicht allzu leer aussieht. Am Ende der Budengasse enttäuscht der große Platz, der in der Vergangenheit rundum gesäumt war mit Buden, Zelten und Ständen, mit nicht einmal mehr halber Besetzung - und die scheint auch eher künstlich herbeigeführt durch das überdimensionale Zelt eines Auspuff-Herstellers und - ich traue meinen Augen kaum - das Zelt einer Kärntner „Wellnessoase für Männer“ samt der für die Entspannung zuständigen Damen. Immerhin sind hier auch die netten holländischen Biker-Boots-Händler untergekommen, bei denen wir in der Vergangenheit unsere superbequemen und absolut motorrad-, wander- und alltagstauglichen Stiefel gekauft haben. Große Leere herrscht dann auch neben der Tankstelle, wo in diesem Jahr einsam und allein das Notfall-Werkstattzelt des Klagenfurter Harley-Händlers die Stellung hält. Keine Festzelte, kein Verkaufszelt der Klagenfurter - nichts deutet hier mehr auf die Partys der vergangenen Jahre hin.

Aber davon wollen wir uns die Stimmung nicht verderben lassen. Und stürzen uns lieber da in den Trubel, wo auch tatsächlich was los ist. So müssen natürlich das diesjährige Bike-Week-T-Shirt und der Jahres-PIN in unsere Taschen wandern. Dann schlendern wir durch die Zelte der Harley-Händler, allerdings ohne den großen Wow-Effekt. So hält sich das Shopping-Aufkommen durchaus in überschaubaren Grenzen - ganz im Gegensatz zum Hunger, der sich inzwischen überdeutlich bemerkbar macht. Aber was soll es sein? Nach meiner Schnitzel- und Cordon Bleu-Fresserei der letzten beiden Tage plus Brotzeiten auf unseren Touren steht mir der Sinn heute nicht mehr nach monströsen Fleischbergen vom Grill, so verlockend die Rindfleischseiten, Spareribs, Bratwürste, Schweine am Spieß, Haxen und Hendl auch duften. Da fällt mir das Angebot der Carinthian Corner ein: Hier kocht jeden Abend ein Kärntner Spitzenkoch. Das könnte doch eine spannende Alternative zum sonstigen Einerlei der Fressstände sein.

Tatsächlich verspricht die Speisekarte eine echte Leckerei nach meinem Geschmack: Hirschgulasch mit Serviettenknödel! Was jetzt folgt, ist ein weiteres Lehrstück in Sachen österreichischer Gastfreundschaft und Serviceorientierung. Ich frage nämlich eine der Damen am Stand, ob ich eine Portion zum Mitnehmen haben könnte, weil wir mit Freunden in einer der etwas abseits gelegeneren Sitzgelegenheiten verabredet sind, wo ich dann auch gerne essen würde. Das ist aber im Konzept des Kärnten-Stands wohl bisher nicht vorgesehen. Hier wird an liebevoll gedeckten Tischen von richtigem Geschirr und mit richtigem Besteck gegessen, was nicht nur stilvoll, sondern natürlich auch ökologisch absolut sinnvoll und somit zusätzlich bewunderns- und bemerkenswert ist. Für Banausen wie mich, die die edlen Speisen als Take-away mitnehmen möchten, gibt es aber kein Geschirr.

Während ich andernorts wahrscheinlich einfach mit einem Schulterzucken und dem Hinweis auf das ausreichende Alternativangebot weggeschickt worden wäre, löst meine Frage hier wuselige Aktivitäten des Standpersonals aus. Die junge Dame, die ich angesprochen habe, rennt davon, um irgendein geeignetes Behältnis für mein Essen zu organisieren. Und kommt nach wenigen Minuten nicht mit irgendeinem ordinären Plastikteller zurück, sondern mit einem dem Ambiente am Stand angemessenen Schälchen aus kompostierbarem Bambus oder Holz. Während der Chefkoch darin schon meine Portion anrichtet, taucht eine andere Kollegin auf, die offensichtlich auf der Suche nach Besteck unterwegs war und die eine Packung Holzlöffel besorgt hat, aus der sie mir sofort einen überreicht. Unter herzlichem Dankeschön und natürlich nicht ohne meine Bestellung plus einem angemessenen Trinkgeld zu bezahlen, verabschieden wir uns und machen uns auf zum verabredeten Treffpunkt, wo ich mir mein vorzügliches Abendessen in bester Gesellschaft schmecken lasse.

Danach geht es noch einmal auf eine Bummelrunde durch die Verkaufszelte der Harley-Händler - allerdings mit sehr überschaubarer Ausbeute. So richtig fündig werden wir dieses Mal einfach nicht, schon gar nicht beim eigentlichen Ziel unserer Schnäppchensuche, einer neuen Lederjacke für meine Rockerbraut. Macht nichts, es gibt ja noch genug andere Tage, um noch einmal zu stöbern und zu shoppen. Vielleicht springen uns dann ja Sachen nach unserem Geschmack an.

Biken, Kultur und Shoppen

Weil uns der gestrige Anreisetag an den Faaker See noch in den Knochen steckt, wollen wir es heute ruhiger angehen lassen. Aber so ganz ohne kleine Tour soll der Tag angesichts des herrlichen Wetters dann doch nicht vorüberziehen. Deshalb starten wir nach unserem morgendlichen Spaziergang zum nahegelegenen Supermarkt für den rituellen Füll-den-Kühlschrank-in-der-Ferienwohnung-fürs-Frühstück-Einkauf und natürlich einem stärkenden Frühstück zur Skulputurenalm. Davon hatte ich in einem Reisebericht in irgendeiner der zahllosen Motorradzeitschriften gelesen, die ich immer wieder verschlinge. Weil sich die Beschreibung der Strecke dorthin, des Gasthauses und natürlich der Alm mit den ausgestellten Kunstwerken sich ziemlich verlockend anhörte, habe ich sie als Kurztrip in die Tourenplanung für unseren diesjährigen European-Bike-Week-Urlaub aufgenommen. Schließlich liegt sie irgendwo oberhalb von Afritz und damit nur einen Katzensprung von unserem Urlaubsstandort Drobollach entfernt.

Die Fahrt verläuft wieder auf der Strecke unserer gestrigen Anreise: Erst geht es nach Villach, dann nach Treffen und weiter nach Afritz. Die Zerstörung entlang des Afritzer Bachs hat auch heute bei der zweiten Begegnung nichts von ihrem Schrecken verloren. In der Gegenrichtung sehen die Schäden an Landschaft, Ortschaften und Straßen genauso verheerend aus. Und bieten manch widersprüchliches Bild. So steht an einem völlig zerstörten Gebäude mitten in einem schlammigen Überschwemmungsbereich ein Kletterrosenstock in voller Blüte - ein freundlich-farbiger Blickfang inmitten von traurig-tristem Grau-Braun.

Gleich am Ortseingang von Afritz führt uns der Weg links ab zu unserem Ziel. Wir fahren über ein wundervolles, schmales Bergsträßchen hinauf, bis wir das Kunst-Hotel oben am Hang erreichen. Leider sind das Restaurant und vielleicht sogar das ganze Haus geschlossen. Also bleibt uns hier oben nur die Verpflegung aus unseren Satteltaschen. Aber die Aussicht ist grandios und bietet einerseits noch einmal einen Überblick über das Chaos, das im Juni weit unten im Tal vom Unwetter angerichtet wurde, andererseits aber auch den fantastischen Blick auf die unbeschadet gebliebenen Hänge, Hügel und Berge in Richtung Gerlitzen und Ossiacher See. Dann spazieren wir noch zur etwas höher gelegenen Skulpturenalm - und müssen feststellen, dass wir offensichtlich ziemliche Kulturbanausen sind. Jedenfalls laden uns die in Sichtweite stehenden Werke überhaupt nicht zum Rundgang über die Almwiese ein, um uns alle Skulpturen anzusehen. Wir drehen lieber ab und noch ein paar weitere Runden auf unseren Bikes. Aber wohin? Da fällt uns prompt die Goldeck-Panoramastraße ein. Also nichts wie hin!

Während der Abfahrt von der Skulpturenalm genießen wir noch einmal die tollen Aussichten, die sich nach Kehren und Kurven mit immer wieder neuen Blickwinkeln auftun. Wieder in Afritz fahren wir in Richtung Radentheim, um von dort über Döbriach am Millstätter See rüber ins Drautal zu wechseln und auf der anderen Talseite das Goldeck zu erobern. Aber in Radentheim überholt meiner Rockerbraut mich plötzlich - ein untrügliches Zeichen, dass irgendetwas nicht in Ordnung oder sonst irgendwie ein Stop notwendig ist.

Ein kurzer Halt am Straßenrand sorgt für Aufklärung: Gestern auf der Anreise hatte meine Rockerbraut bei der Fahrt durch Radentheim einen Laden mit Dekoartikeln gesehen. Dort würde sie jetzt gerne mal anhalten und ein bisschen shoppen. Na klar, kein Problem. Warum auch nicht mal was anderes als nur Harley-Devotionalien kaufen? Also fahren wir auf den Parkplatz am Laden und tauchen ein in eine Welt aus Shabby Chic-Möbeln, Tischdekoration, Sprücheschildern, Süßigkeiten, Kärntner Spezereien und alternativer Mode. Natürlich wandert dort auch ein Mitbringsel in die Gepäckrolle meines Straßenkönigs: ein verrostetes Schild mit der Aufschrift „Ab hier bitte lächeln“, das zukünftig neben unserer Haustür hängen soll.

Nach diesem kleinen Einkaufsstopp setzen wir unsere kleine, spontan geplante Tour fort und fahren nach Döbriach, dann hinauf nach Glanz und von dort über ein wundervolles kleines Sträßchen hinunter nach St. Jakob und Ferndorf an die Drau. Mit einem Schlenker auf die Drautal Straße wechseln wir auf die andere Talseite und fahren nach Zlan, um in die Goldeck-Panoramastraße einzuschwenken. Was für ein Vergnügen! Es gibt fast keinen Verkehr auf der Strecke, auch der Parkplatz Seetal oben am Ende der Straße ist erstaunlich leer. Unsere beiden Harleys sind zeitweilig sogar die einzigen Motorräder auf der Fläche, während wir in der oberhalb gelegenen Wieser Hütte eine Pause einlegen, die wundervolle Aussicht genießen, uns mit kühlen Getränken erfrischen und mit einer Brotzeit stärken.

Auf dem Heimweg möchte ich eigentlich über die Windische Höhe und Bad Bleiberg nach Villach und an den Faaker See fahren, weil ich diese tolle Strecke noch aus dem vergangenen Jahr in so guter Erinnerung habe. Weil ich mir einbilde, mich hier in Kärnten inzwischen so gut auszukennen, dass ich dafür das Navi nicht brauche, verpasse ich natürlich prompt den richtigen Abzweig. Aber nicht schlimm. Wir rollen stattdessen über eine ebenfalls schöne Strecke nach Feistritz. Und nehmen dann die Strecke entlang der Drau nach Villach - nicht die schlechteste Alternative.

Viel später als geplant sind wir zurück in Drobollach. Da müssen wir uns jetzt aber sputen. Denn wir haben für den Abend noch einen Tisch in unserem Lieblingsrestaurant direkt an der Seeblickstraße reserviert und sind dort mit Freunden verabredet um zu schlemmen, zu quatschen und den vorbeifahrenden Bikes zuzuschauen und zu lauschen. Wir schaffen es trotz unserer späten Rückkehr pünktlich und genießen einen wundervollen Abend, was nicht nur an meinem heiß geliebten Cordon Bleu aus dieser Küche liegt.

Auf zum Höhepunkt des Jahres

Heute ist der erste Sonntag im September. Was das bedeutet? Es geht auf nach Kärnten an den Faaker See zur European Bike Week, zu unserem alljährlichen Urlaubshöhepunkt! In diesem Jahr sollen dort wieder Party und Event ohne Einschränkungen stattfinden. Was die Vorfreude noch einmal deutlich hebt. Und so steigen wir voller Vorfreude auf eine tolle Touren- und Feierwoche auf unsere Harleys und starten in Richtung Süden. Das Wetter ist perfekt für so einen Reisetag: nicht zu heiß, leicht bewölkt, aber ohne Regenrisiko.

Als Reiseroute haben wir uns für den Klassiker entschieden: Wir fahren über Inzell nach Berchtesgaden, dann über Bad Dürrnberg hinunter nach Hallein und bis Kuchl, wo wir einen kurzen Tankstopp einlegen. Dann folgen wir der Salzach immer weiter vorbei an Golling und über den Pass Lueg hinein ins Salzachtal, genießen die Fahrt durch das enge Tal bis Werfen, um uns dann kurz vor Bischofshofen von der Salzach zu verabschieden und ein paar herrliche Kilometer später den Pongau zu begrüßen. Ab Radstad geht es dann auf die erste Bergetappe des Tages hinauf nach Obertauern, wo wir auch die erste richtige Pause für heute einlegen. Auf der Terrasse eines der wenigen geöffneten Restaurants in diesem reinen Wintersportort genießen wir einen schönen heißen Tee. Denn hier oben auf über 1600 m Höhe ist es ordentlich frisch.

Nach unserer Erfrischungspause geht es wieder hinunter ins Tal nach Tweng und weiter bis Mauterndorf, wo wir Richtung Lungau und Katschberg abzweigen. Von St. Michael nehmen wir Anlauf für die zweite Bergetappe des Tages und erklimmen mit ordentlich Schwung den Katschberg. Da wir fast allein unterwegs sind, ist die Fahrt hinauf das reinste Vergnügen - genauso wie die Abfahrt auf der anderen Seite der Katschberghöhe über Rennweg und Kremsbrücke bis nach Gmünd in Kärnten. Nur eines scheint uns am Katschberg immer wieder zu erwischen: Regen. Obwohl der heute gar nicht als solcher zu bezeichnen ist. Aber immerhin treffen eine Handvoll Tropfen auf unsere Visiere, als wir uns von der Katschberghöhe hinab schlängeln.

In Gmünd fahren wir auf einen kleinen Parkplatz und legen eine weitere Pause ein. Wasser und Kuchen aus den Satteltaschen meiner Road King sollen uns für den restlichen Weg bis Drobollach noch einmal stärken. Dann geht es weiter an den Millstätter See, an dessen Nordufer wir entlang fahren - leider im Schlepptau einer Boss Hoss, die zwar schön anzuhören, deren Spritverbrennung aber nicht optimal geregelt ist. So sehen wir von diesem Bike nicht nur den fetten Hinterreifen, sondern auch eine ordentliche blau-graue Abgasfahne. Und spüren einen eklig-öligen Belag auf der Zunge. Lieber Boss Hoss-Fahrer: Hoffentlich hat Deine Maschine die Bike Week-Woche unbeschadet überstanden und sich nicht mit einem kapitalen Motorschaden verabschiedet!

Am Ostende des Millstätter Sees biegen wir nach Radentheim ab, von dort geht es nach Afritz mit immer weiter steigender Vorfreude auf den bevorstehenden Urlaub. Doch dann kommt die Ernüchterung: Kurz vor dem Abzweig nach Arriach stoppt uns eine Baustellenampel. Nachdem wir sie passiert haben, sind wir plötzlich in eine andere Welt versetzt. Der Blick nach links in Richtung Arriach und die Teuchener Landesstraße zeigt nichts als Verwüstung. Eine Straße gibt es nicht mehr - das sind wohl die Auswirkungen des Unwetters vom Juni dieses Jahres. Auch die weitere Strecke zeigt auf beängstigende Weise, welche Zerstörungskraft der kleine Afritzer Bach hier entwickelt hat. Überall Schlamm, weggeschwemmte Straßenabschnitte und Brücken, halb weggerissene Häuser - bis nach  Treffen hinein wiederholt sich immer wieder dasselbe verheerende Bild, unterbrochen nur von Baustellen, aufgehäuften Schutt-, Fels- und Geröllhaufen oder Resten bereits abgerissener Gebäude.

Und genauso plötzlich, wie dieses zerstörte Stück Kärnten nach einer Baustellenampel begonnen hat, so schlagartig hört es hinter Treffen auch wieder auf. In Villach und am Faaker See ist von irgendeinem Unwetter mit derartiger Urgewalt nichts zu sehen. Dafür sind hier die Anzeichen des Harley-Treffens allgegenwärtig. Überall fahren oder parken Harleys in der Stadt und auf bzw. entlang der Verbindungsstraße nach Drobollach. Überall spazieren Bikerinnen und Biker in den typischen Klamotten herum oder stehen und sitzen vor Restaurants und Cafés. Überall erklingt das charakteristische Bollern der V2-Motoren. Das kann ja eine Wahnsinnswoche werden!

Die herzliche Begrüßung durch die Wirtsleute unserer Ferienwohnung hebt unsere Stimmung noch einmal weiter. Und das Abendessen in der nahegelegenen Gartenwirtschaft, voll besetzt mit Harley-Fahrerinnen und -Fahrern, bei dem wir auch den Ölgeschmack unseres Boss Hoss-Vorausfahrers aus dem Mund spülen können, ist der perfekte Ausklang für diesen Anreisetag nach Faak.

Verlockendes Angebot

Mein Lieblings-Harley-Schrauber hat mich heute in Versuchung geführt. Früh am Morgen klingelte mein Telefon und er machte mir das verlockende Angebot, meine Shovelhead mit nach Faak zu nehmen. Er hätte in seinem Transporter oder Anhänger, mit denen er seine Bikes zur European Bike Week trailert, noch einen Platz frei für eine betagte alte E-Glide. Dann könnten wir gemeinsam eine Oldtimer-Runde um den See und durch Kärnten drehen - er auf seiner Panhead, ich auf meiner Shovel. Das wäre doch sicherlich eine riesige Gaudi.

Aber der Blick heute Abend unter das Bike lässt leider nur eine Antwort auf seine tolle Offerte zu: nein! In den Schalen unter dem Motor stehen Getriebe- und Motoröl in einer Menge, dass ich mit der E-Glide nicht mehr fahren mag. Ich hätte zu viel Angst, dass am Motor oder Getriebe etwas passiert. Oder dass Öl auf dem Hinterrad landet und ich einen Abflug mache. Und außerdem möchte ich nicht, dass sich das Öl meines Schäufelchens in den Laderaum des Transporters oder in den Anhänger meines Lieblings-Harley-Schraubers ergiesst. Trotzdem, lieber Lieblings-Harley-Schrauber: Vielen Dank für dieses verlockende Angebot, dass ich nur zu gerne angenommen hätte! Es bleibt dabei, dass Du nur unser Gepäck wie in den vergangenen Jahren mitnehmen kannst, damit wir uns in modischen Dingen nicht allzu sehr einschränken müssen.

Shovelrunde mit üblem Ende 

Zum Glück ist Mariä Himmelfahrt bei uns in der Region ein Feiertag. So kann ich nach dem gestrigen Sonntagsausflug zum Treffen am Jailhouse in Bad Tölz heute noch eine Tour mit meinem Oldtimerchen nachlegen. Es geht über den Samerberg ins Inntal, dann über Erl zum Walchsee, nach Kössen und anschließend noch über Reit im Winkl nach Ruhpolding und Inzell, bevor ich die alte E-Glide wieder in die Garage stelle. Was für einen Spaß hat mir der Oldtimer heute wieder gemacht!

Allerdings erwartet mich nach dem Abstellen der Shovelhead eine ziemlich böse Überraschung: Unter dem Bike auf dem Garagenboden steht schon nach wenigen Minuten eine kleine, aber nicht zu übersehende Öllache mit Getriebeöl auf der einen Seite der Maschine. Und auf der anderen Seite tropft an mehreren Stellen Motoröl hinunter. Auch der Auspuff ist ölverschmiert. Da heißt es, schnell irgendetwas zum Auffangen unterzustellen. Zum Glück dient unsere Garage auch als Zwischensammelstelle für den Plastikmüll, sodass schnell ein paar leere Schalen zur Hand sind, um das schmierende Nass aufzufangen. Allerdings ist die in der Kürze der Zeit austretende Menge für mich durchaus besorgniserregend. Das muss ich beobachten!

Auf zum Knast

An diesem Wochenende ist Harley-Treffen in Bad Tölz am Jailhouse. Also starte ich am Sonntag meinen Straßenkönig und lenke ihn in Richtung Westen zum Veranstaltungsgelände an der Isar. Für die Anreise wähle ich die Route über Grassau, Bernau, Aschau und Sachrang hinüber nach Österreich, um dann von Kufstein über Thiersee nach Bayrischzell zu fahren. Ab da will ich eigentlich zum Schliersee - aber die Strecke ist zurzeit gesperrt. Deshalb muss ich über Fischbachau ausweichen und dann über Miesbach und die Bundesstraße nach Bad Tölz fahren - eine Strecke, die ich eigentlich unbedingt meiden wollte wegen des üblicherweise hier rollenden Verkehrs.

Und tatsächlich bestätigt sich mein Vorurteil. Es herrscht reges Treiben auf der Straße, gespickt mit zahllosen Chaoten auf zwei oder vier Rädern, die glauben, dass Verkehrsregeln nur für andere gelten, Überholen auch bei Gegenverkehr oder vor Kurven und Kuppen gefahrlos möglich ist oder alle anderen Verkehrsteilnehmer aus Jux und Tollerei im Stau stehen, man selbst aber nicht warten muss, sondern einfach an der Warteschlange vorbeifahren kann. Irgendeiner wird sie schon reinlassen, wenn sie sich bei Gegenverkehr wieder einreihen müssen.

Trotz einiger dieser unschönen Begegnungen erreiche ich dann doch noch entspannt den Festplatz am Moraltpark und stürze mich in das Festival-Treiben. Leider ist es heute sehr heiß und die Sonne knallt unbarmherzig auf den Schotterplatz, auf dem die Bikes parken. Das macht den von mir so geliebten Spaziergang vorbei an den parkenden Bikes zu einer echten Tortur. Immerhin gibt es Schatten am Rand des Geländes. Deshalb schlendere ich ziemlich schnell zu den dort aufgebauten Buden und entdecke zu meiner Freude den Ledermacher, bei dem ich vor zwei Jahren die schicke Gepäckrolle für mein Schäufelchen erstanden habe. Schade, dass ich heute mit der Road King hier bin. Die perfekte Kombi der roten Tasche mit meiner Oldtimer-E-Glide hätte ich ihm allzu gerne einmal live gezeigt.

Die übrigen Buden bieten den üblichen Treffen-Angebotsmix aus Schmuck, Airbrush-Künstlern und inzwischen leider auch immer mehr billigem Klamottenzeugs, das mit Motorrad absolut gar nichts zu tun hat. Da widme ich mich doch lieber noch einmal dem Cateringbereich. Die Hitze macht natürlich durstig. Außerdem kann ich ein Harley-Treffen am Jailhouse nicht verlassen, ohne dort einen Burger gegessen zu haben. Der ist wieder einmal vorzüglich. Und das eiskalte Spezi ist die dringend notwendige Erfrischung vor der Heimfahrt.

Für die fasse ich den Entschluss, dem Verkehrstrubel der Hinfahrt ein Schnippchen zu schlagen und stattdessen einen wundervollen Umweg in Kauf zu nehmen. Und so treibe ich meine Road King über Lenggries zum Sylvenstein-Stausee und dann weiter an den Achensee, von dem ich mich hinunter ins Inntal schwinge, um dann über Nebenstrecken nach Kufstein zu fahren. Dann geht es über den Walchsee, an dem ich noch eine letzte kleine Pause einlege, und Kössen wieder nach Hause, wo ein fast perfekter Tag ausklingt.

Endlich schmerzfrei an den Pillersee

Ende Mai war der Pillersee der schmerzhafte Endpunkt unserer abgebrochenen Tour nach Saalbach-Hinterglemm. Ob der Helm meiner Rockerbraut jetzt tatsächlich keinen unerträglichen Druck mehr auf den Kopf ausübt, wollen wir mit einer neuen Tour dorthin testen. Also geht es rauf nach Kössen und dann über Erpfendorf an den Pillersee, wo wir im Restaurant am Ufer eine entspannte Pause einlegen. Dann geht es weiter nach Fieberbrunn und St. Johann in Tirol, von wo aus wir wieder nach Kössen einschwenken. Was für ein Spaß ist das auf der frisch sanierten Schwendter Straße! Die neu asphaltierte Strecke ist die perfekte Harley-Rennstrecke mit ihren weit geschwungenen Kurven. Und weil der Helm meiner Rockerbraut die ganze Zeit keine Probleme macht, wollen wir dieses Vergnügen weiter ausdehnen und schwenken von Kössen aus noch ein auf die herrliche Strecke rüber nach Reit im Winkl, vorbei an den drei Seen bis kurz vor Ruhpolding, wo wir in Richtung Inzell abzweigen, bevor wir von dort nach Hause fahren. Endlich hat die Helm-Katastrophe ein Ende!

Die hoffentlich letzte Testfahrt

War die gestrige Reise nach München und das dort vorgenommene Helmtuning erfolgreich? Das muss meine Rockerbraut heute am darauffolgenden Sonntag sofort ausprobieren. Und so gehen wir auf ihre übliche Helmtestrunde, die sie in den letzten Wochen so oft absolviert hat. Und wie sieht das Ergebnis aus? Grandios! Wegen einer Baustelle müssen wir schon auf der ersten Hälfte eine ungeplante Umleitung in Kauf nehmen. Und kurz vor Ende der eigentlichen Runde winkt meine Rockerbraut mich auch noch auf eine Zusatzschleife. Wenn das kein gutes Zeichen ist! Und tatsächlich bestätigt mir ihr strahlendes Gesicht, dass jetzt offenbar alles gut ist. Am Kopf gibt es nur eine minimale Druckstelle, die sich wahrscheinlich auch noch verabschieden wird, wenn der Helm häufiger getragen wird. Vielen Dank nach München an den Helmtuner, der offensichtlich seinen Lehrmeister in Sachen Know-how inzwischen überholt hat!

Ist das die Lösung?

Seit unserer letzten gemeinsamen Ausfahrt und den immer noch bestehenden Helmproblemen meiner Rockerbraut ist das Telefon mit dem Experten des Herstellers, der die Anpassungen vorgenommen hatte, heiß gelaufen. Der Händler, bei dem wir den Helm gekauft haben, hat leider keine Möglichkeiten für weitere Anpassungen. Der Fachmann selbst betreut ein riesiges Außendienstgebiet und kommt auf absehbare Zeit nicht mehr in unsere Gegend. Aber: Er hat einen Tipp für uns! In München gibt es einen Laden für Motorradbekleidung, -helme und -zubehör, dessen Inhaber er selbst für die Helmanpassungen geschult hat. Zu diesem Laden stellt er den Kontakt her und klärt auch, dass wir mit dem anderswo gekauften Helm vorbeikommen dürfen. Er schickt sogar seine Messdaten zu diesem Münchner Laden.

An diesem Samstag ist es also soweit: Wir fahren mit dem Auto und dem Helm nach München und sind sehr gespannt darauf, was uns dort erwartet. Ehrlich gesagt, habe ich mich insgeheim schon darauf eingestellt, dass wir diesen Helm abschreiben können und ein ganz anderes Modell neu kaufen müssen. Aber in dem bis unter die Decke mit Klamotten und Helmen vollgestopften kleinen Laden erwartet uns eine wundervolle, positive Überraschung. Der supernette Inhaber kümmert sich trotz des samstäglichen Trubels im Geschäft intensiv um uns und erkennt die Probleme meiner Rockerbraut sofort.

Im Handumdrehen hat er das Innenfutter und die Wangenpolster aus dem Helm herausgerupft, Unterfütterungen des vorherigen Tunings als falsch entlarvt und entfernt, an anderen Stellen zurecht gedrückt oder unterlegt. Natürlich heißt es zwischendurch immer wieder Helm auf und Helm ab für meine Rockerbraut. Aber nach eine knappen Stunde sitzt der Helm ganz anders, es ist Zeit für einen Dauertest. Was das bedeutet? Bei sommerlichen Juli-Temperaturen in München eine Stunde mit einem Helm auf dem Kopf vor dem Motorrad-Klamotten-Laden spazieren zu gehen! Das ist nicht nur eine ziemlich schweißtreibende Angelegenheit, sondern natürlich für die Außenstehenden auch ein sehr schräges Bild.

Aber meine Rockerbraut hält tapfer durch, nicht zuletzt auch dank der kühlen Getränke, die uns im Laden als Erfrischung kredenzt werden. Und der Lohn der Mühen? Ein fast druckstellenloser Kopf und ein - zumindest in dieser Testphase - schmerzfreies Tragegefühl! Das ist ja alles sehr vielversprechend für den Rest einer Saison, in der dann hoffentlich auch wieder längere Touren möglich werden. Tja, und dann entdecke ich in der Auslage noch ein brandneues Cargo-Motorrad-Kevlarhosen-Modell. Ich kann meine Rockerbraut tatsächlich noch zu einer Anprobe überreden. Und so wandert die schicke Hose noch in eine Einkaufstüte und geht als Belohnung für die Mühen mit nach Hause.

Auf ins Zillertal

Auf der Fahrt nach Kitzbühel am Freitag ist die verrückte Idee in mir gekeimt, dass ich unbedingt wieder einmal ins Zillertal fahren muss. Vor allem in den Zillergrund, diesen Kraftort, der mich immer wieder in seinen Bann zieht. Leider muss ich diesen Plan alleine in die Tat umsetzen, weil das Helm-Problem meiner Rockerbraut immer noch nicht gelöst ist. Dankenswerter Weise gibt sie mir aber grünes Licht für mein Vorhaben. So starte ich also nach einem schnellen Frühstück bei feinstem Bike-Wetter auf meine Solo-Tour.

Zuerst fahre ich wieder über Kössen und St. Johann nach Kitzbühel - heute mit meinem Straßenkönig. Dann treibe ich die Road King über den Pass Thurn nach Mittersill. Dort zweige ich ab in den Pinzgau und fahre Richtung Gerlos. Allerdings biege in Wald auf die alte Gerlosstraße ab, die ich wesentlich spannender finde als die gut ausgebaute Strecke, die auch an den Krimmler Wasserfällen vorbei führt. Ich genieße das schmale Sträßchen und die Aussichten auf das Naturschauspiel der Wasserfälle von dieser Seite des Tales aus - ganz im Gegensatz zum Straßenbelag, der einer wahren Buckelpiste gleicht, einer Landesstraße keineswegs würdig ist und dringend eine Erneuerung bräuchte, um wieder für Genuss zu sorgen.

Kurz vor dem Durlaßboden stoße ich wieder auf die gut ausgebaute Straße, fahre am Stausee vorbei weiter nach Gerlos und dann die wundervolle Strecke hinunter ins Zillertal nach Zell. Hier lege ich erst einmal einen Tankstopp ein, bevor ich Richtung Mayrhofen weiterfahre. Kurz vor dem Ort biege ich aber links ab, bollere durch den Brandbergtunnel und fahre in den Zillergrund hinein. Wieder packt mich dieser magische Ort schon nach den ersten Metern. Mit offenem Visier und knapp über Schritttempo tuckere ich im Standgas die Mautstraße entlang bis zu dem kleinen Gasthaus knapp vor Ende der befahrbaren Strecke, wo ich meine heutige Pause einlege und mich für den Heimweg stärke.

Der führt mich wieder im Schleichgang aus dem Zillergrund hinaus und durch den Tunnel zurück ins eigentliche Zillertal, dann über die Zillertalstraße Richtung Norden, bevor ich in Schlitters die kleine Schleife über Bruck auf die Tiroler Straße nach Brixlegg ziehe. Hier kehre ich der vielbefahrenen Hauptstraße allerdings schnell den Rücken und wechsle auf die linke Inn-Seite, um über kleine Nebenstraßen nach Kufstein zu rollen. Den Abschluss dieses grandiosen Tages bildet die Schlussetappe von Sebi hinauf nach Sachrang und wieder hinunter nach Aschau, von wo ich dann entspannt zurück nach Hause rolle. Was für ein toller Tag!

Shoveltour nach Kitzbühel

Freitagnachmittag, die Sonne lacht vom Himmel und ich bin einigermaßen zeitig aus dem Büro nach Hause gekommen. Was also tun zum Start ins Wochenende? In Kitzbühel findet schon die ganze Woche Kitz on Wheels statt. Das wäre doch ein naheliegendes Ziel - im doppelten Sinne. Also starte ich mit meiner Shovelhead auf einen kleinen Ausflug in die Berge. Über Kössen und St. Johann bin ich nach knapp einer Stunde vor Ort und tuckere mit meinem Oldtimer auf das Festival-Gelände, dem Parkplatz gleich an der Talstation der Hahnenkamm-Bergbahn.

Hier ist leider noch nicht besonders viel los, ich bin wohl zu früh unterwegs. Jedenfalls tummeln sich zwischen den Verkaufsständen und Fressbuden nur eine Handvoll Harley-Fans. Ein Blick auf das Programm für diesen Freitagabend bestätigt meine Ahnung. Die Party steigt tatsächlich erst viel später, jetzt sind die meisten Gäste wohl noch auf einer der organisierten Ausfahrten unterwegs oder bereiten sich auf die Abendveranstaltungen vor. Macht aber nichts. So kann ich in Ruhe an den Verkaufsständen gucken, die bereits parkenden Bikes anschauen, die ausgestellten Custom Bikes bestaunen und auch eine Kleinigkeit essen. 

Auf das Abendprogramm warte ich indessen nicht mehr. Da mache ich mir lieber meine eigene kleine Show mit der Oldtimer-E-Glide und tuckere entspannt wieder nach Hause. Die Fahrt durch Kitzbühel bestätigt dabei meine Theorie: Während ich abfahre, spazieren überall auf den Gehwegen an ihren Klamotten eindeutig dem Harley-Event zuzuordnende Besucherscharen Richtung Hahnenkamm-Parkplatz. Ich war also definitiv zu früh da für die große Party. Aber genau richtig zum Bummeln und als Einstimmung ins Wochenende.
 

Endlich wieder mal on the road

Die Standardwangenpolster haben sich zwar bei einer weiteren Testfahrt meiner Rockerbraut schon bald als Rückschritt für die Stirn herausgestellt. Der Druck von den Seiten ist wieder rauf auf den Kopf gewandert - immerhin nicht mehr so arg wie vor dem Helmtuning. Trotzdem starten wir heute endlich mal wieder auf eine gemeinsame Ausfahrt. Nix Großartiges. Eine mittlere Runde über Frasdorf, den Samerberg und durch das Inntal nach Erl. Dann wieder über Sebi, Sachrang und Aschau zurück - eine Strecke, die meine Rockerbraut zumindest abschnittsweise auf ihren Helmtestfahrten schon ausgiebig unter die Reifen genommen hat. Es ist bewölkt und für beinahe Mitte Juli erstaunlich frisch, was mir sehr entgegenkommt, meiner Rockerbraut aber schon fast zu kühl ist. Tja, und dann ist da noch ihr Helm. Der zwingt uns nach der Hälfte der Strecke zu einer Pause, weil der Druck wieder sehr unangenehm wird. Längere Touren sind so auf jeden Fall nicht zu machen. Da muss noch irgendetwas passieren ...

Rockerbrauts Testfahrt

Ob der getunte Helme auch in der Praxis auf der Sporty hält, was wir uns von den Änderungen erhoffen, hat meine Rockerbraut heute auf einer Runde über Kössen, den Walchsee, Sebi, Sachrang, Aschau, Bernau zurück nach Hause getestet. Mit eher durchschnittlichem Erfolg. Der Druck an der Stirn ist zwar weniger und erträglicher. Aber die dickeren Wangenpolster drücken jetzt dermaßen auf Ohren und Kiefergelenke, dass wohl der Teufel mit dem Belzebub ausgetrieben wurde. Deshalb rüsten wir wieder auf die Standardwangenpolster zurück. Ob das etwas bringt? Dazu müssen wir wohl die nächste Testfahrt abwarten.

Das Helm-Tuning

Seit unserer abgebrochenen Tour nach Saalbach-Hinterglemm war in Sachen Motorradfahren einen Monat lang totale Flaute - zum zweiten Mal seit der nachösterlichen Ruhephase. Dafür gab es sehr schöne, aber auch weniger tolle Gründe: Wir waren nach zwei Jahren Pause auf dem Nova Rock-Festival in Österreich und haben ordentlich Party gemacht. Meine Rockerbraut und ich hatten zwischenzeitlich aber auch Corona, nachdem wir zwei Jahre Glück hatten und um eine Infektion herumgekommen waren. Und das leidige Helmthema ist immer noch nicht gelöst - bis heute, hoffentlich. Da ist nämlich ein Vertreter des Helmherstellers bei unserem Helmhändler und nimmt individuelle Anpassungen vor.

Zuerst vermisst der Experte den Kopf. Mit einem ziemlich verrückten Ergebnis: Meine Rockerbraut bräuchte eigentlich drei verschiedene Helmgrößen für ihren Kopf. Die Kopflänge wäre ein Helm der Größe M, bei der Höhe würde S passen und in der Breite sogar nur XS. Entsprechend aufwendig sind natürlich die Anpassungen am Helm. Über vier Stunden polstert der Helmvirtuose hier ab und dort auf, tauscht Wangen- und Kopfpolster, unterfüttert an einigen Stellen und nimmt dann wieder zu viel des Guten heraus. Zwischendurch heißt es für meine Rockerbraut immer wieder: Probetragen. Mit dem Helm herumlaufen. Helm auf- und wieder absetzen. Bis sich dann - zumindest bei den Trockenübungen - ein gutes Passgefühl einstellt. Bleibt nur zu hoffen, dass das Helmtuning auch beim Fahren anhält.

Die Helm-Katastrophe

Letzte Woche ist tatsächlich der langersehnte neue Helm meiner Rockerbraut geliefert worden. Den hat sie natürlich sofort abgeholt. Und nachdem ich gestern meine Runde nach Pullman City alleine gedreht habe, ist heute bei wieder herrlichem Wetter die Jungfernfahrt der neuen Mütze an der Reihe - und nicht nur das: Es ist tatsächlich auch die erste Ausfahrt der Saison für meine Rockerbraut mit ihrer Sportster.

Wir starten rauf nach Kössen und wollen eigentlich nach Saalbach-Hinterglemm zum Harley-Treffen, das dieses Jahr schon Ende Mai stattfindet. Aber schon in Kössen fängt meine Rockerbraut an, ihren neuen Helm herauf- und herumzuschieben. Am Pillersee ist dann endgültig Schluss mit lustig. Auf dem Parkplatz des leider noch geschlossenen Restaurants direkt am See müssen wir eine gute halbe Stunde Pause einlegen, weil das Styropor-Innenleben des Helms durch das weiche Futter so stark auf den Kopf drückt, dass meine Rockerbraut oberhalb der Stirn eine regelrechte Delle im Schädel hat. Das geht natürlich überhaupt nicht. Aber irgendwie müssen wir jetzt wieder nach Hause. Und so brechen wir die Tour ab und fahren auf kürzestem Wege und mit zahllosen Helm-ab-Pausen zurück. Was für ein Debakel mit dem neuen Helm!

American Way of Life in Niederbayern

Es juckt mir in den Fingern: Ich muss unbedingt mal wieder unter gleichgesinnte Verrückte und endlich auch mal mehr als nur die wohlbekannten, durchaus heißgeliebten Hausrunden unter die Räder nehmen. Aber wo? Da kommt mir das US-Car-Treffen in Pullman City in Eging an diesem Wochenende gerade recht. Der Schwerpunkt liegt zwar auf amerikanischen Autos, aber Motorräder aus den Staaten sind auch willkommen. Und so starte ich heute gleich nach dem Frühstück bei herrlichem Wetter Richtung Niederbayern. Über kleine Nebenstraßen tuckere ich los auf meine herrliche Tour. Und muss bald feststellen, dass es immer noch reichlich Baustellen und dadurch bedingte Straßensperrungen und Umleitungen gibt. So werden aus den ursprünglich vom Navi angezeigten 140 km am Ende 170 km, die bei der Zufahrt zur Westernstadt auf dem Tacho stehen.

Und da ist ordentlich was los. Vor dem Einlass hat sich eine kleine Schlange ziemlich geiler US-Cars gebildet, in die ich mich einreihe, bis ich mein Armbändchen für den freien Eintritt und die Zufahrtsmarke für meinen Straßenkönig in die Main Street habe. Einfahren ins Gelände darf ich dann allerdings nicht - zumindest nicht mit meinem Bike. Das Gelände ist so voll, dass auch Motorräder draußen auf den Parkflächen abgestellt werden müssen. Also stelle ich meine Road King irgendwo auf dem Parkplatz ab und spaziere auf Schusters Rappen hinein ist Geschehen. Und lande mitten in der Fahrzeugpräsentation, für die sich vor allem Oldtimer aufgestellt haben. Entsprechend dicht gedrängt tummeln sich jetzt auch die Zuschauer in der Westernstadt. Ich laufe einmal die Main Street hinauf, schaue ein wenig an den Verkaufsständen, die alle am Ende der Hauptstraße aufgebaut sind, und schlendere dann noch einmal gemütlich zurück. Den Gedanken, hier etwas zu essen, lege ich schnell ad acta. Dafür ist es einfach viel zu voll. Draußen gibt es keine freien Plätze an den Tischen mehr - und drinnen möchte ich bei diesem Wetter und den Aussichten, die sich mir draußen auf die Fahrzeuge und Zuschauer bieten, auf keinen Fall sitzen. Stattdessen drehe ich lieber noch eine Runde über den Parkplatz. Denn da stehen auch spannende Gefährte - sowohl mit vier und mehr als auch mit nur zwei Rädern.

Dann geht’s auch schon wieder auf nach Hause. Und obwohl ich von Eging aus auch wieder das Navi mit kurvenreicher Strecke programmiere, führt es mich über eine völlig andere Route wieder in den Chiemgau. Mir soll’s recht sein! So habe ich reichlich Abwechslung an diesem wundervollen Biker-Tag!

Frühlingshauch weht unter den Helm

Habe ich eigentlich schon erzählt, dass ich mir im Winter einen neuen Helm zugelegt habe? Während für meine Rockerbraut keine passende Mütze auf Lager war und wir auf die bestellte Kopfbedeckung immer noch warten, hatte ich bei unserem Ausflug zum Biker-Klamotten-Händler mehr Glück. Mein Objekt der Begierde war in der richtigen Größe und in einem akzeptablen Design auf Lager. Und so schützt meinen Schädel nicht mehr der alte Klapphelm, sondern Harley-gerecht ein Jet-Helm - allerdings in der Luxusvariante mit Visier plus Sonnenblende und allen Gütesiegeln, die irgendeine Prüfkommission für Sicherheit vergeben kann. Der sieht zudem nicht nur viel cooler aus, sondern kommt auch noch meinem Frischluftbedürfnis deutlich besser entgegen. Schließlich bin ich den alten Klapphelm fast nur mit offenem Visier gefahren, damit mir auch genügend Fahrtwind um die Nase wehen konnte.

Warum ich das alles jetzt erzähle? Weil heute ein herrlicher Frühlings-, eigentlich schon Frühsommertag ist, an dem ich die Frischluft so richtig unter meinen neuen Helm strömen lassen kann. Auf der ausgiebigen Runde hinauf nach Törwang und wieder runter ins Inntal, zurück über Rohrdorf nach Achenmühle, dann weiter nach Riedering, Bad Endorf, Halfing, Seeon und über Truchtlaching wieder nach Hause. Mein Straßenkönig blubbert unter mir fröhlich vor sich hin und der neue Helm bestätigt, dass meine Entscheidung für dieses Modell goldrichtig war: Sicherheit, Passform und Frischluft sind perfekt für meine Ansprüche kombiniert.

Ein ganzer Monat ohne Ausfahrt

Was ist denn dieses Jahr los? Von Ostermontag bis heute, Mitte Mai, haben unsere Bikes in der Garage geschlummert. Meine Rockerbraut ist noch gar nicht gefahren, meine Shovelhead hat bisher auch nur die Fahrt aus dem Winterlager auf dem Tacho. Das werde ich heute aber ändern - leider wieder allein, denn meine Rockerbraut wartet noch immer auf ihren neuen Helm, der irgendwo in der Lieferung stecken geblieben ist. Und mit der alten Mütze möchte sie nicht mehr auf die Straße - zu ausgeleiert ist das gute Stück inzwischen, als dass von Sitz und Passform noch die Rede sein könnte. So treibe ich mein Schäufelchen hinauf nach Kössen, vorbei am Walchsee, dann weiter nach Sachrang und über Aschau wieder nach Hause. Der Oldtimer läuft wie ein Uhrwerk, die Kupplung trennt wieder, wie man es von ihr erwartet - es ist die reine Freude, die 50 Jahre alte Technik über die Straße zu fahren.

Kleine Ostermontagsausfahrt

Für die erste große Osterrundfahrt hat das Wetter nicht gepasst. Ganz im Gegenteil. Karfreitag und Karsamstag waren eher durchwachsen: Immer wieder Regen und auch ziemlich frisch. Den Ostersonntag haben wir als Hunde-Spaß-und-Wander-Tag genutzt. Damit bleibt aber heute noch der Ostermontag für eine kleine Solorunde mit meinem Straßenkönig in den Rupertiwinkel. In die Berge traue ich mich angesichts der letzten frostigen Nächste nicht. Die eigentlich wohlbekannte Runde wird heute zu einem abwechslungsreichen Erlebnis. Denn überall auf der Strecke sind Straßen gesperrt, sodass ich mir die eine oder andere kreative Umleitung suchen darf - ein spaßiges Vergnügen, irgendwie passend zu Ostern.

Danke, lieber Osterhase

14 lange Tage ist der April jetzt schon alt. Und das Osterwochenende steht vor der Tür - der klassische Termin für eine erste größere Ausfahrt. Nur: Bisher haben wir unsere Harleys noch nicht mal aus dem Winterschlaf wecken können, so bescheiden war das Wetter. Offensichtlich hat der Osterhase aber Mitleid mit uns. Denn der heutige Gründonnerstag ist sonnig, trocken und recht warm. Und ich konnte mir frei nehmen. Also machen wir uns an den großen Pendelverkehr zwischen unserem Zuhause und der Werkstatt unseres Lieblings-Harley-Schraubers.

Als erstes Bike rollt die Sporty meiner Rockerbraut in die heimische Garage. Sie hatte diesen Winter einen vergleichsweise ruhigen Aufenthalt in der Werkstatt. Die jährliche Durchsicht ergab keine besonderen Arbeiten. Der Seitendeckel ist wieder fest. Und auch die Heizgriffe funktionieren wieder. Letztendlich war die Ursache für beide Probleme das zu große Elektronik- und Elektrikgedränge hinterm Seitendeckel. Das hat den Seitendeckel regelrecht weggedrückt und für einen Kabelbruch an der Stromversorgung der Griffe gesorgt - vermutlich bei einem der Versuche, den Deckel wieder aufzustecken. Da hat unser Lieblings-Harley-Schrauber einfach mal aufgeräumt, natürlich das defekte Kabel erneuert und das eine oder andere Kabel und den einen oder anderen Stecker an andere Orte verlegt. Jetzt herrschen also wieder Platz und Ordnung hinter dem Seitendeckel und hoffentlich auch Ruhe in Sachen Elektronikschäden.

Als nächste Maschine tritt meine Oldtimer-E-Glide die Fahrt in die heimische Garage an. Nicht jedoch, ohne vorher eine ausführliche Inspektion und Durchsprache der winterlichen Arbeiten vorzunehmen. Tank und Heckfender sehen tatsächlich aus, als wären sie nicht erneuert worden. Die Lackierung ist einfach perfekt abgestimmt auf die Farben der alten Teile. Mit dem Austausch der Kupplung hat die alte Dame, die in diesem Jahr übrigens ihren 50. Geburtstag feiert, dann auch gleich einen anderen Deckel aus dem Zubehör spendiert bekommen, der steifer als das Original ist, damit besser schließt und dem Ölverlust entgegenwirken soll, der den wunderschönen Shovelmotor immer wieder verunstaltet hat. Alles in allem hoffentlich lohnende Investitionen und angemessene Jubiläumsgeschenke, die mir das betagte Schätzchen mit viel Fahrspaß und Freude zurückzahlen wird! Zumindest die kurze Rückfahrt von der Werkstatt lässt da so Einiges erwarten.

Mein Straßenkönig ist als letztes Bike an der Reihe, denn mit ihm möchte ich noch auf eine kleine Runde um den Chiemsee gehen, um mir ein bisschen mehr Fahrtwind um die Nase und den Winter aus den Knochen wehen zu lassen. Aber natürlich steht auch hier erst noch eine ausführliche Besprechung der ausgeführten Arbeiten an. Schnell abgehandelt sind die Inspektion und der neue Hinterreifen, da gibt es nichts Besonderes zu berichten. Allerdings hat die Road King im Zuge des vorsorglichen Austauschs der Kurbelwellenlager auch gleich noch einmal neue Steuerkettenspanner verpasst bekommen. „Die waren zwar noch nicht wirklich fällig“, erklärt mir mein Lieblings-Harley-Schrauber. „Aber wenn der Motor sowieso schon mal offen ist, bietet sich dieser Tausch einfach an, bevor ich nächsten Winter wieder alles aufmache.“ Recht hat er, auch wenn sich damit die ungeplanten Zusatzkosten für die winterliche Wellness-Kur meiner Bikes noch einmal in die Höhe schrauben. Aber was soll’s? Zum seinem 10-jährigen Jubiläum als mein Straßenkönig hat sich die Road King das sicherlich verdient - zumal sie ja auch noch ein 20-, 25- oder sogar 30-jähriges Jubiläum unter meinem Allerwertesten erleben soll. Und die Investition ist ja nur vorgezogen. Fällig geworden wäre sie ja ohnehin in naher Zukunft.

April, April, der macht was er will

Das Wetter meint es zum diesjährigen Saisonstart nicht gut mit uns. Im Bike-freien März gab es reichlich Sonnenschein und auch recht warme Tage. Doch damit war genau am 30. Schluss. Pünktlich zum Monatswechsel hinein in den April ist es kalt und regnerisch geworden. Sogar ein bisschen Schnee ist aus den dichten grauen Wolken gerieselt. Daran, die Bikes heute pünktlich zum Gültigkeitstag der Saisonkennzeichen aus der Werkstatt zu holen, brauchen wir also gar keinen Gedanken zu verschwenden. Bei meiner Oldtimer-Harley kommt noch ein anderer Grund hinzu: Bei der Überprüfung der Kupplung hat sich herausgestellt, dass sie komplett getauscht werden muss. Deshalb ist die alte E-Glide nicht wie geplant fertig. Ob das Wetter das gewusst hat und es mir ersparen wollte, heute nicht alle Bikes gleichzeitig pünktlich aus dem Winterschlaf zu wecken?

Nachrichten aus der Werkstatt

Inzwischen ist es März geworden - übrigens mit herrlichem Wetter, das wir leider noch nicht zum Motorradfahren nutzen können. Road King und Sporty haben Zwangspause wegen ihrer Saisonkennzeichen, die Shovel-E-Glide liegt noch zerlegt in der Werkstatt, weil der neue Tank und der neue Heckfender noch beim Lackierer sind - oder besser gesagt: waren. Denn heute kam der Anruf von meinem Lieblings-Harley-Schrauber, dass er die Teile endlich abholen konnte. Und er hat noch mehr gute Nachrichten für mich: Der Lackierer - übrigens dasselbe Genie, das auch schon das Airbrush auf die Sporty meiner Rockerbraut zauberte - habe die Farbtöne der alten Teile perfekt getroffen. Der neue Tank und der neue Heckfender fügten sich nahtlos in das gewohnte Erscheinungsbild des Oldtimers ein. Zwischen den neuen Teilen und dem verbliebenen Frontfender sei absolut kein Unterschied zu erkennen - weder bei den Flächen noch den feinen Linien. Und: Er könne mein Schäufelchen natürlich jetzt auch fertig machen, damit es pünktlich zum Saisonstart startklar ist. Wenn das mal keine guten Nachrichten sind!

Das Shovel-Leg ist fertig

Heute ist unsere dritte Sitzung. Beim vorherigen Termin hatte die alte Shovel auf meinem Bein ihre Schattierungen, ihre Struktur, ihre Tiefe bekommen. Und obwohl mein Tattoo wieder nur in Schwarz und Weiß gehalten ist, wirkt das Bild meines Oldtimerchens so echt, so realistisch, als stünde das Bike tatsächlich vor mir - mit funkelndem Chrom und glänzender Lackierung.

Jetzt bekommt auch die Welt, die die Maschine umgibt, ihr Finish. Auf den kahlen Hängen der Berge wachsen plötzlich dichte Wälder, im See plätschert Wasser und der Steg am Ufer bekommt eine Holzstruktur, als wäre er gerade aus frischen Brettern und Balken zusammengezimmert. Am Himmel lugt die Sonne hinter Wolken hervor, die zwar eine dramatische, aber keineswegs bedrohliche Stimmung erzeugen. Einfach genial. Besser kann man den für mich perfekten Motorradtag nicht als Tattoo unter die Haut stechen.

Shovel-Leg

Da schon die Sporty meiner Rockerbraut und mein Straßenkönig als Tattoos unter meiner Haut verewigt sind, darf meine Shovelhead natürlich nicht fehlen. Deshalb geht es heute, kurz vor Weihnachten, wieder zum Tätowierer meines Vertrauens. Zum Glück ist der Lockdown in Österreich vor einer Woche aufgehoben worden und die Einreise mit Booster-Impfung wieder problemlos möglich - ein kleines Déjà-vu zu unserem Urlaub im Zillertal Ende Mai/Anfang Juni dieses Jahres, den wir ja auch nur antreten konnten, weil kurz zuvor die Grenzen geöffnet und die Rückreiseregeln gelockert wurden. 

Zur Begrüßung im Tattoostudio gibt es erst einmal ein großes Hallo und ein herzliches Willkommen. Denn schließlich haben wir uns fast zwei Jahre nicht gesehen. Corona-bedingt war im letzten Winter ja Tattoo-Pause. Dann geht es aber schnell daran, meine Wünsche und Vorstellungen rüberzubringen. Der Oldtimer soll auf meinen linken Oberschenkel, der Hintergrund soll einen Bergsee zeigen. Was für ein Glück: Die Chemie zwischen meinem Lieblingstätowierer und mir passt immer noch perfekt. Aus meinen kruden Beschreibungen und den mitgebrachten Fotos zaubert er eine Skizze, die die alte Electra Glide auf einen Steg am Weißensee in Kärnten vor das Bergpanorama des Pillersees in Tirol stellt - grandios! Damit verbindet er gleich zwei meiner Lieblingsorte als Szenerie für den großen Auftritt meiner Shovel.

Zwei Stunden später sind die Konturen von Bike, Bergen und See in die Haut gestochen, die eben noch auf dem Tablet als Idee Gestalt angenommen hatten. Schon diese Linien machen Vorfreude auf mehr: auf die Tiefe und die Lebendigkeit, die das Bild mit den kommenden Sitzungen durch die Schattierungen bekommen wird.

Das Winterlager ruft

Freitag, der letzte Arbeitstag unseres Lieblings-Harley-Schraubers im Oktober und damit auch die letzte Gelegenheit, die heiß geliebten Harleys in den Winterschlaf zu schicken. Der wird allerdings für meinen Straßenkönig und die Oldtimer-E-Glide eher unruhig. Während an der Sporty meiner Rockerbraut nur der seit Faak provisorisch mit Kabelbindern befestigte Seitendeckel, die defekten Heizgriffe und die turnusmäßige Wartung auf der Aufgabenliste stehen, müssen an der Road King angesichts ihrer inzwischen erfahrenen Kilometerleistung die Nockenwellenlager vorsichtshalber ausgetauscht werden. Außerdem ist ein neuer Hinterradreifen fällig. Und an meinem Schäufelchen steht natürlich der Austausch der Kupplung an - also zweimal Eingriffe ins Innerste des Maschinenlebens.

Reif auf den morgendlichen Wiesen zeugt noch vom nächtlichen Frost. Die Temperaturen sind inzwischen tatsächlich im Keller. Deshalb verzichtet meine Rockerbraut darauf, ihre Sporty selbst ins Winterlager zu fahren. Sie nimmt lieber hinter dem Lenkrad im beheizten Auto Platz und spielt Chauffeur für den notwendigen Pendelverkehr. Und ich spare bei meinen Fahrten die schattigen Passagen an den Nordflanken der Berge bewusst aus, um hier nicht noch auf rutschige Überraschungen zu stoßen.

Als erstes schnappe ich mir mein Oldtimerchen, weil ich es angesichts der defekten Kupplung lieber früh und entspannt in die Werkstatt bringen möchten als spät und unter Zeitdruck am Abend. Die Fahrt verläuft unspektakulär, den Gasgriff drehe ich mit äußerster Vorsicht und nehme sofort wieder Gas weg, wenn ich auch nur das kleinste Durchrutschen spüre. Das ist alles in allem wenig dynamisch, ärgert an der einen oder anderen Kreuzung auch den hinter mir her fahrenden Verkehr, aber ich komme doch gut ans Ziel. Kurz zuvor noch ordentlich vollgetankt, so kann mein Schäufelchen den Winter gut überstehen.

Denkste! Kaum habe ich die alte E-Glide vor der Werkstatt abgestellt und eine kurze Übergabebesprechung gemacht, schaut mich mein Lieblings-Harley-Schrauber mit einem alles andere als fröhlichen, aber durchaus vielsagenden Blick an und deutet auf den Tank: „Hast Du die Blasen da unter dem Lack schon länger?“, lautet seine Frage. Nö, die sehe ich zum ersten Mal. Hab ich da was beim Tanken versaut? „Ne, viel schlimmer: Dein Tank ist undicht, da kriecht Sprit unter den Lack“, spricht der Meister und verschwindet flugs in seiner Werkstatt, um nach wenigen Augenblicken mit zwei großen Kanistern und einer Handpumpe wieder durch das große Tor zu meinem Oldtimer zu eilen: „Den Tank pumpen wir mal schnell wieder leer, bevor sich noch das edle Nass über den Boden ergießt und Deine frische Tankaktion komplett überflüssig war. Deine beiden anderen Maschinen brauchst Du erst mal nicht volltanken. Das mach´ ich dann mit dem Sprit hier.“ Ich bin erst einmal konsterniert und sprachlos. „Eh, ja, oh, ich hol´ dann erst mal die anderen Bikes. Dann können wir ja weiter reden“, stammele ich, steige zu meiner Rockerbraut ins Auto und berichte ihr während der ersten Heimfahrt die schlechten Nachrichten.

Die Überführungsfahrten der Sporty und der Road King laufen völlig problemlos und unspektulär, auch bei den Übergaben tun sich nicht plötzlich und unerwartet weitere Reparaturen auf. Und so konzentriert sich das abschließende Gespräch zu den winterlichen Arbeiten auf meinen Oldtimer. Da ist auf jeden Fall ein neuer Spritbehälter fällig. Plus Lackierung. Und weil wir gerade dabei sind zu lackieren, beschließen wir auch den durchaus rostbepickelten Heckfender zu erneuern. Das wird wohl ein ordentliches und völlig ungeplantes Loch in unsere Finanzen reißen. Aber darum mache ich mir später sorgen. Jetzt schiebe ich erst einmal ordentlich Frust.

Good bye 2021

Wer hätte das gedacht! Sogar das definitiv letzte Oktoberwochenende, an dem wir unsere Bikes noch einmal vor Ablauf der Saisonkennzeichen bewegen können, verwöhnt uns mit trockenem , sonnigen, aber auch sehr frischem Wetter. Das ist meiner Rockerbraut zu kalt, aber mich können die Temperaturen nicht schrecken. Also schwinge ich mich auf mein Schäufelchen zu einer letzten Oldtimerausfahrt in diesem Jahr. Die muss ich allerdings schon nach wenigen Kilometern abbrechen. Die durchrutschende Kupplung macht das Fahren praktisch unmöglich. Und ich will die alte E-Glide ja auch nicht unnötig quälen. Also kehre ich um, schleiche mit vorsichtig dosiertem Gas nach Hause und steige auf meinen Straßenkönig um. Den treibe ich dann aber umso schwungvoller durch den Rupertiwinkel für eine wundervolle Abschiedsrunde.

Zeitschleife

Der Wetterbericht hatte zwar recht damit, dass nach meiner tollen Sonntagstour am letzten Wochenende das Wetter schlecht würde. Aber das galt zum Glück nur für die Woche, die ich ohnehin im Büro verbringen durfte. Die Oktober-Wochenenden verwöhnen uns dagegen in diesem Jahr mit feinstem Wetter. Und so schwingt sich sogar meine Rockerbraut heute noch einmal in den Sattel ihrer Sporty, um ein bisschen Asphalt unter die Räder zu nehmen und sich frischen Wind um die Nase wehen zu lassen.

Die Route ist schnell gewählt. Nach meinen Schwärmereien vom letzten Sonntag möchte meiner Rockerbraut auch auf diesen Spuren cruisen. In die Berge trauen wir uns nicht mehr. Nachtfrost und weiß bepuderte Gipfel senden eindeutige Signale, dass Motorradfahren dort nicht mehr die optimale Form der Fortbewegung ist. Und obwohl ich diese Runde erst vor einer Woche gefahren bin, habe ich wieder großen Spaß - und freue mich über die Begeisterung meiner Rockerbraut, die ebenfalls sichtlich Freude an dieser Runde und den Aussichten hat.

Letzte Runde?

Für heute hat der Wetterbericht nach Auflösung des morgendlichen Nebels einen kalten, aber sonnigen Oktobertag vorhergesagt - perfekte Voraussetzungen für mich, um eine Herbstrunde zu drehen. Allerdings spannt mich der Nebel ganz schön auf die Folter. Erst gegen 14 Uhr reißt der graue Vorhang auf, der sich über den Chiemgau gelegt hat. Jetzt aber schnell in die Biker-Klamotten und rauf auf meine Road King. Denn bis zum Sonnenuntergang ist angesichts der fortgeschrittenen Jahreszeit nicht mehr allzu lange Zeit!

Weil in den Bergen immer noch trübes Grau an den Hänge und um die Gipfel wabert, schlage ich den altbewährten Weg auf die große Chiemsee-Runde ein, bei der ich den See in größtmöglichen Schleifen umfahre. Ein erstes Highlight meiner heutigen Tour entdecke ich gleich in Siegsdorf. Dort ist der Kreisverkehr kurz vor dem Ortsausgang mit viel Liebe herbstlich dekoriert. Vogelscheuchen, Heumanderl, Kürbisse und ein buntes Herbstblumenmeer geben mir einen farbenfrohen Gruß mit auf den Weg. Der führt mich nach Neukirchen und von dort über das kleine Sträßchen mit der heute leider nicht ganz so tollen Bergsicht nach Surberg. Über Lauter und den Wonneberg rolle ich nach Waging und Taching, dann nach Palling und Trostberg, wo ich Richtung  Altenmarkt einschwenke, aber gleich hinter dem Tunnel nach Seeon abbiege.

Hui, ist das heute frisch! Zum Glück hat mein Straßenkönig Heizgriffe, die ich jetzt tatsächlich auch mal einschalte. Und ich beschließe, doch nicht die ganz große Schleife zu ziehen. Stattdessen fahre ich an den Chiemsee nach Seebruck und folge der Uferstraße über Gstadt, Breitbrunn und Rimsting nach Prien - wo mich allerdings noch einmal der Hafer sticht und ich vom direkten Weg nach Hause abzweige. Gleich am Kreisverkehr nach der Ortseinfahrt zweige ich rechts ab hinauf in Richtung Wildenwart. Dort fahre ich das kleine, verwunschene Sträßchen am Schloß vorbei hinunter bis Vachendorf und weiter durch Schörging, bis ich auf die Landstraße nach Hittenkirchen stoße und links einschwenke.

Obwohl ich diese Strecke schon ein Dutzend Mal und öfter gefahren bin, hat der jetzt folgende Straßenabschnitt absolut nichts von seinem Wow-Effekt verloren. Die Straße führt mit leichter Steigung durch eine wenig aufregende, leicht hügelige Landschaft mit Wiesen, ein paar Bäumen oder kleinen Waldstückchen. Sie ist auch nicht besonders spektakulär in Sachen Kurven und Straßenführung. So eingelullt, tuckert der tiefenentspannte Harley-Fahrer dem Scheitelpunkt der Steigung entgegen - und wird dort mit einem schlagartigen Panoramenwechsel aus seinem Flow herausgerissen.

Vor mir breitet sich nämlich von einer auf die andere Sekunde der Chiemsee aus, dahinter nichts als Fernsicht bis weit über das gegenüberliegende Ufer hinaus. Dieser Anblick steht der Aussicht auf Kufstein und ins Inntal, die ich vor wenigen Tagen noch genießen durfte, in überhaupt nichts nach und rangiert unter den Top-Panoramen meiner Haustouren ebenfalls ganz weit oben. Und es gibt noch eine Gemeinsamkeit der beiden Strecken: Auch hier folgt auf den Wahnsinnsausblick noch einmal ein durchaus spaßiges Kurvengeschlängel hinab ins Tal, hier leider nicht ganz so lang und reich an Kehren wie beim österreichischen Pendant.

Jetzt aber zügig nach Hause. Es ist schon verdammt frisch, die wärmende Sonne ist verschwunden. Ob das die letzte Runde für dieses Jahr war? Der Wetterbericht sagt für die nächsten Tage zumindest kein Bikerwetter vorher.

Vertauschte Rollen

Nach einem Besuch mit ihrer Sporty bei unserem Lieblings-Harley-Schrauber schon vor einiger Zeit hatte meine Rockerbraut noch eine kleine Runde durch das Inntal gedreht, die sie mir schon lange zeigen möchte. Na, dann machen wir uns heute doch einfach mal auf den Weg! Und das unter umgekehrten Vorzeichen: Meine Rockerbraut donnert ausnahmsweise mal voraus, ich knattere heute auf meiner alten E-Glide hinterher - eine Konstellation, in der wir doch eher selten unterwegs sind. Schließlich bevorzugt es meine Rockerbraut, entspannt hinter mir herzuzuckeln und sich lieber die Gegend anzuschauen, als auf die Fahrtstrecke achten zu müssen. Und ich muss gestehen: Ich kann sie schon nach den ersten Kilometern sehr gut verstehen!

Zuerst rollen wir um den Chiemsee, dann rauf auf den Samerberg und wieder hinunter ins Inntal. Wo ich aber nach der Abfahrt vom Samerberg immer nach rechts abbiege, schwenkt meine Rockerbraut nach links ab und nimmt Kurs auf Erl in Tirol. Tatsächlich ist das ein wundervolles Sträßchen, das ich bisher immer ignoriert habe und auf dem ich meiner Rockerbraut jetzt nur zu gerne folge. Hinzu kommt heute eine hohe Dichte an Oldtimern auf der Straße. Irgendwo scheint hier ein Treffen oder zumindest eine Tagesausfahrt stattzufinden - eine Sache, die mich für mein Schäufelchen auch noch interessieren würde. Aber darum werde ich wohl erst im nächsten Jahr kümmern.

Vorbei am Festspielhaus in Erl geht es nach Niederndorf und dann mit ordentlich Schwung über eine unserer Lieblingsstrecken von Sebi hinauf nach Sachrang, weiter nach Aschau und dann nach Hause. Was für eine tolle Runde! Und was für ein Spaß, mit meinem Oldtimer hinter meiner Rockerbraut auf ihrer Sporty herzufahren. Da muss ich in der Tat manchmal ordentlich Gas geben, um den Anschluss nicht zu verlieren. Und manchmal auch ganz schön Abstand halten, damit ich genügend Bremsweg habe.

Rappelkiste

Meine Rockerbraut fühlt sich heute ein wenig schlapp und hat keine Lust selbst zu fahren. Also bleibt ihre Sporty in der Garage. Dafür darf sich der Soziusplatz meines Straßenkönigs über einen Fahrgast freuen. Als Ziel haben wir den Pillersee auserkoren. Aber schon in Reit im Winkl fordert meine Beifahrerin vehement eine Pause ein. Ihre Füße und Beine sind eingeschlafen, sie beklagt sich über massive Vibrationen in den Trittbrettern. Was ist denn da los? Ist die Dame nichts Gutes wie meinen Straßenkönig mehr gewöhnt?

Natürlich ist es auf meinem Sozius nicht so bequem wie auf der eigenen Sporty. Aber gleich so schlimm? Oder ist das jetzt die objektive Bestätigung meines schon länger sehr subjektiv empfundenen Gefühls, dass die Road King durchaus recht ruppig unterwegs ist was Vibrationen angeht? Nun, Merkmal unserer heutigen Pillersee-Runde bleiben zahllose Stopps zur Erweckung der Rockerbraut-Extremitäten. Etwa alle halbe Stunde müssen wir anhalten, damit meine Rockerbraut ihre Füße und Beine bewegen und beleben kann. Bleibt zu hoffen, dass diese starken Vibrationen, die es laut Aussage meiner Rockerbraut früher nicht gab, keine schlimmere Ursache haben. Aber das wir unser Lieblings-Harley-Schrauber im Winter klären. Denn in einem Monat heißt es schließlich schon wieder: Winterruhe! 

Immer der Nase nach

Nach der gestrigen Bergtour starte ich heute mit meinem Straßenkönig noch eine Runde Richtung Norden in die flacheren Gefilde des Chiemgaus und des Inntals. Ohne wirkliches Ziel vor Augen rolle ich einfach erst einmal vorbei am östlichen Chiemseeufer und dann nach Truchtlaching, weiter über Seeon bis zur B304, deren neuem Verlauf ich ein Stückweit bis zum Kreisverkehr vor Obing folge.

Weil Bundesstraßen meistens nicht wirklich für Spaß sorgen, folge ich dort dem Abzweig Richtung Golfplatz und schlage mich über kleinere Sträßchen durch bis nach Mühldorf am Inn, dem nördlichsten Punkt meiner heutigen Tour, die ich über weite Strecken auf völlig leeren Wegen genießen kann. Dann versuche ich, dem Inn wieder in Richtung Süden zu folgen und tuckere unter anderem durch Kraiburg am Inn, Gars am Inn und Soyen, bis mich die immer dunkleren Wolken am Himmel mahnen, meine Fahr-ich-hierhin-fahr-ich-dorthin-Tour aufzugeben und lieber auf direktem Wege das trockene Zuhause anzusteuern. Macht aber nichts. Denn auch der direkte Weg nach Hause über Wasserburg, Bad Endorf und Prien hat durchaus seine Reize!

Gegen die Uhr

Die Strecke über Kössen, den Walchsee, Sebi, Sachrang und Aschau zurück nach Hause ist eines meiner Lieblings-Feierabend-Ruckzuck-Entspannungsründchen. Und weil meine Shovelhead während unseres Bike Week-Aufenthalts einsam und allein in der Garage ausharren musste, hat sie sich heute endlich wieder eine Ausfahrt verdient. Allerdings ist mir die Schnellentschleunigerrunde für heute zu kurz, da muss noch eine Extraschleife dazu. Deshalb beschließe ich, die Route einfach umzukehren und gegen den Uhrzeigersinn zu fahren. Dadurch kann ich nämlich von Kössen aus noch über Reit im Winkl und dann vorbei am Weitsee nach Ruhpolding und Inzell fahren.

Geplant, getan: Bei herrlichem Wetter starte ich am frühen Nachmittag und genieße jeden Kilometer meiner Fahrt. Zügig geht es unterhalb des Hochfelln und des Hochgern entlang nach Grassau, dann umrunde ich die Kampenwand über Rottau, Bernau und Aschau, bevor es irgendwann schwungvoll hinauf nach Sachrang geht. Den nächsten Abschnitt nach der österreichischen Grenze genieße ich total entspannt, bevor es mich - wie eigentlich jedes Mal an dieser Stelle - am Aussichtspunkt auf Kufstein schier aus dem Sattel haut.

Was für ein Panorama! Das Städtchen, die Burg, der Inn, der Blick hinein ins Tal, die umliegenden Berge vom Wilden Kaiser bis hinüber zum Pendling - von hier aus gibt es für mich einen der schönsten Ausblicke meiner Hausstrecken. Entsprechend langsam tuckere ich mit meinem Oldtimer weiter. Das gibt mir nicht nur Zeit, die Landschaft zu genießen, sondern kommt in den folgenden Bergabpassagen auch der Bremswirkung meiner Trommelbremsen entgegen. Die eignen sich nämlich nicht für spätes Anbremsen vor Kurven im Gefälle, sondern eher für vorausschauendes Anrollen, damit am Bremspunkt moderner Bikes das gewünschte Kurvendurchfahrttempo schon erreicht ist. Nichtsdestotrotz: Die Abfahrt nach Sebi ist ein wahres Kurvenvergnügen mit meinem Schäufelchen, denn dessen Straßenlage und Agilität in Kehren verhält sich ziemlich genau entgegengesetzt zu seiner Bremsleistung.

Nach der Fahrt vorbei am Walchsee nach Kössen erwartet mein Schäufelchen und mich dann der nächste kleine Kurvenspaß: das kurze Geschlängel hinüber nach Reit im Winkl - was für ein Vergnügen! Und dann folgt wieder ein Relax-Abschnitt: Die Strecke durch das Drei-Seen-Gebiet ist fahrerisch wenig anspruchsvoll, begeistert dafür aber mit einer wundervollen Landschaft und wird mit einem feinen Kuchen im Alm-Gasthaus am Ruhpoldinger Biathlon-Stadion gekrönt.

Hier ist dann auch der Zeitpunkt gekommen, den mitgeführten Pullover überzuziehen. Denn inzwischen wird es nicht nur in den schattigen Passagen ganz schön frisch. Auch die bereits sinkende Septembersonne verliert mit fortschreitender Uhr spürbar an Kraft und schenkt kaum noch Wärme. Das kann mich aber natürlich nicht schrecken. Mit der zusätzlichen Stoffschicht unter der Lederjacke geht es vor Ruhpolding noch hinüber nach Inzell, bevor ich endgültig den Heimweg antrete und die gute, alte E-Glide in die Garage stelle.

Besser geht nicht

Auch der Abreisetag unserer diesjährigen Bike Week verwöhnt uns mit perfektem Wetter. Das macht uns den Abschied vom Faaker See nicht gerade leicht - genauso wenig wie die herzliche Verabschiedung durch unsere lieben Wirtsleute und das Verstauen unseres Gepäcks. Denn wir haben offensichtlich zu viel geshoppt.

Nach dem Frühstück schleppen wir erst einmal unsere deutlich mehr als sieben Sachen zu den Bikes. Eine ziemlich schweißtreibende Angelegenheit, die beim Beladen der Harleys nicht besser wird. Immerhin, die Sporty meiner Rockerbraut ist schnell bepackt: Gepäckträger samt vorbefülltem Beauty-Case aufgesteckt - fertig. Auch bei meinem Straßenkönig geht es zunächst gut los: Packsack in die Gepäckrolle, dazu noch ein bisschen Kleinkram - das wäre erledigt. Der Plan, die alte, mittelgroße und gepackte Sissybar-Tasche in die neue, supergroße leere Sissybar-Tasche zu stecken, noch ein bisschen Zeug drum herum zu stopfen und dieses Arrangement mit der neuen Packrolle zu krönen, schlägt allerdings grandios fehl. Die Beladeöffnung der neuen Tasche ist zu klein, um die alte Tasche hindurch zu stecken. Also kommt die alte Tasche wie schon auf der Hinfahrt auf den Soziussitz.

Aber wie dann die neuen Taschen und das überschüssige Gepäck verstauen? Stapeln ist angesagt! Eine kleinere Tasche bekommt meine Rockerbraut noch on top auf ihr Beauty-Case geschnallt. Den Rest drapiere ich kunstvoll bis in luftige Höhen auf meinem Straßenkönig. Nach diesem Turmbau auf einem Fundament aus Soziussitz, Sissybar und Lederpackrolle auf dem Gepäckträger meiner Road King könnte ich noch eine Dusche brauchen. Aber dazu bräuchte ich ja wieder Sachen aus dem Gepäck. Also lassen wir das lieber. Immerhin: Eine ordentliche Hand kaltes, erfrischendes Wasser kann ich mir noch einmal in der ansonsten schon geräumten Ferienwohnung gönnen.

Dann starten wir Richtung Heimat. Auch wenn es der Gepäckturm auf meinem Straßenkönig auf den ersten Blick nicht erwarten lässt, verschafft mir das Konstrukt eine durchaus komfortable Sitzposition. Zur Sissybar-Tasche als wohlbekannter Rückenlehne gesellen sich die weiteren Gepäckstücke als Schulter- und Kopfstützen, sodass ich ein kleines bisschen wie in Opas Ohrensessel auf meinem Straßenkönig throne.

Weil die Anfahrt über den Weißensee und durch das Gailtal so wundervoll waren, beschließen wir, auch heute für die Rückfahrt diese Route zumindest in groben Zügen in umgekehrter Reihenfolge wieder einzuschlagen. Allerdings fahren wir nicht über Bad Bleiberg. Stattdessen geht es zum Abschied erst noch einmal zumindest halb um den Faaker See und über Finkenstein und Arnoldstein ins Gailtal. Eine gute und sehr richtige Entscheidung. Denn fast auf der ganzen Strecke begleitet uns eine durchaus ansehnliche Gruppe Harley-Fahrer aus der Schweiz, sodass sich fast ein bisschen Paradenfeeling einstellt. Erst als wir auf einem Parkplatz an der Weißensee Straße eine kleine Pause einlegen, rollt der Tross mit viel Gewinke und Gehupe zum Abschied an uns vorbei. Gute Fahrt und ein herzliches Grüezi, liebe Eidgenossen!

Weiter geht es die steile, kurvenspaßige Abfahrt hinunter nach Greifenburg und dann über die Bundesstraße nach Lienz. Ein Schlagloch wie auf der Anreise und ein daraus resultierender Schaden bleibt uns heute bei der Stadtdurchfahrt erspart. Das und der überaus übersichtliche Verkehr geben mir die Zeit, der Stadt ein bisschen Aufmerksamkeit zu widmen. Die fesselt alsbald eine Hendlbraterei an der Durchgangsstraße. Dieses Schnellrestaurant muss eine wahre Goldgrube für seine Besitzer sein, dann am Straßenverkauf wartet eine lange Schlange hungriger Mäuler auf das goldbraun gegrillte Geflügel. Das war mir tatsächlich auch schon bei meiner Großglockner-Tour Anfang Juni aufgefallen - oder besser: in die Nase gestiegen. Denn der Hähnchen-Grill-Duft begrüßt den heranfahrenden Biker schon weit vor dem Laden und begleitet ihn dann noch ein beträchtliches Stück bei der Fahrt durch die Osttiroler Metropole. Und er sorgt für: Hunger!

Diesem leeren Gefühl im Bauch muss ich nach einigen Kilometern Tribut zollen. Deshalb kehren wir hinter Matrei noch vor der Tunneldurchfahrt in einem Rasthaus an der Felbertauernstraße ein. An unserem Sitzplatz auf der Terrasse können wir uns nicht entscheiden, was wir gerade mehr genießen: die Aussicht das Iseltal hinunter oder das leckere Essen. Die für meine Rockerbraut so typische Portion Pommes ist qualitativ und quantitativ sehr ordentlich, meine zweierlei Tiroler Klöße sind eine Wucht und genau die richtige Stärkung für den weiteren Weg.

Als wir das Rasthaus verlassen und zu unseren Harleys marschieren, treffen wir auf ein älteres Pärchen, das vor meiner Road King steht und sich ganz offensichtlich über deren Beladung wundert. Als die beiden uns näher kommen sehen, sprechen sie uns auch sofort an. Wie ich denn da noch aufsteigen könne? Und wie ich mit dem so bepackten Bike überhaupt fahren könne? Nun, das Aufsteigen demonstriere ich schwungvoll durch einen mit langgestrecktem Bein eingesprungenen Ausfallschritt, durch den ich mich auf den Police Seat schwinge. Dann wuchte ich die Fuhre in die Senkrechte, klappe den Seitenständer ein, rolle vorsichtig ein Stückchen zurück aus unserer Parkposition, starte den V2 und fahre mit einem coolen Winken davon. Meine Rockerbraut folgt mir auf den Fersen und kriegt sich ein paar Minuten später an der Mautstation für den Felbertauerntunnel vor Lachen immer noch nicht ein.

Während wir in der kleinen Schlange vor dem Zahlhäuschen darauf warten, an der Reihe zu sein, erzählt sie mir von den Gründen für ihre großen Heiterkeit: von den verblüfften Blicken der beiden Herrschaften, als ich auf meinen Straßenkönig gehüpft bin; vom sorgenvollen Mienenspiel, als ich angefangen habe zu rangieren; vom erschrockenen Zurückweichen, als ich praktisch unmittelbar vor ihnen meinen TwinCam-Motor zum Leben erweckt habe; vom Erstaunen in den Gesichtern, als meine Rockerbraut ihre Sporty gestartet hat und deren Aggregat um einige Dezibel lauter und herzlicher als mein Straßenkönig losbollerte; und vom zögerlich-ängstlich-faszinierten Winken, mit dem unsere Abschiedsgrüße erwidert wurden.

Die Tunneldurchfahrt verläuft unspektakulär, auch die Abfahrt ins Salzachtal auf der wundervoll ausgebauten Felbertauernstraße können wir entspannt genießen. In Mittersill legen wir dann noch einen Tankstopp ein, bevor wir über den Pass Thurn hinauf nach Kitzbühel und weiter über St. Johann in Tirol und Kössen nach Hause in den Chiemgau fahren. Was für eine Wahnsinnswoche liegt hinter uns! Wetter, Touren, Leute und auch das - ja, okay, reduzierte, aber für uns völlig ausreichende - Programm waren einfach nur perfekt. Und was könnte für so eine Woche den würdigen Schlusspunkt setzen? Ein Biker-Steak im Motorradhotel auf dem Samerberg. Hmmmm, lecker!

Ein Meerauge in den Bergen

Unser letzter Tag am Faaker See in dieser herrlichen Woche voller Sonnenschein und geiler Touren, die - ja, es ist eine abgegriffene Phrase, aber sie muss trotzdem sein - nie zu Ende gehen dürfte. Aber das wird sie natürlich unweigerlich. Morgen ist definitiv und unverrückbar unser Abreisetag aus Kärnten. So ist dieser letzte Urlaubstag ein sehr zwiespältiger Tag voller Gegensätze. Zum einen möchten wir heute unbedingt noch eine würdige, nicht zu lange Abschlusstour fahren, noch ein wenig Bike Week-Feeling tanken und den Abend zünftig ausklingen lassen. Zum anderen müssen wir unsere sieben Sachen sowie die Einkäufe in unsere Taschen oder Koffer packen und die Ferienwohnung aufräumen. 

Beim Frühstück überlegen wir also, wohin wir unsere Harleys heute noch lenken könnten, ohne gleich eine Mammuttour unter die Pneus zu nehmen. Uns fällt die nette Begegnung mit den Wohnmobilreisenden vom Goldeck in dieser Woche ein und deren Tipp: das Meerauge im Bodental. Das Navi gibt schnell grünes Licht, selbst über kurvenreiche Strecken und die dazugehörigen Zusatzschleifen sind es nicht einmal 50 km bis dorthin. Der Ausflug ist also locker an einem halben Tag zu machen. Dann bleibt mehr als genug Zeit für die Pflichtaufgaben und das Urlaubswoche-Abschlussessen.

Im vollsten Vertrauen auf die Routenplanungssoftware des Navis starten wir also zu diesem sagenumwobenen Ort irgendwo kurz vor der slowenischen Grenze. Denn so wirklich wissen wir nicht, wo genau es hingeht und was uns an diesem Meerauge erwartet. Erst einmal führt uns das Navi Richtung Rosegg, also auf wohlbekannten Pfaden, bis es uns kurz vor Velden rechts ab nach St. Egyden lotst. Oberhalb der Drau fahren wir durch das wundervolle Rosental und müssen an einem Parkplatz einfach anhalten, um ein paar Fotos von dieser phantastischen Aussicht zu aufzunehmen.

Irgendwann stoßen wir auf die Bundesstraße von Klagenfurt nach Slowenien, auf die wir Richtung Süden einbiegen, um die Drau zu überqueren und an Ferlach vorbei in Richtung Loiblpass zu fahren. Plötzlich und völlig unerwartet ganz kurz hinter einer der tollen Kurven auf der Strecke führt uns der Weg rechts ab auf eine kleine Landstraße nach Windisch Bleiberg. Wir folgen einem Sträßchen, dass mit jedem Kilometer schmaler zu werden scheint, bis wir vor einem großen Gasthaus stehen, an dem weder das Navi weiter zu wissen scheint, noch die Beschilderung uns den rechten Weg weisen will. Egal, dann kehren wir hier erst einmal im einladenden Biergarten ein, stärken uns und können dann ja auch nach dem weiteren Weg zum Meerauge fragen.

Da wir eigentlich erst vor Kurzem gefrühstückt haben und auch noch gar nicht so lange unterwegs sind, bestellen wir nur eine Kleinigkeit: eine Portion Pommes für meine Rockerbraut und eine kleine Portion Kaiserschmarrn für mich. Aber irgendwie habe die Kärntner in dieser Woche völlig andere Vorstellung von kleinen und großen Portionen als wir. Die Pommes meiner Rockerbraut liegen nicht auf einem Teller, sondern eigentlich auf einer Platte. Und sie liegen auch nicht einfach nur darauf. Nein, sie türmen sich als riesiger Berg von Plattenrand zu Plattenrand. Familienportion würde diese Ladung frittierter Kartoffelstäbchen andernorts wohl heißen. Und dann meine ausdrücklich als klein bestellte Portion Kaiserschmarrn. Nun, der zerrupfte Teig füllt eine ganze gusseiserne Pfanne, die auf einem Holzbrett ruht, das auch den Namen Baumscheibe tragen könnte, und würde locker zwei Personen satt machen. Zu allem Überfluss: Sowohl die Pommes als auch der Kaiserschmarrn sind perfekt zubereitet. Ein wahrer Genuss, den offensichtlich ein Koch zubereitet hat, der selbst Standardgerichten sehr viel Liebe widmet, damit seine Gäste nicht nur satt, sondern auch glücklich und zufrieden das Restaurant verlassen. Und erst die Rechnung: Die für Essen und Getränke aufgerufene Zeche ist angesichts der Portionen ein Witz.

Natürlich gibt es von der freundlichen Bedienung auch noch die Beschreibung für unseren weiteren Weg. Tatsächlich müssen wir nur dem winzigen Sträßchen folgen, das vor dem Gasthof vorbei führt und das wir für eine reine Anliegerstraße zu den in der Ferne sichtbaren Häusern gehalten hatten. So tuckern wir also vollgefuttert, satt und glücklich weiter, bis tatsächlich schon nach ein paar hundert Metern ein kleiner Parkplatz mit einem großen Hinweisschild Meerauge auftaucht. Sporty und Road King nehmen hier in der ersten Reihe Platz, wir verstauen alle Klamotten, bis wir einigermaßen wandertauglich entkleidet sind, und schreiten durch das Tor zum Meerauge in die so wärmstens empfohlene Zauberwelt hinein.

Über einen Holzbohlenweg spazieren wir zu dem sagenumwobenen Wasserloch und sind auf dem Hinweg schon begeistert von den Aussichten auf die umliegende Bergwelt und in das Bodental hinein. Und dann erst das Meerauge selbst, das wir nach wenigen, sehr bikerfreundlichen Metern erreichen: Es hat in der Tat etwas Magisches. Aus jeder Perspektive eröffnen sich neue Eindrücke, ein Schritt nach links oder rechts verändert alles von der Farbe des Wassers bis hin zu den Einblicken in die wirre Welt der wie von einem Mikado spielenden Riesen hinein geworfenen Baumstämme und Äste. Und so halten wir tatsächlich alle paar Schritten beim Rundgang um das Meerauge inne, schauen in das klare Wasser hinab und auf die umliegende Landschaft dahinter, versinken in Tagträumereien oder Suchen nach Namen für die ständig aufs Neue irgendwo zwischen Grün und Blau changierenden Farben.

Außerdem fragen wir uns immer wieder, ob das hier nicht doch der Zugang zu einer anderen Welt ist. Es muss ja nicht gleich ein mystisches Reich sein. Aber vielleicht verbirgt sich dahinter ein unterirdisches Höhlenlabyrinth, wie wir es vom Blautopf auf der Schwäbischen Alb her kennen. Dieses Meerauge jedenfalls erinnert uns sehr an das Wasserloch nahe Ulm. Allerdings, das erklären zahlreiche Infotafeln rund um die Wasserstelle, hat das Meerauge einen ganz anderen Ursprung, es ist eine Senke, die während der Eiszeit entstand und durch Grundwasser gespeist wird. Immerhin: Die ebenfalls auf Infotafeln beschriebene, sich um das Meerauge rankende Sage passt zu unserer Idee. Demnach verschwand hier einst ein Ochsenkarren samt Zugtieren und Ladung, dessen Joch dann Wochen später im Bleder See - also auf der anderen Seite der Karawanken in Slowenien - wieder auftauchte. Das spräche doch unweigerlich für ein unterirdisches Höhlensystem, oder?

Dafür, dass das Meerauge eigentlich recht klein und der Weg vom Parkplatz zum Wasser recht kurz ist, halten wir uns an diesem verwunschenen Ort doch sehr lange auf. Irgendwann spazieren wir aber doch wieder zurück zu den Harleys, schwingen uns in die Sättel und treten den Heimweg an den Faaker See an. Erst einmal geht es auf derselben Strecke wie auf dem Hinweg zurück nach Ferlach, wo wir jetzt aber diesseits der Drau und damit an deren Südufer über Feistritz im Rosental und Maria Elend bis nach Finkenstein fahren, um dem stählernen Harley-Fahrer-Pärchen noch Good-bye zu sagen, bevor es zum Kofferpacken in die Ferienwohnung geht.

Unsere Klamotten sind so schnell verpackt, dass bis zu unserem geplanten Abendessen reichlich Zeit bleibt. Was machen? Meine Rockerbraut möchte sich für ein Nickerchen hinlegen, mich zieht es dagegen noch einmal nach Faak und Arneitz ins samstägliche Festivalleben. Und so kuschelt sich meine Frau ins Bettchen und ich nehme den Bus, der in diesem Jahr auch im Uhrzeigersinn und damit entgegen der üblichen Bike Week-Fahrtrichtung um den See nach Arneitz fährt. Hier ist tatsächlich fast so viel los wie in früheren Jahren. Menschenmassen stehen entlang der Straße, auf der sich Motorräder stauen, beim Arneitz wartet eine lange Schlange an den Corona-Kontrollen auf den Einlass, auf dem Parkplatz müssen Biker tatsächlich nach einem Stellplatz für ihre Maschine suchen und können ihre Harley nicht gleich nach der Einfahrt an einer freien Stelle parken. So muss das sein. Sein muss auch ein bisschen Bewegung für mich. Deshalb wandere ich von Arneitz nach Faak und wieder zurück, genieße das Dröhnen und Bollern der vorbeirollenden Motorräder, beobachte die mir entgegenkommenden oder an mir vorbeigehenden Menschen und betrachte ein paar Minuten mit reichlich Wehmut die leeren Wiesen in Faak, die in vergangenen Jahren mit Verkaufszelten und Menschen belebt waren.

Zurück in Drobollach müssen meine Rockerbraut und ich dieser wundervollen Bike Week natürlich noch einen würdigen Abschluss bescheren. Und wo könnte das besser geschehen als in unserem Lieblingsrestaurant, in dem wir ja auch schon in diese Wahnsinnswoche gestartet sind? So kehren wir hier noch einmal ein, sitzen an einem Tisch ganz vorne auf der Terrasse mit Blick auf die vorbeifahrenden Motorräder und genießen ein köstliches Abschlussmahl zur Abrundung eines makellosen Urlaubs. Und irgendwann geht es dann zurück in unsere Ferienwohnung für die letzte Nacht am Faaker See in diesem Jahr.

Nockalm und Hochrindl

Von unserer Österreichrunde über den Großglockner vor zwei Jahren und meiner Glocknerfahrt in diesem Jahr haben wir die Nockalm-Maut der Kombi-Tickets übrig. Was läge also näher, als sie in diesem Jahr einzulösen - wenn die alte Karte überhaupt noch gültig ist. Nockalmstraße geht schließlich immer. Und erst recht bei dem sensationellen Wetter dieses Jahres.

Damit wir auf der Hinfahrt nicht schon zu viel Zeit verlieren, gehen wir die Tour zügig über die Bundesstraße vorbei an Treffen und Afritz zum Millstätter See an. Hier halten wir irgendwo am Nordufer auf einem kleinen Parkplatz an, um eine kurze Pause einzulegen und die tolle Aussicht über den See zu genießen. Während wir so über den See schauen, tauchen plötzlich unter großem Geblubber und Geplansche zwei Taucher vor uns aus dem Gewässer auf und klettern an Land. Da müssen wir doch gleich mal nachfragen, was die beiden da treiben. Es sind tatsächlich Hobbytaucher, die hier ihr Revier haben und uns von den faszinierenden Unterwasserwelten des Millstätter Sees erzählen. „Im Prinzip geht es hier unter Wasser genauso weiter wie darüber: steile, felsige Hänge, an denen überall alte Baumstämme und Äste hängen, dazwischen eine spannende Unterwasserflora und -fauna“, klärt uns einer der Taucher auf. „Natürlich sind das nicht die Malediven, aber zum Tauchen absolut anspruchsvoll und abwechslungsreich.“

Nach diesem interessanten Stopp mit einer völlig überraschenden und lehrreichen Begegnung fahren wir weiter am Millstätter See entlang und zweigen an seinem westlichen Ende in Seeboden ab hinauf in die Berge. Wir möchten nämlich nicht der vielbefahrenen Katschbergstraße folgen, sondern lieber parallel dazu auf dem kleinen Nebensträßchen fahren. Auf halber Höhe legen wir aber erst einmal einen Fotostopp ein, um ein paar Aufnahmen von Burg Sommeregg zu machen, die am Wegesrand thront. Dann geht es auch schon weiter nach Treffling und über das schmale Sträßchen am Hang mit den tollen Aussichten auf die umliegende Bergwelt weiter nach nach Gmünd in Kärnten.

In Gmünd fahren wir in den herrlichen Ortskern hinein und legen in einem der Straßencafés eine Erfrischungspause ein. Lange stoppen wir hier aber nicht, die Nockalmstraße zieht uns magisch an. So geht es mangels Alternativen nun doch zügig über die Katschberg-Bundesstraße weiter nach Kremsbrücke, wo wir den Abzweig nach Innerkrems und zum nördlichen Einstieg in die Mautstraße nehmen. Zu unserer großen Freude bestätigt uns die nette Dame an der Zahlstelle, dass unsere Tickets tatsächlich noch gültig sind, und so starten wir beschwingt die Auffahrt zur Eisentalhöhe. Auf dem gut mit Bikes gefüllten Parkplatz stellen wir unsere Harleys gleich gegenüber dem Murmeltier ab. Hier muss ich im Bauernladen unbedingt wieder die leckere Nockfleischwurst als Mitbringsel für daheim kaufen. Aber nicht nur zum Mitnehmen shoppe ich in dem kleinen Laden. Auch für jetzt gleich muss eine deftige Stärkung her. Und so gibt’s für mich eine vorzüglich und überaus reichliche Brettljause. Für meine Rockerbraut - nun, das muss ich länger ausführen, weshalb ich hier auch tatsächlich entgegen der guten Sitten mich selbst zuerst genannt habe.

Die Wahl meiner Rockerbraut ist auf eine frisch geräucherte Forelle gefallen. Die wird auf einer der Tafeln an der Hütte angepriesen und wäre gerade so recht nach ihrem Geschmack. Als ich sie bei der netten Verkäuferin in der Hütte bestelle, wird die regelrecht verlegen: „Eine Forelle? Ja, ich hätte da noch eine, die allerletzte, aber die ist sehr klein, also - das ist gar keine ganze Forelle, die kann ich Ihnen eigentlich gar nicht verkaufen.“ Auf meine Einwände, dass die kleine Forelle als Zwischenmahlzeit perfekt passen würde, mag sie zunächst nicht recht eingehen. Aber dann ringt sie sich dazu durch, mir das Schmankerl doch zu überlassen - zum halben Preis.

Bis dato habe ich das Tier noch gar nicht zu Gesicht bekommen, die Verkäuferin hielt es hinter ihrer Theke wohl verborgen. Als sie mir die Forelle jetzt auf einem Holzbrett herüberreicht, muss ich mir das Lachen mit aller Macht verkneifen. Die Forelle hängt mit Kopf und Schwanzflosse über ihre Unterlage hinaus. Im Supermarkt würde dieses Mordsviech wahrscheinlich in zwei Portionen als Filet von zwei Tieren verkauft. Entsprechend ist auch die Reaktion meiner Rockerbraut, als ich die Forelle vor ihr auf dem Holztisch in der Sonne hinter der Eisentalhütte abstelle. „Wer soll das denn alles essen? Ist das eine Forelle oder ein kleiner Walfisch?“, sprudelt es aus ihr heraus. Und in der Tat hat sie ordentlich zu kämpfen, um das zu allem Überfluss auch noch vorzügliche Fischlein zu verputzen. Und schüttelt bei jedem Bissen den Kopf mehr über meinen Bericht über den schwierigen Einkauf. Bleibt für uns beide nur die Frage, wie die normalen Forellen hier auf der Hütte aussehen, wenn dieses Exemplar sehr klein ist?

Gut gestärkt und wohl gerüstet machen wir uns auf die weitere Fahrt über die Nockberge. Es ist die reinste Freude. Jede einzelne Kehre macht Spaß ohne Ende bei diesem herrlichen Wetter und dem wenigen Verkehr, der zu unserer großen Überraschung und Freude herrscht. Und so schwingen wir uns auf unseren Moppeds bestens gelaunt hinunter bis nach Ebene Reichenau. Beim dortigen Tankstopp beschließen wir, auch noch über die Hochrindl zu fahren. Eine gute Entscheidung! Ein paar Meter weiter im Ort nehmen wir das kleine Sträßchen hinauf auf die Passhöhe und haben das Gefühl, allein auf der Welt zu sein. Keine Autos, keine Biker, keine Radler - nichts und niemand begegnet uns während der Fahrt hinauf auf die Passhöhe.

Kurz vor dem Berggasthof legen wir noch einen kleinen Fotostopp ein, dann geht es auch schon weiter hinüber nach Deutsch Griffen und auf die wohlbekannte Bundesstraße im Gurktal, der wir, wie schon so oft bei unseren Bike Week-Anreisen und -Aufenthalten, nach Feldkirchen folgen. Weil uns diese Strecke so sehr an den misslungenen Dienstagabend erinnert, beschließen wir, dem Projekt Steakessen in Treffen und anschließendem Besuch der Draupuls-Wassershow noch eine zweite Chance zu geben. Schließlich ist heute Freitag, das Lokal sollte also geöffnet haben und das Event stattfinden.

Beim Steakessen werden wir nicht nur mit einem perfekt gebratenen Stück Fleisch und leckeren Beilagen verwöhnt. Es gibt auch noch einen Sonnenuntergang wie aus dem Bilderbuch, der mich mehrmals vom Stuhl reißt und zum Fotografieren auf die naheliegende Wiese treibt. Mit hereinbrechender Dunkelheit machen wir uns dann auf den Weg nach Villach. Unsere Maschinen stellen wir wieder mitten in Villach auf demselben Bike-Parkplatz wie am Dienstag ab, der dieses Mal allerdings wesentlich besser besetzt ist. Und der Ort am Drau-Ufer, wo die Wasserspiele gleich stattfinden werden, ist angesichts der sich schon versammelnden Zuschauer auch sofort zu erkennen.

Was dann folgt, fesselt und begeistert uns mit einer fantastischen Mischung aus Sound, Licht und Effekten. Erst einmal unterhalten uns die Macher des Draupuls mit der Rock-it-Show. Zu allem, was des Bikers Herz in Sachen Musik höher schlagen lässt, werden Video-Clips von Bike Weeks der vergangenen Jahre - z. B. von der Parade, Impressionen aus dem Harley Village oder von den geführten Touren durch Kärnten - und Licht-Laser-Shows auf die Fontänen der Wasserspiele in der Drau projiziert. Durch das fließende, spritzende, pulsierende Wasser bekommen die Projektionen eine ganz eigene Lebendigkeit und Plastizität. In manchen Szenen ist es trotz der Unschärfe der Bilder auf der Wasserleinwand so, als wären wir gerade live dabei: beim Konzert, bei der Parade, bei der Tour.

Nach der Rock-it-Show bringen die Veranstalter an diesem Abend auch noch die Darbietung mit den größten Hits österreichischer Musik - von Mozart über Falco bis Conchita Wurst ist alles dabei, ein wilder Ritt durch alle musikalischen Genres. Und ein beeindruckendes Zeugnis der musikalischen Kreativität und Schaffenskraft der Österreicher. Entsprechend beschwingt wedeln wir nach dem Ende dieser tollen Shows aus der Villacher Innenstadt zurück nach Drobollach.

Goldeck und Weißensee

Auf dem Markt in Arneitz und beim Harley-Händler in Klagenfurt am Montag haben wir Babysachen für den Nachwuchs einer lieben Freundin gekauft: ein lustiges Mützchen und schicke Söckchen. Schließlich müssen wir die frühkindliche Prägung auf ein vernünftiges Hobby und coole Klamotten so früh wie möglich in Gang bringen. Damit die Kleine nicht schon aus den Sachen herausgewachsen ist, bis wir uns mal wieder treffen, schicken wir sie heute aus dem Postamt in Faak mit vielen Grüßen von der Bike Week ab. Danach geht es über Finkenstein nach Villach und von dort über die Bundesstraße durchs Drautal bis zum Abzweig nach Zlan und damit zur Goldeck-Panoramastraße. Soweit, so unspektakulär. Aber flott.

Die kleine Straße begeistert uns schon lange vor der Zahlstelle für den Mautteil mit ihrer herrlichen Streckenführung und trägt ihren goldigen Namen völlig zu recht. Wir genießen jeden Kilometer und jede Kehre bis hinauf zum Parkplatz am Ende der Straße. Nur schade, dass es vorher so wenige Aussichtspunkte und Parkplätze gibt, an denen wir den einen oder anderen Stopp hätten einlegen können. Dafür machen wir jetzt in der Hütte oberhalb des Parkplatzes mit toller Aussicht auf Bikes und Landschaft umso ausgiebiger Pause. Wir finden noch ein Plätzchen auf der sonnigen Terrasse und teilen uns den Tisch mit einem netten Weltenbummlerpärchen, dass mit seinem Wohnmobil auf großer Reise ist.

Während ich meine vorzügliche Käsejause verputze, erzählen sie uns von ihrer bisherigen Reise und geben uns den Tipp, zum Meerauge zu fahren. Das müssten wir uns unbedingt anschauen, ein wundervolles Plätzchen kurz vor dem Loiblpass und der slowenischen Grenze mit einer für Motorradfahrer sicherlich lohnenden Anfahrt. Vielen Dank für die Empfehlung! Das werden wir uns merken, zumal es nach einem Ziel ganz nach unserem Geschmack klingt.

Frisch gestärkt und bestens gelaunt spazieren wir in einer kleinen Schleife wieder zurück zu unseren Bikes, nicht ohne ein paar Dutzend Fotos von der phantastischen Aussicht auf die südlich gelegene Bergwelt zu machen. Dort muss irgendwo der Weißensee schlummern - womit unser nächstes Ziel für diesen noch jungen Tag feststeht. Aber vorher gibt es noch einen Plausch auf dem Parkplatz. Neben unseren Bikes steht ein ziemlich großes SUV, aus dem ein Pärchen klettert, dass vom Outfit her hier und jetzt eigentlich besser auf Harleys als in solch eine rollende Schrankwand gehören würde. Und so stürmt der Fahrer auch gleich auf mich zu, als er meine Zugehörigkeit zum Straßenkönig erkennt, und zeigt auf den Sattel: „Schön isser ja nich´, aber bequem sieht er aus. Wat is dat?“, lautet die in feinstem westfälisch-ruhrpottlerischem Akzent und mit der rau-herzlichen Ehrlichkeit der Menschen aus diesem Landstrich direkt auf den Punkt formulierte Frage.

Meine Erklärungen zum US-Police-Seat, zur Luftfederung, zum Kauf im Internet und zum  Aufpolstern mit Geleinlagen sowie zum neuen Beziehen beim Sattler hört er sich mit wachsendem Interesse an. Wie sich im Gespräch herausstellt, würden die beiden eigentlich auch gerne mit dem Bike unterwegs sein. Wenn da nicht sein Rücken wäre, der lange Urlaubsreisen mit dem Motorrad unmöglich und an manchen Tagen schon kurze Touren zur Tortur macht. Lieber Kollege, hoffentlich haben Dir meine Tipps bei Deinen Problemen geholfen und Du kannst mit Deiner Maschine in Zukunft wieder auf schmerzarme Touren gehen - auch wenn Dein Bike dann vielleicht nicht mehr so schön ist. Aber gut auszusehen ist manchmal nicht alles im Leben. Schöne Dinge unternehmen dagegen schon! Und: Wenn Du auf dem Sattel sitzt, siehst ihn niemand. Aber Du fühlst ihn (nicht)!

Jetzt geht es aber erst einmal zum Ostufer des Weißensees. Die Abfahrt über die Goldeckstraße ist wieder ein Genuss, die Anfahrt zum See dagegen eine straßentechnische Katastrophe. Das eigentlich wundervolle Sträßchen befindet sich nämlich in einem grauenhaften Zustand. Es stellt sich nicht die Frage, wie wir die Schlaglöcher und Aufwerfungen am besten umfahren. Wir können uns eigentlich nur das flachste Schlagloch und die niedrigste Asphaltfalte aussuchen, um vorsichtig hindurch oder darüber weg zu schleichen. Die Einkehr im kleinen Cafe am Schiffsanleger entschädigt allerdings für jede Unbill der Anfahrt. Wir sitzen auf der Terrasse über dem Wasser, genießen die Aussicht auf den unwirklich blauen See samt der umliegenden Berge, erfrischen uns mit einem kühlen Getränk und ich konnte - einmal mehr - den Verlockungen des Kuchenangebots nicht widerstehen. Was für ein herrliches Stückchen Erde, was für ein unglaublich toller Tag!

Die Rückfahrt an den Faaker See treten wir irgendwann mit einer Schleife vorbei am Farchtensee an. Die Strecke haben wir vom letzten Besuch noch in bester Erinnerung. Und hoffen auf bessere Straßenverhältnisse als auf der Hinfahrt. Tja, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, aber ... Auf dieser Strecke sorgen die österreichischen Straßenbaubehörden gerade für Abhilfe in Sachen Schlaglöcher und Frostschäden. Der Asphalt ist auf mehreren Kilometern Länge komplett abgetragen, wir tuckern über puren Schotter und legen eine kleine Off-Road-Etappe hin. Immerhin: Der blanke Unterbau der Straße ist letztlich besser und ebener als die restasphaltierte Straße auf der Hinfahrt zum Weißensee.

Am Ende der Farchtenseestraße biegen wir rechts in Richtung Windische Höhe ab und wundern uns, dass wir auf dieser doch recht gut ausgebauten und breiten Landstraße über Viehgatter rollen. Den Grund dafür sehen wir ein paar Kurven später: Vor uns breitet sich eine große Wiese aus, über die Pferde und Rinder genüsslich grasend dahin ziehen. Zum Glück gibt es hier auch einen Parkplatz, den wir sofort ansteuern, um uns dieses Schauspiel anzuschauen. Spannend wird es sogar auch noch. Denn entlang der Straße kommt eine Gruppe Rinder neu auf die Wiese, die offensichtlich nicht wirklich willkommen ist. Jedenfalls teilen die schon anwesenden Hornviecher den Neuankömmlingen unmissverständlich und durchaus körperbetont mit, wie weit sie sich ihrer Gruppe nähern dürfen. Nach dieser beeindruckenden Vorstellung sind wir uns sicher, dass Kühe bei Weitem nicht immer so lieb sind wie sie schauen.

Für uns geht die Fahrt weiter über die Windische Höhe hinunter ins Gailtal. Von dort wollen wir eigentlich über Bad Bleiberg und Villach an den Faaker See zurück. Aber das Navi hat offensichtlich irgendetwas gegen diese Route einzuwenden und lotst uns über Finkenstein an unser Ziel. Auch nicht schlimm. Schön ist diese Strecke ja auch, wenn auch nicht so kurvenreich. Und sie beschert uns wahnsinnig tolle Aussichten auf den Dobratsch, den Villacher Hausberg, und die Karawanken im Süden.

Zurück in der Ferienwohnung in Drobollach machen wir uns schnell frisch und schwingen uns in einen der Shuttle-Busse zum Arneitz. Dort wollen wir dem für heute Abend angesetzten Live-Konzert lauschen. Das erweist sich allerdings für unseren Geschmack als völlige Fehlentscheidung, die Band reißt uns in keinster Weise von den Stühlen. Und so nehmen wir alsbald wieder einen der Shuttle-Busse, um zurück nach Drobollach zu fahren. Der Bus nimmt allerdings eine völlig unerwartete Route und spendiert uns eine lustige Sightseeing-Rundfahrt durch die südlich des Faaker Sees gelegenen Ortschaften. So entdecken wir heute auch noch Ecken, die wir in der Region bisher noch nie gesehen haben.

Ran an den Speck

Nach der Mammutrunde und den Fehlschlägen des gestrigen Tages wollen wir es heute deutlich ruhiger angehen lassen. Deshalb fahren wir nur ins Gailtal, um bei dem netten Direktvermarkter den leckeren Speck und die phantastischen Würste zu kaufen, die wir im vergangenen Jahr schon so genossen haben. Für dieses Jahr habe ich allerdings eine alternative Route über besonders kleine Nebensträßchen geplant. Schließlich führen ja viele Wege ans Ziel - auch wenn es nicht Rom, sondern nur ein Bauernhof irgendwo zwischen Pressegger See und Hermagor ist. Und zwei Mal dieselbe Route wäre ja langweilig.

Leider sind die ausgewählten Nebensträßchen nicht nur klein, sondern auch ziemlich schlecht. Das nimmt der vorgeschädigte Seitendeckel an der Sporty meiner Rockerbraut uns leider übel und springt immer wieder aus seiner Halterung. Beim dritten Stopp, mangels Parkmöglichkeiten oder Seitenstreifen wieder mitten auf der Straße, kommen deshalb die genau für diesen Fall immer mitgeführten Kabelbinder zum Einsatz. Mit ihnen bastle ich eine Notbefestigung, indem ich sie durch einen Spalt im Seitendeckel ziehe und dann das komplette Teil rund um das Rahmenrohr unter dem Sitz festzurre. Das hält bombenfest. Ein bisschen Bammel habe ich allerdings, dass die Airbrush-Lackierung Schaden nehmen könnte. Aber das würde ja erst recht passieren, wenn der Seitendeckel komplett herunterfallen und über den Boden purzeln würde.

So gesichert, nehmen wir die Weiterfahrt wieder auf und rollen auch alsbald auf den Hof des Speckbauern, wo wir uns mit Speck und Würsten eindecken, dass es eine wahre Freude ist. Im Gespräch erfahren wir dann auch, dass wir mit unserer Entscheidung für den heutigen Speckeinkauf Glück hatten. Denn der Hofladen hat diese Woche tatsächlich nur mittwochs geöffnet. An allen anderen Tagen sind die Bauersleut auf den Wochenmärkten der Region unterwegs. Das müssen wir uns merken, denn nächstes Jahr kommen wir mit Sicherheit wieder und werden dann sicherheitshalber vorher anrufen, wann das schweinische Schlaraffenland geöffnet hat. Oder wo wir auf einem Wochenmarkt unsere fleischigen Gelüste befriedigen können.

Mit der vollen Ladung aus dem Hofladen in der Gepäckrolle machen wir uns auf den direkten Weg zurück nach Drobollach. Denn statt großer Touren wollen wir uns heute noch mit dem Bus auf den Weg nach Faak machen, um uns dort das diesjährige Corona-Harley-Village anzuschauen. Und so spazieren wir, nachdem der Einkauf im Kühlschrank verstaut ist und wir uns in bequemere Klamotten für unseren nachmittäglichen Ausflug gekleidet haben, zur Bushaltestelle. Tatsächlich kommt im kleinen Shuttlebus bei der Fahrt um den See wieder so etwas wie das Bike Week-Feeling vergangener Jahre auf. Das wird noch verstärkt, als wir in Faak am Bahnhof aussteigen, die Harley-Fahnen und -Banner wehen sehen und uns auf den Weg zum Bauernmarktgelände machen.

Der Eintrittscheck ins Harley-Village ist schnell erledigt, und so machen wir uns sehr gespannt auf den Rundgang über das abgesperrte Areal. Meine Rockerbraut kann dabei eine gewisse Begeisterung für die neue Pan America nicht verbergen. Gleich mehrfach nimmt sie Platz auf der Reiseenduro und lässt sich das Bike genau erklären. Begeistert sind wir auch von der neuen Art der Bike-Präsentation. Statt des engen, stickigen Expo-Zelts der vergangenen Jahren, durch das sich die Bikermassen quälen mussten, verteilen sich jetzt coronakonforme Expo-Pavillons über ein großzügiges Areal, das wir entspannt erschlendern können. Und in diesen Pavillons kommen die Bikes auch noch phantastisch zur Geltung. Bitte, liebes Harley-Bike Week-Expo-Team: Behaltet diese Art der Präsentation für die Zukunft bei! Das wäre ein echter Gewinn!

Überhaupt nicht gefällt uns dagegen die neue Sportster. Trotzdem nehme ich einmal Platz auf diesem Bike. Und fühle mich weder wohl noch cool noch sportlich. Sondern eher wie der berühmte Affe auf dem Schleifstein. Die Sitzposition zwingt mich in eine seltsam verkrümmte Haltung, die ziemlich unwürdig für einen dicken, alten Mann ist. Tja, diese neue Bike-Generation wendet sich offensichtlich an ein gänzliches anderes Publikum als an die typische Harley Tourer- und Chopper-Klientel. Das gilt wohl auch für die Harley-E-Bikes. Und so ist das Gelände, auf dem die Bike Week-Besucher diese Zweiräder testradeln können, zumindest befremdlich ist für uns.

Stattdessen besuchen wir lieber den Catering-Bereich, um uns zu erfrischen und zu stärken. Allerdings, und hier geht noch einmal ein Gruß an die Harley-Verantwortlichen, hat hier wohl jemand bei der Kalkulation in der Excel-Tabelle ein paar falsche Faktoren einprogrammiert. Jedenfalls erinnern die Preise für Speis und Trank eher an die überzogenen Tarife herbstlicher süddeutscher Volksfeste als an geldbörsenfreundliche Entgelte auf Bikertreffen. Und so bleibt es bei einem schnellen Getränk, einem kleinen Snack und dem Beschluss, noch nach Arneitz zu spazieren. Aber erst legen wir natürlich noch einen Stopp am Merchandisingstand ein. Schließlich müssen das unvermeidliche Bike Week-T-Shirt und ein Pin her, als Beweis dabei gewesen zu sein. Die kleine Wanderung nach Arneitz dient indes nur der Bewegung und dem Beineverteten. Wir drehen keine großartigen Runden mehr über den Markt und kehren auch nicht ein, sondern nehmen den nächsten Bus, um nach Drobollach zurückzufahren und dort noch ein schönes Abendessen zu genießen.

Auf ein Neues

Nachdem wir die große Kärntenrunde im vergangenen Jahr wegen des gebrochenen Riemenschutzes an der Sporty meiner Rockerbraut abbrechen mussten, nehmen wir sie dieses Jahr einfach noch einmal unter die Räder. Schließlich fehlte aus meiner Sicht eines der schönsten Teilstücke von Straßburg im Gurktal nach Metnitz und Flattnitz. Also starten wir recht früh auf den schon bekannten Teil der Strecke: durch Villach nach Treffen und weiter nach Arriach und Innerteuchen. Irgendwo auf dieser Strecke müssen wir allerdings einen kurzen Zwischenstopp am Straßenrand einlegen. Nur ein T-Shirt unter der Jacke und die leichten Sommerhandschuhe sind zu frisch für meine Rockerbraut. Da müssen ein Langarmpulli und dickere Handschuhe her. Denn trotz des herrlichen Wetters, das uns in diesem Jahr verwöhnt, lässt sich doch nicht leugnen, dass es schon September und damit früh morgens und nach Sonnenuntergang empfindlich kühl ist.

Besser und wärmer eingepackt geht es weiter nach Himmelberg und Feldkirchen, vorbei am Goggausee und über die uns schon bekannte, wundervolle Landstraße hinüber nach Weitensfeld im Gurktal. Dort gibt es - eine weitere Wiederholung zum vergangenen Jahr - eine kleine Erfrischungspause im Gasthaus am Marktplatz. Dann fahren wir nach Gurk, vorbei am Dom und über die Wimitzer Landesstraße hinauf nach Pisweg, Finsterwald und durch die wundervolle Äußere Wimitz wieder hinab nach St. Veit an der Glan. Hier machen wir an einer Tankstelle einen kleinen Halt, um die Spritvorräte unserer beiden Harleys für den Rest der Tour aufzufüllen. Wir selbst wollen uns jetzt noch nicht stärken, das heben wir uns für später auf - wir wissen auch schon ganz genau, wo.

Zielpunkt für unseren Pausenstopp ist nämlich die grandiose Burg Hochostertwitz, auf die wir über St. Donat zusteuern und die mich auch bei dieser dritten Zufahrt mit ihrem Anblick begeistert. Am Parkplatz zu Füßen der Burg halten wir wie geplant an und machen unsere Stärkungspause mit kühlem Wasser aus der Thermoskanne und leckerem, selbstgebackenem Kuchen. Trinkend und kauend können wir den Blick nicht von dem imposanten Bauwerk wenden, das dort oben auf dem Felsen thront. Allzu lange können wir aber nicht pausieren. Schließlich haben wir von unserer Tour bis hierher nur etwa ein Drittel geschafft. Da kommen wir lieber irgendwann noch einmal wieder, um die Burg selbst zu besuchen.

Und so starten wir frisch gestärkt nach Brückl, ziehen die herrliche Schleife über Diex wieder zurück nach Brückl, von wo wir über die Bundesstraße einfach nur Strecke machen bis Mösel. Dann wird es streckentechnisch wieder schöner. Denn wir biegen ab in Richtung Guttaring, fahren weiter bis Althofen, wo unsere Tour im vergangenen Jahr so abrupt ihr Ende fand, und von dort weiter über die Friesacher Straße nach Norden, bis wir wieder auf eine Bundesstraße stoßen, der wir kurz in Richtung Süden folgen. An Schloss Pöckstein geht es dann aber auch schon wieder hinein ins Gurktal Richtung Westen bis nach Straßburg. 

So schön die Strecke seit dem Abzweig in Mösel auch war - offenbar ist hier in der Gegend dienstags der Standard-Ruhetag der Gastronomen. Schon seit einiger Zeit plagen uns Hunger und vor allem Durst, die wir nicht aus unseren mitgeführten Thermoskannen und Brotdosen am Straßenrand, sondern lieber in einem netten Biergarten stillen möchten. Aber überall, wo wir ein Gasthaus an der Strecke entdecken, ist es zumindest jetzt am Nachmittag, wenn nicht sogar ganztags geschlossen. Erst in Straßburg sehen wir gegenüber dem Hauptplatz eine geöffnete Wirtschaft, wo wir auch sofort einkehren. Das auf dem Gehweg eingerichtete kleine Straßencafé macht dieser Bezeichnung indes alle Ehre: Der Verkehr auf der Durchgangsstraße rauscht mit Armeslänge Abstand an uns vorbei, immerhin steht eine kleine Abtrennung in Form eines hüfthohen Bretterzauns zwischen uns und den vorbeisausenden Autos. Gemütlich ist anders. Aber unser Durst wird gestillt und wir können auch die anderen bei einem solchen Stopp notwendigen Verrichtungen erledigen. Länger als unbedingt erforderlich bleiben wir allerdings nicht. Wir starten lieber auf den von mir in meinen Erzählungen so gepriesenen letzten Streckenabschnitt von Straßburg hinauf nach Metnitz und weiter nach Flattnitz.

Obwohl ich meine Rockerbraut vorgewarnt hatte, winkt sie mich nach dem plötzlichen Rechtsabbiegen mitten in Straßburg - keine 200 m von unserem Halt entfernt - erst einmal zu einem Stopp an den Straßenrand. „Bist Du sicher, dass wir hier gerade richtig sind?“, höre ich sie herüberfragen. „Das ist doch keine Straße, die noch irgendwo hin führt.“ Doch, tut sie, auch wenn es hier unten im Ort überhaupt nicht danach aussieht. Aber mit jedem Meter, den wir weiterfahren, verliert sich das Ortskern- und Wohngebietfeeling. Die Gasse geht in eine wundervolle kleine Landstraßenidylle über, auf der wir uns zügig zu den hügeligen Höhen hinaufschwingen, von denen ich so geschwärmt habe. Und in der Tat: Nach ein paar Kilometern winkt meine Rockerbraut zu einem weiteren Stopp am Wegesrand, um die Aussicht einfach nur zu genießen und meine Begeisterung für dieses Fleckchen Erde und die Strecke zu teilen.

Nachdem wir auf die Landesstraße Richtung Metnitz und weiter nach Flattnitz gewechselt sind, gibt es gleich das nächste Highlight für uns. Diese Strecke ist kein wildes Kurvenkarussell mit endlosen Kehren. Aber mit ihrem geschwungenen Verlauf ist sie wie gebaut für unsere Harleys. Wir grooven uns in einen lockeren Swing hinein, der einfach nur riesigen Fahrspaß macht und uns ein breites Biker-Grinsen ins Gesicht zaubert. Das geht auch nicht weg, nachdem wir bei Flattnitz Richtung Süden und damit zurück ins Gurktal abbiegen. Diesen Streckenabschnitt kennen wir zwar schon von den Anreisen zur European Bike Week in vergangenen Jahren, als wir noch in Velden unsere Unterkunft hatten. Das macht ihn aber heute nicht weniger attraktiv. Sogar die Bundesstraße, der wir bald nach Feldkirchen folgen und die ein gutes Stück weit dem Verlauf der Gurk folgt, ist reines fahrerisches Vergnügen und ein würdiger Streckenabschluss für diesen Tag.

Um dem Tag auch noch einen kulinarisch würdevollen Abschluss zu geben, beschließen wir in Feldkirchen, von der geplanten, direkten Route nach Drobollach abzuweichen und am Ossiacher See entlang nach Treffen zu fahren. Dort hing nämlich heute Morgen beim Vorbeifahren ein großes Banner „Steakwochen“ am Biker-Wirtshaus direkt an der Ortsdurchfahrt - eine wohlklingende Einladung, der wir heute Abend nur zu gerne Folge leisten wollen. Allerdings erweist sich diese zusätzliche Schleife nach dem langen und anstrengenden Tag als totaler Flop. Heute ist im Hotelrestaurant nämlich Ruhetag, Speis und Trank gibt’s nur für die Hausgäste - so steht’s auf einem großen Schild am Eingang zum Biergarten. Und wir stehen hungrig, durstig und kopfschüttelnd ob dieser schlechten Nachricht davor.

Was also jetzt? Laut der Back-to-the-Roots-Broschüre finden während der diesjährigen Bike Week in Villach jeden Abend extra rockige Draupuls-Wasserspiele statt, immer um 21:30 Uhr. Das würde zeitlich wunderbar passen: Jetzt ist halb acht, da haben wir zwei Stunden Zeit, um nach Villach zu fahren, irgendwo in der City eine Kleinigkeit zu essen, an die Drau zu spazieren und uns dann die Licht-Musik-Wasser-Show anzusehen. Und da wir tatsächlich während all unserer Bike Week-Aufenthalte hier in Kärnten noch nie in der Villacher Innenstadt waren, beschließen wir kurzer Hand, diesen Plan trotz des langen Fahrtags in die Tat umzusetzen.

Bei unserer Ankunft auf einem der vielen, extra für diese Woche ausgewiesenen Bike-Parkplätze mitten in der Villacher Innenstadt sind wir allerdings überrascht, wie wenig Motorräder hier herumstehen. Und beim anschließenden Stadtrundgang bietet sich uns ein ziemlich widersprüchliches Bild: Während die Restaurants, Straßencafés und Biergärten rappelvoll sind und - wie wir immer wieder beobachten - sogar Gäste abweisen müssen, ist ansonsten völlig tote Hose. Okay, die Geschäfte haben jetzt natürlich schon geschlossen, das hatten wir auch nicht anders erwartet. Aber es gibt kaum umherflanierende Schaufensterbummler, die Innenstadt ist abseits der Gastronomie wie ausgestorben, selbst an den Drauterrassen, wo die Wassershow stattfinden soll, ist noch kein Publikum versammelt.

Als sich das auch bis ca. 21 Uhr nicht ändert, ziehen wir doch einmal unsere Smartphones zu Rate, warum hier nicht mehr los ist. Und stellen auf der Webseite des Draupuls-Veranstalters fest, dass die Wassershow gar nicht täglich stattfindet. Da hat sich wohl ein Fehler ins Back-to-the-roads-Programmheftchen eingeschlichen. Denn tatsächlich steht das Spektakel nur Mittwoch, Freitag und Samstag auf dem Programm. Und heute ist Dienstag - scheinbar kein Tag, an dem uns außer unserer wundervollen Kärnten-Tour viel geboten werden soll. Diese Erkenntnis, kombiniert mit einem immer drängenderen Hunger- und Durstgefühl im Bauch, führt durchaus zu einer gewissen Grantigkeit bei meiner Rockerbraut und mir. Wahrscheinlich war es doch keine so gute Idee, nach einem langen, wahnsinnig schönen Tourentag immer noch ein neues Highlight oben drauf satteln zu wollen. Irgendwann muss halt auch mal genug sein.

Deshalb beschließen wir, für heute keine Experimente mehr zu machen, sondern einfach auf Nummer sicher zu gehen und in dem wohlbekannten Steak- und Burgerladen zu essen, der sowieso an unserer weiteren Strecke nach Drobollach im Villacher Industriegebiet liegt. Dort ist tatsächlich ordentlich was los, wie die vielen Harleys auf dem Parkplatz schon bei der Anfahrt versprechen. Aber es gibt noch einen schönen Tisch für uns zwei im Wintergarten, an dem wir es uns bequem machen. Und mit jedem Bissen meiner Rockerbraut von ihrem perfekt gegrillt Steak und jedem Happen, den ich von meinen Spare Ribs nehme, steigt unsere Laune wieder in höchste Höhen.

Shopping an zwei Seen

Der erste Morgen am Faaker See nach unserer sonntäglichen Anreise steht immer im Zeichen meines Einkaufsbummels zum örtlichen Supermarkt. So ist es auch heute an diesem wundervollen Montag. Schließlich muss so ein liebgewonnenes und sinnvolles Ritual gepflegt werden. Und die gähnende Leere im Kühl- und Vorratsschrank unserer Ferienwohnung ein Ende haben. Während meine Rockerbraut also in süßen Träumen einen ausgiebigen, entspannten Schönheitsschlaf halten darf, ziehe ich mit irgendeiner bereits leer geräumten großen Tasche los und kaufe alles ein, was wir für die Bike Week brauchen werden. Das sind vor allem Zutaten fürs Frühstück. Und ein paar Getränke. Denn alle anderen Mahlzeiten nehmen wir normalerweise unterwegs bei unseren Touren oder abends im Harley-Village bzw. in einem der Restaurants rund um den See ein.

Schwer bepackt komme ich irgendwann von meiner Shopping-Tour zurück, wecke meine Rockerbraut, verstaue den Einkauf und bereite das erste Morgenmahl in diesem Urlaub für uns beide vor. Während wir dann gemütlich beieinander sitzen, unseren Tee schlürfen, dazu Brote und Müsli futtern, sind wir uns darin einig, dass wir heute trotz des herrlichen Wetters keine große Tour in Angriff nehmen wollen. Stattdessen beschließen wir, gleich am ersten Tag unser Pflichtprogramm für diese Woche abzuarbeiten: Checken, was wir von unserer kleinen Bike Week-Einkaufsliste in diesem Jahr trotz reduziertem Angebot ergattern können. Und so starten wir nach dem Frühstück, das zeitlich eher die Bezeichnung Brunch verdient hätte, nach Arneitz, um die dort aufgebauten Verkaufsstände zu besuchen. Und weil die Straße rund um den Faaker See auch in diesem Jahr keine Einbahnregelung hat, nehmen wir den direkten Weg entgegen der sonst erlaubten Fahrtrichtung über Egg und Neuegg.

Auf dem Parkplatz beim Arneitz ist schon einiges los, allein sind wir hier beileibe nicht - das ist schon einmal ein gutes Zeichen. Nach dem ersten Rundgang über den Markt sind wir noch einmal positiv überrascht. Natürlich: Hier ist nicht die Masse an Ständen wie in den normalen Bike Week-Jahren. Es gibt kein großes Festzelt und auch keine Brücke über die Straße vom Arneitz herüber zum Parkplatz und zum Markt. Aber es gibt - zumindest für unseren Geschmack - ein durchaus lohnendes Angebot an Klamotten, Schmuck, Zubehör und sonstigen Bike- und Biker-Accessoires, meistens sogar in alternativer Auswahl bei verschiedenen Händlern. 

Diese erste Runde nutzen wir vor allem, um uns erst einmal einen Überblick zu verschaffen und zu schauen, was wir von unserer Einkaufsliste wo am besten erwerben können. So suche ich zum Beispiel eine größere Sissybar-Tasche für meine Road King. Die aktuelle ist zwar ein echtes Schmuckstück und tut uns bei unseren Reisen gute Dienste. Aber schon für einwöchige Urlaube müssen wir unsere Klamottenauswahl sehr genau treffen. Und für so manches Mitbringsel bei der Rückfahrt kreative Transportlösungen finden. Mehr Stauraum kann also nie schaden!

Außerdem fahre ich seit meinem Lenkerumbau meistens ohne Scheibe, weil mein Straßenkönig so einfach besser aussieht und mir noch mehr frischer Wind um die Nase weht. Verzichten muss ich seitdem aber auf die praktische Scheibentasche. Deshalb suche ich nach einer Tasche, die ich irgendwie an meinem Apelenker befestigen und in der ich dann Sonnenbrille, Fotoapparat sowie ein paar andere Kleinigkeiten verstauen kann. Tatsächlich können wir uns bei verschiedenen Ausstellern ein paar sehr interessante Sachen anschauen.

Eine Entscheidung wollen wir jetzt aber noch nicht treffen. Dafür plagen meine Rockerbraut und mich Hunger und vor allem Durst zu sehr. Wir spazieren erst einmal rüber zum Arneitz, checken bei den Corona-Kontrollen ein, besorgen Trank für uns beide und dazu noch Speis für mich. Nachdem meine Rockerbraut ihren mitgebrachten Kuchen und ich meinen sehr ordentlichen Burger verspeist haben, sprechen wir noch einmal das in Augenschein genommene Angebot durch und treffen auch einstimmig die Entscheidungen, welche Sissybar-Tasche plus Gepäckrolle und welche Lenkertasche es denn werden sollen. Dann geht es frisch gestärkt zurück auf den Markt.

Doch bevor wir uns an den Kauf der großen Sachen machen, gibt es erst noch etwas Kleines, Warmes: dicke Socken aus Yak-Wolle für meine Rockerbraut. Die braucht sie nämlich für ihre dauerkalten Füße selbst an manchen Sommertagen. Dann geht es weiter zur Sissybar-Tasche und der Gepäckrolle. Beide lassen wir uns noch einmal ganz genau zeigen und erklären - wie wird die Tasche auf dem Rücksitz und an der Sissybar befestigt, wie variabel ist sie, wenn sie mal nicht vollgepackt ist, wie kann ich die Gepäckrolle auf der Sissybar-Tasche oder auch sonst am Bike festmachen -, feilschen noch ein bisschen um den Preis und schließen den Kauf dann per Handschlag ab. Dass das ganze Gespräch auf Englisch läuft, macht die Sache noch einmal extra spannend - und sehr lustig. Denn meine letzte Konversation auf Englisch ist schon länger her, entsprechend eingerostet ist der Wortschatz. Verhandlungssicheres Englisch klänge sicher anders, was aber gar nichts macht. Denn die gemeinsame Suche nach den richtigen Worten sorgt auf beiden Seiten für jede Menge Spaß.

Solange der Verkäufer die original verpackten Taschen aus seinem Lager holt, hüpfen wir einmal über den Gang zwischen den Verkaufsreihen zu dem Lederhändler, bei dem wir die Lenkertasche unserer Wahl gesehen haben. Wir beschreiben den angedachten Einsatzzweck und unsere Zweifel, ob die ausgesuchte Tasche tatsächlich zwischen die Lenkerstangen passt. „Ja holt doch das Bike mal her, dann wissen wir gleich, ob’s passt“, sagt die nette Verkäuferin. Und wischt unseren Hinweis, dass die Einfahrt auf den Markt doch verboten sei, gleich weg: „Wennst´ hinten rum fährst, dann kommst´ gleich hier vorne am Gang aus, da kontrolliert heut keiner.“ Und so spurte ich flugs zum Parkplatz und hole meine Straßenkönig, den ich tatsächlich ungehindert bis vor den Stand mit den Ledertaschen fahren kann.

Während ich so im Schritttempo die letzten Meter bis zu meinem Ziel rolle, gibt es den Seelenschmeichler des Tages für mich: Wieder einmal, wie schon der Harley-Fahrer an der Tankstelle in Villach bei einem unserer früheren Faak-Besuche und dann etwas später der nette Oldtimer-Cabriofahrer am Chiemsee, zeigen mir zwei begeisterte Marktbummler ein unübersehbares Daumenhoch und rufen mir ein „geiler Luftfilter“ zu, als ich an ihnen vorbeituckere. „Guck mal, wie sich das Turbinenrad dreht!“, höre ich noch. Dann bin ich leider schon wieder außer Hörweite - aber einen ganzen Kopf größer. Kann dieser Tag noch besser werden?

Bei der Anprobe meiner Lenkertasche stellt sich schnell heraus, dass die favorisierte Tasche tatsächlich perfekt passt - die Tasche selbst zwischen die Lenkerstangen, in die Tasche der Fotoapparat, die Sonnenbrille und noch ein paar andere Utensilien, die ich gerne griffbereit vor mir habe. Aber: Diese Tasche ist, wie alle anderen auch, dafür gemacht, sie mit ihrer Längsseite an einer Querstrebe zu befestigen. Seitlich, für eine Montage zwischen den vertikalen Schenkeln meines Apehangers, sind keine Lederschlaufen oder andere Befestigungen vorgesehen. Die nette Lederverkäuferin weiß aber Rat: „Wir schlagen einfach in die Seitenteile der Taschen Schlitze, ziehen Lederriemen durch und außen um die Lenkerrohre, die Du dann innen in der Tasche schließt. Das sitzt bombenfest, selbst mit der schweren Kamera in der Tasche.“

Aber wie kommen die Schlitze ins Leder? Der Ledermacher ist heute nicht auf dem Stand, die Verkäuferin traut sich nicht so recht an die Sache heran. Und so heißt es: Selbst ist der Mann! Das nötige Werkzeug ist natürlich da, also nehme ich in der kleinen Werkstattecke im Verkaufszelt Hammer und Stecheisen zu Hand und schlage die notwendigen Schlitze in die Seitenwände meiner neuerworbenen Lederlenkertasche. Die ist dann auch im Handumdrehen befestigt und sieht einfach nur klasse aus.

Während dieses Ledertaschenkaufs hat der Verkäufer meiner neuen Sissybar-Tasche und Gepäckrolle, dessen Stand genau vis-à-vis liegt, die Zeit und Gelegenheit genutzt, die Taschen, die er aus dem Lager geholt hat, gleich auf meinem Straßenkönig festzuschnallen. So steht meine Road King nun in vollem Reiseornat auf dem Gang des Arneitzer Marktes. Und auf den ersten Blick ist klar: Stauraum sollte bei zukünftigen Reisen wahrlich kein Problem mehr sein.

Und nun? Es ist noch sehr früh an diesem Montag, erst recht in dieser Woche, und wir waren schon so erfolgreiche Shopping-Freaks! Sollen wir unserem Einkaufsrausch also noch weiter frönen? Ein paar Kleinigkeiten stehen immerhin noch auf unserer Liste. Wir beschließen, es nicht gleich am ersten Tag total zu übertreiben und lieber noch ein bisschen Straße unter die Räder zu nehmen. Aber nicht mit all diesen leeren, herumflatternden Taschen auf meiner Maschine. Deshalb geht es erst einmal zurück in unsere Ferienwohnung, wo wir den überflüssigen Ballast abladen. Dann machen wir uns noch auf eine Runde um den Wörthersee.

Von Drobollach geht es zuerst nach Rosegg und von dort am Südufer des Wörthersees entlang bis nach Klagenfurt. Dort stehen wir um kurz vor 5 am Nachmittag an der Kreuzung der Wörthersee-Südufer-Straße zum Südring. Und treffen eine verrückte Entscheidung: Wann, wenn nicht heute, sollten wir noch zum örtlichen Harley-Händler fahren? Leerer als an diesem Montag wird es die nächsten Tage sicher nicht werden. Und so biegen wir rechts anstatt links ab und stürzen uns entgegen aller guten Vorsätze noch einmal in die Shopping-Freuden der Bike Week. Leider sind alle T-Shirts, die mir gefallen, nicht in meiner Größe da. Aber immerhin gibt es für meine Rockerbraut eine schicke Softshell-Jacke und einen nicht minder tollen Rollkragenpullover. Und wir erstehen noch Hosenträger. Ja, ja, alte Leute brauchen Hosenträger, ich höre schon das Frotzeln. Aber weil auf die Hosen unserer Funktionskombis keine Gürtel gezogen werden können und wir das ewige Hochziehen satt haben, wenn wir auch nur ein paar Schritte in diesen Hosen gehen müssen, ohne dass sie mit den Jacken verbunden sind, haben wir uns jetzt nach langem Hin und Her schweren Herzens zum Kauf dieser nicht gerade stylischen Accessoires entschlossen.

Außer der Befriedigung unserer Einkaufsgelüste gibt es noch ein weiteres Highlight beim Besuch des Klagenfurter Harley-Händlers. Hier stehen nämlich die supernetten Holländer, bei denen wir in den vergangenen Jahren unsere genialen Biker Boots gekauft haben. Die beiden sind heilfroh, dass sie nach der Absage des Marktgeschehens in Faak doch noch einen Platz zum Verkauf ihres Schuhwerks gefunden haben, und hoffen für die nächsten Tage wenigstens auf ein bisschen Geschäft. Dass wir so überglücklich mit unseren Stiefeln sind und sie nicht nur zum Motorradfahren, sondern auch für die zwischendurch immer wieder eingelegten kleinen Spaziergänge sehr schätzen, freut die beiden ungemein.

Über das ganze Shoppen und Quatschen ist die Uhr unbemerkt so weit vorangeschritten, dass die Harley-Händler-Mannschaft schon mit dem Auf- und Einräumen für den Feierabend begonnen hat - die freundliche Version des Rausschmisses der sich sonst wohl endlos festbeißenden Kundschaft. Wir erkennen die Zeichen der Zeit und verabschieden uns, gut bepackt mit den unverwechselbaren Tüten aus dem Store. Den Heimweg treten wir jetzt über die Bundesstraße am Nordufer des Wörthersees an, fahren der untergehenden Sonne entgegen und landen bei dieser Streckenwahl mit eintretender Dunkelheit unweigerlich in Velden, wo in diesem Jahr auch wieder eine Harley-Sause steigt. Eigentlich wollten wir hier ja heute Abend nicht mehr anhalten. Aber als wir an zwei freien Parkplätzen in bester Lage und in Sichtweite des Casinos vorbeifahren, ist auch dieser Vorsatz über den Haufen geworfen. Flugs schwenken wir in die Lücke ein und starten eine Erkundungstour durch das Veldener Bike Week-Treiben.

Der Schicki-Micki-Trubel in dieser Touri-Hochburg ist allerdings nicht so richtig nach unserem Geschmack. Ja, natürlich stehen hier wieder geile Bikes herum, manche davon wahrscheinlich kaum fahrbar, dafür aber umso spannender anzuschauen. An den Verkaufsständen ist nichts besonders Tolles geboten, aber das könnte auch daran liegen, dass wir unser Shoppingbedarf für heute absolut gedeckt ist. Immerhin: Schauen ist ja nicht verboten. Während wir so an einem Stand für Bikerschmuck die Auslage in Augenschein nehmen, sehen wir, wie sich ein Mann - der Inhaber des Geschäfts, wie wir später erfahren - und eine Frau - seine angestellte Verkäuferin - mit einem riesigen bemalten Totenkopf abmühen, um ihn aufmerksamkeitsstark auf einem Podest zu platzieren. Das überdimensionale Ding ist ganz offensichtlich viel zu schwer für die beiden allein. Also drücke ich meiner Frau meine Jacke in die Hände und packe kurz mit an. Schnell steht der Schädel auf seinem Platz. Während ich ihn noch einen Moment halte, richten die beiden Schmuckhändler das Podest und den darauf thronenden Totenkopf aus, damit er absolut sicher und fest steht.

Jetzt habe ich mir aber eine Stärkung verdient! Und meine Rockerbraut natürlich auch. Wie schon beim Parken der Bikes haben wir bei der Suche nach einem aussichtsreichen Plätzchen für ein Abendmahl wieder Glück. Wir finden einen Tisch in bester Zuschauerlage direkt an der Hauptflaniermeile unweit des Casinos, genießen ein kleines, sehr leckeres Abendschmankerl und bestaunen und bewundern dabei die vorbeischlendernden Bike Week-Gäste sowie so manchen Urlaubsgast, der sich in dieser Woche hierher verirrt zu haben scheint.

Irgendwann ist es dann aber auch Zeit aufzubrechen und zurück nach Drobollach zu fahren. Dabei hat die Heimfahrt allerdings noch eine wenig erfreuliche Überraschung für uns oder besser gesagt für meine Rockerbraut parat: Weil es mit der hereinbrechenden Dunkelheit merklich abgekühlt hat, will sie die Griffheizung an ihrer Sporty einschalten und muss feststellen, dass die nicht mehr funktioniert. Ob das mit dem Schlagloch gestern in Lienz zusammenhängt, nach dessen Durchfahren der Seitendeckel heruntergefallen war? Ist da vielleicht auch irgendetwas an der Elektrik auseinandergegangen? Das muss ich mir morgen im Hellen einmal anschauen. Vielleicht ist ja nur ein Stecker locker. Für heute Abend heißt es jetzt aber erst einmal: mit eiskalten Fingern irgendwie die paar Kilometer von Velden an den Faaker See zu fahren. Und obwohl die Fahrt gerade einmal eine Viertelstunde dauert, müssen wir zweimal kurz Pause machen, damit meine Rockerbraut ihre völlig gefühllosen Hände aufwärmen und weiterfahren kann.

Kärnten ruft

Im Laufe der Woche haben wir unsere Koffer und Taschen gepackt, gestern unseren Hund zu seinem liebevollen Sitter gebracht und die Bikes beladen, heute geht es ab nach Faak. Der Wetterbericht verheißt allerbestes Wetter für die kommenden acht Tage: Sonnenschein ohne Ende und kein Tropfen Regen vom An- bis zum Abreisesonntag der Bike Week. Damit ist die wichtigste Voraussetzung für genialen Motorrad-Spaß in Kärnten schon einmal gegeben. Außerdem soll es in diesem Jahr ja wieder ein - wenn auch reduziertes - Programm geben: Harley Bike-Show in Faak, Markt und Konzerte in Arneitz, zahllose Veranstaltungen in Gaststätten und Hotels in der Region, insbesondere in Villach.

So starten wir voller Vorfreude auf eine perfekte Motorradurlaubswoche nach Drobollach zu unserer Ferienwohnung in Sichtweite des Faaker Sees. Dieses Jahr haben wir für die Anreise wieder die Strecke über die Felbertauernstraße ausgewählt. Die bildet für unseren Geschmack einen ansprechenden Kompromiss aus recht zügig befahrbaren Bundesstraßen, reizvollen Landschaften und ein bisschen Fahrvergnügen bei der Anreise in den Süden Österreichs. Außerdem konnten wir diese Route im letzten Jahr wegen des durchwachsenen Wetters bei der Anreise nicht wirklich genießen, da gibt es also auch noch ein kleines bisschen Nachholbedarf. So geht es denn nun voll bepackt nach Kössen und St. Johann in Tirol, wo wir einen kleinen Tankstopp einlegen. Dann rollen wir mit mehr als genug Sprit im Tank für den Rest der Tour über Kitzbühel zum Pass Thurn, hinab nach Mittersill und weiter Richtung Felbertauerntunnel.

Bevor es in die lange Röhre geht, legen wir am Rastplatz Elisabethensee eine kleine Stärkungspause ein. Und haben eine durchaus bemerkenswerte Begegnung: Ein VW-Bus rollt auf den Parkplatz - mit einer kompletten Touring-Harley im Heck. Das muss ich mir natürlich aus der Nähe ansehen. Und tatsächlich bestätigt mir der stolze Besitzer, dass er aus seinem Bulli nur die hinteren beiden Sitzbänke heraus bauen und an seiner Maschine nur eine einzige Modifikation vornehmen muss: Die Scheibe muss ab. Dann passt das Ungetüm samt Verkleidung, Spiegeln und Koffern in den Bus. Maßarbeit, kann ich da nur sagen! Und eine praktische Lösung, die einen Anhänger und damit verbundene Geschwindigkeitsbeschränkungen oder Parkplatzprobleme spart - wenn man denn nicht lieber, so wie wir, schon die Anreise als Teil des Vergnügens genießen möchte und auf Achse dem Ziel seiner Träume entgegen rollt.

Diesem Spaß widmen wir uns nach der bemerkenswerten Begegnung wieder und starten auf Achse weiter Richtung Süden. Die Durchfahrt durch den Felbertauerntunnel verläuft gewohnt unspektakulär und langweilig, sodass wir froh sind, als wir am anderen Ende der Röhre wieder Tageslicht statt blendender Scheinwerfer des Gegenverkehrs erblicken. Der Obulus für die Passage durch den Berg ist schnell entrichtet - heute ist erstaunlich wenig Verkehr unterwegs, auch wenn die Harley-Dichte auf der Straße oder auf Trailern mit jedem Kilometer Richtung Faak durchaus merklich zunimmt - und so geht es zügig weiter durch das Tauerntal über Matrei bis nach Lienz. Wir genießen jeden Kilometer!

In Lienz lotst mich meine Rockerbraut dann plötzlich auf den Parkplatz einer Tankstelle. Sie hat eine querverlaufende Senke in der - für eine Bundesstraße und Stadtdurchfahrt durchaus als katastrophal zu bezeichnenden - Fahrbahndecke falsch eingeschätzt und nicht umfahren, sondern voll mitgenommen. Resultat: Der linke Seitendeckel ihrer Sporty hat sich aus den Halterungen gelöst und baumelt neben dem Motorrad herunter. Außerdem hat sie sich ihren Steiß ordentlich angeschlagen. Da ist erst einmal eine kleine Pause angesagt.

Während meine Rockerbraut den Schreck und den Schmerz in ihrem verlängerten Rücken lindert, versuche ich, den Seitendeckel wieder ans Halten zu bekommen. Das will aber nicht so recht gelingen. Das Elektronik- und Kabelwirrwarr hinter dem Deckel hat es offensichtlich aus seiner ausgeklügelten Verschlungenheit gerüttelt, sodass ich nicht alles wieder so passgenau unterbringe, wie es vorher wohl einmal war. Immerhin: Nach dem dritten oder vierten Anlauf bekomme ich den Deckel wieder einigermaßen angebaut. Aus technischer Sicht können wir also weiterfahren. Und zum Glück hat sich auch der Schmerz bei meiner Rockerbraut so weit gelegt, dass wir uns auf die zweite Hälfte dieser Anreise machen können.

Ab Lienz folgen wir dem Drautal über Oberdrauburg nach Dellach, wo wir in einem Gasthaus an der Straße eine Rast mit Speis und Trank einlegen, bis Greifenburg. Weil das Wetter so sensationell schön ist und wir die Tour mit jedem Kilometer und jeder Minute mehr genießen, zweigen wir hier ab in Richtung Weißensee, um ein paar richtige Kurven unter die Reifen zunehmen. Dann geht es nach Hermagor, vorbei am Pressegger See und weiter durch das Gailtal bis Nötsch. Dort nehmen wir den Abzweig hinauf nach Bad Bleiberg, um uns eine weitere ordentliche Portion Kurvenspaß zu gönnen und bei der Abfahrt hinab ins Drautal die herrliche Aussicht auf Villach in uns aufzusaugen.

Villach ist dann schnell passiert und unsere Ferienwohnung eigentlich schon fast erreicht. Aber trotz der fast 300 km, die wir heute schon zurückgelegt haben, treibt uns die Neugier doch auf eine Runde um den Faaker See: Was wird dieses Jahr tatsächlich in Faak und Arneitz geboten? Sind viele Biker unterwegs? In Faak sehen wir im Vorüberfahren ein großes abgezäuntes Areal mit mehreren kleineren Zelten und einem Cateringbereich. Das ist einerseits schon alles, wie wir beim Tankstopp feststellen müssen. Links, rechts und gegenüber der Tankstelle in Faak herrscht gähnende Leere statt regem Treiben. Keine Festzelte, keine Verkaufsstände, keine Dealer-Meile. Andererseits ist es deutlich mehr als im vergangenen Jahr, als die Bike Week hier in Faak ein Totalausfall war.

Das sieht dann ein paar Kilometer weiter in Arneitz zum Glück noch einmal besser aus. Auf dem Parkplatz steht eine durchaus nennenswerte Anzahl Motorräder, dahinter leuchten ein paar Verkaufszelte, zwischen denen sich sogar schon ein Besucher tummeln. Gegenüber herrscht vor der Bühne bereits Partystimmung, obwohl es erst später Nachmittag und noch gar keine Zeit für Live-Musik ist. Da scheint ja was zu gehen in den nächsten Tagen! Und unsere kleine Einkaufsliste können wir vielleicht auch abarbeiten.

Jetzt aber erst einmal in die Unterkunft. Die Begrüßung durch unsere Gastgeber Manu und Hans ist ein einziges großes, herzliches Hallo, die Freude des Wiedersehens nach einem Jahr riesig. Aber so gerne wir mit den beiden jetzt stundenlang plaudern würden: Langsam machen sich Müdigkeit und Hunger breit. Bevor wir Letzteren stillen können, müssen wir erst die Bikes abladen, das Gepäck in den zweiten Stock in unsere Ferienwohnung schleppen, zumindest Klamotten für heute Abend auspacken und uns frisch machen, damit wir zum Essen gehen können.

Nachdem das alles erledigt ist, machen wir uns auf zu einem kleinen Bummel durch Drobollach, um uns die Beine ein wenig zu vertreten und die durchgeschüttelten Glieder zu recken und zu strecken. Dabei landen wir - ganz zufällig natürlich - in unserem heißgeliebten Restaurant direkt an der Rundstraße, wo wir auf der Terrasse mit Blick auf den Faaker See, das Bergpanorama im Süden und den vorbeirollenden Verkehr mit durchaus nennenswerte Harley-Dichte vorzüglich speisen. Für meine Rockerbraut gibt es eine der veganen Leckereien auf der Karte, ich starte mit meinem heiß geliebten Cordon bleu, das hier so besonders schmackhaft mit einem herzhaften Käse und regionalem Speck gefüllt ist, und einer frischen, heißen Waffel mit Honig und Schokoladeneis als Nachtisch in die diesjährige European Bike Week. Wenn das kein phantastischer Auftakt ist!  

Hausrunde zu zweit

Zwei motorradfreie Wochen liegen schon wieder hinter uns. Jetzt müssen Straßenkönig und Sporty endlich mal wieder auf die Piste. Und so starten meine Rockerbraut und ich auf eine Hausrunde. Über Neukirchen, Surberg und Lauter geht es auf den Wonneberg. Dort legen wir an der wundervoll gelegenen Bank eine Pause ein und saugen zum wohl hundertsten Mal das prachtvolle Panorama der Chiemgauer Alpen auf, das sich klar und sonnenbeschienen vor uns ausbreitet.

Bevor wir endgültig in Tagträumereien versinken, starten wir wieder die V2-Motoren unserer Harleys und fahren vorbei am Waginger See nach Petting und Kirchanschöring, um von dort über kleine Nebenstraßen nach Leobendorf zu bummeln. Dann geht es weiter nach Schönram, Teisendorf und Achthal, bevor wir wieder zurück nach Hause rollen. Wie schnell und effektiv kann doch so eine kleine Hausrunde für totale Entspannung und Zufriedenheit sorgen!

Shovel in der Werkstatt

Nach unserem tollen Tirol-Urlaub habe ich noch ein paar Tage frei. Leider spielt das Wetter überhaupt nicht mit, um die eine oder andere Tour in unserer Heimatregion zu drehen. Immerhin ist es heute Nachmittag, am letzten Freitag meines Urlaubs, trocken. Da kann ich wenigstens mit meiner alten Shovelhead wegen der Kupplungs- und Vergaserprobleme einen kleinen Ausflug zu meinem Lieblings-Harley-Schrauber machen. Der zückt Schraubendreher und Schraubenschlüssel, justiert hier ein wenig und dort ein wenig nach, fährt eine kleine Runde und übergibt mir mein Oldtimerchen wieder. Nach so einer Reparatur im Handumdrehen bleibt also glatt noch Zeit für eine längere Proberunde um den Chiemsee.

Bevor ich auf diese Strecke starte, muss ich noch ein bisschen Seelennahrung aufsaugen. Zusammen mit mir sind nämlich noch andere Kunden bei meinem Lieblings-Harley-Schrauber, die total begeistert um meine alte E-Glide kreisen und das Bike in den höchsten Tönen loben. Das muss ich natürlich in vollen Zügen auskosten und genießen! Aber irgendwann tuckere doch weiter. Und stelle zufrieden fest, dass die Kupplung wieder einwandfrei funktioniert. Nur der Vergaser ist noch nicht perfekt. Die alte E-Glide geht beim Anhalten immer noch aus - allerdings nicht mehr so oft wie vorher. 

Ab nach Hause

Ausgeschlafen, ausgezeichnet gefrühstückt, die restlichen Koffer gepackt - pünktlich zum Check-out-Termin stehen wir vor der Rezeption, um unsere Rechnung zu begleichen und uns zu verabschieden. Dazu gehören ein ganz herzliches Dankeschön für die wundervolle Woche an das ganze Hotelteam von unserer Seite und die besten Wünsche für die Heimreise an uns seitens der Wirtin des Hotels. Dann geht es im Schweiße unserer Bikerklamotten ans Beladen der Maschinen. Tatsächlich: Wir haben sogar noch Platz für den geplanten Einkauf beim örtlichen Metzger. Bevor wir aber endgültig aufbrechen, geht es ein letztes Mal an die Hotelbar, wir brauchen dringend ein kaltes Getränk, um uns zu erfrischen und die leer geschwitzten Flüssigkeitsvorräte aufzufüllen.

Dann geht es los - allerdings kaum 500 m weit bis zum Halt beim Metzger, bei dem wir uns mit Tiroler Speck und den leckeren Boxerl-Würstchen eindecken. Dazu gehört natürlich auch wieder ein Mitbringsel für unserer Housesitter. Jetzt starten wir aber endgültig ab nach Hause. Dabei steht das Navi auf „schnellste Strecke“ und „Autobahnen vermeiden“, weil wir doch recht zügig unterwegs sein möchten - auch angesichts der dunklen Wolken, die das Inntal gemeinsam mit uns hinunterziehen.

Die Fahrt verläuft entsprechend unspektakulär, außer einem kleinen Baustellenstau in Innsbruck kommen wir bis zum Zillertal gut durch. In Brixlegg legen wir einen kurzen Stopp ein, weil wir den vorauseilenden Regenwolken doch bedenklich nah gekommen sind. Wir würden dieser Front gerne wieder einen größeren Vorsprung geben. Bei dieser Pause treffen wir allerdings auch eine kleine Fehlentscheidung: Bei der Überlegung, auf der Bundesstraße diesseits des Inns zu bleiben oder die schöne Nebenstrecke auf der anderen Innseite zu nehmen, entscheiden wir uns für die Bundesstraße. Das bremst uns in den Ortsdurchfahrten von Kundl, Wörgl und vor allem Kufstein mit Stopp-and-Go-Verkehr und roten Ampelphasen mehr als erwartet aus. Aber nachher ist man halt immer schlauer ...

Trotzdem kommen wir noch genau vor dem abendlichen Regen wohlbehalten und bestens erholt zuhause an. Außer ein paar Wassertropfen, die als Gischt von nassen Straßen auf unseren Bikerboots gelandet sind, haben wir wieder kein Nass abbekommen und sind trotz der immer wieder drohenden Regenwolken trocken angekommen. 

Auf Entdeckertour

Weil uns das Kühtai schon im vergangenen Jahr bei der Rückfahrt aus dem Urlaub so gut gefallen hat, habe ich für dieses Jahr eine Rundtour über diese wunderschöne Strecke geplant. Und dabei wegen eines Tipps aus einer Motorradzeitschrift einen Abstecher ins Lüsenstal eingeplant.

Sicherheitshalber frage ich morgens nach dem Frühstück unseren bikenden Wirt, ob ein Ausflug in dieses Seitental auch wirklich hält, was der Artikel in der Zeitschrift verspricht. Die Reaktion ist für mich völlig überraschend: „Wie heißt das? Lüsenstal? Noch nie gehört. Wo soll das sein?“, fragt er mit staunendem Blick zurück. Und zuckt auch nach meiner Ortsbeschreibung mit den Schultern. „Davon habe ich noch nie gehört. Aber berichtet heute Abend mal, wie’s war. Dann kann ich es ja auch mal in meine Tourenliste aufnehmen.“

So starten wir also mit einem kleinen, inoffiziellen Scouting-Auftrag in unseren heutigen Tourentag. Für die Anreise zum Kühtai wählen wir dieses Mal aber statt der Auffahrt von Oetz aus die Strecke von Haiming über Haimingerberg nach Ochsengarten. Leider fährt auf dieser tollen Strecke und dann sogar noch weiter bis zum Speicher Längental kurz vor dem Örtchen Kühtai ein Lkw vor uns, voll beladen mit Mist und ohne irgendeine Chance, ihn zu überholen. Immerhin stinkt die Ladung erstaunlich wenig; es gibt auch wenig Verluste, die die Straße vor uns einsauen und in einen schlüpfrigen Mistparcours verwandeln könnten. Deshalb können wir der Verfolgungsfahrt in respektvollem Abstand auch etwas Gutes abgewinnen: Wir haben gemütlich Zeit, die vorbeiziehende Landschaft und die Aussicht auf die tiefenentspannten Kühe, Pferde und Esel zu genießen, die überall am Wegesrand oder auch schon mal mitten auf der Fahrbahn stehen oder gehen und ihre Gelassenheit scheinbar direkt auf uns übertragen. Das macht so viel Freude, dass trotz - oder vielleicht doch gerade wegen - des Schneckentempos die Glückshormone mit jedem Kilometer stärker ausgeschüttet werden.

Nach einem kurzen Stopp in Kühtai geht es gleich weiter nach Gries im Sellrain, wo wir trotz des einsetzenden leichten Nieselregens auf unbekanntes Terrain abzweigen und das ominöse Lüsenstal entdecken. Was für eine gute Entscheidung! Und was für ein Kontrast zum Skiort Kühtai! Hierher ist zumindest der alpine Skizirkus offensichtlich noch nicht vorgedrungen. Das Tal, die Hänge und die Berge kommen ohne Lift- und Seilbahnverschandelungen aus. Stattdessen stürzen überall die von uns so sehr geliebten Wasserfälle und Bäche herab. Einfach herrlich!

Am Ende des Tals erwarten uns ein einladender Berggasthof und - perfekt für die geplante Pause - blauer Himmel samt Sonnenschein. Der junge Wirt begrüßt uns mit ausgesprochener Gastfreundlichkeit, und während wir an einem Tisch auf der Terrasse Platz nehmen, erzählt er uns, dass er erst vor Kurzem hier als neuer Pächter angetreten ist. Mitten in der Pandemie ein denkbar schlechter Zeitpunkt, aber er ist zuversichtlich, dass er hier auf Dauer ein solides Geschäft etablieren kann. Das Panorama von seiner Terrasse aus steht dem sicherlich nicht im Weg. Wir bestaunen mit Blickrichtung Süden die Stubaier Alpen und ihre Gletscher sozusagen von der Rückseite, wie uns der Wirt erklärt. Auch das kulinarische Angebot kann sich sehen lassen. Die Karte bietet alles, was ein hungriger Biker und sicherlich auch hungrige Wandersleut´ sich in einem Tiroler Berggasthof wünschen. Wir bestellen zwar nur eine Portion Pommes für meine Rockerbraut und ein Stück Kuchen für mich, aber beides kann sich absolut sehen lassen. Der hausgemachte Kuchen ist ein Gedicht und die frittierten Kartoffelstäbchen gehören zu den besten, die meine Rockerbraut bei unseren zahllosen Pausen genießen durfte. Denn gute Pommes sind durchaus nicht jeder Köchin und jedes Kochs Sache!

Wir wünschen dem netten Wirt und seinen Mitarbeiterinnen im Service und in der Küche viel Erfolg mit diesem herrlich gelegenen Gasthaus. Dann starten wir bei immer weiter aufbrechender Wolkendecke und immer mehr hervorscheinenden Sonnenstrahlen zurück nach Gries im Sellrain. Fahrerisch ist das Lüsenstal natürlich keine Offenbarung. Da gibt es mit dem Kühtaisattel selbst und den vielen Pässen in der Nähe für Kurvensüchtige weitaus Spannenderes und Anspruchsvolleres zu entdecken. Trotzdem nehmen wir diesen Geheimtipp nur zu gerne mit auf den Heimweg. Denn für eine tolle Pause und entspanntes Cruisen ist dieses Tal allemal einen Abstecher wert!

Zurück im Sellraintal gehen wir wieder auf unsere ursprüngliche Runde und fahren hinunter nach Kematen, überqueren den Inn und nehmen dann noch eine Schleife hinauf nach Seefeld in Angriff. Von dort geht es in einem herrlichen Bogen über Leutasch wieder zurück ins Inntal nach Telfs und dann wieder weg vom Inn über die B189 bis kurz vor Nassereith. Die letzte Etappe über Imst und Mils können wir schon fast blind zurücklegen, so gut kennen wir diesen Streckenabschnitt inzwischen.

An der Tankstelle neben dem Hotel füllen wir noch schnell unsere leeren Spritbehälter für die morgige Heimfahrt. Dann geht es unter eine erfrischende Dusche und leider auch zum Packen der ersten Koffer aufs Zimmer. Bei unserem letzten Abendessen auf der Hotelterrasse berichten wir unserem Wirt noch aus dem Lüsenstal. Er ist tatsächlich baff erstaunt, dass zwei dahergelaufene Gäste ihm als Einheimischem und altgedientem Motorradguide noch ein neues Ausflugsziel aus seinem angestammten Tourenrevier empfehlen können. Für seine Pässetour über das Kühtai, den Brenner, den Jaufenpass und das Timmelsjoch ist das Lüsenstal natürlich keine passende Ergänzung. Aber vielleicht kann er den Abstecher in eine ruhigere Halbtagestour einbauen. Nach dem Abendessen entspannt sich außerdem noch ein gemütlicher Biker-Plausch mit anderen zweiradaffinen Gästen, bis wir irgendwann wegen der morgigen Abreise abbrechen und uns die nötige Mütze Schlaf holen. 

Regenpausentag

Auch wenn der Regen nicht mehr ganz so heftig ist wie beim Gewitter gestern Abend: Motorradfahren werden wir uns heute definitiv verkneifen. Es tröpfelt und nieselt unentwegt. Da machen wir nach einem ausgiebigen Frühstück lieber einen gut beschirmten Spaziergang durch den Ort und schauen beim Metzger wegen seiner Öffnungszeiten vorbei. Denn wir möchten übermorgen vor der Heimfahrt - wie schon im vergangenen Jahr - wieder bei ihm einfallen und uns mit Tiroler Speck und leckeren Boxerl-Würsten versorgen. Das Öffnungszeitenschild an der Tür gibt uns grünes Licht für diesen Stopp: kein Ruhetag und auch keine Mittagspause. Da können wir ganz nach unserem Belieben einfallen - solange noch Platz für den Einkauf in unseren Taschen ist. Den Rest des Tages verbringen wir nach dieser Ortserkundung, wie es sich für echte Harley-Biker gehört: Mit einem Spielenachmittag auf der Hotelterrasse bei heißem Tee und anderen leckeren Getränken.  

Eine andere Art von Bergfahrt

Als Hotelgäste haben wir freie Fahrt mit der Seilbahn auf den Venet. Das wollen wir uns bei diesem Aufenthalt nicht entgehen lassen. Deshalb haben wir beschlossen, unsere heutige Bergtour statt auf Motorrädern und kurvigen Straßen mit einer schaukelnden Gondel an einem fetten Stahlseil zu absolvieren. Schließlich kann biketaugliches Wetter ja auch für so einen Gipfelsturm nicht schaden.

Nach unserer Ankunft auf dem Venet bieten uns die Alpen bei unserem kleinen Spaziergang rund um die Bergstation allerdings einen echten Exkurs in Sachen Wetterumschwünge. Sonne und Wolken wechseln in Sekundenschnelle, die Aussichten ins Tal sind in der einen Minute noch klar und weit, im nächsten Augenblick aber schon von vorbeiziehenden Nebelschwaden verhangen. Eine besonders dunkle und schnell heranziehende Wolke lässt uns unsere Erkundungsrunde abbrechen und treibt uns in das Panorama-Restaurant an der Bergstation. Das erreichen wir gerade noch rechtzeitig vor dem einsetzenden Regen. Und während meine Rockerbraut ein Getränk und ich einen ausgezeichneten Kaiserschmarrn genießen, wohnen wir einem wirklich faszinierenden Wetterphänomen bei: Auf der Bergseite des Panoramarestaurants regnet es in Strömen, Blitze zucken über der Kapelle am Gipfelhaus hin und her, Donner grollt vernehmbar die Bergflanken von Süden herauf. Als Kontrast dazu blicken wir an der Talseite, wo wir an einem der großen, bodentiefen Fenster sitzen, hinab auf den sonnenbeschienenen Inn. Nur ganz selten saust ein verirrter Regentropfen durch unser Sichtfeld. Zwischen Regen- und Sonnenseite liegen hier vielleicht 20 oder 25 Meter.

Leider macht das Unwetter einem weiteren Vorhaben meiner Rockerbraut einen Strich durch die Rechnung. Nachdem sich der schlimmste Regen, Blitz und Donner verzogen haben, juckt es meine Frau, eine Runde mit dem Venet-Bob, einer Sommerrodelbahn, zu drehen. Doch die ist leider nach dem Unwetter auf nicht absehbare Zeit außer Betrieb. Auf’s Geratewohl zu warten, wann der Bob wieder seinen Betrieb aufnimmt, ist uns der Spaß allerdings auch nicht wert. Dann kommen wir lieber noch einmal wieder hier hoch - die Fahrt können wir ja während unseres Aufenthalts beliebig oft kostenfrei genießen.  

Auf ins Pitztal und weg vom schlechten Wetter

Der Wetterbericht sagt für heute im Tagesverlauf eine zunehmende Regen- und sogar Gewitterwahrscheinlichkeit vorher. Da wir insbesondere keine Lust darauf haben, in ein Berggewitter zu kommen, entscheiden wir uns beim Frühstück, nur auf eine kurze Tour zu gehen, von der wir jederzeit schnell wieder ins sichere und trockene Hotel zurückkehren können. Die Wahl fällt auf das Pitztal, das wir gestern auf dem Rückweg zwar kurz gestreift, aber noch nicht wirklich erkundet haben.

Weil wir die schönen Stunden dieses Tages möglichst im Pitztal genießen wollen, starten wir über die Bundesstraße auf schnellstem Weg nach Mils und Imst, wo wir nach Arzl abbiegen. Dann geht es deutlich gemütlicher weiter nach Jerzens und St. Leonhard bis ans (befahrbare) Ende des Pitztals in Mittelberg. Hier kehren wir für eine Erfrischung in einem der Gasthöfe ein und lassen die bisherige Tour Revue passieren.

Das Pitztal gefällt meiner Rockerbraut und mir ausgesprochen gut. Es bietet zwar kein hochalpines Kurvenkarussell, dafür aber ein wundervolles Dahingleiten auf herrlich geschwungenen Sträßchen - wie gemacht für unsere Harleys. Dazu gesellen sich faszinierende Ausblicke auf die umliegende Bergwelt mit ihren verschneiten Gipfeln und - damit können uns die Bergtäler in den Alpen immer wieder begeistern - zahllosen Wasserfällen und Bergbächen, die von den Talwänden herunterstürzen und herabrauschen.

Nach der kurzen Pause machen wir uns auf die Rückfahrt. Dabei wollen wir noch einmal über Piller hinüber ins Oberinntal fahren. So nehmen wir die Route über Wenns, wo wir einen kurzen Tankstopp einlegen, und zweigen dann ab nach Piller, um die herrliche Strecke von gestern noch einmal in umgekehrter Richtung unter die Pneus zu nehmen. Aber kaum haben wir den ersten Anstieg von Wenns hinauf nach Piller erklommen, ballt sich am Horizont vor uns eine tiefschwarze Wolkenwand auf. Sie droht unmissverständlich Regen und Gewitter an und liegt unzweifelhaft genau auf unserer Route. Wenn wir hier weiterfahren, werden wir nass - und wahrscheinlich nicht nur das.

Da machen wir lieber eine Kehrtwende und fahren zurück ins Pitztal. Denn darüber liegt noch blauer Himmel. Und aus dem Pitztal sehen wir dann auch blauen Himmel über dem Inntal, während rechts und links über den Bergen schwere, regennasse Wolken hängen. So geht unser Plan tatsächlich auf. Bis ins Hotel fahren wir trocken genau unter einem himmelblauen Schönwetterstreifen dahin, während wir den Regen in den Bergen regelrecht sehen und auch riechen können. Erst als meine Rockerbraut ihr erstes Getränk und ich einen erfrischenden Eisbecher auf der überdachten Hotelterrasse serviert bekommen, bricht auch im Tal der Regen los. Und was jetzt als leichtes Tröpfeln beginnt, bildet sich im Laufe des Abends zu einem kurzen, aber heftigen Gewittersturm aus, der uns und alle anderen Hotelgäste von der Terrasse vertreibt. 

Gut erholt zum Gipfelsturm

Nach der trockenen Anfahrt vorgestern war der gestrige Tag komplett verregnet. Macht nichts, so konnten wir ruhigen Gewissens dem süßen Nichtstun fröhnen, ein bisschen spazieren gehen, wieder faulenzen und uns für die anstehenden Touren ausruhen. Und natürlich die tolle Gastfreundschaft in unserem Hotel genießen.

Aber nach so einem motorradlosen Tag müssen wir heute natürlich ein echtes Highlight unter die Räder nehmen: die Kaunertaler Gletscherstraße. Leider erfahren wir von unserem selbstfahrenden Wirt, dass die Landstraße von Landeck in Richtung Süden, über die wir eigentlich ins Kaunertal fahren wollten, wie schon im Vorjahr immer noch gesperrt ist. So müssen wir die wenig attraktive Umleitung durch den Landecker Tunnel nehmen. Sei’s drum, wir werden es überleben, auch wenn Tunnelfahren in der Regel keinen wirklichen Spaß macht.

Der Spaß beginnt aber gleich nach der Tunnelausfahrt, denn das Navi lotst uns alsbald von der Reschenstraße über eine Holzbrücke weg auf eine kleine Nebenstraße bis Prutz. Hier überqueren wir wieder den Inn und die Reschenstraße, bevor wir ins Kaunertal einbiegen. Dort führt uns die Straße immer am Faggenbach entlang durch das wundervolle Tal, das schon lange vor der Mautstation in Feichten absolut sehenswert ist mit seiner Bergwelt und den zahllosen Wasserfällen, die rechts und links die Talwände herabstürzen. Aber auch die tiefenentspannten Kühe entlang der Strecke begeistern uns immer wieder, wie sie am Straßenrand oder gerne auch mitten auf der Straße stehen und völlig ungerührt dem vorbeirollenden Verkehr zuschauen. Der hält sich übrigens in sehr überschaubaren Grenzen. Trotz Ferienzeit sind die Straßen wie leer gefegt.

Am Gepatsch Stausee legen wir eine kleine Pause ein und parken neben einer echten Rarität: einer Yamaha RD 350. Diesen Zweitakter habe ich seit Jahren nicht mehr auf der Straße als Daily-Rider gesehen. Wenn überhaupt, tauchte er mal als wohlgepflegtes Einzelexemplar bei irgendwelchen Treffen auf. Und als dann auch noch ein Pärchen an das Bike herantritt, er die Fahrerposition einnimmt, das Bike ankickt, sie schwungvoll den Soziussitz erklimmt und die beiden dann mit dem typischen Räng-Däng-Däng und dem leicht blauen Auspufffähnchen Richtung Gletscher davonsausen, fährt mein vollster Respekt mit den beiden davon. Das muss echte Begeisterung sein, zu zweit mit dem hochdrehenden Bike, das sicherlich seine 35 oder 40 Jahre auf dem Buckel hat, auf Pässetour zu gehen!

Nach einem kurzen Spaziergang auf den Staudamm hinaus und nach einem Besuch der Toiletten im Café am Stausee starten auch wieder und nehmen die letzten kurvenreichen Kilometer bis zum Ende der Straße am Kaunertaler Gletscher in Angriff. Was für eine wundervolle Strecke! Was für ein erhebendes Gefühl, nach 29 Kehren und ungezählten Kurven, die zwar nicht zur Kehre geadelt sind, deshalb aber nicht unbedingt weniger Spaß machen, in 2750 m Höhe vom Bike zu steigen und die Aussicht zurück ins Tal und auf die gefahrene Strecke zu genießen! Und was für eine Vorfreude, das alles auch wieder zurückfahren zu dürfen!

Wir vertreten uns die Beine mit einer kleinen Rundwanderung um den Parkplatz herum, auf dem wir übrigens neben vielen anderen Bikes auch wieder die RD 350 sehen, und saugen die immer neuen Panoramen und Perspektiven in uns auf, die sich mit jedem Schritt und jeder Drehung auftun. Dann kehren wir für eine Stärkung und Erfrischung auf der sonnenbeschienenen, erstaunlich warmen Terrasse des Gletscherrestaurants ein, das - neben den Standards einer solchen Touristen-Abfütterungsstation - eine erstaunlich gute, allerdings auch ordentlich bepreiste Auswahl an leckeren Tiroler Spezialitäten bietet.

Total begeistert von diesem Ziel, das als zweithöchste asphaltierte Alpenstraße in Österreich nicht nur für die Diese-Pässe-bin-ich-schon-gefahren-Liste Punkte bringt, sondern auch als Motorradstrecke zum Genießen lohnt, rollen wir wieder hinab ins Tal und freuen uns zum zweiten Mal an jeder einzelnen Kehre. Und sehen zum dritten Mal das RD-Pärchen, jetzt an einer Tankstelle, an der wir vorbeifahren.

Weil noch Zeit ist und wir nicht dieselbe Strecke - vor allem nicht den Landecker Tunnel - zurück ins Hotel nehmen möchten, entscheiden wir uns für eine Zusatzschleife die Straße rauf nach Kaunerberg und dann zum Naturparkhaus Kaunergrat. Dort versinken wir für ein paar Minuten in die tolle Aussicht hinunter ins Inntal. Kein Wunder, dass genau hier diese Besucherplattform in den Hang gebaut wurde!

Nach diesem aussichtsreichen Stop geht’s weiter zum Örtchen Piller, dessen Name uns natürlich unweigerlich an den geliebten Pillersee erinnert. Auch ohne See können Landschaft und Streckenführung hinüber ins Pitztal überzeugen. Zurück ins Hotel geht es dann aus dem Pitztal nach Imst und über Imsterberg. Was für ein toller Motorrad-Touren-und-Erlebnis-Tag!

Auf geht’s mit gemischten Gefühlen

Das Gewitter gestern Abend war noch einmal ein ordentlicher Paukenschlag nach diesem ohnehin schon von Regen und Unwettern gebeutelten Juli. Allerdings signalisierte uns das Regenradar der Wetter-App noch in der Nacht gleich nach Ende von Blitz und Donner, dass es heute bis zum späteren Nachmittag zwar starke Bewölkung, aber nur wenig bis gar keinen Niederschlag geben würde. Wir müssen es nur bis 17 Uhr, besser noch 16 Uhr, ins Hotel schaffen. Dann sollten wir dem Regen davongefahren sein.

Also sind wir heute Morgen tatsächlich zu einer für uns unanständig frühen Uhrzeit aus den Betten gekrochen und können schon um 10:15 Uhr die V2-Motoren unserer fertig beladenen Harleys starten. Damit haben wir gut sechs Stunden Zeit bis zum avisierten schlechten Wetter. Das sollte locker reichen für die 212 km, die das Navi als zu fahrende Strecke anzeigt - auch wenn wir den Kurvenreiche-Strecke-Modus mit Land- und Nebenstraßen ausgewählt haben und noch die eine oder andere Pause machen wollen. Trotzdem haben wir uns, nicht zuletzt auch wegen der doch für Juli recht frischen Temperaturen, in unsere Funktionskombis gehüllt und sind damit gegen alle Wetterunbillen gewappnet. Ein Blick gen Himmel bestätigt zusätzlich, dass das die richtige Kleiderwahl ist. Denn über uns gibt es alle Nuancen von Grau zu sehen, aber kein bisschen Blau oder Sonnengelb.

Zunächst geht es über wohl bekannte Straßen nach Kössen, dann am Walchsee vorbei und weiter nach Kufstein. Dort verlassen wir aber kurz nach der Inn-Überquerung die Bundesstraße und fahren über Langkampfen, Niederbreitenbach und Schönau nach Breitenbach am Inn, wo wir eine kurze Pause mit einem Snack aus unseren Brotdosen und einer Erfrischung aus unseren Thermosflaschen einlegen. Dabei diskutieren meine Rockerbraut und ich auch kurz die weitere Fahrtstrecke: Wollen wir auf den zeitraubenden, aber schönen Nebenstrecken bleiben oder doch lieber auf die Bundesstraße oder sogar die Autobahn wechseln und einfach nur schnell ankommen? Die Autobahn schließen wir sofort aus. Weil das Wetter tatsächlich stabil, sprich: trocken, zu bleiben verspricht, sind wir uns auch schnell einig, solange es nur geht auf den Nebenstraßen zu bleiben. Schließlich sind wir auch dabei nie so weit von den schnelleren Hauptstraßen weg, als dass wir nicht kurzfristig umdisponieren könnten.

So geht es also weiter über das herrliche Sträßchen am Reintaler See vorbei und dann nach Kramsach, wo wir die Inn-Seite erneut wechseln. Wir fahren kurz über die Bundesstraße von Brixlegg nach Strass im Zillertal, um von dort über die alte Landstraße Schwaz zu erreichen. Bis Wattens nehmen wir dann wieder die Bundesstraße, biegen aber gleich hinter Volders noch vor der Inn-Brücke ab auf eine kleine Landstraße, die uns nach Volderwald und schließlich nach Aldrans führt.

Die folgende Fahrt durch Innsbruck verläuft zum Glück völlig problemlos ohne große Ampelstopps oder starken Stadtverkehr. Schnell sind wir auf der Ausfallstraße am Flughafen vorbei und fahren weiter auf der Bundesstraße bis Zirl. Hier führt uns das Navi links weg, zuerst durch das Städtchen, dann über den Inn und unter der Autobahn hindurch in ein großes Industriegebiet. Naja, schöne Streckenführung ist anders ... Aber schon nach ein paar Kilometern ist die Industrieansammlung vergessen. Wir fahren parallel zum Inn, bis uns das Navi plötzlich weg von der schon nicht großen Landstraße auf eine kleine Bergstrecke lotst, der wir nur zu gerne folgen.

Leider hat dieser Abstecher zwei recht unerfreuliche Überraschungen für uns parat: Irgendwo im steilsten Anstieg der Strecke gibt es plötzlich eine Ampelschaltung, weil hier die Straße bei den Unwettern der vergangenen Wochen offensichtlich stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Es geht nur einspurig über einen ziemlich stark unterspülten und notdürftig geflickten Straßenrest weiter, der immer weniger aus Asphalt und immer mehr aus Schotter und Geröll besteht. Kaum haben wir diese Passage gemeistert, attackiert mich bei der Vorbeifahrt an einem Bauernhof der Hofhund mit lautem Gebell. Eigentlich habe ich bei diesem Angriff weniger Angst um mich und meinen Straßenkönig als um den Hund. Und so versuche ich ihn vor allem durch lautes Aufheulen meines Harley-Motors zu vertreiben - eine Strategie, die tatsächlich erfolgreich ist, denn der kläffende Geselle lässt von mir ab und auch meine hinterherfahrende Rockerbraut in Ruhe. Loud pipes safe lives - in diesem Fall aber wohl eher das des Hundes als mein eigenes.

Wieder zurück auf der Hauptstraße beschließen wir, ab jetzt keinen Sondereinlagen des Navis mehr zu folgen, sondern mehr oder weniger direkt, aber natürlich weiterhin auf Nebenstraßen, ins Hotel zu fahren. Und so rollen wir jetzt zügig am Ötztal vorbei bis Imst, dann südlich des Inns über Imsterau und Imsterberg in unser Hotel am Fuße des Venet. Dort sind nach einem herzlichen Willkommensgruß die Sporty meiner Rockerbraut und mein Straßenkönig schnell abgepackt und gut geschützt in der geräumigen Bike-Garage verstaut, damit wir alsbald einen gemütlichen Abend auf der großen Terrasse bei einem vorzüglichen Abendessen genießen können. Nach einer komplett trockenen Anreise hören wir dem einsetzenden Regen völlig entspannt unter der Überdachung der Terrasse zu. Und amüsieren uns köstlich über eine Ingwer-Limonade, die zwar sehr gut und erfrischend schmeckt, aber laut Zutatenliste tatsächlich überhaupt keinen Ingwer enthält - nur irgendein naturidentisches Aroma.  

Kofferpacken für den nächsten Urlaub

Irgendwie ist es schizophren: Einerseits möchte ich vom Alltag und dem Arbeitsstress komplett abschalten und im Urlaub mit meinem Straßenkönig nichts wie weg von zuhause. Andererseits schwingt bei dem Gedanken an eine Reise die Angst mit: vor mangelnder Einhaltung der AHA-Regeln, vor stickigen, schlecht belüfteten Frühstücks- und Speiseräumen und letztendlich natürlich vor einer Infektion. Deshalb haben wir nach unserem Zillertalurlaub Ende Mai/Anfang Juni lange mit unseren weiteren Urlaubsplanungen für dieses Jahr gezögert. Die Tour nach Faak im September ist unumstößlich im Kalender eingeplant. Aber für meine zwei Urlaubswochen Ende Juli/Anfang August haben wir lange zwischen einem Urlaub daheim und einer Reise geschwankt. Erst recht spät haben wir uns dann doch entschieden, eine Woche wegzufahren - aber nur unter der Prämisse, dass wir ein wohlbekanntes Ziel ansteuern, wo wir die Lage schon im Vorhinein kennen und gut einschätzen können. Zum Glück hatte das Hotel im oberen Inntal, in dem wir schon letztes Jahr so einen tollen Bikerurlaub verbringen durften und uns wohl und sicher gefühlt hatten, trotz unserer kurzfristigen Anfrage noch ein Doppelzimmer frei. Dorthin werden wir morgen noch einmal starten.

Unsere sieben Sachen haben wir schon am letzten Wochenende zusammengesammelt. Unter der Woche habe ich noch schnell Touren für eine Woche Motorradfahren in Tirol geplant. Einige Ziele in der Region waren aus dem vergangenen Jahr noch offen, ein paar zusätzliche Runden sind dank der Tourentipps von der Hotel-Homepage und einschlägiger Internetportale schnell gefunden. Heute Morgen haben wir außerdem schon unseren Hund für seine ganz persönliche Wellness-Woche in der liebevollen Hundepension abgegeben. Jetzt muss für die perfekte Bikewoche nur noch das Wetter mitspielen.

Aber dessen Vorhersage sieht zumindest für den morgigen Anreise-Dienstag und den darauffolgenden Mittwoch noch sehr bescheiden aus. Entsprechend verpacken wir alle Klamotten sehr sorgfältig - entweder in ohnehin schon gut geschützte Behältnisse wie meine Sissybar-Tasche oder in wasserdichte Packsäcke, die wir dann wiederum ruhigen Gewissens in die Gepäckrolle meines Straßenkönigs oder die Hecktasche der Sporty meiner Rockerbraut stecken können. Und auch die guten alten Müllsäcke kommen zum Einsatz, z. B. als Sicherheitsumhüllung für die Innentaschen der Seitenkoffer meine Road King Classic. Kaum haben wir das alles gut auf unseren Bikes verstaut, bricht ein schweres Gewitter los - als wollten die Wettergötter die schlechten Vorhersagen noch einmal bekräftigen. 

Unwetter-Inspektion

Ahrtal, Berchtesgaden - die Unwetter der vergangenen Woche haben vielerorts schreckliche Verwüstungen hinterlassen. Außer ein bisschen Wasser im Keller, das wir mit dem Aufnehmer wegwischen konnten, und infolgedessen feuchten Wänden, denen wir jetzt und wohl auch noch einige Woche lang mit kräftigem Lüften und laufenden Ventilatoren auf den Leib rücken müssen, haben wir selbst keine Schäden zu verzeichnen. Deshalb nutze ich das endlich wieder schöne Wetter am heutigen Nachmittag für eine kleine Hausrunde.

Die Wetterschäden, die ich dabei am Straßenrand zu sehen bekomme, sind zwar durchaus beeindruckend, aber wohl nichts im Vergleich zu den Verwüstungen andernorts. Zwischen Reit im Winkl und Ruhpolding gibt es starke Überflutungen und Murenabgänge rechts und links der Straße, umgeknickte oder entwurzelte Bäume sind überall an den Hängen und im Wald zu erkennen, an manchen Stellen stehen auch noch Bau- und Forstmaschinen von den Aufräumarbeiten. Aber es gibt keine nennenswerten Schäden an der Straße selbst oder an den Gebäuden, an denen ich vorbeifahre. Was haben wir doch für ein Glück gehabt! Keine 40 km Luftlinie entfernt liegt die Rodelbahn am Königssee in Schutt und Geröll begraben. 

Pillersee und Burger-Essen mit Sozia

Seit anderthalb Jahren haben wir zum ersten Mal wieder Besuch. Eine liebe Freundin macht ein paar Tage Urlaub bei uns. Eigentlich wollten wir in dieser Zeit die eine oder andere Motorradrunde mit unserem Gast auf dem Sozius meines Straßenkönigs durch den Chiemgau und in die Berge drehen. Aber leider hat uns das Wetter in den ersten Tagen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Bis heute. Heute soll es trocken und sonnig bleiben - ideales Wetter also für eine abwechslungsreiche Runde über Kössen zum Pillersee. Hier wollen wir für einen kleinen Erfrischungsstopp anhalten, bevor es dann zum Burger-Essen nach Scheffau weiter und über Kufstein, Sachrang und Aschau wieder nach Hause geht. Wir nehmen also auf dieselbe Runde in Angriff, die wir auch schon vor zwei Wochen gefahren sind, und hoffen, dass das Gasthaus am Pillersee mit dem schönen Biergarten direkt am Wasser heute endlich geöffnet hat.

Und so ist es zum Glück auch, wir können uns mit herrlicher Aussicht auf den See, Tretboote, Spaziergänger, Radfahrer, Sonnenanbeter und Badegäste erfrischen. Meine Gastsozia ist begeistert von der bisher gefahrenen Strecke und der herrlichen Landschaft. Und diese Begeisterung bleibt auch auf der weiteren Strecke nach unserer Erfrischungspause erhalten. Vor allem die Aussicht auf den Wilden Kaiser hinterlässt einen tiefen Eindruck, als wir von Fieberbrunn nach St. Jakob fahren und uns dem Bergmassiv nähern.

Beim nächsten Stopp in der urigen Bikerkneipe in Scheffau lassen wir uns dann die ordentlichen Burger, die uns hier wieder einmal serviert werden, vor der gewaltigen Kaiser-Kulisse schmecken. Schade, dass dieser herrliche Tag damit schon fast seinen Höhepunkt erreicht hat. Immerhin gibt es auf der Heimfahrt noch die tolle Aussicht von Noppenberg aus zurück ins Inntal und auf Kufstein mit seiner Festung, die meine Sozia vom Rücksitz meines Straßenkönigs natürlich völlig unbeschwert genießen kann. 

Sorgenvolle Ausfahrt

Die heutige Ausfahrt mit meinem Oldtimerchen stimmt mich etwas sorgenvoll. Die Kupplung rutscht mittlerweile schon im dritten Gang bei leichten Steigungen und zu viel Gas durch. Deshalb starte ich mit der Shovelhead auch nicht, wie geplant, in die Berge, sondern auf eine möglichst flache Runde durch den Chiemgau und den Rupertiwinkel. Mit vorsichtiger Gashand dirigiere ich die alte Electra Glide über Surberg und den Wonneberg zum Waginger See, dann nach Kirchanschöring und Leobendorf, am Abtsee vorbei, weiter nach Teisendorf und durch Achthal nach Hause. Weil auch der Vergaser wieder ein wenig spinnt und der Motor bei so manchem Halt abstirbt, aber nach einem kurzen Druck auf den Startknopf immerhin sofort wieder anspringt, ist da wohl bald ein Besuch bei meinem Lieblings-Harley-Schrauber fällig. 

Pillersee mit Zugabe

Heute wollen wir mal wieder eine unserer Lieblingsrunden unter die Räder nehmen und den Pillersee nebst dem netten Gasthaus an seinem Ufer besuchen. Und so starten wir über Schleching und Kössen zu unserem Ziel in den Loferer Steinbergen. Doch leider hat das Gasthaus noch geschlossen - und das, obwohl die Sommerferienzeit schon begonnen hat. Damit hatten wir nicht gerechnet. So beschließen wir kurzerhand, die für die Einkehr eingeplante Zeit für eine erweiterte Runde zu nutzen, und starten durch in Richtung St. Johann in Tirol, um von dort entlang der Südseite des Wilden Kaisers nach Kufstein zu fahren.

Gesagt, getan. Allerdings legen wir in Ellmau noch einen Zwischenstopp ein. Wir brauchen eine kleine Erfrischung und Stärkung. Dann geht es wie geplant weiter, von Kufstein über Sebi und Sachrang nach Aschau und dann nach Hause. Mein Straßenkönig macht mir wieder einen Riesenspaß, kann ich doch auf dieser wohlvertrauten Strecke die beruhigende Wirkung des neu eingebauten Stabilisators noch einmal richtig gut beurteilen. Und meine Rockerbraut freut sich nach einer Vollbremsung, die ich vor ihr hingelegt habe, und einer ersten Schrecksekunde ob dieses Fahrmanövers, dass ein kleines Kätzchen unbeschadet die Straße überquert hat. 

Da trifft man sich ja doch mal wieder

Kaum zu glauben, aber wahr: Jetzt, Mitte Juni, findet endlich und zum ersten Mal in diesem Jahr wieder ein Treffen statt. US-Cars, Oldtimer und Harleys sind eingeladen! Also nichts wie rauf auf die Motorräder - in meinem Fall auf die Shovelhead, denn mit der erfülle ich schließlich gleich zwei Voraussetzungen aus der Einladung - und ab ins Vergnügen! Das Wetter passt. Es ist schon fast zu heiß an diesem Tag, um später in Biker-Montur über das Festgelände zu bummeln. Aber jetzt genießen wir erst einmal die Anfahrt nach Kolbermoor mit einer Schleife südlich über den Samerberg und Bad Feilnbach.

Während der ganzen Fahrt habe ich schon dieses erwartungsvolle Hochgefühl, endlich wieder ein bisschen Festivalstimmung zu inhalieren - auch wenn es nur ein kleines Treffen sein wird. Trotzdem: Für Live-Musik, Essen und Trinken sowie ein paar Verkaufsstände ist laut Vorankündigung gesorgt. Dazu noch ein paar Motorradverrückte wie wir, was soll da noch schief gehen?

Bereits die Einfahrt auf das Festgelände ist ein erhebendes Erlebnis nach der langen Treffen-Abstinenz. Die Zufahrt säumen Bikes und ziemlich abgedrehte US-Cars, dazwischen flanieren echte, lebende Besucher, die uns Platz machen, damit wir zum Parkplatz im hinteren Teil des Areals fahren können. Dabei bleibt auch durchaus der eine oder andere bewundernde Blick an der Sporty meiner Rockerbraut und meinem Schäufelchen hängen - verdammt gut für unser beider Ego!

Trotzdem: Nachdem wir unsere beiden Harleys standesgemäß abgestellt haben, ist beim anschließenden Spaziergang über das Gelände und beim Anstehen am Getränkestand irgendwie immer ein komisches Gefühl dabei. Die Abstandsregeln haben sich inzwischen so tief eingegraben, dass ein bisschen Gedränge wie hier und heute schon zu einem gewissen Unwohlsein führt. Unbeschwertes Beisammensein müssen wir wohl erst wieder lernen, wenn diese Pandemie vorbei ist. 

Schwertransport

Zu meinem Geburtstag bringe ich traditionell immer etwas mit ins Büro für meine Kolleginnen und Kollegen. In diesem Jahr haben wir bei unserem Bäcker im Ort kleine süße und herzhafte Plunder als Fingerfood bestellt - 50 an der Zahl. Da kann sich dann jeder selbst bedienen und seine Happen an den Platz oder wohin auch immer mitnehmen. Gemütlich zusammensitzen ist ja derzeit nicht möglich.

Dumm nur, dass meine Rockerbraut heute das Auto braucht und ich mit dem Straßenkönig ins Büro fahren muss. Aber zum Glück habe ich ja Koffer und Gepäckrolle an meiner Road King montiert, da werde ich ja wohl ein bisschen Backwerk unterbringen. Und so rolle ich morgens in aller Herrgottsfrühe vor dem kleinen Bäckerladen vor, stelle mein Bike ab und stiefele in den Verkaufsraum.

Dort warten drei große Kuchenschachteln auf mich, wohlgefüllt mit den noch warmen Leckereien aus der Backstube - und eine freundliche Verkäuferin, die immer skeptischer werdende Blicke von den drei Kartons zu mir, zu meinem Bike und wieder zurück zu den Kartons wandern lässt. Ob ich das alles wirklich auf dem Motorrad transportieren wolle, fragt sie schließlich. Und ergänzt: „Also, die Obstplunder dürfen auf keinen Fall verrutschen, kippen oder fallen. Dann sind die kaputt!“

Wenn die wüsste, was ich schon alles auf dem Motorrad transportiert habe und was für ein Ladevolumen so ein Bike bietet! Sogar sechs Spalierobstbäumchen waren in meinen frühen Bikertagen schon dabei, die allerdings nach der Fahrt von der Baumschule in den elterlichen Garten ziemlich entblättert waren, aber trotzdem irgendwann reiche Ernte trugen. Aber das ist eine ganz andere Geschichte aus einer ganz anderen Zeit ...

Während ich meine Bestellung bezahle, beruhige ich die besorgte Dame, dass ich die Obstplunder schön waagrecht hinten in der Rolle verstauen werde, wo sie gut geschützt den Weg zur Arbeit überstehen werden. Und die weniger empfindlichen Käseplunder kommen in den Seitenkoffer, was sie sicherlich auch überleben werden. Während ich dann mit meinen drei Kuchenschachteln aus der Bäckerei marschiere, mache ich mir ehrlich gesagt mehr sorgen darum, wie ich das Gebäck plus Helm und Tasche später vom Motorrad in die Büroküche bekomme. Aber eines nach dem anderen. Jetzt geht es erst einmal darum, alles an meinem Straßenkönig zu verstauen. Was auch tatsächlich klappt wie geplant.

So kommt schließlich alles heil und unversehrt im Büro an, auch den Jonglage-Akt vom Motorradstellplatz durch das Drehkreuz aufs Firmengelände und dann rauf in den dritten Stock in unsere Kaffeeküche meistere ich irgendwie. Am Abend belohne ich mich für diesen Schwertransport samt Zirkuseinlage mit einer Feierabendrunde nach Waging, über den Wonneberg, Achthal und Surberg nach Hause. Ach ja, und meine Kolleginnen und Kollegen haben es sich ordentlich schmecken lassen!

Es qualmt und stinkt

Einen Monat ist es jetzt schon fast wieder her, dass ich mein Schäufelchen bewegt habe. Okay, da war unsere Urlaubswoche mit der Road King dazwischen. Aber trotzdem freue ich mich wie Bolle darauf, das Oldtimerchen wieder einmal über die Straßen zu hetzen. So machen meine Rockerbraut und ich uns auf die Hausrunde über Reit im Winkl, die drei Seen, Ruhpolding, Inzell, Surberg und Traunstein wieder zurück nach Hause. Aber so richtige Freude kommt auf der Fahrt nicht auf. Beim Schalten hakt das Getriebe der alten E-Glide, vor allem wenn es hoch in den vierten Gang geht. Und auch der Vergaser ist scheinbar nicht mehr perfekt eingestellt. Während der Fahrt hatte ich schon gemerkt, dass sich der Shovelhead-Motor bei Gaswechseln verschluckt und schlecht Gas annimmt, beim Halt an Kreuzungen geht er manchmal auch aus.  

Beim Tankstopp, der ungelogen beim mystischen Kilometerstand 6666 km nötig ist, beklagt sich meine Rockerbraut dann über Rauchfahnen aus dem Auspuff und einen ziemlich sprittigen Geschmack auf der Zunge, der ihr das Hinterherfahren etwas vergällt. Und als wollte mein Schäufelchen mir die Wahrheit dieser Aussagen beweisen, dampft es beim Starten nach unserer kurzen Pause sogar aus dem Vergaser selbst. Da ist wohl ein Besuch bei meinem Lieblings-Harley-Schrauber fällig, um der Spritzufuhr wieder das nötige Feintuning angedeihen zu lassen. Aber kann sich so ein Vergaser einfach von selbst verstellen? Schließlich war er ja nach der Winterpause perfekt eingestellt und das alte Triebwerk entsprechend sauber gelaufen. Außerdem: So viel bin ich mit der E-Glide seit der Winterpause doch auch wieder nicht gefahren. 

Reinemachen

Eigentlich ist heute mein Geburtstag. Meine Rockerbraut hält mich entsprechend für völlig verrückt, weil ich unbedingt meinen Straßenkönig putzen will. Aber die ganze Woche war dafür entweder keine Zeit oder kein Wetter. Und vor allem die letzte Baustellendurchfahrt vor Kössen hat ordentliche Schmutzspuren auf der Road King hinterlassen - zusätzlich zu den üblichen Insekten- und Dreckflecken, die eine einwöchige Urlaubsreise mit reichlich Touren nun einmal mit sich bringt. Also feier ich meine ganz persönliche, kleine Schaumparty und freue mich, dass der Straßenkönig am Ende des Tages wieder glänzt und glitzert. 

Das Wetter macht den Abschied leicht

Was sich gestern Abend mit einem Wahnsinns-Wolken-und-Sonnenuntergangs-Lichterspiel über den Bergen rund um unser Hotel angedeutet hatte, ist heute Morgen an unserem Abreisetag grau-in-graue Realität. Es regnet zwar nicht, aber die Wolken schweben als permanent drohende Mahnung am Himmel über uns vorbei. Weil wir es nicht weit nach Hause haben und auch die superlieben Wirtsleute in unserem hochgeschätzten kleinen Bikerhotel keine Eile haben, können wir unser Frühstück noch in aller Ruhe genießen und dann ganz entspannt unsere sieben Sachen packen, bevor meine Rockerbraut mit Hund und Gepäck im Auto und ich auf meiner Road King den Heimweg antreten.

Von meinem Plan, die schon mehrfach gefahrene 5-Seen-Runde über den Achensee, den Tegernsee, den Schliersee, den Thiersee und den Walchsee unter die Räder zu nehmen, habe ich mich angesichts des Wetters schon längst verabschiedet. Ich bleibe lieber dicht an der kürzesten Strecke und fahre durch das Inntal Richtung Kufstein. Allerdings verlasse ich hinter Brixlegg die Bundesstraße und nehme die schöne Nebenstrecke via Kramsach und Breitenbach auf der nördlichen Flussseite. Eigensinnig wie ich bin, verzichte ich beim Start auch erst einmal auf Regenklamotten und vertraue eisern auf das Glück des Tapferen (oder Dummen), das mir hoffentlich Regen ersparen wird.

Je weiter ich allerdings das Inntal hinab fahre, desto dunkler und bedrohlicher werden die Wolken. Weiter östlich über den Bergen sieht es allerdings besser aus. Und so wechsle ich in Breitenbach die Innseite, fahre hinüber nach Kundl, dann weiter nach Wörgl und biege dort ab, um durch das Brixental nach Kitzbühel und von dort weiter nach St. Johann in Tirol zu fahren. Obwohl die Wolken in dieser Richtung - im Vergleich zur Aussicht gen Kufstein - relativ hell sind, fängt es bei irgendwo vor Hopfgarten dann doch an zu tröpfeln. Also nichts wie rechts ran und rein in die Regenkombi. Und was soll ich sagen: Kaum habe ich die lästige Gummihaut übergezogen und bin gefühlt nicht mal einen Kilometer weiter gefahren, hört der Regen auch schon wieder auf und die Straße ist trocken. Ist wahrscheinlich mit der Regenkombi dasselbe wie mit dem Regenschirm: Wenn Du an hast, regnet es nicht. Hast Du sie zuhause vergessen, schüttet es irgendwann in Strömen. Mir kann’s nur recht sein!

Tatsächlich wird das Wetter hinter Kitzbühel immer besser, in St. Johann blitzen sogar blauer Himmel und ein paar Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke. Dafür hat die Strecke eine andere üble Überraschung für mich parat: Die Straße von St. Johann über Schwendt nach Kössen wird gerade umfassend saniert. Während sie unter der Woche scheinbar voll gesperrt ist, darf sie heute am Sonntag zwar befahren werden. Allerdings ist ein ordentlicher Abschnitt seiner komplette Asphaltdecke beraubt und reine Schotterpiste. Da werden irgendwie Erinnerungen an unseren letztjährigen Urlaub in Zams wach, bei dem wir ja auch so viele Baustellen mit Erneuerung der Fahrbahndecke auf den geplanten Touren zu bewältigen hatten. 

Magischer Magnetismus

Kennt Ihr das auch: Orte, die Euch magisch und magnetisch immer wieder anziehen? Die nie langweilig werden, so oft Ihr sie auch besucht? An denen Ihr Euch einfach nicht satt sehen, riechen, schmecken, hören und fühlen könnt? Die Ihr schon tausend Mal fotografiert habt und bei deren Besuch Ihr trotzdem jedes Mal wieder die Kamera zückt, um dutzende Bilder zu machen? Für mich ist einer dieser Ort der Zillergrund. Seit ich mich zum ersten Mal in dieses Tal verirrt habe, muss ich immer wieder dorthin - erst recht, wenn ich mich sowieso schon in seiner Nähe befinde. Also natürlich auch in diesem Zillertalurlaub.

Gespürt habe ich seine Anziehungskraft schon die ganze Woche, aber seit gestern kann ich nicht mehr widerstehen. Nach unserem Ausflug zum Berglsteiner See hatten wir nämlich der Erlebnissennerei Zillertal noch einen Besuch abgestattet, um für meine Rockerbraut ein paar Schafs- und Ziegenmilchspezialitäten einzukaufen. Und diese Sennerei liegt unmittelbar vor der Zufahrt zum Brandbergtunnel, der auch zum Zillergrund führt.

Also habe ich meiner Rockerbraut einen halben Urlaubstag abgeschwatzt, um dem Ruf dieses magischen Ortes nachzugeben und in den Zillergrund zu fahren. Nachmittags, so der Deal, machen wir dann noch eine gemeinsame Wanderung. So rolle ich nun sehr zügig vom Hotel ins Zillertal hinein in Richtung Mayrhofen, biege vor dem Ort aber ab und fahre flugs durch den Tunnel, um an dem kleinen Mauthäuschen meinen Obolus zu verrichten und dann in Schleichfahrt in das Tal zu kriechen.

Sollen mich doch die rasenden Radler überholen, die - ohne einen Blick für die Landschaft übrig zu haben - keuchend und schnaufend dem Talende entgegen strampeln, als gäbe es dort einen Preis für den Schnellsten und Abgekämpftesten oder als wäre der Leibhaftige hinter ihnen her. Ich genieße es, dass ich meinen großvolumigen V2 auch im dritten Gang selbst bei leichten Steigungen noch im Standgas einfach so dahin tuckern lassen kann. Dass ich Zeit habe, dem Bächlein entlang der Straße, den Wasserfällen an den Talflanken und den Kühen auf ihren Weiden zuzuschauen. Dass ich einfach so jederzeit und überall - zur Not auch mitten auf der Straße - anhalten kann, um noch ein Foto zu machen, und dass es mir dabei herzlich egal ist, wenn die anderen Verkehrsteilnehmer mit verständnislosem Kopfschütteln an mir vorbeifahren oder auch kurz einmal anhalten müssen. Ich bin hier unterwegs und meditiere auf meinem Straßenkönig. Und verstehe mit jedem Meter mehr, warum sich oben hinter dem Stausee jemand sein eigenes Klein-Tibet angelegt hat.

Irgendwann hat aber auch das entspannteste Harley-Yoga sein Ende. Schließlich ist das Sträßchen hinein ins Tal gerade mal 18 km lang und selbst im Schneckentempo irgendwann hin und zurück vollständig abgefahren. Weil mir aber noch ein bisschen Zeit bis zur verabredeten Nachmittagswanderung bleibt und nach all der Bummelei die Gashand nun doch ein wenig juckt, treibe ich meine Road King noch einmal hinauf nach Brandberg, bevor ich den Rückweg ins Hotel antrete. Wie entspannend Motorradfahren doch sein kann!

Wandertag an einem verwunschenen Ort

So, jetzt ist aber mal genug mit dem Harley-Fahren. Heute steht ein Wandertag mit Rockerbraut und Hund auf dem Programm. Auch dafür haben unsere Wirtsleute einen heißen Tipp: den Berglsteiner See an der Nordseite des Inntals. Also steigen wir nach dem Frühstück zuerst in unsere Wanderstiefel und dann ins Auto, um über das Örtchen Haus hinauf zum Parkplatz am See zu fahren. Schon auf den ersten Metern zu dem kleinen Gewässer sind wir hin und weg von den Aussichten, die sich uns hier bieten.

Der See liegt eingebettet in einen herrlichen Wald, nach Norden hin steigen die Felswände der Brandenberger Alpen auf und spiegeln sich vom Südufer aus gesehen auf der ruhigen Wasseroberfläche. Besonders fesseln uns aber die Felsen, die aus dem Wasser ragen. Auf ihnen sprießt ein wenig Gras oder Gebüsch, einer bietet sogar einer Tanne genug Halt und Nahrung, um auf ihm Wurzeln zu schlagen und zu gedeihen. Das ganze Szenario hat etwas absolut romantisch-mystisches, das uns sofort in seinen Bann zieht. Alle paar Schritte bezaubert uns dieses verwunschene Fleckchen Tirol mit immer neuen Ansichten des eigentlich doch stets gleichen Motivs, sodass wir für die Umrundung des Sees statt der wahrscheinlich bei normalem Wandertempo völlig ausreichenden 20 Minuten weit über eine Stunde benötigen - die Einkehr im Gasthaus am See nicht eingerechnet!

Ein bisschen Schuld an der Verzögerung ist aber auch eine lustige Begegnung mit einem anderen hundewandernden Pärchen. Beim ersten Treffen bleibt es zunächst bei der üblichen freundlichen Begrüßung unter Hundehaltern. Aber wir laufen uns später noch einmal über den Weg und kommen dann doch ein bisschen ins Plaudern: über das Alter unserer Hunde, ihre Macken und Eigenheiten - der übliche Smalltalk eben zwischen Menschen, die die Begeisterung für dasselbe Hobby und dieselbe Leidenschaft teilen. Dabei stellt sich dann auch irgendwann heraus, dass die beiden aus dem Nachbarort unserer früheren Heimat auf der Schwäbischen Alb stammen und er der Jagdpächter eines Waldstücks ist, in dem wir früher mit unserem Hund oft und gerne spazieren gegangen sind. Da haben wir uns allerdings nie getroffen. Das passiert erst Jahre später im Urlaub hier am Berglsteiner See, diesem herrlichen, verwunschenen Ort!

Zurück am Auto und auf der Rückfahrt ins Zillertal sind meine Rockerbraut und ich uns einig: Dieser kleine, zauberhafte See wäre glatt auch ein Ziel für einen Motorradausflug. Das Sträßchen hier herauf würde auch auf zwei Rädern Spaß machen. Und weil wir so nah am See parken können, wäre auch eine Runde um das Gewässer in Motorradklamotten kein unmögliches Unterfangen. Zumal der bis dicht ans Ufer heranwachsende Wald fast den ganzen Weg lang angenehmen Schatten spendet. 

Unserer Wirtsleut´ Hausrunde

Ob ich nach der Wahnsinns-Großglockner-Runde gestern die Biker-Nase erst einmal voll davon habe im Sattel meines Straßenkönigs zu sitzen? Natürlich nicht! Und weil der Wetterbericht für die nächsten Tage immer weniger Sonne und eine immer höhere Regenwahrscheinlichkeit prophezeit, bequatsche ich meine Rockerbraut, mir heute einen weiteren Bikertag zu gewähren. Gemeinsamen Wander- und Hundeurlaub können wir ja immer noch machen, wenn das Wetter nicht mehr so motorradtauglich ist. Meine Rockerbraut hat als Bikerin zum Glück vollstes Verständnis für mich und scheucht mich liebevoll mit meiner Road King auf die Piste.  

Meine Wahl für die heutige Tour fällt auf die Hausrunde unserer Hotelwirte. Die verspricht Kurvenspaß ohne große Kilometerfresserei, die habe ich ja schließlich gestern hinter mich gebracht. Und so rolle ich nach einem ausgiebigen Frühstück mit meinem Bike aus der Hotelgarage. Schon 500 m weiter zweigt die kleine Seitenstraße hinauf zum Brucker Berg ab. Die Auffahrt lasse ich allerdings noch sehr ruhig angehen. Schließlich muss der V2 unter mir ja erst einmal eine Chance haben, auf Betriebstemperatur zu kommen. Und so tuckere ich bis zum Kerschbaumsattel sehr gemütlich das kleine Sträßchen hinauf. Das gibt mir die entspannte Gelegenheit, die tollen Aussichten auf die gegenüberliegenden Fügener Berge und hinein ins Zillertal oder auch ins Inntal zu genießen.  

Etwas sportlicher geht es dann hinunter ins Alpbachtal. Dort folge ich zunächst nicht der eigentlichen Streckenempfehlung weiter nach Brixlegg, sondern unternehme vorher einen Abstecher ins Tal hinein bis zum Ende der Straße in Inneralpbach. Nett, mal hier gewesen zu sein. Aber auch wenn ich gegen Sackgassen prinzipiell nichts einzuwenden habe: Wiederholungstäter werde ich für diese Strecke wohl nicht. Sie ist recht nett zu fahren, aber ziemlich unspektakulär. Und auch das Alpbachtal hat auf mich nicht die Wirkung wie manch anderer Ort, den wir auf unseren Touren entdeckt haben - ich sage nur Eng oder Zillergrund. Also geht es zurück Richtung Talausgang.

Bei Reith im Alpbachtal schwenke ich wieder auf die ursprüngliche Route ein und fahre nach Brixlegg - und stehe auf der Ortsdurchfahrt Richtung Rattenberg prompt im Stau. Was ist denn hier los - heute, mitten in der Woche und für meine Verhältnisse noch relativ früh am Vormittag? Die Antwort auf diese Frage bekomme ich am Kreisverkehr beim Ortsausgang und staune nicht schlecht: Menschenmassen strömen über die Zebrastreifen rund um den Kreisel und sorgen für die lange Schlange wartender Fahrzeuge. Denn auf den Parkplätzen der hier ansässigen Supermärkte findet ein Flohmarkt statt! Und der ist überaus gut besucht. Gleichzeitig macht mir der Flohmarkt auch klar, dass heute gar kein normaler Wochentag ist. An diesem Donnerstag ist Feiertag. Das hatte ich als Urlauber völlig vergessen.

Um gleich zwei Erkenntnisse reicher, fahre ich über den Inn hinüber nach Kramsach und holpere und poltere dann entlang an der Tiefenbachklamm in Richtung Aschau im Brandenberger Tal. Die Straße könnte wahrlich eine neue Teerdecke vertragen. Schlaglöcher, Aufwerfungen, Ausbrüche zum Straßenrand hin - es ist alles dabei, was die Stoßdämpfer vor Herausforderungen stellt. Immerhin ist großartiges Rasen so für keinen Verkehrsteilnehmer möglich und ich kann meine Aufmerksamkeit außer der Straße auch der wundervollen Landschaft widmen. Und die entschädigt allemal für den miserablen Straßenzustand.

An der Jausenstation Stegerstall fülle ich meinen Flüssigkeitsbedarf mit einem kühlen Spezi wieder auf, bevor ich weiter in Richtung Pinegg rolle, um dann den Bogen über Brandenberg zurück nach Kramsach zu schlagen. Was mich auf dieser Strecke erwartet, hätte ich mir nie träumen lassen! Für dieses Sträßchen fällt mir wirklich nichts besseres als die Bezeichnung Kleinod ein: nicht allzu lang, aber mit einer Streckenführung, die mich einfach nur jubilieren lässt, wie sie hier durch den Wald und an den Felswänden entlang führt. Da kann manch hochgelobte Passstrecke nicht mithalten, was hier auf wenigen Kilometern geboten ist!

Von dieser Euphorie getragen, fasse ich den Entschluss, ins Stubaital zu fahren. Schließlich ist der Tag noch jung, die Zeit würde für die Tour locker reichen. So mache ich mich über die Bundesstraße auf in Richtung Innsbruck. Aber schon in Schwaz verabschiede ich mich von meinem Vorhaben. Zu viel Feiertagsverkehr lässt mich doch nicht so schnell vorankommen, wie ich es mir gewünscht hätte. Und zunehmend schwarze Wolken in Richtung Westen dämpfen die Motivation zusätzlich. So fahre ich über kleine Nebensträßchen zurück ins Hotel im Zillertal. Und starte zum zweiten Mal an diesem Tag hinauf auf den Kerschbaumsattel - dieses Mal aber gemeinsam mit meiner Rockerbraut und unserem Hund im Auto, um dort oben eine kleine Nachmittagswanderung zu absolvieren. So kommen an diesem Tag alle zu ihrem Vergnügen und ich sogar noch zu ein bisschen Bewegung meiner alten Knochen. 

Höhenflug 

Was soll ich sagen: Der Floh in meinem Ohr gibt keine Ruhe. Seit ich am Montag beim Abendessen im Hotel den Schwärmereien unseres Tischnachbarn über seine tolle Großglockner-Tour lauschen durfte, höre ich dauernd ein Geflüster: „Da musst Du auch hin, da musst Du auch hin ...“ Und warum nicht? Das Wetter heute ist perfekt für solch eine Ausfahrt und meine Rockerbraut gibt mir ebenfalls grünes Licht. Sie wird unserem Hund und sich selbst währenddessen den Tag mit einer schönen Wanderung versüßen.

Also starte ich gleich nach dem Frühstück meinen Straßenkönig, rolle zuerst ein Stück weit hinein ins Zillertal und dann hinauf zum Gerlospass, den ich damit zum dritten Mal in dieser Woche in der einen oder anderen Richtung überquere. An der Mautstelle kaufe ich heute gleich das Pässe-Kombi-Ticket für Gerlospass, Großglockner und Nockalmstraße. Die beiden ersten Mautstraßen werde ich schließlich heute noch befahren. Und für das Nockalm-Ticket wird es bei irgendeinem unserer Faak- und Bike Week-Aufenthalte ohnehin wieder Verwendung geben.

Die Abfahrt über die Gerlosstraße hinunter nach Krimml mit meiner Road King ist ein genauso wundervolles Vergnügen wie die Auffahrt am Sonntag bei der Anreise. Und auch die Ausblicke auf die Wasserfälle begeistern mich wieder, obwohl ich hier ja erst vor zwei Tagen als Wanderer unterwegs war. Aber für lange Pausen ist heute keine Zeit. Schließlich wartet mit über 300 Landstraßen-Kilometern ein durchaus tagesfüllendes Tourenprogramm auf mich. Und der Großglockner, an dem ich viel lieber den einen oder anderen Stopp einlegen möchte.

Die Strecke von Krimml nach Mittersill lege ich deshalb schön zügig zurück. Die Straße ist nämlich fahrerisch ziemlich langweilig und die Aussicht auf die tolle Landschaft kann ich auch bei Tempo 100 durchaus genießen. Eine Baustelle in Mittersill und ziemlich viel zäher Verkehr bis Zell am See wirbeln meinen Zeitplan jetzt schon bei der Anfahrt gehörig durcheinander. Kaum habe ich aber Zell am See ganz hinter mir gelassen und bin Richtung Großglockner unterwegs, leert sich die Straße zu meiner großen Überraschung schlagartig. Plötzlich bin ich mit meinem Straßenkönig fast allein unterwegs. An der Mautstelle kann ich sofort ein freies Kassenhäuschen ansteuern und mein bereits erworbenes Ticket vorzeigen. Und auch die Auffahrt hinauf zur Passhöhe ist ein weitestgehend ungestörtes Vergnügen. Damit das so bleibt, lasse ich einen eiligen Ferrari-Fahrer passieren, der offenkundig gewaltigen Spaß daran hat, seinen Boliden sehr dynamisch die Passstraße hinaufzutreiben, und der sich überschwänglich bei mir bedankt, als ich ihn vorbeiwinke und ungestört seinem Vergnügen nachgehen lasse. Was nicht heißen soll, dass ich die Straße hinaufkrieche. Allerdings halte ich immer wieder an, um zu fotografieren, die Landschaft zu genießen oder einzukehren.

So wie auf dem Parkplatz an der kleinen Jausenstation in Kehre 4. Hier muss ich anhalten, weil einerseits der Tee vom Frühstück entsorgt werden will und sich andererseits wieder Durst in meiner Kehle bemerkbar macht. Die Jausenstation ist zwar noch nicht geöffnet, die Wirtin ist allerdings da und richtet alles für den wohl bald zu erwartenden Besucheransturm her. Jetzt bin ich aber weit und breit der einzige mögliche Gast. Auf meine Frage hin darf selbstverständlich die Toilette benutzen. Und ein Fläschchen Wasser, um meinen Durst zu stillen, bekomme ich auch. Revanchieren kann ich mich für diese Freundlichkeit sofort - nicht nur durch die selbstverständliche Bezahlung des Wassers, sondern durch eine gute Tat. Die Wirtin kämpft nämlich mit dem Aufstellen ihres kleinen Ofens, in dem sie demnächst den Leberkäs und die anderen heißen Leckereien zubereiten wird, die jetzt schon auf einer Tafel vor dem Häuschen angepriesen werden. Die Bitte, ihr zur Hand zu gehen, kann ich natürlich nicht ausschlagen. Gemeinsam bringen wir das erstaunlich schwere Gerät an seinen Platz. Der Verköstigung der kommenden Gäste steht also nichts mehr im Wege.

Wieder zurück auf dem Parkplatz erwartet mich das nächste absolut beeindruckende Erlebnis dieses Tages. Während ich mein Wasser trinke und die umliegende Bergwelt beobachte, höre ich plötzlich ein dumpfes Grollen. Und während ich noch überlege, ob da gerade eine Gruppe Harley-Fahrer oder irgendein Schwertransport die Großglocknerstraße heraufkommt, sehe ich den Ursprung des ungewohnten Tosens: In den Bergen direkt gegenüber von meinem Pausenplatz geht eine Lawine ab. Es ist ein erschreckendes und zugleich fesselndes Schauspiel, wie die weißen Schneemassen den Berg hinab ins Tal stürzen - selbst aus dieser Entfernung!

Aber jetzt muss ich weiter. Hinauf zum Fuschertörl mit einem Fotostopp auf dem Parkplatz unterhalb des Kiosks, weiter Richtung Süden mit einem weiteren Halt vor den beeindruckenden Schneewänden am Parkplatz einer der vielen Infostationen und dann zum Hochtortunnel, dessen Zufahrt von mächtigen Schneewänden gesäumt wird. Und vor dem Stau herrscht. Die Durchfahrt ist gesperrt, ein freundlicher Straßenwartmann stimmt die sich einfindenden Auto- und Motorradfahrer auf ca. 30 Minuten Wartezeit ein. Auf der anderen Seite des Tunnels ist eine Lawine abgegangen, die die Durchfahrt blockiert.

Einige wenige Ungeduldige wenden und fahren zurück. Wir Wartenden richten uns rechts und links auf den Parkplätzen vor der Tunnelzufahrt häuslich ein, bewundern die Natur und die Schneemassen, die hier Anfang Juni noch liegen, und machen Fotos. Die Parkplätze füllen sich zunehmend, eine kleine Bikergruppe mit großen, vollverkleideten Tourern rollt heran. Aber offensichtlich haben die Jungs wenig Bergerfahrung. Schon beim Ansteuern ihrer Parkpositionen wird absehbar, dass dieses Manöver nicht ohne Probleme ablaufen wird. Und so ist dann auch: Beim Parken quer zum Gefälle tritt einer der Fahrer auf der abfallenden Hangseite ins Leere, seine Maschine kippt zur Seite weg und rutscht mit einem hässlichen kreischenden Geräusch auf seiner schicken Verkleidung ein gutes Stück den Asphalt hinunter.

Dem Fahrer ist zum Glück nichts passiert, außer dass ihm der Schrecken gewaltig in den Knochen steckt. Um das Bike wieder auf die Pneus zu stellen, sind allerdings fünf tatkräftige Helfer für das Anheben nötig und ein weiterer, der das Überkippen verhindert. Der Anblick, den die zerschundene Seite der Maschine bietet, ist wirklich herzerweichend. Der schicke Metallic-Lack ist hinüber, das Blinkerglas zerdeppert, Spiegelgehäuse und Spiegelglas haben ordentliche Sprünge. Aber immerhin sind keine wesentlichen Schäden an Teilen zu erkennen, die die Weiterfahrt ernsthaft gefährden würden. Lenker, Bremshebel, das Pedalwerk und alle Deckel an Motor und Getriebe sind optisch angekratzt, aber voll funktionsfähig. Und so überlassen wir den armen Bikerkollegen mit einigen aufmunternden Worten seinen Kumpeln. Denn die Durchfahrt durch den Tunnel ist inzwischen wieder frei.

Der Straßenwartmann winkt zuerst die Biker zur Tunneleinfahrt und gibt uns den warnenden Hinweis mit auf den Weg, sehr langsam und ganz links auf der Gegenfahrbahn zu fahren und auf der anderen Seite doch bitte nicht anzuhalten. So rolle ich mit einem mittelgroßen Fragezeichen im Gesicht in den Tunnel hinein und im Schneckentempo vom Salzburger Land hinüber nach Kärnten. Je näher ich dem Tunnelausgang komme, desto mehr Klarheit bekommen die Anweisungen von der Einfahrt. Die rechte Tunnelhälfte bleibt dunkel, auch wenn ich näher komme, sie ist komplett mit Schnee verschüttet. Links ist eine Durchfahrt frei, durch die wir Motorradfahrer tatsächlich passen, die für einen Pkw aber ziemlich schmal wäre. Ein Transporter oder ein Wohnmobil hätten aber gar keine Chance.

Nach der Ausfahrt aus dem Tunnel gibt es für mich das persönliche Highlight des Tages: Eine der alten Schneefräsen ist tatsächlich in Aktion und arbeitet sich laut stampfend und dampfend durch die auf der rechten Fahrbahn liegenden Schneemassen. Deshalb sollten wir also nicht anhalten! Dieses Schauspiel würde ich nur zu gerne fotografieren oder filmen - so wie wahrscheinlich alle Biker vor und hinter mir auch. Und dann wäre das Verkehrschaos vorprogrammiert. So bleibt also nur der Blick im Vorbeifahren auf das stählerne Ungetüm. Und die Erinnerung an die herausschießende Schneefontäne, das Rasseln und Dröhnen, die bis aufs Motorrad spürbaren Vibrationen dieses mechanischen Monsters.

Stand gestern im Internet noch der Hinweis, dass die Zufahrt zur Kaiser-Franz-Josefs-Höhe wegen Lawinengefahr und Schnee gesperrt sei, zeigen die Hinweisschilder am Kreisverkehr mit dem Abzweig zur Pasterze jetzt freie Fahrt an. Also nichts wie hinauf! Erstens weil die Strecke einfach nur riesigen Spaß macht, zweitens begeistert mich der Anblick des Großglockners jedes Mal wieder. Aber warum steht jetzt hier dieser bekloppte Autofahrer mitten in der Serpinentinenstrecke gleich hinter einer Kurve halb auf der Straße und unterbricht meinen schwungvollen Flow? Als ich an ihm vorbeifahre und gerade die Schimpfefaust recken will, sehe ich den Grund: Ein paar Meter vor dem Wagen liegt ein Murmeltier auf der Straße - eines der ersten und leider nicht letzten Verkehrsopfer dieser Saison auf der Hochalpenstraße. Es hatte wohl nicht mitbekommen, dass dieser Straßenabschnitt wieder offen ist. Schnell ziehe ich den Arm wieder zurück und fahre im Gedenken an den possierlichen Nager mit einem Kloß im Hals weiter.

An der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe mache ich nur kurz Halt, vertrete mir die Beine und genieße einmal mehr das tolle Panorama und die Aussicht. Dann geht es weiter Richtung Lienz. Einen richtigen Stopp möchte nämlich lieber dort in der tollen Biker-Gaststätte einlegen, in der wir vor zwei Jahren bei unserer kleinen Alpen-Rundtour einen lustigen Abend und eine ruhige Nacht verbracht hatten. So schwinge ich also die Südrampe des Großglockner hinunter nach Heiligenblut und weiter über die Bundesstraße Richtung Osttirol. Am Pass Iselsberg erwischen mich ein paar Regentropfen, aber das Wölkchen, aus dem sie herausfallen, ist ein Solitär am ansonsten nach Süden schon wieder blauen Himmel. Sie lohnen nicht einmal den Gedanken daran, die Regenkombi überzuziehen. Und so sitze ich wenig später bei einem Stück Kuchen und einem großen Spezi vor dem Bikertreffpunkt in der Sonne.

Frisch gestärkt geht es weiter nach Lienz. Allerdings rolle ich genau in den Berufsverkehr und komme nicht so schnell voran, wie ich es mir erhofft hatte. Sobald ich das Städtchen hinter mir habe und auf die Felbertauernstraße eingebogen bin, ist die Straße schlagartig wie leergefegt. Und ich kann zügig den Heimweg ins Hotel antreten. Die komplette Strecke bis Mittersill und weiter Richtung Zillertal verläuft völlig unspektakulär, bis sich kurz vor Neukirchen am Großvenediger die Wolkenwand vor mir über dem Gerlospass soweit verdichtet, dass ich mich doch entschließe, vorsichtshalber die Regenkombi überzuziehen. Und das ist gut so. Kaum habe ich die wasserdichte Gummihaut angelegt und bin wieder losgefahren, zerplatzen die ersten vereinzelten Tropfen auf meinem Visier. Vorbei an den Krimmler Wasserfällen und über den Gerlospass regnet es dann tatsächlich kräftig. Aber genauso schnell, wie die Regenfront aufgetaucht ist, habe ich sie durchfahren. Und der Regen hat auch sein Gutes: Das verdreckte Visier an meinem Helm ist wieder sauber und eventuelle Salzreste von der Großglocknerstraße sind von meinem Straßenkönig weggespült.

Im Örtchen Gerlos hört der Regen auf, wenig später ist die Straße schon wieder trocken, bei der Abfahrt hinunter nach Zell am Ziller scheint die Sonne. So kann ich meinen Straßenkönig und mich selbst auf den letzten Kilometern bis zum Hotel an der frischen Luft trocknen. Beim Abendessen habe ich meiner Rockerbraut natürlich viel zu erzählen. Und ordentlichen Hunger habe ich nach diesem perfekten und erlebnisreichen Tourentag auch. 

Auf in die Eng

Seit meinem ersten Besuch vor etwa anderthalb Jahren ist die Eng - auch als Risstal, Rissbachtal oder Ahornboden bekannt - einer meiner Lieblingsorte, der auf mich eine immense Kraft und Ruhe ausstrahlt. Weil meine Rockerbraut noch nie dort war, starten wir am zweiten Tag dieses Zillertal-Urlaubs eine Paralleltour zu diesem herrlichen Plätzchen Erde. Rockerbraut und Hund fahren mit dem Auto, ich starte meinen Straßenkönig und rolle hinauf zum Achensee, hinunter zum Sylvensteinspeicher und dann das kleine Sträßchen immer weiter in das Tal hinein.

Irgendwann ist die Straße plötzlich gesperrt. Ein junger Mann bittet uns um ein wenig Geduld, auf dem folgenden Abschnitt würden gerade Filmarbeiten stattfinden. Offenbar finde also nicht nur ich dieses Fleckchen faszinierend und schön. Der kurze Stopp ist kein Problem für mich, habe ich doch mehr Zeit, mir die herrliche Landschaft anzusehen. Ein Autofahrer hinter mir sieht das scheinbar etwas anders. Lauthals zetert er über die Zwangspause, fordert eine ungestörte Weiterfahrt, schließlich habe er hier Maut fürs Fahren und nicht fürs Warten bezahlt, und so weiter und so fort. Traurig, aber manche Leute werden es nie kapieren, solche Orte und den Weg dorthin zu genießen. Immerhin erntet er von allen anderen Wartenden ein verständnisloses Kopfschütteln. Und wird von ebenfalls wartenden Radlern auch noch aufgefordert, endlich - wie die Fahrer aller anderen wartenden Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor auch - den Motor abzustellen und die wundervolle Luft nicht unnütz zu verpesten.

Nach ein paar Minuten geht es dann auch schon weiter - und wohlweislich lasse ich den ungeduldigen Autofahrer vorbeifahren, bevor er mich in seiner Hektik von meiner Road King schießt. Da tuckere ich lieber entspannt weiter und nehme mir auch ein bisschen Zeit, die am Straßenrand stehende Filmcrew und das an verschiedene Fahrzeuge montierte Kameraequipment zu betrachten. Ganz schön aufwendig, was die hier treiben! Dreharbeiten für einen Werbefilm, wie ich vermute. Neben mehreren Sportwagen mit und ohne angebaute Kameras stehen Wohnmobile und ein ganzes Zelt am Straßenrand, in dem offensichtlich an den Fahrzeugen gewerkelt werden kann. Selbst an Catering scheint es nicht zu fehlen.

In der Eng angekommen, warte ich auf der Terrasse des Gasthauses auf meine Rockerbraut, trinke etwas und genieße den herrlich sonnigen Tag und die Aussicht auf die Berge. Auf den Gipfeln und Graten des Karwendel türmt sich noch der Schnee, an vielen Stellen scheinen die Schneemassen regelrecht über die Felskanten herüberzuhängen. Ab und zu rollt auch ein anderer Motorradfahrer auf dem Parkplatz vor meinem Logenplatz vorbei, mal ist es auch eine kleine Gruppe, die meine Aufmerksamkeit kurz von der faszinierenden Bergwelt ablenken. Aber alles in allem gilt: Im Vergleich zu normalen Jahren ist hier nichts los, vor allem keine Busgruppen, die lärmend die Gastronomie und die Andenkenstände überrennen.

Irgendwann taucht auch meine Rockerbraut mit unserem Hund auf und wir treten nach einer kleinen Erfrischung für die beiden einen Spaziergang hinaus zur Engalm an. Auch wenn ich Lederjacke, Helm und Kleinkram im Auto deponiert habe: In der Bikerjeans und bei diesem sonnigen Wetter ist das ein eingeschränktes Vergnügen. Immerhin: Meine Biker-Boots bewähren sich einmal mehr auch als bequeme Wanderschuhe.

Trotzdem trete ich kurz hinter der Engalm den Rückweg an, während meine Rockerbraut mit unserem Hund noch eine Wanderrunde anhängt und in einer Schleife durch den Wald am Hang zurück zum Parkplatz marschiert. Und obwohl ich noch in der Almhütte an der Engalm auf ein Fläschchen Wasser einkehre und bei der Almkäserei ein Stück Ziegenkäse für meine Rockerbraut kaufe, muss ich doch noch eine satte halbe Stunde am Parkplatz warten, bis mein Wanderduo wieder auftaucht. Die hatten einen ziemlich aufregenden Marsch, denn nach einem ersten wohlgepflegten Wanderweg hatten Regen und Sturm den letzten Abschnitt des Weges völlig weggespült, sodass die beiden eine regelrechte Kletter-, Kraxel- und Rutschpartie absolvieren mussten, um wieder hinunter ins Tal und zum Gasthaus zurückzukommen.

Noch eine letzte kleine Erfrischungseinkehr, dann starten wir beide wieder zurück ins Zillertal. Auch auf der Rückfahrt gibt es wieder den kleinen Stopp wegen der Filmaufnahmen. Außerdem halte ich auch noch das eine oder andere Mal an, um Fotos zu machen. Ich kann mich an diesem magischen Ort einfach nicht satt sehen und möchte diese Eindrücke am liebsten in unendlichen Fotos festhalten und mit nach Hause nehmen. Entsprechend komme ich deutlich später als meine Rockerbraut und unser Hund mit dem Auto zurück im Hotel an. Aber natürlich immer noch rechtzeitig für ein weiteres leckeres Abendessen.

Heute mal auf Schusters Rappen

Da ich gestern ja schon die Anfahrt ins Zillertal als grandiose Motorradtour mit meinem Straßenkönig absolvieren durfte, steht für unseren ersten richtigen Urlaubstag eine Wandertour mit Hund auf dem Programm. Ziel sind die Krimmler Wasserfälle. Die kann ich heute nicht nur von der Straße und den Aussichtspunkten entlang des Gerlospasses bewundern, sondern hautnah aus nächster Nähe bestaunen.

Für die Anfahrt mit dem Auto wählen wir die alte Krimmler Landesstraße - ein durchaus empfehlenswertes Vergnügen nicht nur für Sparfüchse, die für die Gerlosstraße die anfallende Maut nicht berappen möchten. Wenn auch die Qualität des Straßenbelags arg zu wünschen übrig lässt: Die Streckenführung hat durchaus ihre Reize.

In Krimml finden wir gleich gegenüber den Wasserfällen einen Parkplatz. Dass Urlaub in Österreich wieder möglich ist, scheint sich noch nicht rund gesprochen zu haben. Jedenfalls ist dieser Touristen-Hotspot heute so leer, wie wir ihn bei früheren Vorbeifahrten noch nie erlebt haben. Was für ein Erlebnis! Keine Busladungen mit Urlaubern verstopfen den Zugang und den Aufstieg zu den Wasserfällen. Wir steigen total entspannt ganz hinauf zum oberen Wasserfall und können an jedem Aussichtspunkt verweilen, wie wir möchten. Kein Gedrängel, kein Geschiebe. Sind die Wasserfälle aus der Ferne schon beeindruckend, so rauben die herabstürzenden Wassermassen einem schier den Atem, wenn man direkt bis an sie heran wandern kann und in der Gischt steht.   

Am Abend im Hotel berichten wir begeistert von unserem herrlichen Wandertag. Und lauschen gespannt den Berichten anderer Gäste über deren heutige Touren: Sie sind über den gerade erst eröffneten Großglockner oder das Timmelsjoch gefahren und schwärmen in den höchsten Tönen von ihren Runden.

Auf ins Zillertal

Die vergangenen zwei Wochen herrschte großer Trubel, nur beim Motorradfahren gab es totalen Stillstand - einerseits wegen des äußerst bescheidenen Wetters, andererseits wegen unendlicher beruflicher und privater Termine. Aber das ändert sich heute: Auf geht’s zum Urlaub ins Zillertal. Pünktlich zu unserem Reisetag verwöhnen uns die Wettergötter mit feinstem Urlaubswetter. Und ab heute sollen uns eine Woche lang Ruhe und Entspannung vom Alltagsstress der vergangenen Wochen befreien. Weil wir keinen Hundesitter für diese Woche haben, darf ich - wie schon im Herbsturlaub vor eineinhalb Jahren - mit dem Motorrad fahren, während meine Rockerbraut und Hund mit dem Auto anreisen. Der Urlaub soll dann wieder ein bunter Mix aus Wandern auf Schusters Rappen und im Motorradsattel werden.

Für mich geht es am späten Vormittag los. Über Reit im Winkl und Kössen mache ich noch einen kleinen Umweg zum Pillersee, dann geht es nach St. Johann, Kitzbühel und über den Pass Thurn hinab nach Mittersill. Von dort nehme ich den Weg durch das Pinzgau zu den Krimmler Wasserfällen, fahre den Gerlospass hinauf und hinunter ins Zillertal in jenes tolle Bikerhotel, das uns schon vor zwei Jahren mehrfach so herzlich aufgenommen und bewirtet hatte.

Die Fahrt ist grandios, die Straßen sind trotz Sonntag, Wochenende und Pfingstferien erfreulich leer. Und das sonnige, angenehm kühle Wetter ist ganz nach meinem Geschmack. Kein Schwitzen, sondern stets eine frische Brise, die um die Nase und durch die Lüftungsschlitze meiner Lederjacke fegt. Auch mein Straßenkönig macht mir einen riesengroßen Spaß. Durch die Kurven fegt er wie eine Rennmaschine - sowohl hinauf nach Reit im Winkl als auch durch das Pillerseetal und über den Pass Thurn und den Gerlospass. Das ist dann wohl die endgültige Bestätigung, dass der im Winter verbaute Stabilisator seine Arbeit ordentlich verrichtet. So wird diese Anreise nicht nur zu einer Tour, die mehr Kilometer auf den Tacho meines Straßenkönigs zaubert als die ganze bisherige Saison, sondern auch zu einem riesigen Vergnügen.

Eines wird an diesem Anreisetag aber auch klar: Es gibt offenbar in Österreich zurzeit keine Straße, in deren Verlauf nicht irgendwo an einer größeren Baustelle die Fahrbahndecke saniert wird. So rolle ich zwischen Mittersill und Krimml gefühlte endlose Kilometer über eine abgefräste Straße, die scheinbar nur wegen des Sonntags in beide Richtungen befahrbar ist, wie die entlang der Straße stehenden, abgeschalteten Wechselampeln zeigen, die offenbar nur auf ihren erneuten Einsatz warten. Und auch am Gerlospass wird fleißig an der Straße gearbeitet.

Abends im Hotel gibt es dann ein großes Hallo - Rockerbraut und Hund freuen sich genauso über meine Ankunft wie die Wirtsleute im Hotel, die es kaum erwarten konnten, endlich wieder Gäste im Haus zu haben. 

Unerwartete Freude

Das lange Christi-Himmelfahrt-Wochenende fällt in diesem Jahr genau auf die Eisheiligen. Ob wir da wohl einen Tag Motorrad fahren können? Ja, die heilige Sophia hat ein Einsehen mit mir und straft die schlechten Vorhersagen Lügen. Also starte ich auf eine Shovel-Runde. In weiten Schleifen kurve ich zum Waginger See, nach Palling und weiter nach Tacherting. Weil am Horizont immer bedrohlichere Wolken aufziehen, breche ich dort die weitere Tour allerdings ab und schlage den direkten Weg nach Hause ein. Trotzdem: Die kleine Runde war die reinste Wohltat für Leib und Seele, sie hat jede Menge Glückshormone freigesetzt.

Zurück daheim erwartet mich eine heißersehnte, gute Nachricht: Österreich will schon in den nächsten Tagen die Grenzen für Touristen öffnen und Deutschland will bei Vorlage eines negativen Coronatests auf die Quarantäne nach der Rückreise verzichten. Damit könnte unsere schon länger geplante Urlaubswoche im Zillertal Ende Mai/Anfang Juni tatsächlich stattfinden. Ein kurzer Anruf im Hotel bestätigt die Ankündigungen. Und nicht nur das: Das Hotel will tatsächlich an unserem geplanten Anreisetag, dem 30. Mai, nach monatelanger Pause wiedereröffnen. 

Ende einer Durststrecke

Nach unserer Ostermontagsrunde herrschte über einen Monat lang Stillstand. Den ganzen April gab es entweder schlechtes Wetter oder meine Gesundheit fesselte mich ans Bett und an die Couch. Mich in den Sattel meines Straßenkönigs zu schwingen, daran war entweder wegen Regens und Schnees oder wegen Schmerzen nicht zu denken. Aber jetzt hat diese Durststrecke ein Ende. Heute, an diesem zweiten Mai-Wochenende, passen Wetter, Zeit und Gesundheit zusammen und wir starten endlich wieder auf eine längere Runde. Als Ziel für meine Rockerbraut und mich habe ich den Rupertiwinkel auserkoren, eine Revivaltour der Strecke, die ich Ende März mit meinem Schäufelchen alleine gefahren bin. Die Berge locken uns noch nicht, dafür liegt einfach noch zu viel Schnee auf den Gipfeln vor unserer Haustür. Immerhin: Das beschert uns auf unserer Tour immer wieder neue fantastische Aussichten auf das Alpenpanorama.

Weniger fantastisch sind allerdings die Aussichten auf die leerstehenden Biergärten entlang der Strecke. Die wirken schon sehr deprimierend und trostlos, wie sie trotz herrlichem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen entweder gänzlich unbestuhlt oder mit hochgestelltem Inventar im Winter- und Coronaschlaf verharren und wie Dornröschen auf den erweckenden Kuss warten. Wirten und Gästen bleibt da nur zu wünschen, dass sich die Biergärten bald wieder füllen dürfen!

In die Streckenführung für den heutigen Tag habe ich bewusst drei Kurven eingebaut, die ich sehr gut kenne und die ich bisher immer nur mit reduziertem Tempo durchfahren konnte, weil sie meinen Straßenkönig zu Unruhe und Schwingungen verleitet haben. Heute sieht das aber ganz anders aus. So schnell, so entspannt und so sauber auf Linie haben mein Straßenkönig und ich diese Kurven noch nie gemeistert. Stabilisator wirkt, würde ich da wohl mal sagen. 

Osterfahrt

Die Kartage waren trüb und regnerisch, nachts gab es sogar Schneefall, nachdem ich an den Tagen zuvor nur mit einem T-Shirt unter der Lederjacke auf meinem Oldtimer unterwegs war. Ostersonntag war dann als Hunde-Spaß-und-Müdemach-Tag eingeplant. Aber heute, am Ostermontag, geht es nun endlich und zum ersten Mal in diesem Jahr mit 2 x 2 Rädern auf die Piste. Meine Rockerbraut und ich fahren die Premierenrunde der Saison. Leider haben wir nicht viel Zeit und es bläst auch ein ordentlicher, zu allem Übel sehr böiger Wind, sodass wir uns mit einer Runde um den Chiemsee begnügen. Aber es macht trotzdem riesigen Spaß, uns endlich wieder zu zweit den frischen Bike-Wind um die Nase wehen zu lassen. Meine Rockerbraut freut sich über ihre neuen Skeletthandspiegel, das schicke Chrompulley und die verchromte Riemenabdeckung, die ihre Sporty noch mehr glänzen lassen. Und ich habe auch heute wieder das Gefühl, dass das Fahrwerkstuning an meinem Straßenkönig tatsächlich etwas gebracht hat. Mal sehen, was ein erster richtiger Test auf anspruchsvollerer Kurvenstrecke ergibt. 

Aufstehen!

Hallo Straßenkönig, hallo Sporty! Aufstehen! Der Winterschlaf ist vorbei! Und das ist kein Aprilscherz. Die Saisonkennzeichen haben wieder Gültigkeit. Also nichts wie hin zum Lieblings-Harley-Schrauber und die Bikes aus dem Winterlager abgeholt. Und weil auch das Wetter wieder mitspielt, wird es mein vierter Biketag in dieser Woche. Meine Rockerbraut hat allerdings keine Lust zu fahren, ihr ist nicht ganz wohl und ihr ist es auch noch zu frisch. Da kann ich mich also - wie schon zum Ende der letzten - auch zum Start der neuen Saison gleich auf ein doppeltes Vergnügen freuen.

Als erstes ist die Sporty meiner Rockerbraut dran. Die fahre ich auf direktem Weg nach Hause. Was für ein Spaß! Das Ding begeistert mich immer wieder. Die Leichtigkeit, mit der sie sich bewegen lässt. Die Power, mit der der Motor das Bike voranschiebt. Der Sound, mit dem der Sportster-Motor zu Werke geht. Einfach herrlich.

Dann geht es wieder zurück zur Werkstatt, wo schon mein Straßenkönig auf mich wartet. Mit dem möchte ich jetzt noch eine schöne Runde drehen und den wohl bekannten und beliebten weiten Bogen um den Chiemsee schlagen. Schließlich wäre es ja schön ein bisschen zu testen, ob die Maßnahmen gegen die von mir festgestellte Fahrwerksunruhe Wirkung zeigen.

Bei der gründlichen Prüfung und Durchsicht meines Straßenkönigs in den letzten Wintermonaten konnte mein Lieblings-Harley-Schrauber seinen ersten Verdacht ausschließen: Das vordere Radlager, das er als Ursache vermutet hatte, war in Ordnung. Allerdings stellte er eine minimale Unwucht am Vorderrad fest, die natürlich behoben wurde, aber nicht die Ursache für die von mir beschriebenen Unruhen sein konnte. Auch andere Fehler am Fahrwerk oder den Reifen konnte er nicht finden. Deshalb hat er einen Stabilisator eingebaut, der hinter dem Motor sitzt und den V2 mit dem Fahrwerk verbindet. Das soll, so hat er mir versichert, deutlich mehr Ruhe und einen stabileren Lauf vor allem in langgezogenen Kurven bringen - also genau das beheben, was ich bemängelt hatte.

So starte ich also von der Werkstatt aus zunächst nach Eggstätt, dann über Seeon nach Truchtlaching. Der erste Eindruck von meinen Straßenkönig: Der Fahrwerksstabilisator tut sein Werk durchaus spür- und brauchbar. Aber so richtig auf die Probe stellen kann ich ihn heute nicht mehr. Denn am Horizont ziehen schwere, dunkle Wolken heran. Ein Gewitter ist im Anmarsch, dem ich natürlich aus dem Wege gehen möchte. Also breche ich meine geplante kleine Tour ab und düse auf dem kürzesten Weg nach Hause. Da komme ich auch tatsächlich gerade noch rechtzeitig an, bevor die ersten kräftigen Böen über das Land fegen und die ersten fetten Tropfen auf den Asphalt klatschen. 

Kick it!

Diese Woche meint es das Wetter aber wirklich gut mit mir! Auch an diesem Mittwoch, dem letzten Tag im März, ist Bike-Wetter. Deshalb nehme ich mir wieder die Zeit, wenigstens eine kleine Runde um den Chiemsee zu drehen. Ein kurzer Tankstopp, eine mehr oder weniger schnörkellose Runde auf den wohlbekannten Straßen rund um das Bayerische Meer, dann stehe ich schon wieder vor der heimischen Garage.

Nachdem ich das Garagentor geöffnet habe, reitet mich der Übermut und ich versuche zum ersten Mal, den Shovel-Motor anzukicken. Nach ein, zwei zaghaften Tritten auf den Kickstarter spüre ich den Druckpunkt, lasse den Hebel noch einmal nach oben kommen und trete beherzt durch. Und was soll ich sagen: Unter mir blubbert und brabbelt es munter los! Ich habe mein Schäufelchen angekickt! Mit stolz geschwellter Brust tuckere ich in die Garage, stelle den Oldtimer ab und eile flugs zu meiner Rockerbraut ins Haus, um ihr von dieser Heldentat zu berichten. 

Nachholbedarf

Was gestern so viel Spaß und Freude gemacht hat, kann heute doch nicht falsch sein! Also gibt es einen ordentlichen Nachschlag in Sachen Oldtimer-Fahrt. Da ich mich wegen des noch gar nicht so lange zurückliegenden Winterwetters noch nicht in die Berge traue, starte ich also in den Rupertiwinkel. Dafür brumme ich mit meiner alten Dame E-Glide erst einmal zum Waginger See, an dessen Ostufer über Kühnhausen bis Tettenhausen, dann nach Fridolfing und wieder zurück nach Kirchanschöring. Von dort geht es weiter nach Leobendorf, zu einem kleinen Stopp an den Abtsdorfer See und weiter nach Saaldorf - das alles natürlich auf kleinen und kleinsten Nebenstrecken. Pures Vergnügen. In einem wilden Schlenker über Schönram und Teisendorf nehme ich dann wieder Kurs auf Zuhause. Vor allem das Teilstück zwischen Oberteisendorf und Neukirchen macht wieder riesigen Spaß mit seinen perfekt geschwungenen Kurven entlang der Oberteisendorfer Ache.

Glückliche Wendung

Wettergötter, Meteorologen, Hochs und Tiefs über Nordeuropa - sie alle hatten ein Einsehen mit mir. Sogar die Urlaubsregelung im Job, die mir mehr oder weniger zwangsweise den Resturlaub des Vorjahres auf die letzten Märztage gelegt hat, passt perfekt. Und so kann ich schon heute, an diesem 29. März, bei überraschend warmem, sonnigem Wetter mein Schäufelchen aus dem Winterschlaf erwecken und mich gleich auf eine Runde durch den Chiemgau machen. Denn als Oldtimer hat die Shovel kein Saisonkennzeichen.

Munter knattere ich auf der alten E-Glide am Westufer des Chiemsees entlang, zweige ab Richtung Eggstätt und fahre dann in einem weiten Bogen nördlich um das Bayerische Meer nach Truchtlaching. Von dort halte ich mich ostwärts nach Stein an der Traun, Palling und Taching, um dann über zwei meiner Lieblingsstrecken, den Wonneberg und die kleine Straße von Surberg nach Neukirchen, wieder nach Hause zu rollen. Was für ein Vergnügen, was für eine Freude und was für eine tiefenentspannende Oldtimer-Runde. 

Ob’s was wird mit dem Start in die Saison?

Frühlingsanfang. Es sind nicht einmal mehr zwei Wochen bis zum 1. April und damit zum Start in die diesjährige Motorradsaison. Aber was hält der Blick aus dem Fenster für mich parat? SCHNEE! Satte 15 cm der weißen Pracht sind heute Nacht gefallen. Das braucht kein Mensch mehr. Von wegen Frühlingsgefühle, erste wärmende Sonnenstrahlen und zart sprießende Blütenpracht. Die Schneeschaufel darf ich heute schwingen!

Dieses Jucken in den Fingern

Ende Februar, bisher habe ich die Winterpause und den Bike-Entzug gut verkraftet. Aber dieser Tag stellt mich vor eine echte Herausforderung: Draußen herrscht Frühlingswetter vom Feinsten und immer wieder dringt das Knattern und Brummen von Zweirädern an mein Ohr, die offensichtlich ohne Saisonkennzeichen in den Garagen ihrer Besitzer nur auf solch einen Tag gewartet haben, um endlich wieder auf die Straße zu dürfen. Sollte ich vielleicht doch mein Schäufelchen aus dem Winterschlaf bei unserem Lieblings-Harley-Schrauber holen? Nein, lieber nicht. Dafür ist noch viel zu viel Salz bei uns hier auf den Straßen, wie die weißen Flecken und Schlieren auf dem dunklen Asphalt beweisen.  

Zu allem Überfluss erreicht mich heute Abend auch noch eine E-Mail aus der Werkstatt: Alle Arbeiten an der Shovel sind abgeschlossen und die Inkontinenz der alten Dame ist behoben. Das hat mein Lieblings-Harley-Schrauber bei diesem tollen Wetter mit einer ausgiebigen Testfahrt überprüft, die auch ihm die besonderen Eigenschaften meiner Oldtimer-E-Glide live vorgeführt hat: totale Entspannung durch sanfte Entschleunigung. 

Winterlager und Winterservice

Freitag, 30. Oktober. Heute müssen Sporty und Straßenkönig mit ihren Saisonkennzeichen ins Winterlager zu unserem Lieblings-Harley-Schrauber. Und die alte Dame Schäufelchen geht auch gleich mit. Morgens im Büro schaue ich alle paar Minuten aus dem Fenster, ob es denn nun endlich - wie auf meiner Wetter-App vorhergesagt - aufhört zu regnen. Sonst wird das heute Nachmittag eine ziemlich feuchte Pendelei zwischen zuhause und Werkstatt.

Der Wettergott hat ein Einsehen mit mir, vielleicht hat auch einfach nur die Wetter-App recht: Pünktlich zum frühen Feierabend an diesem Freitag hört es tatsächlich auf zu regnen. Meine Rockerbraut überlässt mir trotzdem die Ehre und Freude der letzten Fahrten. Sie chauffiert mich lieber immer wieder mit dem Auto zurück, während ich die Bikes eines nach dem anderen in den Winterschlaf schicke.

Obwohl: Winterschlaf werden die Harleys wohl eher nicht haben. Denn für diesen Winter gibt es eine ganz schön lange Aufgabenliste zusätzlich zu den ohnehin regelmäßig anstehenden Service- und Wartungsarbeiten:

  • An der Sporty meiner Rockerbraut muss noch der in Faak gebrochene Riemenschutz erneuert werden. Sie hat sich für ein gelochtes, verchromtes Teil entschieden und bekommt dazu eine schicke, verchromte Pulley-Blende. Außerdem hat ihr Hinterreifen auf unseren Touren ordentlich Gummi gelassen, sodass auch noch ein neuer Pneu her muss. Dann hat sie auf einer unserer Touren Skeletthandspiegel gesehen, die nicht ganz verchromt wie ihre jetzigen sind. Stattdessen sind dabei nur die Skeletthände verchromt. Das Spiegelgehäuse selbst ist schwarz beschichtet, was natürlich einen tollen Kontrast ergibt und hervorragend zu ihrem Bike passt. Die gibt’s sozusagen als vorgezogenes Weihnachtsgeschenk. Und - last, but noch least - ist auch noch die HU fällig.
  • Meinen Straßenkönig soll unser Lieblings-Harley-Schrauber wegen seines unruhigen Fahrverhaltens einmal genauer unter die Lupe nehmen. Vor allem bei meinen letzten Fahrten hatte ich immer wieder das Gefühl, dass das Vorderrad in Kurven Geräusche macht und auch nicht ruhig läuft, sondern Unruhe ins ganze Fahrwerk bringt: Schwingungen, Vibrationen, Wackeln - ich kann es nicht wirklich richtig beschreiben. Es ist auch nicht dramatisch, aber eben immer wieder zu spüren und damit irgendwann lästig.
  • Für meinen Oldtimer steht schließlich eine gründliche Suche nach den Ursachen für den leichten Ölverlust an, der seine kleinen Spuren auf unserem Garagenboden hinterlässt. Schließlich soll die alte Dame ja nicht inkontinent durchs Leben rollen müssen, wenn es nicht nötig ist.

Nachdem ich also zum Saisonabschluss gleich das dreifache Vergnügen hatte, unsere Motorräder in den Winterschlaf zu chauffieren, und auch noch alle anstehenden Arbeiten mit unserem Lieblings-Harley-Schrauber besprochen sind, geht es wieder ab nach Hause. Jetzt heißt es, fünf lange, kalte, dunkle Monate durchzuhalten, in Erinnerungen an vergangene Touren zu schwelgen, von zukünftigen Touren zu träumen und Pläne für die nächsten Runden zu schmieden. Und natürlich müssen alle Klamotten, Schuhe, Ledertaschen, Helme und sonstigen Accessoires, die bei uns zuhause den Winter eingelagert sind, gereinigt, gepflegt und für die neue Saison vorbereitet werden. 

Nutze die Lücke

Der letzte Sonntag im Oktober. Der letzte Sonntag für eine Ausfahrt mit meinem Straßenkönig. Und tatsächlich eine Schönwetterlücke nach ein paar ziemlich nassen, regnerischen Tagen. Sogar die Temperaturen sind durchaus angenehm für diesen späten Zeitpunkt im Jahr. Trotzdem hat meine Rockerbraut keine Lust mitzufahren. Ihr steckt noch die nass-kalte Rückfahrt aus Niederbayern in den Knochen. Also geht es heute noch einmal alleine auf Tour.

Über den Samerberg fahre ich erst einmal hinunter ins Inntal. Dann will ich weiter nach Bad Feilnbach, aber die Strecke ist gesperrt. Die Umleitung führt mich nach Rosenheim ins Stadtgebiet hinein, wo ich eigentlich überhaupt nicht hin wollte. Aber egal, da muss ich jetzt durch - im wahrsten Sinne des Wortes. Von Süden kommend quere ich also Rosenheim, fahre nach Norden immer parallel zum Inn bis Wasserburg und von dort noch weiter bis kurz vor Haag in Oberbayern, bevor ich in einer Schleife wieder nach Süden Richtung Soyen, noch einmal Wasserburg und dann Amerang abbiege.

Ein Blick auf den Tacho zeigt mir, dass ich da gerade mal eben 200 km genossen habe. Und Blicke gen Himmel und auf die Uhr zeigen mir, dass ich die Zeitumstellung der letzten Nacht noch gar nicht verinnerlicht habe. Dass es heute nämlich wieder eine Stunde früher dunkel wird, daran habe ich überhaupt nicht mehr gedacht. Also heißt es jetzt sich sputen, damit ich noch vor Einbruch der Dunkelheit wieder zuhause ankomme. Außerdem wird es jetzt mit untergehender Sonne auch ziemlich schnell ziemlich frisch. 

Schwarz auf Weiß

Heute Morgen habe ich einen der ersten Termine in der Zulassungsstelle, um die Eintragungen von Luftfiltern und Auspuffanlagen für die Sporty meiner Rockerbraut und meinen Straßenkönig vornehmen zu lassen. Der ganze Verwaltungsakt ist in wenigen Minuten vorüber, ich zahle noch einmal Gebühren für diese unselige Geschichte und halte alsbald die heißersehnten Papiere in den Händen. Am Abend nach der Arbeit fahre ich dann auch noch zur Polizeiinspektion und gebe dort zusammen mit einem Begleitschreiben für die zuständigen Beamten eine Kopie der Eintragung für meinen Straßenkönig ab. Das sollte es dann wohl endlich gewesen sein. 

Oktober-Shovel

Auch wenn der Straßenkönig jetzt wieder alle amtlichen Segen hat: Die Eintragungen im Fahrzeugschein sind noch nicht erfolgt. Also hole ich an diesem sonnigen Sonntag mitten im Oktober noch einmal mein Schäufelchen aus der Garage und drehe eine Runde durch den Chiemgau. Viel Zeit für diese kleinen Fluchten bleibt mir schließlich nicht mehr. In zwei Wochen ist November und die fünf finsteren, motorradlosen Monate beginnen. Umso mehr genieße ich die heutige Tour, auch wenn es nur eine kleine Runde über die wohlbekannte Hausstrecke ist. 

Ein Tag voller Wendungen

Ganz früh an diesem Mittwochmorgen krabbeln wir aus den Federn unseres kuscheligen Hotelbetts. In der Nacht hat es schon angefangen zu regnen. Das war in unserem Zimmer direkt unter dem Dach und mit großen Dachflächenfenstern nicht zu überhören. Wärmer ist es damit natürlich auch nicht geworden, nachdem es gestern bei Sonnenschein schon ziemlich frisch war. Das spüren wir am kalten Wind, der durch ein offenes Fenster zu uns herüber streicht. Wie gut, dass wir jetzt schon hier in unmittelbarer Nähe unseres rettenden Umbauexperten sind und bei diesem Sauwetter nicht zu nächtlicher Stunde anreisen mussten!

Unsere sieben Sachen der einen Nacht sind schnell zusammengepackt. Etwas mehr Zeit nehmen wir uns für das Frühstück. Wer weiß schon, wann es heute wieder etwas zu beißen gibt! Allerdings ist ein Frühstücksbuffet im Hotel zu Coronazeiten durchaus gewöhnungsbedürftig. Irgendwie ist alles Plastik: Plastikhandschuhe für die Gäste zum Überziehen während der Selbstbedienung; Plastikdöschen und -töpfchen mit fertigen Müsli-, Frischobst-, Joghurt- und Quark-Portionen; mit Folien abgedeckte Platten mit Wurst, Schinken, Käse; Einwegpäckchen für Marmeladen, Honig, Butter und Margarine sowie sonstige Aufstriche; Semmeln und Brezen in abgedeckten Körben, auf abgedeckten Platten vorgeschnittenes Brot - das alles dürfen die Gäste natürlich nur mit Zangen nehmen. Und an jeder Ecke steht Desinfektionsmittel.

Keine Frage, die Auswahl ist absolut großartig und insbesondere Semmeln, Brot, Wurst, Käse, Obst sind von bester Qualität, absolut frisch und größtenteils aus der Region. Aber die Verpackungs- und Hygieneorgie drum herum lässt zumindest am Buffet keine richtig gute Frühstückslaune aufkommen. Die entwickelt sich erst am Tisch, nachdem all die eingesammelten Leckereien ausgepackt und ausgewickelt sind und sich zum Kaffee- und Teeduft endlich auch das Aroma frischer Back-, Wurst- und Käsewaren ausbreiten kann. Da die aufmerksame Wirtin den Plastikmüllberg auch schnell von unserem Tisch wegräumt, steht nun in der Tat einem königlichen Frühstück nichts mehr im Wege. Mmmh, lecker!

Auch wenn wir hier nur allzu gerne noch sitzen bleiben würden, um uns vor dem Sauwetter draußen zu verstecken: Wir müssen jetzt los. Also schnell noch die Rechnung bezahlt und unsere Tasche samt Helm und Bikerklamotten aus dem Zimmer geholt. Dann geht’s raus zu unseren Maschinen. Die stehen trotz des schützenden Überdachs triefnass hinterm Haus. Dumm, wenn der Regen aus der falschen Richtung kommt! Dass die Südseite des Hotels heute die Schlagseite sein würde, konnten wir ja nun wirklich nicht ahnen.

Das ist aber noch nicht die böseste Überraschung. Nachdem wir die Regenhauben von den Sitzen genommen, unsere Tasche verstaut und uns fertig angezogen haben, verweigert die Sporty meiner Rockerbraut ihre Dienste. Beim Druck auf den Startknopf lässt sie nur noch ein leises Klick-Geräusch hören. Was tun? Da überlegen wir gar nicht lange, ich rufe direkt in der Werkstatt an, die heute ja sowieso unser Ziel ist. Der nette Werkstattmeister fackelt auch nicht lange: „Wo seid Ihr denn? Ich schick Euch `nen Mitarbeiter mit dem Transporter vorbei. Dann schauen wir uns das hier im Betrieb an.“ Unser Bikerhotel ist ihm wohlbekannt, sodass gar keine lange Wegbeschreibung nötig ist. Jetzt heißt es also erst einmal warten. Wir kuscheln uns so dicht wie möglich an die Hauswand, schauen den Regentropfen zu, die vor uns herunterrieseln, und spekulieren über die Ursachen für die Startprobleme.

Nach einer gefühlten Ewigkeit und real nicht einmal einer Viertelstunde Wartezeit kommt schon der Transporter des Umbau-Spezialisten vorgefahren. Der nette Mechaniker verstaut die Sporty mit reiner Körperkraft schwuppdiwupp im Laderaum und zurrt sie fest. Sein Angebot, meine Rockerbraut im Fahrerhaus mitzunehmen, nimmt sie dankbar an. Ich kann sie gut verstehen, ist der trockene, warme Platz im Auto doch sicherlich deutlich angenehmer als der nass-kalte Sozius auf meinem Straßenkönig, mit dem ich dem Transporter nun endlich in die Werkstatt folge.

Im Harley-Betrieb folgt nun ein langer Morgen des Wartens. Die Sporty ist sowieso direkt in die Werkstatt gefahren worden, meinen Straßenkönig habe ich davor abgestellt. Zutritt ist hier für uns erst einmal verboten. Dafür übergeben wir dem Werkstattmeister an der Reparaturannahme alle Unterlagen rund um die vorhergesehenen Eintragungen und schildern auch noch einmal die Startschwierigkeiten der Sporty. Dann verschwindet er und wir sind uns selbst überlassen. Und was macht ein Biker dann in einem Harley-Laden? Ganz genau und richtig: Stöbern und shoppen, um die Nervosität ob des Kommenden zu kompensieren. Und so wandern ein paar schicke Pullis für meine Rockerbraut und eine Mütze für mich in die Einkaufstüten.

Irgendwann taucht der Werkstattmeister wieder auf und fragt uns, ob das tatsächlich noch die erste Batterie in der Sporty meiner Rockerbraut sei? Ja, wir können uns jedenfalls nicht daran erinnern, dass die Batterie schon einmal erneuert wurde. „Zuhause stehen Eure Bikes immer schön in der Garage, oder? Dann ist das kein Wunder, dass die Batterie heute Nacht schlapp gemacht hat. Bei knapp über 0 Grad ist so ein sieben Jahre altes Teil schneller durch, als Du den Startknopf drücken kannst“, erklärt er uns. „Da hilft auch nichts, dass Ihr gestern ordentlich gefahren seid und die Batterie abends voll geladen war.“ Tja, die Rechnung dieses Tages erhöht sich dann wohl auch noch um den Obolus für einen neuen Energiespeicher.

Es ist schon deutlich nach Mittag, als wir endlich wieder an die Reparaturannahme gerufen werden. Dort liegen die Abnahmeberichte für Straßenkönig und Sporty bereit. Und natürlich eine ordentliche Rechnung. Aber das Einzige, was uns jetzt wirklich interessiert, ist der Vermerk auf den Abnahmeberichten. Und der enthält, was wir erhofft hatten: Alle Prüfungen und Messungen sind bestanden, die Kombinationen von Luftfiltern und Auspuffanlagen an unseren Bikes erfüllen alle Anforderungen, sie können auch in Verbindung miteinander in die Papiere eingetragen werden. Hurra! Die Freude über die Lösung überwiegt bei weitem den Schmerz über die Abbuchung, die gerade per EC-Karten-Zahlung von meinem Konto vorgenommen wird.

Glücklich beschwingt davon, dass unsere Tour in den Bayerischen Wald einen so erfolgreichen Höhepunkt gefunden hat, steigen wir auf unsere nun total legalen Bikes und machen uns auf den Heimweg. Es wird ein ziemlich kalter, nasser und auch anstrengender Trip. Es gießt in Strömen, die Temperaturen liegen geschätzt irgendwo bei 5 Grad, dazu kommt noch ein unangenehm böiger Wind. Mir geht es dabei hinter der Scheibe meines Straßenkönigs noch recht gut. Aber meine Rockerbraut auf ihrer Sporty bekommt die Unbill des Wetters ungefiltert zu spüren. Sie hält sich tapfer und will auf mein Nachfragen irgendwann nach rund einer Stunde Fahrt auch keine Pausen machen, sondern alles nur so schnell wie möglich hinter sich bringen. Spricht’s und donnert mit ihrem Bike davon.

Kurz vor Burghausen hat das Sauwetter urplötzlich ein Ende. Wie mit dem Lineal gezogen, wechselt der Straßenzustand von nass auf trocken. Und genauso hört es von einem auf den anderen Augenblick auf zu regnen und die Sonne lugt zwischen den Wolken hervor. Was für eine Wohltat ist das in diesem Augenblick! Angesichts des nun trockenen Restwegs bis nach Hause legen wir doch eine Pause ein und stärken uns in einem Fastfood-Restaurant, an dem wir vorbeikommen. Das warme Essen, so schlecht es auch sein mag, tut jetzt einfach gut. Und auch die Wärme die langsam wieder in unsere Glieder und Knochen zurückkehrt.

Als wir nach dem Essen aufstehen und wieder in unsere Funktionsjacken schlüpfen, stellen wir auch fest, warum uns die Gäste an den Nebentischen so verwundert beobachtet haben: Aus unseren Klamotten - vor allem aus den Jacken, die wir über die Stuhllehnen gehängt haben - ist so viel Wasser herausgelaufen, dass wir inmitten einer gewaltigen Pfütze sitzen. Und noch während wir auf dem Weg zum Ausgang sind, sehen wir aus den Augenwinkeln auch schon einen Mitarbeiter mit Wischmopp und Eimer zu unserem Platz marschieren, um die von uns verursachte kleine Seenlandschaft aufzuwischen. Sorry, tut uns leid! Wir wären bis hierher auch lieber warm und trocken unterwegs gewesen!

Gestärkt und aufgewärmt ist der restliche Heimweg jetzt nur noch ein Klacks. Und zuhause gibt es nur noch drei nennenswerte Aktivitäten an diesem Abend: Die nassen Klamotten ausziehen und notdürftig zum Trocknen aufhängen. Dann nichts wie unter eine heiße Dusche. Und schnell noch den Rechner hochfahren um zu checken, wann bei der Zulassungsstelle der nächste für mich brauchbare Termin frei ist. Das ist leider erst nächste Woche Dienstag der Fall. Macht aber nichts. Hauptsache, wir können diese nervige Stilllegungsgeschichte noch in dieser Saison zu den Akten legen. 

Auf zur Lösung aller Probleme

Der heutige Dienstag überrascht uns mit trockenem und sonnigem, aber ziemlich kühlem Wetter. Das war so zwar nicht ganz vorhergesagt, kommt uns aber natürlich sehr recht. Denn heute geht es ab nach Niederbayern, um die Einzelabnahmen unserer Bikes durchführen zu lassen. Ich bin morgens schon mit meinem Straßenkönig ins Büro gefahren, weil das auf der Strecke liegt, und mache früh Feierabend. Meine Rockerbraut ist pünktlich nachgekommen und wartet schon vor der Parkplatzausfahrt auf mich. Wir können also durchstarten und kommen hoffentlich noch vor Einbruch der Dunkelheit im Hotel im Bayerischen Wald an.

Es ist eine schöne Tour, mir kommen die kühleren Temperaturen jetzt Mitte Oktober sehr entgegen. Schließlich hält die Funktionskombi schön mollig warm. Nur leider kommen wir in Burghausen in den Feierabendverkehr, der uns völlig unerwartet fast eine Stunde aufhält. Damit fällt die geplante Pause ins Wasser, wir wollen lieber die verlorene Zeit wieder reinholen. Immerhin ist auf den Bundesstraßen Richtung Norden wenig Verkehr, und entgegen der Routenplanung nehmen wir ab Landau an der Isar auch lieber die Autobahn für die letzten Kilometer, als weiter die Landstraßen zu genießen, selbst wenn das deutlich weniger Spaß bringt.

Mit hereinbrechender Dunkelheit füllen wir noch an einer Automatentankstelle unsere Spritvorräte auf, bevor wir wenige Kilometer weiter unser Ziel erreichen. Die eigentlich erwartete Unterstellmöglichkeit für unsere Harleys können wir leider nicht nutzen, aber immerhin können wir die Maschinen einigermaßen geschützt unter einem Balkon mit Vordach abstellen. Also satteln wir unser Gepäck ab, ziehen wegen des vorhergesagten Regenwetters die Schutzhauben über die Sitzbänke und beziehen unser wunderschönes Zimmer im Dachgeschoss des Hauses - ein riesiger Raum mit hoher Decke und einer offenliegenden Dachbalkenkonstruktion, scheinbar noch vor gar nicht allzu langer Zeit frisch renoviert und ausgebaut. Das aller Beste ist für uns allerdings die heiße Dusche, denn auf den letzten Kilometern nach Sonnenuntergang ist es doch empfindlich kühl geworden.

Frisch geduscht und aufgewärmt geht es jetzt noch ins Restaurant, wo uns der Koch mit einem leckeren und reichhaltigen Abendessen verwöhnt. Vor allem der Nachtisch begeistert mich. Den favorisierten Kaiserschmarrn bekomme ich zwar nicht mehr, da eigentlich schon Küchenschluss ist. Dafür rückt der Küchenchef aber eine extragroße Portion Whiskeysahnelikör-Parfait im Baumkuchenmantel heraus. Die muss er ja auch nicht kochen, sondern nur noch aus der Kühlung heraus anrichten. Und das ist ihm hervorragend gelungen. Damit ist die nötige Bettschwere an diesem Tag erreicht und wir kriechen schnell in unser Bett. Schließlich müssen wir morgen sehr früh aufstehen. Um 9 Uhr werden wir in der Werkstatt erwartet. Und diesen Termin wollen wir auf keinen Fall verpassen. 

Vorfreude

Weil wir am Mittwoch schon gleich früh am Morgen um 9 Uhr zu Abnahme unserer Bikes in der Werkstatt sein müssen, haben wir inzwischen unsere kleine Reise geplant: Dienstagnachmittag und natürlich den Mittwoch habe ich mir frei genommen. Wir werden schon am Vortag anreisen und in einem Motorradhotel in der Nähe der Werkstatt übernachten, das ich im Internet gefunden habe, das auch jetzt - Mitte Oktober - noch geöffnet und ein Zimmer für uns frei hat. So müssen wir nicht in aller Herrgotts Früh im Dunkeln und mit Zeitdruck im Nacken los, sondern können entspannt nach Niederbayern fahren. Den erfolgreichen Abschluss dieser Planung feiere ich an diesem wundervollen Freitagnachmittag mit einer weiteren Shovel-Hausrunde über Reit im Winkl, die drei Seen, Ruhpolding und Inzell. 

Lichtblick

Mitten in der Woche erreichen mich gute Nachrichten von meinem Lieblings-Harley-Schrauber. Er hat einen Kontakt in Niederbayern, der sich auf Umbauten und Eintragungen spezialisiert hat und mir eventuell bei der Re-Legalisierung meines Straßenkönigs und der vorauseilenden Legalisierung der Sporty meiner Rockerbraut helfen kann! Ich soll ihm meine Unterlagen von den Bikes, den Luftfiltern und den Auspuffanlagen sowie den Mängelbescheid der Polizei schicken, damit er sich alles ansehen und prüfen kann, ob eine Eintragung möglich ist. Das mache ich natürlich sofort. Und bekomme auch prompt noch am selben Tag eine Rückmeldung: Die notwendigen Prüfungen und Eintragung sollten kein Problem sein. Einziger Haken an der Sache: Wir müssen für die Abnahmen fast 200 km nach Niederbayern fahren und ziemlich tief in die Tasche greifen. Aber das ist uns die Sache allemal wert! Also machen wir für den nächsten Mittwoch einen Termin aus. Jetzt müssen wir nur noch die kleine Tour organisieren. 

Wiederholung

Zwei Wochen sind heute seit der Stilllegung meines Straßenkönigs vorüber. Und eine Lösung für das Problem ist noch nicht gefunden - zumindest keine, die mir gefällt. Denn ein Rückbau ist die allerletzte Option, die ich nur im äußersten Notfall in Erwägung ziehen würde. Also gibt es für die Polizei erst einmal ein freundliches Schreiben mit der Bitte um Fristverlängerung. Und für mich gibt es heute, sozusagen als Wiederholung zum vergangenen Sonntag, wieder eine Oldtimer-E-Glide-Frust-Wegschaufel-Runde.

Dieses Mal geht es über den Samerberg hinunter ins Inntal und dann nach Norden, um den Chiemsee in einem weiten Bogen zu umfahren. Auf meiner Runde komme ich auch an einem beliebten Bikertreff vorbei, vor dem sich an diesem herrlichen Sonntag natürlich viele Motorradfahrer tummeln und der unmittelbar an einer Kreuzung liegt. Was soll ich sagen: Ich muss genau an dieser Kreuzung anhalten und mein Oldtimer geht ausgerechnet bei diesem Stopp vor der versammelten Bikerschar aus. Zu allem Überfluss macht er auch noch Zicken beim Neustart, bevor er sich nach einigen Drückern auf den Startknopf wieder zum Leben erwecken lässt. Zum Glück war eine E-Glide die Basis meines Schäufelchens! Sonst stünde ich jetzt wahrscheinlich zur Belustigung der Zuschauerschaft hier und würde verzweifelt auf dem Kickstarter herumspringen! So aber tuckert der Motor bald wieder in seinem ruhigen Takt vor sich hin und ich kann mich aus dem Staub machen. 

Frust wegschaufeln

Im Laufe der vergangenen Woche hat sich herauskristallisiert, dass der Mängelbescheid für meinen Straßenkönig korrekt ist. Die Polizei beruft sich auf einen sehr strengen Richterspruch, der die Kombination von Luftfilter und Auspuff tatsächlich nur erlaubt, wenn beide Teile in Verbindung miteinander geprüft und freigegeben wurden - auch wenn beide Teile für sich ein Gutachten oder eine allgemeine Betriebserlaubnis haben. Diese Zulassungen gelten aber, so die Sicht der Dinge, immer nur in der geprüften Konstellation. Also: Luftfilter mit der Original-Auspuffanlage, Auspuffanlagen mit dem Original-Luftfilter. Und natürlich kann kein Hersteller - weder von Luftfiltern, noch von Auspuffanlagen - mehrere Kombinationen prüfen und zertifizieren lassen. Das wäre viel zu aufwendig und teuer. Bleibt als Lösung für uns tatsächlich nur ein Rückbau oder die Einzelabnahme unserer Bikes.

Was für ein Glück, dass ich mein Schäufelchen habe! Mit ihm kann ich an diesem Sonntag nach einer Woche voller schlechter Nachrichten wunderbar meinen Frust abbauen. Weil meine Rockerbraut das Risiko einer Stilllegung wegen der vergleichbaren Luftfilter-Auspuff-Konstellation an ihrer Sporty nicht eingehen möchte, gehe ich alleine auf Tour. Meine Rockerbraut will heute stattdessen lieber im Garten werkeln. In wilden Schleifen fahre ich also mit meinem Oldtimer zum Waginger See, dann nach Feichten an der Alz, weiter nach Amerang, von dort nach Prien und dann südlich am Chiemsee vorbei wieder nach Hause. Vielen Dank, liebe alte Shovelhead, dass Du mir mit Deiner rauen Art so wundervoll den Frust von der Seele schaufelst!

Krisensitzung

Nach der gestrigen Stilllegung meines Straßenkönigs gibt es heute erst einmal ein ausführliches Telefonat mit unserem Lieblings-Harley-Schrauber. Der ist von der sehr engen Auslegung der Rechtslage auch überrascht, verspricht aber natürlich, sich bis ins Detail kundig zu machen - bei seinen Lieferanten, Kollegen und Prüfern, die ja auch regelmäßig zu ihm in die Werkstatt kommen. Bis er irgendwelche verlässlichen Auskünfte hat, heißt es Geduld zu haben. Schließlich haben wir ja zwei Wochen Zeit. 

Kurzes Vergnügen

Wochenend und Sonnenschein, da muss eine kleine Harley-Tour einfach sein! Meine Rockerbraut hat keine Lust, sie möchte lieber daheim chillen. Also mache ich mich alleine auf die Reise. Ziel ist ein Besuch am Pillersee, und auf dieser wohlbekannten Strecke möchte ich noch einmal das Fahrverhalten meines Straßenkönigs ohne Scheibe testen. Denn nach meiner Montags-Shovel-Runde unmittelbar nach den ganzen Kärntentouren mit meinem Straßenkönig kann ich im direkten Vergleich nicht wirklich glauben, dass ein fast 50 Jahre alter Oldtimer eine bessere Straßenlage haben soll als ein knapp 15 Jahre alte Road King, die für ihr gutes Fahrverhalten bekannt ist. Und so möchte ich mich noch vor der Winterruhe auf die Suche nach möglichen Ursachen machen, um im Winter entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Leider endet meine Tour ohne große Tests an einer Polizeikontrolle in Marquartstein. Wohl um die in die Berge fahrenden und auf dieser Strecke auch zurückkommenden Biker wissend, winken die Herren so ziemlich jede Maschine auf den Parkplatz heraus, die sie mit ihrer Mannstärke kontrollieren können. Glück hat nur der Motorradfahrer, der zu einem Zeitpunkt vorbeifährt, an dem alle Beamte schon mit Kontrollen beschäftigt sind. So viel Glück habe ich nicht. Eine Polizeikelle weist mir unzweifelhaft den Weg herunter von der Straße auf den Parkplatz, wo mich auch gleich ein - das muss ich an dieser Stelle ohne jede Ironie betonen - sehr netter Beamter in Empfang nimmt. Aber was soll’s: An meinem Straßenkönig gibt es ausschließlich legales Zubehör, das auch abgenommen und eingetragen ist. Also kann ich ja ganz entspannt bleiben.

Denkste! Es entwickelt sich das alt bekannte Spielchen: Führerschein und Papiere, dann beginnt der Rundgang um die Maschine. Erstes Objekt des Zweifels ist der Lenker. Der ist zwar eingetragen, aber ist auch tatsächlich der eingetragene Ape montiert? Zum Glück ist die Typbezeichnung des Lenkers im sichtbaren Bereich ins Chromrohr eingeprägt, sodass diese Frage schnell beantwortet ist. Aber dann ist der Stein des Anstoßes gefunden: Zwar sind Auspuffanlage, für die es eine ABE gibt, und Luftfilter, für den ein TÜV-Gutachten vorliegt, in den Papieren eingetragen. Aber als einzelne Positionen, ohne den expliziten Zusatz „in Verbindung mit“ oder kurz „i.V.m.“.

Das alles erklärt mir der Polizist in aller Seelenruhe, und auch auf meine mehr oder weniger intelligenten Einwürfe gibt er mir immer wieder seine Sicht der Dinge zu verstehen: Wegen der Luftfilter-Auspuff-Kombi ist die Betriebserlaubnis für mein Bike erloschen, ich darf den Straßenkönig heute nur noch nach Hause fahren und dann für Fahrten zur Behebung des Missstands zur Werkstatt und zur Prüfstelle bewegen. Ansonsten ist meine Road King stillgelegt. Bei Zuwiderhandlung samt Erwischen drohen Bußgeld, Punkte und so weiter, außerdem ist der Versicherungsschutz nicht gegeben. Ach ja, ein Verwarnungsgeld ist übrigens jetzt schon fällig. Und soweit ich das alles verstehe, darf ich auch nur nach Hause fahren, weil von den Umbauten wohl keine schwere Verkehrsgefährdung ausgeht, wie ja die vorhandenen Gutachten vermuten lassen.

So sprachlos wie jetzt war ich selten in meinem Leben: Zwei geprüfte Zubehörteile, eines mit allgemeiner Betriebserlaubnis, das andere mit einem TÜV-Gutachten, beide von einer Prüfstelle abgenommen und in den Fahrzeugpapieren eingetragen, sind zusammen nicht zulässig. In der Schule hatte ich schon Schwierigkeiten zu verstehen, dass Minus mal Minus Plus gibt. Das Plus und Plus jetzt Minus ergibt, ist eine Erkenntnis, die in mein kleines Bikerhirn nun gar nicht hinein will. Sicherheitshalber schaue ich mich noch einmal um, ob vielleicht irgendwo ein Kamerateam herumsteht und plötzlich ein überdrehter Fernsehmoderator aus dem Gebüsch springt, der „Vorsicht Kamera“ oder so etwas brüllt. Aber das hier ist tatsächlich bitterer Ernst. Und so trolle ich mich nach dem Bezahlen meiner Verwarnung und Entgegennahme des Mängelbescheids mit einer Mischung aus Wut und Verzweiflung im Bauch nach Hause. Der Austausch von Geld und Dokumenten wird seitens des Polizisten übrigens mit den Hinweisen verbunden, dass die Behebung binnen zwei Wochen bei einer Polizeidienststelle durch Vorführung des Bikes oder Vorlage entsprechender Unterlagen über einen Rückbau bzw. die korrekte Eintragung der bemängelten Teile nachgewiesen werden muss.

Als ich zuhause vorfahre, wundert sich meine Rockerbraut darüber, dass ich schon wieder zurück und in solch einer seltsamen mentalen Verfassung bin. Ich erzähle ihr sofort die Geschichte und sie ist genauso fassungslos wie ich. Ändern lässt sich daran aber hier und jetzt nichts - und so beschließe ich kurzer Hand, den aufgestauten Frust mit meinem Oldtimer abzubauen. Ganz bewusst entscheide ich mich für eine Hausrunde über Reit im Winkl, Ruhpolding und Inzell. Denn dann muss ich wieder durch Marquartstein fahren - und hoffe ein ganz klein wenig, dass die Biker-Kontrolle dort noch stattfindet und ich jetzt mit der Shovel angehalten werde.

Dieser Spaß ist mir allerdings nicht vergönnt, die Polizisten sind inzwischen ab- oder weitergezogen, wohin auch immer. Auf meiner weiteren Runde sehe ich sie auf jeden Fall nicht mehr. Dafür begreife ich, während ich meinen Oldtimer durch die Kurven treibe, warum der Motor den Namen Shovel bekommen hat: Das hat nämlich in Wirklichkeit rein gar nichts mit der angeblichen Schaufelform der Rockerboxen zu tun. Vielmehr schaufelt eine Shovel Frust und Ärger aller Art in wenigen Augenblicken hinweg! Und so taufe ich meine Oldtimer-E-Glide heute irgendwann während dieser Frust-Abbau-Fahrt auf den Namen „Schäufelchen“.

Zurück daheim bin ich deutlich entspannter, will aber natürlich doch genauer wissen, was es mit dieser Polizeiaktion und der Argumentation heute auf sich hatte. In den einschlägigen Internet-Foren werde ich schnell fündig und stelle fest, dass ich nicht allein mit meinem Problem bin. Die Posts quellen über von Fragen, Berichten, Tipps und Tricks, die sich mit der Luftfilter-Auspuff-Konstellation beschäftigen. Demnach wird Abhilfe nur ein Rückbau von Luftfilter oder Auspuff oder eine Einzelabnahme bei einer Prüfstelle schaffen. Das wird also ein Fall für meinen Lieblings-Harley-Schrauber - und das nicht nur bei meinem Straßenkönig. Denn auch die Sporty meiner Rockerbraut hat eine vergleichbare Kombination von TÜV-begutachtetem Luftfilter und ABE-zugelassenem Auspuff, aber ohne die „i.V.m.“-Eintragung im Fahrzeugschein. Das muss natürlich auch gleich mit bereinigt werden, bevor sie das Opfer der nächsten Kontrolle ist. 

Nachgeholter Reparatur- und Putztag

Meine Rockerbraut war heute Morgen bei unserem Lieblings-Harley-Schrauber, um endlich den immer noch mit einem Kabelbinder notdürftig befestigten, gebrochenen Riemenschutz abmontieren zu lassen. Den Ersatz haben wir auf den Winter verschoben, aber der geschäftstüchtige Bike-Pfleger und -Verschönerer hat ihr natürlich gleich ein paar Optionen gezeigt, aus denen wir die perfekte Lösung aussuchen können: schwarz oder verchromt, gelocht oder massiv usw. Da werden wir wohl noch den einen oder anderen Abend vor dem Rechner verbringen und auf den Webseiten der Harley-Zubehörausstatter die für uns perfekte Lösung heraussuchen müssen.

Für mich steht an diesem Abend das Nachholen der am Montag zugunsten der Shovel-Tour verschobenen Putzaktion an, damit die Bikes wieder einigermaßen vorzeigbar sind bei den eventuell noch anstehenden Touren in diesem Jahr. Ach ja, die verloren gegangene Schraube für meine linke Lenkerarmatur hat meine Rockerbraut heute Morgen auch noch aus der Werkstatt mitgebracht, sodass ich sie einsetzen kann und ich alles wieder bombenfest im Griff habe. 

I like Mondays

Den Montag nach der Bike Week-Woche nehme ich mir immer noch frei. Eigentlich um unser Gepäck aufzuräumen, die Bikes zu putzen und nach einer in der Regel anstrengenden Faak-Woche und der Heimfahrt am Sonntag ein wenig zu entspannen, bevor es wieder in den Arbeitsalltag geht. An diesem Montag und bei diesem tollen Wetter lockt allerdings noch eine ganz besondere Entspannungsoption: Meine Shovel will doch auch wieder bewegt werden, nachdem sie eine gute Woche einsam und alleine in der Garage warten musste, während ihre jüngeren Geschwister das schöne Kärnten erkunden durften. Also starte ich nach Erledigung der wichtigsten Pflichten mit meinem Oldtimer zum großen Unverständnis meiner Rockerbraut auf eine Hausrunde. Was für ein herrlicher Spaß! Wenn mein Straßenkönig die Straßenlage der Shovel hätte, würde ich wohl gar nicht mehr absteigen und nur noch fahren, fahren, fahren ...

It’s a long way home

Schon früh - zumindest für unsere Verhältnisse - an diesem Heimreisetagmorgen von unserer diesjährigen September-Kärnten-No-Bike-Week-Motorrad-Tour ist es ziemlich warm. Entsprechend bin zumindest ich komplett durchgeschwitzt, nachdem wir unsere sieben Sachen aus der Ferienwohnung zu unseren Harleys geschleppt und auf den Bikes verstaut haben. Am liebsten würde ich jetzt noch einmal duschen gehen. Aber das geht natürlich nicht mehr. Schließlich haben wir die Rechnung schon bezahlt, die Schlüssel abgegeben und für das nächste Jahr gleich wieder gebucht. Jetzt kann also nur noch der Fahrtwind für Kühlung sorgen und die schweißnassen Klamotten trocknen. Angst vor einer Erkältung muss ich bei diesen Temperaturen wirklich nicht haben.

Von Drobollach geht es über Villach zuerst noch einmal auf unsere Lieblingsstrecke vorbei an Arriach nach Inner- und Außerteuchen. Am Ende dieser wundervollen Straße biegen wir links ab Richtung Ebene Reichenau und Turracher Höhe. Oben auf der Höhe am Turrachsee gibt es nach dieser herrlichen ersten Etappe für den heutigen Tag eine Pause bei der Höhe entsprechend moderaten Temperaturen.

Von der Terrasse eines Hotels beobachten wir bei einem kühlen Erfrischungsgetränke ein für Corona-Zeiten durchaus befremdliches Schauspiel: Vor dem Hotel hält ein Reisebus vollgepfropft mit Reisenden, die geschätzt alle jenseits der 80 Jahre sind und damit der höchsten Risikogruppe angehören. Sie stolpern und klettern aus dem Bus heraus und verschwinden umgehend in einem Speisesaal des Hotels, wo sie offensichtlich ohne große Abstandsregeln gemeinsam Mittagessen wollen. Masken trägt, soweit wir das sehen können, niemand der alten Herrschaften. Da sind wir doch froh, dass wir auf der Terrasse an der frischen Luft mit viel Abstand zu anderen Gästen sitzen und gleich auch wieder mit viel frischer Luft um die Nase auf unseren Motorrädern ganz individuell weiterfahren.

Die Weiterfahrt von der Turracher Höhe hinab ins Murtal wird allerdings überhaupt nicht das erwartete Vergnügen. Die Straße ist zwar frisch geteert und sieht tipptopp aus. Allerdings muss die Teermaschine ein Unwucht und eine Fehlstellung der Achsen gehabt haben. Der Asphalt ist das reinste Waschbrett und rüttelt uns ordentlich durch. In unserer Fahrtrichtung gibt es genau bei zwei Drittel der Spurbreite einen Knick in der Fahrbahn, sodass wir nicht wie gewohnt versetzt fahren können. Schade, dass dieser eigentlich herrliche Straßenabschnitt so verhunzt wurde!

Im Tal angekommen, folgen wir zunächst der Bundesstraße parallel zur Mur, bevor wir bei Madling ins Thomatal abzweigen und hier über die kleine Landesstraße ins Lungau hinüber fahren. Mit einer Schleife um das Schloss Moosham herum wechseln wir dann auf die B99 und machen uns auf die Anfahrt zu den Radstädter Tauern und nach Obertauern. Doch bevor es auf die Passhöhe hinauf geht, gibt es für alle - Bikes und Biker - noch eine Stärkung in Tweng. Nachdem die Spritvorräte aufgefüllt sind, füllen auch wir unsere Akkus im gleich an der Tankstelle liegenden Gasthaus mit Speis und Trank auf. Meine Rockerbraut schießt dabei den Vogel ab: Die von ihr ausgesuchte Suppe ist leider ausverkauft, aber die nette Bedienung empfiehlt Omas Gulasch - allergiebedingt für meine Rockerbraut mit Reis statt Butternudeln. Und dieser Gulasch ist eine wahre Augenweide und Köstlichkeit! Herrlich geschmort und ordentlich gewürzt, mit einer wunderbaren sämigen Sauce.

So gestärkt kurven wir nach Obertauern hinauf und wedeln auf der anderen Seite hinab - bis uns eine Baustelle mit Wechselampel ausbremst. Von der Ampelschaltung können wir aufgrund des Verkehrsgeschehens allerdings erst einmal nur etwas ahnen. Wir stehen nämlich zunächst einfach nur in einer Schlange, die sich langsam Schub für Schub voranschleicht. Vorbeifahren ist auf diesem kurvigen Geläuf für uns - im Gegensatz zu vielen anderen Bikern - keine Option. Schließlich gibt es genauso schubweise, wie wir uns voran bewegen, auch Gegenverkehr. So nähern wir uns im Stop-and-Go der Baustelle und können bald auch die Ampel in der Ferne sehen. Sieben Minuten zeigt sie als Wechselrhythmus an, und wenn ich richtig mitzähle, sind es fünf Phasen, die wir warten müssen, um zu den Durchfahrenden zu gehören.

Das, liebe Bikerinnen und Biker, hätte allerdings schneller gehen können. Wenn Ihr nicht nach vorne durchgefahren, sondern wie alle anderen Verkehrsteilnehmer auch in der Schlange geblieben wärt. Effekt Eurer Vorfahrerei ist nämlich eine blockierte Durchfahrt für den Gegenverkehr, weil vorne überhaupt kein Platz für Euch ist und Ihr Euch an der roten Ampel auf der Gegenfahrbahn staut. Und entsprechend geht dann beim Herannahen des Gegenverkehrs, der nicht an Euch vorbeikommt, gar nichts mehr. Bis sich das große Gekuddel und Gemuddel auflöst, ist dann unsere Grünphase fast schon wieder vorbei, sodass entsprechend wenig Fahrzeuge überhaupt durch die Engstelle fahren können.  

Eine Dreiviertelstunde verlieren wir hier in der Hitze und sind entsprechend fertig, als wir nach der Baustelle wieder freie Fahrt haben. Trotzdem macht die Fahrt vorbei an Werfen und durch das anschließende schattige Salzachtal einen riesen Spaß. Während einer eigentlich sehr schönen Nebenstrecke zwischen Golling und Kuchl, auf die uns das Navi dank seiner Routenführung über kurvenreiche Straßen lotst, die wir aber heute überhaupt nicht genießen können, beschließen wir, auf schnellste Strecke umzuschalten. Jetzt wollen wir wirklich nur noch nach Hause.

Und so geht es von Hallein hinauf nach Berchtesgaden und weiter Richtung Inzell. Bei Unterjettenberg wartet allerdings noch eine böse Überraschung auf uns: Die Durchfahrt nach Schneizelreuth ist gesperrt, wir müssen eine Umleitung über Bad Reichenhall nehmen. Das hätten die schlauen Verkehrsplaner auch schon in Berchtesgaden ankündigen können! Dann wären wir von dort nämlich direkt über Bischofswiesen gefahren und hätten uns diesen Umweg sparen können.

Müde, kaputt und durchgeschwitzt halten wir nach über acht Stunden Fahrzeit und am Ende mehr als 300 km Strecke zuhause an. Was war das für eine geile Woche! Auch ohne Festivalstimmung, Budenzauber und große Live-Konzerte in Faak und Arneitz hatten wir ein tolles Programm. Wir sind so viel in Kärnten gefahren wie noch nie in den Jahren zuvor. Wir haben eine so herzliche Gastfreundschaft genossen, wie sie in der Hektik einer Bike Week wahrscheinlich nie möglich sein wird. Es war einfach der perfekte Motorradurlaub, wenn auch nicht die Partysause der normalen Jahre. 

Am letzten Tag noch Neuland entdecken

Nun ist sie fast schon wieder vorbei, unsere lang und heiß ersehnte September-Urlaubswoche in Kärnten. Untrügliches Zeichen dafür sind die Koffer, die wir nach dem Frühstück gepackt haben und die jetzt schon im Flur unserer Ferienwohnung stehen. Wir wollen heute nämlich lieber etwas später los, dafür aber die Gewissheit haben, dass wir unsere heutige Tour und den Abend ohne jeglichen Zeitdruck wegen irgendwelcher noch zu packenden Utensilien verbringen können.

Aus den vorbereiteten Touren für die Woche haben wir gestern Abend noch die Runde über den Schaidasattel ausgewählt. Sie ist nicht allzu lang - etwas über 150 km - und führt uns in eine Region, die wir aus irgendwelchen Gründen bei unseren bisherigen Faak-Besuchen nie unter die Räder genommen haben: den südlichsten Zipfel Österreichs am Fuße der Karawanken.

Zuerst geht es südlich des Wörthersees durch das Keutschacher Seental und dann hinauf zum Pyramidenkogel, den wir in diesem Jahr auch zum aller ersten Mal in all den Bike Week-Jahren besuchen. Allerdings haben wir uns dafür wohl den falschen Tag ausgesucht. Denn oben am Turm herrscht an diesem Samstag reger Trubel. Auch wenn wir als Biker das Privileg genießen, bis zur exklusiv für Motorradfahrer reservierten obersten Parkebene durchzufahren - vielen Dank dafür übrigens, liebe Back-to-the-Roads-Organisatoren! -, ist es uns hier viel zu voll. Wir werfen nur einen kurzen Blick auf den über uns aufragenden Turm, beobachten ein wenig die von oben herabschwebenden, mutigen Flying Fox-Flieger und genießen die Aussicht auf den unter uns in der Sonne liegenden Wörthersee, dann brechen wir wieder auf.

Jetzt geht es hinunter an den Wörthersee und weiter nach Klagenfurt. Von dort fahren wir Richtung Süden und Drautal, biegen aber vor Erreichen des Flusses Richtung Maria Rain und Radsberg ab, um durch die Hügel und Wälder eine wundervolle Schleife zum Stausee Annabrücke zu ziehen. Dort legen wir direkt am Wasser unterhalb der Brücke über die Drau in einem kleinen Biergarten eine Pause ein. Während wir uns erfrischen, stecken wir uns gegenseitig mit unserer Begeisterung über die bisher zurückgelegte Strecke und die kleinen und kleinsten Sträßchen an. Vor allem der winkende Harley-Eigner, der uns frenetisch von seiner Terrasse herab grüßte, als wir vor wenigen Kilometern an seinem Haus vorbei ins Tal hinunter kurvten, hat uns gefreut.

Aber wir müssen natürlich weiter, auch wenn diese Location an der Drau sehr einladend ist. Gleich nach dem Biergarten biegen wir rechts ab auf die Brücke und peilen Bad Eisenkappel als nächstes Zwischenziel an. Dabei machen uns zweisprachige Ortsschilder und für uns doch recht ungewöhnliche Ortsnamen klar, dass wir nun unzweifelhaft im österreichisch-slowenischen Grenzgebiet unterwegs sind. So dachten wir bisher, dass Gallizien in Nordspanien liegt und auch nur mit einem „l“ und „c“ geschrieben wird. Hier und heute werden wir eines Besseren belehrt und lernen einen kleinen Ort mit diesem Namen in der Doppel-l- und z-Schreibung kennen.

Obwohl es kurz nach dem Örtchen Gallizien über eine Bundesstraße nach Bad Eisenkappel geht, kommt auf den nächsten Kilometern der Fahrspaß nicht zu kurz. Ab Miklauzhof folgt die Straße nämlich den Windungen und dem Verlauf der Vellach, die hier nach Norden der Drau und damit unserer Fahrtrichtung entgegen fließt. Entsprechend kurvig und landschaftlich schön führt die Strecke durch das Vellachtal, bis wir in Bad Eisenkappel nach Westen zum Schaidasattel abzweigen.

Was nun folgt, ist die perfekte Strecke für meine Rockerbraut und mich. Ein kleines Nebensträßchen schlängelt sich durch eine wundervolles Tal und dann hinauf zum Schaidasattel. Okay, die Straße ist nicht unbedingt perfekt asphaltiert, dafür aber sehr abwechslungsreich in Sachen Streckenführung und Aussichten. Am Schaidasattel machen wir auf dem Parkplatz halt und genießen das Berg- und Talpanorama und die Aussicht auf die noch vor uns liegende Strecke. Die sieht auch weiterhin sehr vielversprechend aus, wie sie sich hinab ins Tal schlängelt.

Also starten wir wieder, nachdem wir uns darauf geeinigt haben, dass wir am nächsten Gasthof auf jeden Fall Rast machen. Denn unsere mitgeführten Getränke- und Essensvorräte sind jetzt aufgebraucht. Und weil die Temperaturen an diesem Tag wieder durchaus schweißtreibend sind, werden wir die ganze Rückfahrt ohne eine weitere Erfrischung sicherlich nicht locker und entspannt genießen können. Leider macht sich bei der Suche nach einer Einkehrmöglichkeit auf den nächsten Kilometern bemerkbar, dass wir hier nicht in einer der touristischen Hochburgen Kärntens mit durchgehend geöffneten Restaurants und Cafés unterwegs sind. Viele Gasthäuser sind schon ganz oder zumindest zu dieser Nachmittagsstunde geschlossen. Dafür entschädigt zwar die wundervolle Landschaft, durch die wir hier cruisen dürfen, und die weitestgehend leere Straße. Aber Hunger und Durst nagen doch zunehmend an uns.

Irgendwo in einem kleinen Örtchen entdecken wir einen Gasthof, der gleich mehrere Vorzüge aufzuweisen hat, die uns zum Anhalten und Einkehren animieren:

  • Vor dem Eingang liegt - halb auf der Straße - ein tiefenentspannter Hund.
  • Vor dem Gasthof stehen ein paar Tische und Bänke im kühlen Schatten.
  • Es gibt gleich vor der Tür in Sichtweite der Tische mehr als genug Platz, um unsere Moppeds abzustellen.

Also schwenken wir ein und nehmen an einem der Tische Platz. Die freundliche Inhaberin kommt sofort zu uns und fragt nach unseren Wünschen. Die Getränke sind schnell bestellt, aber auf meine Frage nach einem Stück Kuchen, muss sie leider passen: „Tut mir leid, zum Verkauf habe ich leider keinen Kuchen da.“ Nicht schlimm, Hauptsache wir können etwas trinken. Und die Toilette besuchen.

Als ich von diesem dringend nötigen Gang an unseren Tisch zurückkomme, stehen darauf gleich mehrere verschiedene Plundergebäckstücke, zugeschnitten in mundgerechte Happen. Beim Näherkommen stelle ich dann fest, dass es sogar genau meine Lieblingssorten sind: Schoko, Nougat und Nuss. Meine Rockerbraut sieht meinen fragenden Blick und erklärt mir, dass die nette Wirtin ihre privaten Bestände für mich „geplundert“ hat. Das nenne ich mal Gastfreundschaft! Da schmecken die süßen Kalorienbomben gleich doppelt gut. Und so verschwinden sie Stück für Stück in meinem leeren Magen und verbreiten von dort aus auch gleich ihre zuckersüße, euphorisierende Wirkung. Damit steht einer tollen Rückfahrt an den Faaker See von meiner Seite jetzt nichts mehr im Wege. Zuvor müssen wir natürlich noch zahlen. Und da wartet die nächste freudige Überraschung auf uns.

Weil es sich um ihre privaten Gebäckvorräte handelte, die ich vor wenigen Minuten vertilgt habe, will die Wirtin die Plunderstücke gar nicht bezahlt haben. Das kommt natürlich nicht in die Tüte, zumal auch die Getränke hier im Vergleich zum Faaker oder Wörthersee zu Spottpreisen abgerechnet werden. Aber ich bekomme einfach keinen Preis aus der netten Dame herausgepresst. Also gibt es ein ordentliches Trinkgeld, das die Gute zunächst auch nicht annehmen will. Aber da hat sie keine Chance bei mir, soviel Gastfreundschaft muss einfach belohnt werden. Schade nur, dass meine Rockerbraut hier in Sachen Essen leer ausgegangen ist. Bei Kuchen und Gebäck muss sie allergiebedingt passen. Immerhin entdecken wir vor der Abfahrt in meinen Koffern noch einen Müsliriegel, den sie für den schlimmsten Hunger schnell vertilgt. Dann brummen unsere Motoren wieder, Straßenkönig und Sporty rollen die Waidischer Straße hinunter nach Ferlach. Meine Rockerbraut und ich genießen einmal mehr an diesem Tag die wundervolle Landschaft und die kaum befahrene Straße.

In  Ferlach erwartet uns dann eine weitere schöne Überraschung. Als wir in den Ort hinein fahren, sehen wir noch die Wolke aus dem Schornstein einer Dampflok hinter den Häusern entlang ziehen. Doch scheinbar ist die Lok gerade vor uns weggefahren, jedenfalls ist der kleine Bahnübergang, an den wir jetzt rollen, gerade wieder freigegeben. Pech gehabt, fahren wir halt weiter. Während ich mich noch über die seltsame Schleife wundere, mit der uns das Navi durch den Ort führt und auf die an ihm vorbeiführende B91 lotst, stelle ich auch fest, dass wir den langsam dahin stampfenden Dampfzug auf unserer Route gerade überholen. Und tatsächlich: Auf der B91 blinken praktisch direkt vor uns die Ampeln an einem Bahnübergang rot auf, um den Verkehr für das herannahende Stahlross anzuhalten. Mir bleibt gerade noch genug Zeit, den Fotoapparat hervorzukramen, um ein paar Schnappschüsse zu machen und den Fahrgästen der Bahn zuzuwinken. Obwohl sie wirklich im Bummelzugtempo unterwegs ist, zieht die Dampflok viel zu schnell vorbei.

Das kleine Züglein verschwindet und die Ampel beendet ihr rotes Blinkkonzert. Wir starten unsere V2-Motoren und bollern über die Bundesstraße zum Ferlacher Stausee, den wir noch auf der Bundesstraße überqueren, die nach der Brücke über die Drau übrigens eine wundervolle Schleife zieht. Danach verlassen wir die Bundesstraße allerdings auch gleich wieder, um nördlich der Drau eine Dörfer-Tour zu fahren: Zuerst geht es nach Köttmannsdorf, dann folgen Wellersdorf, Ludmannsdorf und Franzendorf. Die ganze Zeit begleitet uns eine wundervolle Aussicht hinab ins Drautal und auf die dort immer wieder aufgestauten Wassermassen.

Irgendwann stoßen wir dann wieder auf wohlbekanntes Terrain. In Unterjeserz erreichen wir die Verbindungsstraße von Velden und dem Wörthersee hinüber nach Rosegg und weiter an den Faaker See. Nach der durchaus als sehr einsam zu bezeichnenden bisherigen Tour ist die folgende Fahrt auf der Rosegger Straße ein regelrechter Kulturschock. Hier rollen Harleys fast wie zu normalen Bike Week-Zeiten in beiden Richtungen. Und dazwischen patrouilliert Polizei in allen Varianten: als Laser-Pistolen-bewaffneter Polizist am Straßenrand, als Radarwagen im fließenden Verkehr, als Motorradstreife, bei Verkehrskontrollen an irgendwelchen Parkplätzen und Haltebuchten.

Entsprechend achten wir auf unsere Tachos und halten uns strikt an die Geschwindigkeitsbegrenzungen, was zu einem überraschenden Moment auf diesen letzten Kilometern des Tages führt: Eine Gefällstrecke hinunter, auf der 50 km/h erlaubt sind und wir uns redlich in dieses Limit hineinbremsen, überholt uns plötzlich ein rasender Rennradler, indem er rechts an uns vorbeischießt, uns einen ordentlichen Schreck einjagt und dann eine Vollbremsung hinlegen muss, weil er im nächsten Ort an einem Fußgängerüberweg anhalten muss, an dem die über die Straße defilierende Menschenmenge nicht einmal genug Platz zum Durchrauschen für einen Radfahrer lässt.

Verkehr und Polizeipräsenz nehmen tatsächlich bis nach Drobollach hin nicht mehr ab. So sind wir froh, als wir unsere Bikes wieder in der Garage an der Ferienwohnung abstellen können und diesem Trubel entkommen. Schon seltsam, wie schnell wir uns an das relaxte Back-to-the-Road-Geschehen in diesem Jahr gewöhnt haben und das für einen Samstag natürlich immer noch vergleichsweise überschaubare Verkehrsgeschehen als too much empfinden.

Als entspannten Ausklang der diesjährigen No-Bike-Week treffen wir uns noch mit Freunden zum Essen, Quatschen und Kartenspielen - und hängen jetzt schon den Erinnerungen an diese sensationelle Motorrad-Urlaubswoche nach. 

Mit Speck fängt man Biker

Dé­jà-vu am Freitagmorgen: Nachdem wir gestern den Tag mit dem Demontageversuch des Riemenschutzes der Sporty meiner Rockerbraut begonnen hatten, starten wir unseren Bikertag auch heute mit einer Reparatur: Vor unserer Tour muss die linke Lenkerarmatur meines Straßenkönigs befestigt werden. Dazu gehört als erstes, dass wir uns wieder Bordwerkzeug ausleihen. Dann geht es in die Garage, in der unsere Harleys gut geschützt die Nächte verbringen dürfen.

Die verlorene Schraube an der Armatur kann ich hier und jetzt natürlich nicht ersetzen. Aber immerhin bekomme ich alles mit dem passenden Schraubendreher aus dem ausgeliehenen Bordwerkzeug so fest, dass ich die noch vorhandene Schraube sicher nicht auch noch verlieren werde und die Armatur wackelfrei und verdrehsicher sitzt. Damit steht unserer für heute geplanten Tour nichts mehr im Wege.

Bei - schon wieder - bestem Wetter starten wir ins Gailtal, um dort Speck als Mitbringsel für unsere Housekeeper und natürlich für uns selbst als leckere Urlaubserinnerung zu kaufen. Die Idee für diese Tour habe ich von der tollen Back-to-the-Roads-Seite des Kärntner Tourismus-Verbands geklaut. Dort gehört unser Zielpunkt - ein Direktvermarkter von Speck und Wurstwaren in der Nähe von Hermagor - zum Programm einer der vielen geführten Touren in dieser Woche, die für das alternative Bike-Week-Programm organisiert wurden.

Die Anfahrt durchs Gailtal ist für uns fahrerisch eher so lala, um nicht zu sagen: ziemlich langweilig. Immerhin: Die Aussicht auf die umliegenden Berge können wir dadurch in Ruhe und ausgiebig genießen. Nur das letzte Stück der Strecke hin zum kleinen Örtchen, in dem der Speck-Verkäufer seinen Hofladen betreibt, ist so recht nach unserem Geschmack. Genauso wie das Angebot im Laden. Der nette Inhaber weiß genau, wie er mit seinen schweinischen Leckereien Biker ködern kann: Er hält uns einfach ein rustikales Holzbrett mit vielen kleinen Pröbchen unter die Nase und lässt uns hungrige Gäste nach Herzenslust naschen. Sein Plan geht auf, wir kaufen ordentlich ein, und es wandern verschiedene Speckseiten, Schinkenstücke und Hartwürste in die Koffer und Gepäckrolle meines Straßenkönigs. Alles natürlich eingeschweißt und vakuumiert, damit die empfindliche Fracht den Transport gut und unbeschadet übersteht.

Zurück an den Faaker See sollte es eigentlich wieder durch das Gailtal gehen, wenn auch auf einer etwas anderen Route. Aber weil uns die Hinfahrt nicht wirklich begeistert hat, fragen wir unseren Speckversorger nach einem Tipp für ein alternatives Ziel. Schließlich ist es noch recht früh an diesem Tag. Seine Empfehlung ist der Weißensee, zu dessen Westufer er uns in kurzen Worten den Weg beschreibt und das er in den höchsten Tönen lobt. Dort würden wir etliche Einkehrmöglichkeiten finden.

Also starten wir zu unserem neuen Ziel und folgen der Wegbeschreibung. In der Tat ist diese Fahrt deutlich mehr nach unserem Geschmack als die bisherige Tour. Der erste Teil führt uns über winzige Sträßchen aus dem kleinen Heimatort der Speckspezialitäten weg, dann folgt irgendwann die Bundesstraße nach Hermagor und weiter hinauf zum Weißensee. Hier ist zum Glück wenig Verkehr, sodass die Straße auch im unteren Abschnitt der Auffahrt zum Weißensee erträglich ist. Weiter oben freuen wir uns dann über die wohl geschwungenen Kurven, die uns zum Abzweig an den See führen.

Mit der hohen Erwartungshaltung, hier jetzt tolle Cafés direkt am Seeufer für eine wundervolle Nachmittagspause zu finden, zweigen wir in die Sackgasse ab, die durch die Orte am nördlichen Seeufer führt. Und fahren sie bis zum bitteren Ende durch, wo uns das absolut letzte Durchfahrtverbotenschild endgültig klar macht, dass es jetzt nicht mehr weitergeht. Ratlos schauen meine Rockerbraut und ich uns an: Wo sind nur die versprochenen Einkehr- und Rastmöglichkeiten? Entweder sind sie geschlossen, nur für Hausgäste geöffnet oder wenig einladend für unseren Geschmack. Und direkt am See liegt hier schon gar nichts. Entweder verpassen wir gerade die schönen Ecken oder wir haben schlicht und ergreifend eine völlig andere Vorstellung von einladenden Urlaubsorten. Verbaute Touri-Orte sind einfach nichts für uns! Was also tun? Wenden und das Weite suchen! Vorher zwingt uns der Riemenschutz allerdings noch zu einem kleinen Stopp am Straßenrand, weil der Kabelbinder wieder einmal durchgescheuert ist. Der ist aber schnell ausgetauscht und dann geht es weiter.

Für den Heimweg haben wir beschlossen, nach Greifenburg ins Drautal hinunter zu fahren und dann über Spittal zurück an den Faaker See zu düsen. Während die Abfahrt nach Greifenburg uns ein wenig mit dem Abstecher zum Weißensee versöhnt, folgt unten im Drautal leider die B100, die uns mit zunehmender Fahrtstrecke immer mehr nervt. Unter einer Bike-Week-Motorradtour stellen wir uns wirklich etwas anderes vor. Für die Anreise mag das noch gehen, aber unter der Woche ...

Beim Tankstopp in Spittal äußert meine Rockerbraut ihren berechtigten Unmut ziemlich deutlich. Ob ich vergessen hätte, am Navi die Option kurvenreiche Strecke auszuwählen? Das sei ja eine grausame Kilometerfresserei ohne jeden Fahrspaß, die wir da gerade absolvieren. Ich checke das Navi, aber da ist alles nach unseren Wünschen eingestellt. Und die Vorschau auf die weitere Strecke nach Drobollach verspricht wenig Besserung. Die B100 würde uns noch bis kurz vor Villach verfolgen, bevor es wieder auf ein Nebensträßchen ginge. Also fragen wir uns an diesem Tag zum zweiten Mal: Was tun?

Als uns der nette Speckverkäufer ans angeblich so tolle Westende des Weißensees geschickt hat, erwähnte er auch das Ostufer. Da sei nichts los, hatte er gesagt, das würde nicht lohnen. Aber vielleicht sollten wir uns besser selbst davon überzeugen. Und so programmiere ich das Navi zum dritten Mal an diesem Tag um und lasse es die Route zum Weißensee-Ostufer berechnen. Zwar rollen wir dafür noch ein paar Kilometer über die langweilige Bundesstraße, aber dann geht es ab in die Berge.

Warum nur sind wir nicht gleich hierher gefahren? Die Strecke hoch an den Weißensee ist sensationell. Auch das Ostufer ist genau nach unserem Geschmack: Vom Parkplatz aus gehen wir nur wenige Meter bis ans Wasser und können auf einer Bank nur fünf Meter von den leise an den Strand plätschernden Wellen ein wundervolles Nachmittagspicknick machen. Und dabei genießen wir eine fantastische Aussicht über den See. Vielleicht sollten wir einfach nicht auf andere hören. Und genau das Gegenteil von dem tun, was die uns empfehlen. Schließlich wissen wir ja schon länger, dass wir in Sachen Motorradfahren und schöne Orte irgendwie anders ticken.

Leider versinkt die Sonne bald hinter den Bergen rund um den Weißensee und wir müssen uns auf den Weg machen. Das Navi möchte uns zwar denselben Weg zurück lotsen, den wir schon hier herauf gefahren sind. Aber als wir nach wenigen Kilometern einen Abzweig erreichen, ignorieren wir den elektronischen Wegberechner und biegen ab. Was soll schon passieren? Irgendwann wird uns das schlaue Kästchen am Lenker schon wieder auf den richtigen Weg zum Faaker See führen.

Der Abzweig ist eine gute Entscheidung! Wir entdecken den Farchtnersee, der hier wildromantisch in die Landschaft eingebettet liegt. Und wir rollen an riesigen Weiden entlang, auf denen ganze Herden von Mutterkühen mit ihren Kälbern stehen. Es hat schon fast ein bisschen was von Wildem Westen, als die Herde über die Wiese neugierig auf uns zu trabt, während wir am Straßenrand halten, um diese Stimmung in uns aufzusaugen. Auch die weitere Rückfahrt hinunter ins Drautal ist den Umweg absolut wert! Und im Drautal können wir dann sogar tatsächlich von Feistritz aus direkt auf die Nebenstrecke nach Villach wechseln und müssen gar nicht erst großartig die langweilige Bundesstraße ertragen.

Am Ende des Tages stehen dann statt der ursprünglich geplanten knapp 120 km weit mehr als 200 km auf dem Kilometerzähler, zusammengesetzt aus einer wilden Mischung herrlicher Nebenstrecken, erträglicher Hauptstraßen und nervtötender Kilometerfresserei über die perfekt ausgebaute, aber ätzend langweilige Bundesstraße. Vor allem der ungeplante Abstecher ans Ostende des Weißensees entschädigt uns dabei voll und ganz für die weniger schönen Abschnitte der heutigen Tour. Einen versöhnlichen Tagesabschluss gibt es dann auch noch in Drobollach: Das von mir so heiß geliebte Cordon bleu mit der besonderen Käsefüllung!

Maltatal und ein kleines bisschen mehr

Sommer, Sonne, Biker-Wetter - so begrüßt uns auch dieser Donnerstag der Back-to-the-Roads-No-Bike-Week-Woche in Faak. Nach der abgebrochenen großen Mittelkärnten-Runde gestern wollen wir es heute etwas ruhiger angehen lassen und nur ins Maltatal zur Kölnbrein-Talsperre fahren. Entspannte round about 90 km hat das Navi für die einfache Strecke berechnet. Das sollte sich locker machen lassen, auch wenn wir heute ausgeschlafen haben und noch den gebrochenen Riemenschutz an der Sporty meiner Rockerbraut demontieren müssen.

Der Riemenschutz erweist sich allerdings als ziemlich widerspenstig. Besser gesagt: Die Schrauben, mit denen er befestigt ist. Das Teil selbst hat seine Schwäche ja schon offenbart. Allen Löseversuchen mit dem ausgeliehenen Bordwerkzeug halten die Schrauben jedenfalls unbeeindruckt Stand. Und so beschließen wir, dass es bei der Notsicherung mit einem Kabelbinder bleibt, bevor wir Werkzeug oder Schraubenköpfe runddrehen und den Schaden nur noch schlimmer machen. Den Kabelbinder können wir unterwegs immer wieder austauschen, wenn er durchscheuert - genug Kabelbinder haben wir auf jeden Fall dabei, um das wochenlang durchzuexerzieren.

Wir fahren also los: Zuerst nach Villach und von dort wieder einmal das wunderschöne Sträßchen an der Drau entlang Richtung Westen. Irgendwann geht es von der Straße rechts ab raus aus dem Drautal hinauf nach Fresach. Fahrvergnügen pur! Kurve um Kurve schwingen wir uns rauf auf die Höhe und nach kurzer Fahrt über einsame Sträßchen durch die Hügel dann wieder hinab an den Millstätter See. Dabei genießen wir die Aussicht auf den See, den wir von hier aus in seiner ganzen Länge überblicken können.

Vom Ostende des Sees geht es am Nordufer entlang bis nach Millstatt, wo wir allerdings Richtung Obermillstatt abbiegen. Bis hierher ist die Bundesstraße nämlich dank der Ausblicke auf den See erträglich. Aber eben nicht das Fahrvergnügen, das uns auf Dauer vorschwebt. Das finden wir wieder oberhalb des Sees abseits der ausgetretenen und vielbefahrenen Pfade. Allerdings endet unser Spaß ziemlich abrupt an einer plötzlich auftauchenden und vorher nicht angekündigten Straßensperrung am Ortsende von Treffling. Die Straße ist ab hier wegen Bauarbeiten an diesem Tag voll gesperrt.

Um zu sehen, wie wir weiterfahren können, machen wir auf dem Parkplatz des gleich an der Straße liegenden Tennisplatzes Halt. Aber das Navi bietet uns nicht die Lösung an, die wir gerne hören möchten: eine schöne Alternativstrecke hier oben durch die Hügel. Also fragen wir einen Passanten nach einem möglichen Weg nach Gmünd in Kärnten. Aber auch der schüttelt den Kopf und bestätigt, dass es hier tatsächlich kein Weiterkommen gibt  und unser Navi wirklich die einzige Alternativroute weist: Zurück bis Schlossau, dann hinunter nach Seeboden und über die Katschbergstraße. Da müssen wir uns wohl arrangieren. Aber bevor wir das tun, stärken wir uns mit einer kleinen Brotzeit.

Die wird nach wenigen Minuten durch den vielstimmigen Wohlklang bestens bekannter Motoren unterbrochen. Zu uns auf den Parkplatz rollt eine lustige Gruppe Schweizer Harley-Fahrerinnen und -Fahrer, die offensichtlich dieselbe Strecke unter die Reifen nehmen wollten wie wir und jetzt ebenfalls von der Straßensperrung an ihrem Vorhaben gehindert werden. Nach einem kurzen Hallo, ein paar gegenseitigen Bike-Inspektionen und Glückwünschen zu den schicken Umbauten sowie natürlich dem Austausch der Informationen, die wir schon über die einzig mögliche Umfahrung bekommen haben, starten wir wieder unserem heutigen Ziel entgegen. Die Katschbergstraße ist dafür natürlich nicht die schlechteste Umleitung, die einem Biker empfohlen werden kann. Und so genießen wir die Fahrt durch das Liesertal und den Kurvenspaß entlang des Flüsschens durchaus. Es ist nur sehr viel mehr Verkehr auf der Straße, als wir uns wünschen würden.

In Gmünd fahren wir dann hinein ins Maltatal, wo wir deutlich Gas rausnehmen und unsere Aufmerksamkeit lieber auch einmal der Landschaft, den Bergen und den zahllosen Wasserfällen schenken als ausschließlich der Straße und dem Verkehr. Am Fallbach-Wasserfall legen wir deshalb auch einen Stopp ein, spazieren ein Stück weit vom Parkplatz zum Gasthaus unterhalb der Wasserfälle und erfrischen uns dort mit einem kühlen Spezi im Schatten des imposant vom Berg herunterstürzenden Nasses. Zu meiner großen Freude ist meine Rockerbraut von unserer bisherigen Tour hochbegeistert, vor allem das Maltatal ist so ganz nach ihrem Geschmack. Hurra! Da habe ich ihr ja auch in diesem Fall von meiner letztjährigen Tour nicht zu viel vorgeschwärmt.

Dann können wir uns dem fahrerischen Highlight unserer Tagesplanung widmen: Der Auffahrt zur Kölnbreinsperre über das kleine Mautsträßchen mit den spannenden Tunneldurchfahrten. Die Mautstelle ist schnell erreicht, hier müssen wir nicht einmal warten, sondern können sofort zahlen und durchstarten. Die Mautstraße ist entweder perfekt zweispurig ausgebaut oder an den engen Passagen mit Einbahnregelung und Wechselampeln ohne Angst vor Gegenverkehr durchaus flott zu befahren.

An den Wechselampeln haben wir dasselbe Glück wie an der Mautstation: Wir kommen immer genau so an, dass die Ampeln in wenigen Augenblicken umspringen werden. Und treffen auf supernette Autofahrer, die uns eifrig vorbeiwinken, damit wir vor ihnen auf die freie Strecke gehen können. Wir bedanken uns fröhlich winkend im Vorbeifahren und freuen uns über die freundliche Geste. So schrauben wir uns völlig ungestört auf freier Strecke hinauf zur Talsperre, können auf den offenen Abschnitten herrlich Kurven räubern und etwas gebremster durch die nassen, engen und dunklen Tunnelpassagen zirkeln. Es ist die reine Freude - genauso wie die Ankunft oben am Ende der Straße auf dem Parkplatz unterhalb des Berghotels bei strahlendem Sonnenschein und absolut klarer Sicht auf den Stausee und die umliegenden Berge.

Während Rockerbrauts Sporty und mein Straßenkönig auf dem Parkplatz warten, treten wir den kleinen Marsch auf die Talsperre hinaus an. Meine Rockerbraut will unbedingt ihren inneren Schweinehund herausfordern und auf die frei an der Talsperre über dem Abgrund hängende Aussichtsplattform hinausgehen. Mit unseren Biker-Wander-Wunderstiefeln erreichen wir bequem und sicher unser Ziel - und meine Rockerbraut steigt mutig die nur aus nach unten hin durchsichtigen Stahlrostmatten bestehenden Stufen hinab auf das Schwalbennest an der Staumauer, dessen Boden und Geländer ebenfalls weitestgehend durchsichtig sind. Als Materialien gab es beim Bau dieser rundum transparenten Mutprobenstation offensichtlich nur Stahlrostmatten, Sicherheitsglas und feinmaschiges Stahlgewebe. Total geflasht vom eigenen Mut die Höhenangst zu überwinden, steht meine Rockerbraut am Geländer und strahlt über das ganze Gesicht. Sie kann gar nicht genug von diesem irren Gefühl und der Aussicht bekommen.

Ist´s der Adrenalin-Kick vom Ausflug auf die Aussichtsplattform oder sind es einfach nur die Glückshormone, die sich an diesem tollen Tag sowieso in uns ansammeln? Vor der Abfahrt von der Kölnbreinsperre überlegen wir jedenfalls, ob wir wirklich einfach nur wieder zurück nach Drobollach fahren wollen - was letztendlich heißen würde, dieselbe Strecke wie bei der Hinfahrt unter die Räder zu nehmen - oder entgegen aller Vorsätze, heute keine Mammuttour zu fahren, doch noch eine Schleife über die Nockalmstraße ziehen. Zeit dafür wäre. Nicht gerade üppig, aber es wäre im Hellen durchaus zu schaffen.

Also geht es auf oder besser hinab ins Tal. Die Wechselampelschaltung meint es erneut gut mit uns, sodass wir hier keine kostbare Zeit verlieren und unsere Entscheidung gefestigt wird. Von Gmünd in Kärnten geht es über Eisentratten und Kremsbrücke nach Innerkrems. Über die jetzt überraschend leeren Straßen ist das an diesem Tag erneut - ich wiederhole mich nur allzu gerne - die reine Freude. Kurz vor 5 erreichen wir die Mautstation zur Nockalmstraße, zahlen unseren Obolus für die Fahrt und bekommen von der freundlichen Dame im Kassenhäuschen den Hinweis mit auf den Weg, dass Motorräder ab 18 Uhr auf der Nockalmstraße nicht mehr erlaubt sind. Wir sollten uns also ein kleines bisschen sputen. Andererseits haben wir noch über eine Stunde Zeit für die gut 30 km. Da sollte durchaus eine kleine Pause drin sein an einer der Hütten.

Was für ein Vergnügen erwartet uns jetzt auf den nächsten Kilometern! Wir sind praktisch die einzigen Fahrzeuge auf der Strecke und haben die herrliche Straße für uns allein. Also können wir Gas geben, wenn uns der Hafer sticht, und gemütlich dahinzuckeln, wenn wir einfach nur die Aussicht genießen wollen, ohne irgendjemanden zu stören oder auf jemanden Rücksicht nehmen zu müssen. Herrlich, göttlich, fantastisch!

An der Eisentalhöhe gibt es einen kurzen Stopp, bei dem eine kleine Erfrischung durch unsere Kehlen rinnt und eine Stärkung für daheim in Form einer der uns anlachenden Hartwürste aus dem Bauernladen in unseren Koffer wandert. Und schon geht es weiter. Allerdings wundere ich mich im weiteren Streckenverlauf plötzlich über das wackelige Lenkergefühl in meiner linken Hand. Da heißt es erst einmal das Gas zurückzunehmen und an einer sicheren Stelle am Straßenrand auszurollen. Und in der Tat stelle ich fest, dass sich an der linken Armatur eine der Klemmschrauben gänzlich verabschiedet hat und die zweite nur noch auf der letzten Windung hält.

Neun Motorradsaisons haben wir bisher durchfahren, ohne einmal Bordwerkzeug zu benötigen. Außer dem abgefallenen Blinker an der Sporty meiner Rockerbraut auf unserer letztjährigen Augusttour, bei dessen Reparatur nur das überaus freundlich zur Verfügung gestellte Gewebeband helfen konnte und Werkzeug wegen des weggeschliffenen Gewindes auch nichts genutzt hätte, gab es in dieser Zeit eigentlich nie nennenswerte Probleme, die wir nicht mit Kabelbindern und eben Gewebeband hätten reparieren können. Aber das scheint sich in diesem Faak-Urlaub nun schlagartig zu ändern. Nach der Sporty mit dem gebrochenen Riemenschutz gestern könnte heute mein Straßenkönig ein wenig Werkzeug durchaus vertragen. Dem lockeren Handgriff ist jedenfalls mit Kabelbindern und Klebeband nicht beizukommen. Also werde ich mir zu Weihnachten wohl ein brauchbares, aber tourentaugliches Werkzeugset wünschen. Denn das scheint doch nicht so überflüssig zu sein, wie wir bisher dachten. Und außerdem gibt es da ja noch die Shovel, die vielleicht auch einmal der einen oder anderen reparaturtechnischen Betreuung bedarf.

Jetzt und hier pfriemle ich die noch vorhandene Schraube so gut es geht mit den Fingern und unter Zuhilfenahme von allen möglichen Utensilien wie dem Hausschlüssel fest und sichere sie gegen den endgültigen Verlust mit einem kleinen Streifen Klebeband. Dann fahren wir sehr vorsichtig und deutlich langsamer als bisher weiter nach Ebene Reichenau. Schließlich geht es jetzt links am Lenker nicht mehr darum das Bike zu halten und zu dirigieren, sondern den Griff selbst festzuhalten, dass er nicht verloren geht. Dabei bin ich auch heilfroh, jetzt auf einer schaltfaul fahrbaren Harley zu sitzen, die ich letztendlich im dritten Gang durch die ganze Nockalmstraße treiben kann. Denn an Schaltorgien auf der kurvenreichen Strecke ist mit dem losen Griff und dem dadurch auch ziemlich wackeligen Kupplungshebel nicht zu denken. Stattdessen nutze ich lieber das Drehmoment aus dem tiefsten Drehzahlkeller, um durch die Kurven zu ziehen und aus ihnen herauszubeschleunigen - was erstaunlich viel Spaß macht.

In Ebene Reichenau hat zum Glück die Tankstelle geöffnet. Wir tanken nicht nur voll, sondern bekommen von der freundlichen Kassiererin auch Werkzeug für eine Notreparatur zur Verfügung gestellt - zwar kein zölliges Werkzeug passend zur Harley-Schraube, aber immerhin einen Schraubendreher, mit dem ich die Schraube soweit festziehen kann, dass die Weiterfahrt ohne große Verlust- und Unfallängste ob des losen Griffs weitergehen kann. So rollen wir über die B95 Richtung Himmelberg und nehmen kurz vorher wieder den Abzweig nach Innerteuchen und Arriach, unsere ausgemachte Lieblingsstrecke in jedem Faak-Urlaub.

Weil meine Rockerbraut und mich inzwischen ein ordentlicher Hunger plagt, legen wir in Treffen am dortigen Motorradhotel eine Abendessenpause ein und lassen uns wunderbar auf der Terrasse verwöhnen. Zu schon recht später Stunde geht es dann satt und glücklich heim in die Ferienwohnung, wo wir erschöpft, aber sehr zufrieden in die Betten fallen. Nach dem Lenker können wir morgen noch sehen ...

Auf großer Tour

Im vergangenen Jahr war ich allein auf die Mittelkärnten-und-Gurktaler Alpen-Runde des Tourenportals Kärnten gegangen. Obwohl ich sie wegen eines Erdrutsches nicht planmäßig fahren konnte und bei der Umfahrung dieser Straßensperrung eine ordentliche Off-Road-Einlage mit meinem Straßenkönig hinlegen musste, waren die Eindrücke dieses Tages doch so fantastisch, dass ich diese Tour in diesem Jahr unbedingt noch einmal zusammen mit meiner Rockerbraut unter die Räder nehmen will.

Weil die Strecke von unserer Ferienwohnung in Drobollach aus satt über 300 Landstraßen- und Nebenstreckenkilometer auf den Zähler bringen wird und damit inklusive Pausen ein überaus tagesfüllendes Format hat, starten wir für unsere Langschläferverhältnisse schon früh um 10 Uhr in Richtung Villach und Ossiacher See. Dann genießen wir eine unserer Lieblingsstrecken: Es geht vorbei an Arriach nach Innerteuchen bis nach Himmelberg. Dieses wundervolle Sträßchen gehört einfach auf unseren alljährlichen Tourenplan zur Bike Week.

Von Himmelberg geht es weiter nach Feldkirchen in Kärnten, wo wir auf den Abschnitt abbiegen, auf dem ich vor einem Jahr umkehren musste. Wir fahren durch St. Ulrich, dessen Name meiner Rockerbraut am Ortsschild ein kleines Hupkonzert abnötigt, hinauf nach Steuerberg und dann über eine herrliche kleine Serpentinenstrecke durch den Wald hinunter nach Weitensfeld im Gurktal. Hier gönnen wir uns in einem Gasthaus am Marktplatz eine erste Pause und Erfrischung. Zu meiner großen Freude ist meine Rockerbraut bis hierher schon total begeistert. Die Strecke ist aber auch einfach zu schön: kleine Sträßchen, wahnsinnig schöne Aussichten über das hügelige Kärnten und praktisch kein Verkehr, sodass wir auch jederzeit einfach anhalten können, um uns in Ruhe umzuschauen - die Tour ist keine extreme Alpintour, bietet aber jede Menge Kurvenspaß und Augenschmaus.

Von Weitensfeld geht es weiter nach Gurk, wo wir direkt am Dom den Abzweig auf die Wimitzer Landesstraße nehmen. Was nun folgt, ist schon Teil 3 des puren Bikervergnügens an diesem herrlichen Tag. Ein wunderbares Sträßchen führt uns den Berg hinauf, wo wir uns bei der Fahrt durch Pisweg das Schmunzeln ob des Ortsnamens nicht verkneifen können. Auch das wenig später folgende Finsterdorf ist mit seinem Namen sicherlich nicht besonders glücklich, zumal das Örtchen herrlich sonnig hier oben in den Hügeln liegt. Ab hier haben wir das Gefühl, die Strecke sei für uns gesperrt und wir hätten heute das exklusive Fahrrecht. Uns begegnen über etliche Kilometer keine Fahrzeuge auf der Straße - weder Autos, noch Lkw, Fahrräder oder auch andere Biker. Allenfalls steht mal ein Gefährt am Straßenrand oder auf einem Parkplatz. Die Straße und die grandiose Landschaft können wir entsprechend ruhig und ungestört genießen.

Umso größer ist der Kulturschock, als wir in Hunnenbrunn für ein kurzes Stück auf die Bundesstraße wechseln müssen und nach St. Veit an der Glan in die Stadt hinein- und dann auch wieder herausfahren. Der Verkehr hat uns wieder und von der Ortsdurchfahrt bleiben vor allem ziemlich ausgedehnte Industriegebiete in Erinnerung.

Ab St. Donat ist diese Episode unserer heutigen Tour aber wieder vergessen. Wir rollen in Richtung Burg Hochosterwitz. Und selten hat uns eine gerade Straße so gefesselt wie dieser Abschnitt unserer heutigen Tour. Schon aus der Ferne zieht die Burg auf ihrem Felsen unsere Aufmerksamkeit auf sich, sodass wir insgesamt dreimal stoppen, um den Anblick ausgiebig zu genießen. Mit jeder Annäherung entdecken wir immer neue Details an der faszinierenden Burgkonstruktion rund um den und auf dem Felsen. Vor allem beim letzten Halt auf einem Parkplatz unmittelbar vor der Burg präsentiert sich das majestätische Bauwerk in all seinen Details. Zu entdecken gibt es bei diesen Stopps übrigens nicht nur an Burg Hochosterwitz immer wieder Neues. Lohnend sind auch die Aussichten seitlich der Straße, z. B. auf Burg Taggenbrunn. Und während wir eine Stärkung genießen - leckeren mitgebrachten Kuchen und erfrischend kühles Wasser aus einer unserer Thermoskannen - beschließen wir, dass wir bei einer unseren nächsten Kärntenreisen unbedingt einen Besuch auf Burg Hochosterwitz auf die Tagesordnung setzen müssen.

Heute ist dafür der Zeitplan zu knapp. Nach all den Pausen während der Anfahrt auf Burg Hochosterwitz müssen wir jetzt nämlich  auch mal wieder ein bisschen Strecke machen. Da kommt es uns ganz recht, dass uns die nächsten Kilometer zügig über die B82 führen. So rollen wir entlang der Gurk zunächst bis Brückl, dann ein kurzes Stück nach Süden, bis wir in St. Gregorn den Fluss verlassen und der Bundesstraße nach Osten folgen. Es ist wenig Verkehr, sodass wir flott voran kommen. Und obwohl es eine Bundesstraße ist, ist die Streckenführung durchaus attraktiv.

Hinter Mittertrixen verlassen wir die B82 und fahren Richtung Haimburg, wo wir zu unserem nächsten Etappenziel abzweigen: Wir fahren nach Diex, dem laut eigenem Bekunden sonnigsten Bergdorf Österreichs. Auch diese kleine Nebenstraße begeistert uns wieder mit Kurven, wenig Verkehr und toller Landschaft. Nur eins vermissen wir auf den nächsten Kilometern: eine Möglichkeit einzukehren, uns zu erfrischen und zu stärken. Die wenigen Gasthäuser am Wegesrand sind entweder geschlossen oder wenig einladend, sodass wir lieber weiterfahren und die Strecke genießen.

Leider hat diese wundervolle Schleife mit ihren fantastischen Aussichten über die hügelige Landschaft irgendwann ihr Ende und wir landen nach einer kurvenreichen Abfahrt wieder in Brückl, wo wir jetzt Richtung Norden auf die B92 fahren - den wohl am wenigsten erwähnenswerten Abschnitt unserer heutigen Tour. Hier heißt es tatsächlich nur noch Gas geben, um die nahezu gerade Straße, die zudem auch an ziemlich vielen Industrieanlagen vorbei führt, schnellstmöglich abzuspulen. Entsprechend froh sind wir, als uns das Navi irgendwann von dieser Straße weglotst und wir wieder kleine kurvige Nebenstraßen unter die Reifen nehmen können. Und nicht nur das. In Guttaring finden wir endlich einen Gasthof, der gleich drei erfreuliche Argumente für sich sprechen lässt: Er hat geöffnet, einen einladenden Biergarten und Parkgelegenheiten gleich vor der Tür.

Frisch gestärkt geht es nach dieser nachmittäglichen Pause weiter Richtung Althofen. Doch bevor wir dieses Örtchen erreichen, signalisiert mir meine Rockerbraut Probleme mit ihrer Sporty. Irgendein schleifendes Geräusch dringt an ihr Ohr, aber bei der Weiterfahrt können wir es nicht näher orten. Ich fahre mal langsam hinter oder neben ihr, lausche, schaue, aber das Geräusch bleibt mir verborgen. In Althofen halten wir dann auf einem Parkplatz an. Irgendwann nach der dritten oder vierten Umrundung des Bikes entdecke ich den Übeltäter: Der Riemenschutz ist gebrochen und schleift deshalb am Pulley. Nicht schlimm, sollte aber natürlich so nicht bleiben, wenn wir weiterfahren wollen. Mangels Bordwerkzeug zur Demontage des Riemenschutzes hier vor Ort bleibt also nur die Universalwaffe eines Motorradreisenden: Kabelbinder.

Der erste Versuch, den Riemenschutz nach oben an den Blinker und damit weg vom Pulley zu ziehen, scheitert nach wenigen Metern Fahrt, weil die Auf- und Abbewegungen des Hecks den Kabelbinder schlicht und ergreifend am Blinker aushängen. Also ziehen wir den Riemenschutz gegen das hintere Federbein. Damit sitzt der Kabelbinder zwar zwischen den unteren Federwindungen, aber in diesem Bereich tut sich ja federungstechnisch ohnehin nicht viel. Trotzdem: Die geplante weitere Runde über Straßburg, Metnitz, Flattnitz und dann sogar noch über die Turracher Höhe zurück nach Drobollach wollen wir mit dieser Behelfslösung nicht fahren. Schade, aber nicht zu ändern. Immerhin haben wir damit für das nächste Jahr schon eine Tour auf unserer Planungsliste. Denn das ausfallende Stück lohnt auf jeden Fall noch einmal eine separate Anfahrt ins Gurktal.

Jetzt rollen wir erst einmal auf die nahe Bundesstraße, fahren nach Klagenfurt und von dort sogar über die Autobahn zu unserer Ferienwohnung. Den Kabelbinder müssen wir unterwegs nur einmal austauschen, weil er sich an den Kanten des Riemenschutzblechs durchgescheuert hat. Eine dauerhafte Lösung ist das also nicht.

Zurück in Drobollach lassen wir diesen ereignisreichen Tag im nahegelegenen Steakhouse Revue passieren. Auf dem Weg dorthin genießen wir den Sonnenuntergang, der die Berge auf der gegenüberliegenden Seeseite in warmen Farben erstrahlen lässt. Im Restaurant genießen wir dann die leckeren Spezialitäten der Kärntner Küche. Wegen des gebrochenen Riemenschutzes überlegen wir, morgen nach Klagenfurt zu fahren und zu sehen, ob wir den Riemenschutz dort ersetzen lassen können. Aber wofür den vorhergesagten herrlichen Tag darauf verschwenden? Morgen früh schrauben wir das defekt Teil einfach ab und gehen lieber wieder auf die geplante Tour ins Maltatal. Dafür muss ich nur noch Werkzeug organisieren. Aber das sollte angesichts der zahllosen Biker und einem Harley fahrenden Wirt wohl kein Problem werden. 

Bike Week light

So muss ein September-Urlaub in Faak sein: Einigermaßen erträgliche Anreise am Sonntag, Relax-Tag mit schlechtem Wetter zum Erholen am Montag und ab heute, Dienstag, strahlendblauer Himmel, der zu allen möglichen Aktivitäten animiert. Da wir uns ziemlich sicher sind, dass es im Laufe der Woche voller wird und noch mehr Biker nach Kärnten kommen, als wir bei der Anreise am Sonntag schon gesehen haben, beschließen wir, gleich heute die laufenden Aktivtäten des Back-to-the-Road-Programms abzuchecken, solange es noch etwas beschaulicher zugeht: In Velden sollen ein paar Customizer und Accessoires-Händler ausstellen, in Klagenfurt macht der lokale Harley-Dealer eine Woche lang Open House und bietet wohl auch ein bikergerechtes Burger-Essen an. Damit stehen die Eckpunkte für unsere heutige Tour fest.

So starten wir nach dem Frühstück erst einmal nach Velden. Dort sind tatsächlich - wie in normalen Bike Week-Jahren - Motorradparkplätze gegenüber dem Casino reserviert. Hier finden wir auch noch zwei freie Plätzchen und stellen die Sporty meiner Rockerbraut und meinen Straßenkönig standesgemäß ab. Dann schlendern wir hinunter zum Gemonaplatz, wo es tatsächlich so eine Art Mini-Event-Area gibt. Kein Vergleich zum Angebot der letzten Jahre an dieser Stelle oder erst recht in Faak. Aber heute reicht es immerhin, um für meine Rockerbraut einen weiteren Rucksack zu erstehen. Denn hier bietet derselbe Lederhändler seine Waren feil, bei dem ich auf der IMOT im Frühjahr schon einen Rucksack als Mitbringsel für sie erstanden hatte. Jetzt gibt’s die größere Version dazu, damit auch das umfangreichste Arsenal mitzunehmender Utensilien meiner Frau darin Platz hat. Mit dieser Anschaffung haben wir auch schon alles abgegrast und gesehen - einen schönen Anhänger für meinen Shovel-Schlüssel, nach dem ich schon seit einiger Zeit suche, finde ich hier leider nicht. Also gibt es zum Abschluss dieses Velden-Besuchs noch den obligatorischen Drink im Casino mit dem dazugehörenden Sehen und Gesehen-werden, bevor wir uns wieder auf unsere Moppeds schwingen, um die nächste Station Klagenfurt anzusteuern.

Am Nordufer des Wörthersees entlang tuckern wir also ans östliche Ende des Sees und kurven durch Klagenfurt ins Industriegebiet, in dem der Harley-Händler angesiedelt ist. Hier ist ordentlich was los! Die Motorradparkplätze auf dem eigentlichen Betriebsgelände des Händlers sind schon alle belegt und wir müssen auf den Parkplatz des gegenüberliegenden Supermarktes ausweichen, wo immerhin eine Sonderfläche für die Besucher des Harley Open House abgesperrt ist. Auch dieser Bereich ist schon ziemlich vollgeparkt. Das lässt uns zunächst zögern, überhaupt hier zu bleiben. Aber die Neugier auf das gebotene Event und die Hoffnung auf das eine oder andere Schnäppchen treiben uns doch in den Laden. So ganz ohne Mitbringsel und Erinnerungsstücke wollen wir schließlich auch dieses Jahr nicht nach Hause fahren. Und leerer wird es hier in den nächsten Tagen sicherlich auch nicht mehr werden.

Das Treiben im Store ist aus unserer Sicht allerdings grenzwertig für Coronazeiten. Im Außenbereich geht es ja noch, da können wir anderen Gästen ausweichen. Innen wird der Besuch dagegen zu einer Art Biker-Tetris: Suche die Lücke in den Gängen und an den Ständern mit T-Shirts und Pullovern oder anderen interessanten Dingen, stoße dann geschickt dorthin vor, wenn alles frei ist, und schaue Dir die Sachen an. Nimm bei Klamotten Deine Auswahl mit, suche eine Umkleidekabine für die Anprobe, warte darauf, dass sie frei wird und Du dann auch freie Bahn hinein hast. Hoffe, dass alles passt, denn sonst geht das Spielchen wieder von vorne los. Immerhin: Bevor es uns endgültig zu mulmig, eng und abstandsarm im Laden wird, ergattern wir ein schickes Shirt für meine Rockerbraut, eine Mütze für mich und tatsächlich einen schlichten, aber dadurch sehr schönen und passenden Anhänger für meinen Shovel-Schlüssel. Das geplante Burger-Essen im völlig überfüllten Gastgarten lassen wir aber ausfallen. Da suchen wir uns lieber eine etwas entspanntere Location.

Also fahren wir am Südufer des Wörthersees entlang wieder zurück Richtung Faaker See. Den geplanten Stopp in einem kleinen Restaurant direkt am Wörther See müssen wir leider mangels Parkplätzen ad acta legen. Stattdessen starten wir nun ohne weitere essenstechnische Experimente durch nach Villach. Hier gibt es schließlich auch ein tolles Biker- und Burger-Lokal an der Einfallstraße in die Stadt, in dem wir unseren ungestillten Hunger dann auch sehr entspannt befriedigen können. So gestärkt beschließen wir, an diesem Tag noch zwei - aus unserer Sicht und aus Sicht der bisherigen Bike Weeks - völlig verrückte Unternehmungen in die Tat umzusetzen, bevor wir in unsere Ferienwohnung zurückfahren und den Abend ausklingen lassen:

1. Wir fahren an einem Dienstag, wenn eigentlich schon die zu Bike Week-Zeiten herrschende Einbahnstraßenregelung gilt, im Uhrzeigersinn - und damit zum allerersten Mal bei einem unserer Faak-Aufenthalte - entgegen der sonst erlaubten Fahrtrichtung um den See. Das ist eine ziemlich spannende Runde. Denn wie so oft, wenn eine eigentlich schon bekannte Strecke zum ersten Mal in der Gegenrichtung gefahren wird, ergeben sich völlig neue Impressionen und Perspektiven. So entdecken wir tatsächlich Aussichten, die uns bisher völlig verborgen geblieben waren, z. B. den herrlichen Blick vom Seeufer zwischen Egg und Neuegg auf die Insel im Faaker See, der sich in dieser Fahrtrichtung bietet. Die Runde ist aber auch irgendwie ernüchternd, macht sie doch auf ganz eigene Art und Weise klar, dass dieses 2020 eben kein normales Jahr ist. Die leeren Flächen in Arneitz und Faak wirken so noch trister, als sie ohne Zelte und Buden ohnehin schon sind. Und die Strecke ohne Stau und Stopp-and-Go zu fahren, ist auch irgendwie seltsam.

2. Wir fahren zum Kreisel bei Finkenstein mit dem überdimensionalen Harley-Fahrer-Sozia-Monument. Den Besuch dieses Highlights haben wir bei unseren bisherigen Faak-Besuchen immer gemieden. Wir wollten nicht nur für den obligatorischen Schnappschuss mit Horden fotowütiger Biker auf den Straßen dorthin und dann im kleinen Kreisel um das Kunstwerk herum im Stau und zähfließenden Verkehr stecken. Heute haben wir die Location beinahe für uns allein. Wir können Straßenkönig und Sporty bequem direkt neben dem kleinen Kapellchen am Kreisverkehr auf der asphaltierten Einfahrt in einen Feldweg abstellen. Während meine Rockerbraut die Aussicht und ein Stück des noch von zuhause mitgebrachten Kuchens genießt, starte ich einen Fotospaziergang rund um den Kreisverkehr und die stählerne Skulptur. Passieren kann mir ja nichts: Auf den Straßen ist kaum etwas los und die beiden riesigen Harley-Passagiere sorgen mit ihren großen Back-to-the-Roads-Mund-Nase-Bedeckungen für besten Schutz vor Viren für alle Vorbeifahrenden und alle, die den Abstand von 1,5 Metern nicht einhalten und direkt vor ihnen für ein Foto posieren. 

Wetterkarussell am Montag

Es ist schon eine kleine Tradition: Am Montagmorgen der beginnenden Bike Week und unserem ersten Tag am Faaker See schläft meine Rockerbraut erst einmal aus und ich marschiere in den nahegelegenen Supermarkt, um den noch leeren Kühlschrank in unserer Ferienwohnung mit allen notwendigen Frühstücks- und sonstigen Leckereien für die bevorstehende Woche zu füllen. So ist es auch heute ohne offizielle Bike Week.

Auf dem Weg zum Supermarkt macht der erste Blick gen Himmel sofort klar, dass dies kein Motorradtag wird. Trüb und grau hängen die Wolken über dem See - und nicht nur über ihm, sondern auch soweit das Auge reicht über den umliegenden Bergen. Also heißt es wohl chillen und relaxen. Was auch nicht schlimm ist, ganz im Gegenteil.

Der erste Blick auf den Supermarktparkplatz und in den Laden macht ebenso unmissverständlich klar, dass unsere Erwartungen von gestern sich weiter bestätigen: Es wimmelt nur so von Harley-Fahrern, die sich mit allem eindecken, was für eine Back-to-the-Roads-Woche notwendig sein könnte. Das gilt nicht nur für Lebensmittel und Getränke. Auch der Ständer mit den alternativen Bike Week-Devotionalien ist schon ordentlich geplündert. Das Herren-Shirt in meiner Größe ist z. B. schon ausverkauft.

Zurück in der Ferienwohnung gibt es ein ausgiebiges Frühstück, danach mache ich mich auf zu einem Spaziergang durch Drobollach. Ein bisschen Bewegung kann ja nicht schaden. Meine Rockerbraut möchte währenddessen lieber ein paar Seiten in einem ihrer spannenden Krimis lesen und macht es sich deshalb in der Ferienwohnung bequem.

Als ich die Unterkunft verlasse, ist es nach wie vor trocken. Und so spaziere ich erst einmal hinauf zur Seeblickstraße und dann Richtung Egg. Wo in den vergangenen Jahr jetzt schon Bierbänke und -zelte entlang der Straße aufgebaut waren und bereits die Straßensperren für die Einbahnstraßenregelung der nächsten Tage bereitstanden, ist jetzt bis auf ein paar Plakate für die Back-to-the-Roads-Veranstaltungen und Hinweise zu den Veranstaltungsorten der Kleinkonzerte nicht viel zu sehen. Und auch auf der Straße ist wenig los.

Weil es hier also nichts weiter zu entdecken gibt, erkunde ich einfach einmal Drobollach abseits der Ringstraße. Und finde dabei tatsächlich sehr schöne Ecken, die ich in unseren bisherigen Bike Week-Jahren noch nie zu sehen bekam. Zu-Fuß-Gehen erweitert manchmal durchaus auch den Horizont, nicht nur Motorradwandern. So spaziere ich auch zum ersten Mal hinunter an den See oder genieße an irgendwo auf meiner Runde die Aussicht auf den Harleywood-Schriftzug.

Just in dem Moment, an dem ich den am weitesten von der Ferienwohnung entfernten Punkt meiner Wanderung erreiche, fängt es dann doch noch an zu regnen. So gehe ich dann doch ohne weitere Umwege wieder zurück zur Ferienwohnung, wo ich meine Rockerbraut abhole, damit wir gemeinsam in die Gartenwirtschaft von gestern Abend gehen können um zu essen und mit Freunden beim Kartenspiel einen lustigen Abend zu verbringen.

Abwechslung bereichert das Leben - beim Wetter könnten wir allerdings auch mal darauf verzichten!

Der Wetterbericht hat für unseren heutigen Anreisetag an den Faaker See Dauerregen vorhergesagt. Die Realität will uns aber scheinbar ein gutes Zeichen für unsere bevorstehende Urlaubswoche senden. So ist es jetzt bei unserer Abfahrt am Sonntagmorgen bei uns zuhause zwar ordentlich bewölkt, aber niederschlagsfrei. Mein Straßenkönig und Rockerbrauts Sporty rollen also auf trockenem Asphalt über Kössen nach St. Johann in Tirol, wo wir einen Tankstopp einlegen, und dann weiter bis Kitzbühel. Bei der Auffahrt zum Pass Thurn macht das Wetter der Vorhersage dann aber doch alle Ehre. Es fängt an zu regnen, was die dunklen Wolken hergeben und auch schon länger angedroht hatten. Na, immerhin haben wir das erste knappe Drittel unserer heutigen Tour trocken hinter uns gebracht. Nur schade, dass wir die herrliche Abfahrt vom Pass Thurn nicht so richtig genießen können.

Unten in Mittersill machen wir bei etwas nachlassendem Niederschlag ein kleines Päuschen, essen und trinken eine Kleinigkeit, um dann weiter Richtung Felbertauerntunnel zu fahren. Der Verkehr ist schön übersichtlich, allerdings sind wir ganz offensichtlich und auch unüberhörbar nicht die einzigen Harley-Reisenden Richtung Süden. Wie wir haben sich wohl auch viele andere Bikerinnen und Biker dazu entschlossen, auch ohne großes Bike-Week-Event nach Kärtnen zu fahren. Davon zeugen die vielen Bikes, die uns überholen oder die an Gaststätten, Tankstellen und Parkplätzen entlang unserer Strecke stehen.

Hinter dem Felbertauerntunnel hat der ununterbrochene Regen zwar ein Ende, dafür wird das Wetter auf den nächsten Kilometern bis hinter Lienz extrem wechselhaft. Alle 10 km verändert sich die Wetterkonstellation. Von trocken mit blauem Himmel und Sonne bis nass, bewölkt und ziemlich herbstlich reicht das Spektrum, das der Wettergott hier in allen Varianten durchspielt. Dazu kommen punktuell auch noch ordentliche Böen. Trotzdem: Das alles ist natürlich besser als andauernder Regen!

Während wir Lienz noch bei Sonnenschein durchfahren, erwartet uns wenige Kilometer weiter Richtung Oberdrauburg der wettertechnische Tiefpunkt unserer heutigen Tour. Vor uns steht eine graue, schier undurchdringliche Regenwand, die alles zu verschlingen scheint: Das Tal, die Berghänge, der Himmel - alles vor uns ist plötzlich verschwunden bzw. von einer trüben Suppe verschluckt. Und weit und breit ist keine Unterstellmöglichkeit zu sehen, wo wir diese drohende Wetterunbill geschützt aussitzen könnten. Also Gashahn auf, Volldampf voraus und schnellstmöglich durch die Wetterwand hindurch.

Zehn Minuten später haben wir es geschafft, das Unwetter liegt hinter uns. Regen, Graupel und ordentliche Böen haben uns kräftig durchgeschüttelt, die Einschläge der dicken Tropfen und der Graupeleisbröckchen konnten wir sogar durch die dicke Funktionskombi spüren. Aber die hat ihre Dienste wieder einmal mit Bravour geleistet: Außen klatschnass, innen warm und trocken fahren wir bei nun glücklicherweise stetig nachlassendem Regen weiter.

Je näher wir an Spittal heranfahren, desto deutlicher verheißt uns ein heller, blauer Himmelstreifen über den Bergen am Horizont eine trockene Abschlussetappe und Ankunft an unserem Zielort Drobollach. Bei unserem letzten Tankstopp kurz vor Spittal hört es dann tatsächlich auf zu regnen, die Straße ist sogar trocken, also wäre hier heute noch kein Tropfen gefallen. Und es ist spürbar wärmer. Deshalb beschließen wir, auf den letzten Kilometern nicht die schnelle Route über die Bundesstraße zu nehmen, sondern doch der kurvenreichen Strecke zu folgen, die das Navi über herrliche Nebensträßchen vorschlägt. So wird die Anreise zum Schluss doch noch eine Schönwettertour, bei der unsere Klamotten mit jedem Kilometer weiter auftrocknen.

Im Dunstkreis von Villach nimmt die Harley-Dichte auf und neben den Straßen nochmals merklich zu. Keine offizielle Bike Week heißt offenbar tatsächlich nicht, dass hier in der Region nicht doch noch eine Bikerparty stattfinden kann. Das sehen wir auch nach unserer Ankunft in der Ferienwohnung beim abendlichen Gang in die nahegelegene Gaststätte. Deren rundum offener, aber überdachter Schank- und Restaurantbereich ist wohl gefüllt mit Bikerinnen und Bikern aus aller Herren Länder. Was uns an diesem Abend, verbunden mit einem ordentlichen Essen und dem einen oder anderen erfrischenden Kaltgetränk, zur positiven Einstimmung auf eine No Show Bike Week völlig ausreicht. 

Kofferpacken für die No Show

Seit Juni steht ja bereits fest, dass die European Bike Week in diesem Jahr nicht stattfindet - zumindest der offizielle, von Harley organisierte und verantwortete Teil. Und auch die Organisatoren der Events in Arneitz mussten irgendwann ihre Pläne über Bord werfen und haben inzwischen alle Veranstaltungen abgesagt. Trotzdem haben wir schon vor längerer Zeit beschlossen nach Kärnten zu fahren, sofern die Reiseregeln das erlauben. Unsere Ferienwohnung ist schließlich wie immer bereits seit dem vergangenen Jahr gebucht, die Urlaubswoche auf der Arbeit fest eingeplant und Kärnten im September allemal eine Reise wert.

Letzteres beweist uns unter anderem der Tourismusverband seit ein paar Wochen mit seiner speziellen Bike Week-Webseite und der Back to the Roads-Aktion. Die scheinen echt ein tolles Alternativprogramm zu planen! Natürlich nicht das Mega-Event der letzten Jahre, sondern viele kleine Veranstaltungen. Und sie haben - für uns sehr interessant - unzählige Tourenempfehlungen auf der Eventseite veröffentlicht, von denen ich in den vergangenen Wochen an langen Abenden etliche für unsere Routenplanung ins Navi übernommen habe.

So wie es heute also aussieht, steht einer Motorradurlaubswoche und unserer ganz persönlichen Bike Week 2020 in Kärnten ab Sonntag für die kommende Woche nichts im Wege. Keine Reisewarnungen, keine Einreisebschränkungen, keine weiteren Absagen beim Restprogramm, keine Schließungen von Hotels, Ferienunterkünften und Gastronomie. Deshalb packen wir fleißig unsere Koffer und alles, was wir sonst noch so mitnehmen wollen. Und mit jedem Teil, das in die Taschen wandert, steigt die Vorfreude auf die bevorstehenden Tage.

Verdammt gut im Salzkammergut 

Der heutige Freitag ist mit Abstand der heißeste Tag in dieser Woche und macht dem August alle Ehre. Wie gut, dass ich ihn mir kurzfristig freinehmen konnte und jetzt nicht im Büro dahinschmelzen muss. Aber was wäre eine angenehmere Alternative? Meiner Rockerbraut ist es selbst zum Motorrad fahren zu heiß. Sie hat gleich am Morgen schon signalisiert, dass sie heute nicht mitfahren, sondern lieber an einem schattigen Plätzen im Garten chillen würde. Aber mir juckt es doch in allen Finger- und den Fußspitzen. Wenn nicht bei so einem Wetter, wann sollte ich dann auf die Piste gehen?

So entschließe ich mich, mehr oder weniger aufs Geratewohl in die Berge zu fahren. Da wird es in luftigen Höhen schon nicht so heiß sein. Und das Navi wird mir zu gegebener Zeit dann den Rückweg weisen. So starte ich erst einmal über Inzell nach Berchtesgaden und freue mich auf dieser wundervollen Strecke über den - für einen Freitag in den Ferien - angenehm ruhigen Verkehr, der meinem Straßenkönig und mir eine äußerst spaßige Kurvenhatz ermöglicht.

Von Berchtesgaden geht es dann weiter nach Bad Dürrnberg und hinunter nach Hallein ins Salzachtal. Noch so eine Lieblingsstrecke, die am heutigen Tag trotz der Hitze auch noch mit einer sagenhaften Fernsicht begeistert. Bei der Abfahrt nach Hallein kann ich bis nach Salzburg und zur Festung Hohensalzburg schauen - und muss aufpassen, dass ich vor lauter Aussicht nicht den Blick auf die Straße vernachlässige. Mit der mehr oder weniger unbewussten Entscheidung, unten in Hallein in Richtung Süden zu abzubiegen, entwickelt sich jetzt in meinem Kopf auch ein grober Plan für die weitere Route: Bis Golling will ich der Bundesstraße folgen, um über den Pass Gschütt zum Hallstätter See zu fahren. Von da aus könnte es dann über Bad Ischl und den Wolfgangsee wieder nach Hause gehen.

Die Stadtdurchfahrt Hallein ist nur eine lästige Pflichtübung auf dem weiteren Weg nach Süden, die ich allerdings für einen denkwürdig peinlichen Tankstopp nutze: Ich rolle nämlich bei einer der Tankstellen an der Bundesstraße an die Zapfsäule, lege Helm und Handschuhe ab, öffne den Tankdeckel meines Straßenkönigs, greife nach der Zapfpistole, stecke sie in den Tank und ziehe den Hebel. Es passiert - nichts. Also noch einmal raus mit der Pistole aus dem Tank und wieder hinein damit, noch einmal den Hebel gezogen, zwischendurch den einen oder anderen Blick auf die Zapfsäule, auf der die Anzeige immer noch Preis und Tankmenge des Vorgängers verkündet, die Pistole noch einmal eingehängt und wieder herausgenommen. Es passiert - nichts.

Die ersten anderen Kunden schauen mich schon skeptisch an, eine Gruppe junger Leute, die die Tanke offenbar zu ihrem Treffpunkt ernannt hat, wirft mir auch zunehmend ungläubige Blicke zu. Was ist hier nur los? Versteckte Kamera? Erst als an der gegenüberliegenden Zapfsäule ein neues Auto hält und die Fahrerin nach dem Aussteigen als Erstes zu einer schmalen Säule zwischen den Tankplätzen geht und dort herumhantiert, kapiere ich, dass ich an einer Automatentankstelle gelandet bin und vor dem Tanken mit meiner EC-Karte die gewünschte Säule freischalten muss, um dann an das ersehnte brennbare Nass zu kommen. Das mache ich dann auch schnell, schließlich will ich den anwendenden Österreicherinnen und Österreichern nicht noch mehr gute Gründe geben, sich über den Piefke zu amüsieren!

So rolle ich wenige Minuten später endlich mit wohl gefülltem Spritfass zwischen den Beinen von dannen und über Kuchl bis nach Golling, wo ich auch nach Osten Richtung Scheffau am Tennengebirge abzweige. Während ich dahincruise, fällt mein Blick irgendwann auf einen Wegweiser zur mautpflichtigen Postalmstraße. Keine Ahnung, warum mich das jetzt gerade reizt. Aber Mautstraße klingt irgendwie nach einem schöneren Sträßchen als weiter hier auf der Bundesstraße Kilometer zu fressen. Und so biege ich ab, um dem Wegweiser zu folgen. Die ersten Meter der Strecke sind wenig begeisternd, es geht vorbei an Industrie- und Gewerbebauten. Dann aber schwingt sich das Sträßchen doch den Hang aus dem Tal hinauf. Und ich ahne, dass mich hier noch ein wundervoller Abstecher erwartet.

Die Aussicht auf den Dachstein und die kleine, immer kurvigere Straße sind so ganz nach meinem Geschmack. Da stören auch die Mautgebühren nicht. Ganz im Gegenteil, dieses Sträßchen ist jeden Euro wert. Genauso wie der leckere Kuchen, den ich bei meinem wohlverdienten Halt auf dem großen, aber sehr leeren Postalm-Parkplatz im nahegelegenen Restaurant genießen darf.

So gestärkt mache ich mich dann auf die Weiterfahrt, laut Karte führt mich der Weg direkt an den Wolfgangsee. Dieser Streckenabschnitt ist noch schöner als die bisherige Auffahrt von Süden her. Kurvig geht es einen steilen Berghang hinunter, bis die Straße einem wilden Bachlauf folgt und dabei auf der anderen Seite von hohen Steilwänden flankiert wird. Höchst erfreulicher Nebeneffekt dieser Streckenführung ist die angenehme Kühle, die an diesem heißen Tag vom rauschenden Wasser auf die daneben verlaufende Straße übergreift.

Eigentlich könnte dieses Sträßchen so bis in alle Ewigkeit weitergehen - oder zumindest wieder zurück bis nach Hause. Aber die Realität führt mich dann doch zum Wolfgangsee und auf die Bundesstraße. Zum Glück ist auch hier erstaunlich wenig Verkehr, sodass ich zügig und stressfrei am Wolfgangsee entlang und dann zum Mondsee fahren kann. Dort schalte ich angesichts der nun schon fortgeschrittenen Stunde das Navi ein und lasse mich über kurvenreiche Strecken nach Hause führen.

Vom Mondsee geht es jetzt über kleine und kleinste Nebensträßchen zum Wallersee, immer wieder begleitet von herrlichen Aussichten auf die Berge und die Seenlandschaft des Salzkammerguts. Dann tuckere ich weiter zum Südzipfel des Mattsees und von dort hinunter nach Oberndorf und über die Salzach nach Laufen. Selbst die letzten Kilometer von hier nach Hause sind noch die reinste Wohltat und Entspannung. Daheim genieße ich dann noch gemeinsam mit meiner Rockerbraut den Sommerabend auf unserer kleinen Lounge im Garten. Ein solcher Tag sollte einfach niemals enden. 

Shovel & Burger 

Im Urlaub durfte mein Straßenkönig ordentlich Kurven kratzen und Kilometer fressen, während meine Oldtimer-E-Glide daheim warten musste. Da ist es doch nur fair, dass sich heute das Shovel-Aggregat einmal wieder kräftig schütteln darf. Und weil ich Lust auf einen richtig guten Burger habe, ist das Ziel für die heutige Sonntagstour auch schnell ausgemacht: das tolle Biker-Lokal bei Scheffau auf der Südseite des Wilden Kaisers.

Also hole ich mein altes Schätzchen aus der Garage, drehe den Sprithahn auf, ziehe den Chokehebel, drehe zwei-, dreimal am Gasgriff und drücke erst dann das kleine Startknöpfchen an der rechten Lenkerarmatur. Der Anlasser braucht nur drei oder vier Umdrehungen, dann blubbert das fast 50 Jahre alte Motörchen munter unter mir los. Und aus dem Auspuff trötet es vernehmbar. Genauso unüberhörbar ist das Krachen des Getriebes beim Einlegen des ersten Gangs. Neben mir poltert auch schon die Sporty meiner Rockerbraut los. Na, dann können wir ja starten. Auf geht’s zum Burger-Mahl!

Die Fahrt über Schleching, Kössen und Schwendt nach St. Johann in Tirol ist ein wundervoller Kurvenspaß und das reinste Vergnügen mit dem alten Milwaukee-Eisen. Die weitere Etappe über die Bundesstraße bis Scheffau müssen wir halt hinter uns bringen, die Belohnung ist dann tatsächlich ein wieder einmal vorzüglicher Burger auf der gemütlichen Terrasse mit Bergblick und in der netten Gesellschaft einiger weiterer Bikergäste.

Die Heimfahrt treten wir frisch gestärkt über Kufstein an, fahren von dort hoch zum Walchsee und wieder nach Kössen, um dann noch eine Zusatzschleife über Reit im Winkl zu ziehen. Auch diese Strecke ist eine wundervolle Kombination aus Kurvenspaß und entspannten Cruising-Abschnitten - beides kann ich auf der Shovel einfach nur genießen. Und so rollen wir nach dieser wundervollen Acht rund um den Wilden Kaiser und durch die Chiemgauer Alpen tiefenentspannt wieder nach Hause. 

Schweißgebadet ab nach Hause 

Nun ist er also da, der allerletzte Urlaubstag und der Tag unserer Abreisetour aus dem Oberinntal. Die Taschen stehen gepackt bereit, das Frühstück haben wir zum ersten Mal in dieser Woche vor 9 Uhr absolviert, die Rechnung ist bezahlt. Jetzt heißt es also Abschied nehmen. Und das Gepäck auf meinem Straßenkönig und der Sporty meiner Rockerbraut verstauen.

Draußen knallt schon zu dieser - für uns frühen - Stunde die Sonne gnadenlos vom Himmel. Nach dem ersten Gang zu unseren Moppeds sind wir schweißgebadet - und da haben wir die Bikes noch gar nicht beladen! Nach dem zweiten Gang würde ich am liebsten noch einmal aufs Zimmer, duschen und mich umziehen. Aber das ist jetzt nicht mehr möglich. Da muss mir dann gleich der Fahrtwind Abkühlung verschaffen und mich trocknen. Aber bevor der uns so richtig um die Nase wehen kann, stehen noch zwei weitere Stopps im Urlaubsort bevor: Volltanken und Einkaufen. Ersteres ist an der nur wenige Meter die Straße hinunter liegenden Tankstelle schnell erledigt. Und auch fürs Einkaufen müssen wir dann nur noch einmal wenige Meter weiterrollen.

Wenn wir schon in Tirol sind, dann muss ordentlicher Speck mit auf den Heimweg - für uns selbst und als Dankeschön an unsere Nachbarn für das Housekeeping. Eine der lieben Bedienungen im Hotel hat uns für den Einkauf einen Tipp gegeben: Statt der bekannten Massenmarke mit einer Niederlassung im Nachbarort sollten wir lieber beim örtlichen Metzger einkaufen und außer Speck und Schinken auch noch Boxerl mitnehmen. Was das ist, erfahren wir dann von der netten Verkäuferin hinter der mit Leckereien vollgepackten Theke: geräucherte Würste, ähnlich den Südtiroler Kaminwurzen, die wir auch gleich probieren dürfen. Lecker! Also wandern so viel Speck, Schinken und Würste in unsere Taschen, wie wir so gerade noch unterbringen können. Verhungern werden wir auf der Heimfahrt jedenfalls nicht - und wohl auch die nächsten Wochen zuhause nicht.

Nach diesen beiden Stopps geht es dann aber endlich los auf die für heute geplante Route. Die ersten Kilometer spulen wir unspektakulär auf der Bundesstraße Richtung Osten ab und grillen in der Sonne über dem heißen Asphalt. Dann führt uns das Navi zum Glück auf kleine Nebensträßchen, die am Nordhang der Berge durch den Wald führen. Was für eine Wohltat! Schatten, Kühle, Erfrischung! Da macht es gar nichts, dass es hier nur langsam vorangeht und bei manchen Ortsdurchfahrten nur 30 km/h erlaubt sind. Und erst die Ausblicke hinunter ins Inntal!

Leider gibt es keine durchgängig am Nordhang entlang führende Strecke, sodass wir irgendwann wieder hinunter ins Inntal fahren. Bei Roppen zweigen wir dann aber schon wieder ab auf eine Strecke, die wir bereits kennen: Dieses Nebensträßchen sind wir am Donnerstag auf der Heimfahrt vom Timmelsjoch gefahren. Macht aber überhaupt nichts, denn in der anderen Richtung ist es nicht weniger attraktiv und führt uns nach Sautens im Ötztal. Von da geht es weiter nach Ötz und dann hinauf aufs Kühtai.

Die steile Auffahrt von Ötz nach Taxegg ist die reinste Freude! Wie unter mir der V2 sein ganzes Drehmoment entfaltet und mich auf dem schmalen Sträßchen die Steigung hinauf und durch die Kurven und Kehren schiebt, dafür liebe ich meinen Straßenkönig! Und verzeihe ihm gerne die eine oder andere Schwäche, der er objektiv betrachtet natürlich auch hat.

Nachdem wir diese erste Auffahrt genommen haben, geht es erst einmal sehr ruhig und unaufgeregt weiter. Die Straße verläuft durch eine wundervolle Landschaft parallel zu einem kleinen Bachlauf. Aufpassen müssen wir hier nicht auf den Straßenverlauf. Gefährlich sind vielmehr andere Verkehrsteilnehmer, die plötzlich bremsen, weil sie an einem schönen Flecken Pause machen wollen und dafür ohne Sinn und Verstand in die Eisen gehen. Oder Tiere und ihre Hinterlassenschaften. Die Viehgatter im Asphalt geben uns einen ersten Hinweis darauf, dass wir jetzt in das Revier von freilaufenden Weidetieren vordringen.

Das Milchvieh, das dieser Gegend seinen Namen verliehen hat, und dazu noch jede Menge andere Huftiere haben ganz offensichtlich großes Vergnügen daran, entweder selbst hinter einer Kurve auf der Straße zu stehen oder dort zumindest die größeren Geschäfte zu hinterlassen. Beides wirkt sich auf unseren Fahrstil sehr beruhigend aus. Denn Kuh, Pferd, Esel, Ziege oder Schaf haben natürlich Vorfahrt bzw. Vortritt. Das zwingt auch zur einen oder anderen kurzen Pause, wenn eine Kuhherde mitten auf der Straße steht und keinerlei Anstalten macht, dem Verkehr Platz zu lassen. Zum Glück sind die Rindviecher so genügsam und an Autos, Fahrräder und Motorräder gewöhnt, dass wir uns vorsichtig an den Hörnern und Hinterteilen vorbeischleichen können - und uns später beim Stopp am Kühtai fragen, welcher Weg eigentlich der gefährlichere war: der vorbei am Vorder- oder am Hinterteil?

Apropos Kühtai: Auch oben im sommerlichen Örtchen dominieren Tiere das Bild. Kühe liegen direkt neben dem Parkplatz, käuen wieder oder halten sogar einen tiefen, festen Mittagsschlaf. Pferde und Esel traben munter mitten im Ort zwischen den Häusern und zwischen fahrenden oder parkenden Autos herum. Und auch Schafe und Ziegen gehen, stehen oder liegen herum - ebenfalls gerne auf Straßen und Wegen. Die Ruhe, die dieses Idyll ausstrahlt, verschafft uns auf jeden Fall eine sehr entspannte und zugleich doch kurzweilige Pause. Zumal die Temperaturen selbst an diesem heißen Tag jetzt zur Mittagszeit hier in 2000 m Höhe relativ erträglich sind.

Frisch gestärkt machen wir uns dann wieder auf und starten die Abfahrt hinunter ins Inntal. Die Strecke durch das Sellraintal ist für uns das reinste Vergnügen. Keine spektakuläre Kurvenjagd, eher relaxtes Dahingleiten und Cruisen mit viel Muße für den einen oder anderen Blick auf die wundervolle Landschaft.

Leider nicht vermeiden lässt sich danach ein kurzes Stück Stadtfahrt durch Innsbruck. Aber erstaunlicherweise ist das schnell erledigt, zum Glück hält sich der Samstagsverkehr in Grenzen. Und so können wir bald wieder von der Bundesstraße weg auf kleine Nebenstraßen oberhalb des Inntals ausweichen. Irgendwie kommt mir dieser Streckenabschnitt wieder sehr bekannt vor. Und tatsächlich: An einem außergewöhnlich gewachsenen Baum am Straßenrand erkenne ich den Weg wieder. Hier bin ich im vergangenen Jahr schon vorbei gefahren, als ich meine kleine Solotour ins Zillertal gemacht habe.

An einem kleinen, schattigen Parkplatz machen wir noch einmal Halt, um eine Kleinigkeit zu essen und vor allem noch einmal einen ordentlichen Schluck zu trinken. Die Hitze ist in der Tat grenzwertig heute! Bei einem kleinen Spaziergang, um mir die Beine zu vertreten, entdecke ich noch einen wundervollen Aussichtspunkt hinunter ins Inntal. Schade, dass es an diesem heißen Tag inzwischen schon so dunstig geworden ist! Talgrund und Fluss verschwimmen in der flimmernden, feuchten Luft. Ein paar Fotos müssen trotzdem sein.

Weiter geht’s. Kurz vor Wattens fahren wir von den Nebenstraßen zurück auf die Bundesstraße und wollen jetzt ein bisschen Strecke machen. Allerdings schaffen wir gerade einmal die 25 km bis Strass im Zillertal. Dann übermannt uns der Durst schon wieder. Die Thermosflaschen sind leer, also kehren wir in einem Gasthaus gegenüber dem Bahnhof ein. Ein weiterer Glücksfall in diesem tollen Urlaub! Denn zur kühlen flüssigen Erfrischung gibt es hier auch noch ein Stück vorzüglicher Haustorte - ein echter Genuss für einen hungrigen Biker und die notwendige Stärkung für den Rest der Strecke.

Ab jetzt ignoriere ich die Anweisungen des Navis allerdings: Wir haben bei unserer Rast am Eingang zum Zillertal beschlossen, den schnellsten Weg nach Hause zu nehmen. Und dafür brauche ich den elektronischen Wegfinder ab hier nicht mehr. Über die Bundesstraße geht es nach Wörgl und Kufstein und dann nach Hause in den Chiemgau. Und obwohl der Tag inzwischen schon ziemlich fortgeschritten ist, begleitet uns die Augusthitze wirklich bis vor die Haustüre und dann auch noch beim Abladen der Bikes. Den Abschluss dieses tollen Tages und der grandiosen Urlaubswoche bildet eine erfrischende Dusche, während unsere durchschwitzen Bikerklamotten auf dem Balkon zum Lüften hängen. 

Grüezi in die Schweiz

Gestern Abend haben wir noch mit dem Wirt unseres tollen Biker-Hotels geplaudert und ihn nach Tourentipps für den heutige Tag befragt. Die Runde sollte nicht allzu lang und schwierig sein, wir wollen zwischen der 3-Pässe-Tour gestern und der Heimfahrt morgen nicht noch einen Marathon absolvieren, sondern lieber entspannt durch eine schöne Landschaft cruisen und die Aussichten genießen. Außerdem sollten wir nicht allzu spät zurückkehren, schließlich müssen wir ja auch schon wieder packen. Die Empfehlung: ein Abstecher in die Schweiz mit einem kleinen Schlenker nach Italien. Aber nicht aufs Stilfser Joch: „Tut Euch das jetzt im August in den Ferien nicht an! Da ist es nur eine Qual und kein Vergnügen, sich durch den Verkehr zu kämpfen. Fahrt lieber ins Val Müstair, ins Schweizer Münstertal, und über den Ofenpass.“

So rollen wir also heute Morgen nach einem wieder einmal grandiosen Frühstück von unserem Hotel im Oberinntal los in Richtung Reschenpass. Den Kirchturm im Reschensee wollte meine Rockerbraut schließlich schon immer einmal live sehen. Leider ist die Landstraße von Landeck in Richtung Reschenpass wegen Bauarbeiten gesperrt. Also geht es gleich zu Beginn unserer Tour wenig attraktiv durch den Landecker Tunnel. Das macht zwar keinen wirklichen Spaß, spart aber Zeit, die wir dafür später hoffentlich auf schöneren Streckenabschnitten umso mehr genießen können.

Viel besser als die Tunneldurchfahrt ist die Reschenstraße dann allerdings auch nicht. Nur die kurzen Passagen, für die uns das Navi von der Bundesstraße weg auf die kleine, parallel verlaufende Landstraße führt, und die wenigen Kurven zwischen Pfunds und Nauders lassen ein wenig Fahrvergnügen nach unserem Geschmack aufkommen. Eines gilt für diesen Streckenabschnitt allerdings trotzdem: Die Fahrt auf der gut ausgebauten Reschenstraße bei überraschend ruhigem Verkehr ist sehr entspannt!

Am Reschensee gibt es dann den unvermeidlichen Stopp zur Besichtigung des Kirchturms. Aber der hier herrschende Trubel ist uns bald zu viel, sodass wir ziemlich schnell wieder auf den Straßenkönig und die Sporty steigen, um weiter Richtung Val Müstair zu fahren. Bis Schluderns rollen wir im Tross des Reise- und Lkw-Verkehrs immerhin recht zügig mit, was trotzdem keine große Freude an der eigentlich schönen Strecke aufkommen lässt. Aber nach dem Abzweig Richtung Val Müstair sind die Straßen schlagartig wie leer gefegt und es kommt endlich der ersehnte Spaß auf. Wir cruisen entspannt dahin und sagen bald „Grüezi, liebe Schweiz“.

Weil es Zeit für eine kleine Stärkung ist, halten wir in Santa Maria Val Müstair an einer kleinen Bäckerei - ein sehr gute Entscheidung! Grund für unseren Halt sind eigentlich der Parkplatz direkt vor der Tür und die kleine, einladende Terrasse. Aber offensichtlich haben wir durch Zufall eine echte kleine Feinschmeckeroase angesteuert. Denn im Laden hängen zahllose Auszeichnungen für das Team, einzelne Produkte oder auch gleich das ganze Angebot. Auch die Mitgliedschaft bei Slow Food ist ein gutes Zeichen für die zu erwartenden Genüsse. Das darf ich wenig später bei einem köstlichen Stück warmem Käsekuchen selbst entdecken. Und sogar für meine allergiegeplagte Rockerbraut gibt es eine Leckerei im Laden: Das Schweizer Bauernbirnbrot ist eine milchfreie Spezerei ganz nach ihrem Geschmack. Also muss davon natürlich auch gleich ein Exemplar in unsere Packtaschen. Dass die Schweizer zumindest hier im Val Müstair auch sehr humorig sind, beweist der traditionell vor der Weiterfahrt angetretene Gang zur Toilette. Sie ist dekoriert mit lustigen Sprüchen und Gedichten, verfasst vom Bäckermeister selbst ebenso wie von Gästen aus nah und fern. Sie zaubern mir zusätzlich zur gefundenen Erleichterung ein Lächeln auf die Lippen.

Ein Lächeln ins Gesicht zaubert uns auch die weitere Strecke zum Ofenpass. Wir cruisen beschwingt und tiefenentspannt - nicht zuletzt auch wegen des schweizerischen Tempolimits -, genießen dabei die Aussichten auf die Graubündner Bergwelt und auf sehr spannende Baukonstruktionen entlang oder auch über der Straße bei den engen Ortsdurchfahrten. Die eigentliche Auffahrt zum Ofenpass ist dann ein Kurvenspaß, der planende Ingenieur war bestimmt Harleyfahrer. Die Straßenführung ist nämlich wie gebaut für unsere beiden Bikes. Keine engen Kehren, sondern herrlich geschwungene Kurvenbögen in weiten Radien mit allerfeinstem Asphaltbelag wedeln wir hinauf auf die knapp 2150 m hoch liegende Passhöhe.

Hatten wir uns bei der Passauffahrt noch über die nahezu leere Strecke gefreut, sind wir oben am Pass total verdutzt über den proppenvollen Parkplatz. Autofahrer, Motorradfahrer, aber vor allem Radler haben sich hier oben zu eine Stelldichein eingefunden. Zum Leidwesen meiner Rockerbraut starte ich deshalb lieber durch als mich in diesen Trubel zu stürzen.

Der weitere Streckenverlauf hinein ins Engadin und durch den Schweizer Nationalpark ist fahrerisch wieder eher unspektakulär, aber das hatten wir ja eigentlich für heute auch so gewollt. Und das wissen wir angesichts der grandiosen Aussichten auch sehr zu schätzen. So können wir nämlich der Landschaft die zusätzliche Aufmerksamkeit schenken, die wir hier nicht der Straße widmen müssen. Statt am Ofenpass gibt es einen Stopp an einem der Parkplätze im Nationalpark, leider nur mit einer Stärkung aus den Packtaschen und der Thermoskanne, dafür aber mit Wahnsinnsaussichten und ohne Lärm und Trubel zahlloser anderer Touris.

In Zernez erreichen wir dann wieder das Inntal, dem wir jetzt von hier wieder bis zum Hotel folgen werden. Landschaftlich herrlich, fahrerisch anspruchslos, leider immer wieder von Baustellen mit abgetragener Fahrbahndecke und Ampeln gestört, rollen wir entspannt unserem letzten Abend in diesem Urlaub entgegen. Der gestaltet sich sehr gegensätzlich: Einerseits wollen die Koffer und Taschen für die morgige Abreise gepackt werden, andererseits lassen wir uns auf der Terrasse noch einmal mit leckeren Schmankerln aus der erstklassigen Hotelküche verwöhnen. Schade, dass der Urlaub schon wieder vorbei ist. Andererseits: Die morgige Heimreise ist ja auch noch ein Urlaubstag. Denn wir rasen natürlich nicht nach Hause, sondern werden die Fahrt als herrliche Tour genießen..

3-Pässe-Runde

Der nächste strahlend schöne Sommer-Sonne-Biker-Urlaubstag! Wir haben uns entschlossen, heute auf die längste unserer geplanten Touren in diesem Urlaub zu gehen: Brenner, Jaufenpass und Timmelsjoch stehen in unserem Roadbook.

Um Zeit zu sparen, nehmen wir für die ersten knapp 80 km durchs Inntal bis Innsbruck erst einmal die Autobahn. Denn dieser Streckenabschnitt ist wenig attraktiv - selbst wenn wir Bundes- und Landstraßen nehmen würden. Deshalb konzentrieren wir uns doch lieber auf den Kurvenspaß, der uns danach erwartet, und spulen diese Etappe als Zubringer schnellstmöglich ab.

An der Abfahrt Innsbruck-West verlassen wir die Autobahn, fahren ein kurzes Stück durch den Stadtverkehr, legen einen kleinen Tankstopp ein und rollen dann auf die Brenner Bundesstraße den ersten Kurven entgegen. In Steinach am Brenner führt uns das Navi weg von der Bundesstraße auf ein wunderschönes Nebensträßchen. Das begeistert mit zwei wesentlichen Vorzügen: Wir sind weg vom Verkehr der Bundesstraße und wir bekommen spektakuläre Aussichten auf die Brennerautobahn geboten, die immer wieder ins Blickfeld kommt und sich entlang der Hänge und über gewagte Brückenkonstruktionen gen Süden schlängelt.

Und wir erleben noch eine sehr eigenwillige Interpretation von Mäharbeiten. Ein entsprechender Pylon warnt uns nämlich irgendwo auf dieser Strecke an einer Kurve. Also nehmen wir das Gas raus und tuckern in Erwartung Hand- oder Motorsensen schwingender Arbeiter am Straßenrand und auf der Straße liegender Grasreste vorsichtig weiter. Allenfalls an einen Traktor oder Unimog mit einem Mähwerk hätten wir vielleicht noch gedacht, doch dafür ist der Grünstreifen entlang der Straße - zumindest bisher - eigentlich viel zu schmal. Kaum sind wir um die Kurve, staunen wir allerdings nicht schlecht, was hier gerade tatsächlich „gemäht“ wird: der Wald! Die Gegenfahrbahn liegt voller Äste und kleinerer Baumstämme, die Arbeiter schwingen langschwertige Kettensägen und ein Stück weiter die Straße hinunter schneidet ein Unimog mit gewaltigem Sägewerkzeug die Straße frei. Ein Schild „Waldarbeiten“ hätte die Situation sicher besser beschrieben.

Leider ist dieser wunderschöne Streckenabschnitt in Gries am Brenner schon wieder zu Ende, hier geht es zurück auf die alte Brenner Bundesstraße Richtung Südtirol. Der Verkehr ist zum Glück sehr überschaubar, wir können die ansonsten stark frequentierte Strecke durchaus genießen und entspannt nach Sterzing fahren. Und dann geht’s endlich los mit dem ersten richtigen Pass-Spaß für den heutigen Tag. Wir starten rauf auf den Jaufen.

Allerdings hat die italienische Straßenbaubehörde offensichtlich für dieses Jahr alle Geldschatullen geöffnet und umfassende Bauarbeiten an der Strecke in Auftrag gegeben. Das ist durchaus dringend nötig, wie wir auf den noch nicht sanierten Abschnitten immer wieder feststellen müssen. Allerdings zwingen uns die Baustellen durch einspurige Verkehrsführung und Ampeln mit Wechselschaltung zu einigen unerwünschten Stopps, die keinen richtigen Rhythmus in unserem Kurventanz aufkommen lassen. Außerdem ist an vielen Stellen der Asphalt bis hinunter auf das Schotterbett abgetragen, sodass wir bei der einen oder anderen Off-Road-Einlage unsere Geschicklichkeit und die Geländetauglichkeit unserer Harleys unter Beweis stellen dürfen.  

An der Panoramahütte am Jaufenpass gibt es dann erst einmal einen Stopp. Mit einer kleinen Erfrischung und Stärkung in den Händen genießen wir die Aussicht über Tal und Berge und schauen den Motorrädern zu, die den Jaufenpass heraufkommen, wie sie in Schräglage durch die Kurven ziehen und dann auf der folgenden Geraden beschleunigen, um kurz vor der nächsten Kehre wieder anzubremsen und das Spiel von Neuem zu beginnen.

Hier zuschauen könnten wir den ganzen Tag, aber natürlich wollen wir lieber wieder selber Teil dieses Karussells werden. Also schwingen wir uns in den Sattel und machen uns auf den kurvenreichen Weg hinunter ins Tal nach St. Leonhard und weiter nach Moos in Passeier, nur um von dort gleich wieder den Aufstieg aufs Timmelsjoch zu starten. Kehre um Kehre klettern wir die Passstraße hinauf, auf der leider sehr viel mehr Verkehr als auf unserer bisherigen Strecke herrscht und die einige Auto- und Motorradfahrer mit einer Rennstrecke verwechseln, die ihnen alleine zu gehören scheint. Spätestens wenn dann zum motorisierten Verkehr auch noch Radfahrer kommen, wird es in der Konstellation Raser überholt Normalo überholt Radler auf der schmalen Straße ziemlich eng.

Aber davon lassen wir uns nicht den Spaß verderben, lieber fahren wir unseren ruhigen Rhythmus hinauf zur Passhöhe, soweit das auch hier wegen der Baustellen möglich ist. Für ein Lächeln sorgt dabei immer wieder die Feststellung, dass die supersportlichen Möchtegern-Rennpiloten an so mancher Wechselampel wieder vor uns stehen. Lohn für ihre dynamische Hatz ist dann nur, dass sie umso länger auf das heiß ersehnte Grün der Lichtanlage warten müssen als wir, die entspannten Harley-Cruiser, die sich ihr Tempo so gewählt haben, dass sie während der Fahrt auch noch etwas von wundervollen Landschaft mitbekommen.

Apropos Landschaft: Am Timmelsjoch-Parkplatz kurz vor der Tunneldurchfahrt machen wir Stopp und werfen einen Blick zurück auf die gefahrene Strecke, ins Passeiertal und auf die umliegenden Berge. Allein dem grauen Geschlängel der Passstraße mit den Augen zu folgen, ist schon das reinste Vergnügen. Der Fernblick auf das Panorama ebenfalls. Wir können uns kaum entscheiden, was wir länger und genauer bewundern wollen.

Während wir so am Rand des Parkplatzes in die Aussicht versinken, gibt es plötzlich ein großes Hallo. Zuerst kapieren wir gar nicht, dass wir gemeint sind. Aber dann erkennen wir die auf den Parkplatz rollende Gruppe: Unser Hotelwirt macht heute ebenfalls eine seiner geführten Gästetouren - zum Großteil auf derselben Strecke, die auch wir unter die Räder genommen haben: Brenner, Jaufen, Timmelsjoch. Allerdings ist die Gruppe am Morgen schon sehr viel früher losgefahren als wir und hat noch das Kühtai mitgenommen. Das haben wir bewusst ausgespart, weil es für die Heimfahrt am Samstag auf der Tagesplanung steht. Und so sind wir durch unsere Autobahnetappe an der Gruppe vorbeigezogen und trotz deutlich späterer Abfahrt am Hotel ein paar Minuten früher auf dem Timmelsjoch angekommen.

Wir genießen die Aussicht noch ein bisschen, aber unseren Biker-Hotel-Mitbewohnern juckt die Gashand schon wieder. Sie düsen nach wenigen Minuten weiter. Wir machen uns auch bald wieder auf den Weg, kommen allerdings nur die paar Meter bis zum Rasthaus Timmelsjoch. Dringende menschliche Bedürfnisse und ein bohrendes Hungergefühl zwingen uns, hier sofort wieder anzuhalten - übrigens wider Erwarten eine gute Entscheidung: Eine supernette und gut gelaunte Bedienung, eine durchaus akzeptable Jause und außerdem weniger Touristennepp an dieser exponierten Stelle als befürchtet!

Weiter geht’s nach diesem Stopp mit frischen Kräften. Da die Uhr inzwischen schon deutlich fortgeschritten ist, sparen wir uns den Besuch des Motorrad-Museums für heute. Damit gibt es für zukünftige Urlaub in der Region immerhin einen Grund, noch einmal auf das Timmelsjoch zu fahren.

Die Abfahrt ins Ötztal gestaltet sich dann als eher ruhige Geschichte. Ein paar schöne Kurven sind natürlich dabei, aber so spektakulär wie die italienische Seite ist diese Strecke nicht. Dafür umso besser ausgebaut. Und ehrlich gesagt ist es auch heute wieder recht angenehm, die Tour mit den schon zurückgelegten Kilometern im Gesäß und in den Knochen fahrtechnisch ruhiger ausklingen zu lassen. Wirkliche Aufmerksamkeit verlangen hier nur noch die Ortsdurchfahrten. Vor allem Sölden fällt uns dabei mit seiner Ballermann-Atmosphäre und völlig überlaufenen Straßen und Gehwegen unangenehm auf. Allein die Namen der Kneipen und Bars entlang der Ortsdurchfahrt lassen uns wissen, dass wir hier völlig fehl am Platze sind und lieber Gas geben sollten, um schnell wieder auf kleine Nebenstraßen zu kommen.

Die finden wir allerdings erst wieder kurz vor dem Ende des Ötztals. Da führt uns das Navi nämlich endlich wieder weg von der Bundesstraße und durch Sautens auf eine kleine Nebenstrecke bis nach Roppen im Inntal. Es ist wieder eines dieser Sträßchen, bei denen wir überlegen müssen, ob das Navi spinnt oder dieser Weg uns wirklich unserem Ziel näher bringt, die aber unendlich viel Fahrspaß nach unserem Geschmack bringen und uns tolle Impressionen abseits der üblichen Routen bescheren.

Die letzten Kilometer reißen wir dann über die Bundesstraße durch das Inntal ab. Dabei sorgen immer wieder entgegenkommende Oldtimer für Abwechslung. Sie waren uns schon im Ötztal immer wieder begegnet und gehören zur Ötztal Classic, wie wir später im Hotel noch erfahren. Wäre doch glatt was für meine Shovel gewesen... Was für ein toller Tag! Das abschließende Abendessen im Hotel und der sommerlich-milde Abend auf der Terrasse bilden den perfekten Abschluss - und den Rahmen für die Planung des nächsten Tages. 

Vertraue Deinem Navi!

Endlich erwartet uns heute an unserem dritten Urlaubstag das heiß ersehnte Biker-Wetter: Sonne, ein paar harmlose Wolken, noch recht kühle Temperaturen - einfach perfekt. Auf dem Plan steht die Arlberg-Silvretta-Runde. Also fällt das Frühstück heute deutlich kürzer, aber deshalb keineswegs hektisch aus. Dann holen wir die Sporty und den Straßenkönig aus ihrer Garage, füllen an der nahegelegenen Tankstelle den Spritvorrat auf und machen uns auf den Weg.

An der Ausfahrt aus der Tankstelle lotst mich mein Navi nach links. Allerdings bin ich mir ziemlich - also eigentlich absolut - sicher, dass es eigentlich rechts lang geht. Nach den Spinnereien des elektronischen Wegführers am Sonntag traue ich dem Braten einfach nicht. Ein Reset hatte am Sonntag zwar Wirkung gezeigt und das Navi hatte uns danach problemlos, wenn auch nicht auf der geplanten Route, ans Ziel geführt. Aber aus irgendwelchen Gründen und trotz völlig mangelnder Ortskenntnisse bin ich davon überzeugt, dass rechts die richtige Richtung wäre.

Erst 20 Kilometer später schwant mir, dass das Navi mit linksherum doch recht hatte. Ziemlich beschämt gestehe ich meiner Rockerbraut den Fehler und wir kehren um - eine Sonderrunde, die uns fast eine Stunde Zeit kostet. Aber zum Glück habe ich alle Touren sehr entspannt und mit Möglichkeiten zur Abkürzung geplant. Kein Grund also, in Hektik zu verfallen. Das bestätigt auch das Navi mit seiner neu vorausberechneten Ankunftszeit für die Rückkehr ins Hotel am Abend. Wir haben mehr als genug Zeit für unsere Runde und jede Menge Pausen.

Endlich auf der richtigen Route, führt uns das Navi gleich hinter Landeck weg von der Bundesstraße auf eine wundervolle Nebenstrecke. Das Sträßchen windet sich hinauf nach Tobadill und dann wieder zurück ins Tal zur Silvrettastraße. Das ergibt zwar eine kleine Schleife, für die aber neben der herrlichen Streckenführung auch noch die ziemlich ungewöhnliche, weil gegensätzliche Aussicht auf Schloss Wiesberg und die direkt daran vorbeilaufende Bahnstrecke mehr als entschädigt.

Dann geht es recht zügig rauf auf den Arlberg. Die Skiorte huschen an uns vorbei: In St. Anton erahnen wir noch den einen oder anderen Menschen und entdecken zumindest Anzeichen touristischer Aktivität, Zürs dagegen ist total menschenleer - zu sehen sind nur eine Handvoll Autos von Handwerkern, die hier wohl in den geschlossenen Hotels und Gaststätten oder an den Straßen Renovierungs- und Ausbesserungsarbeiten vornehmen. Während wir durch diese sommerliche Betonburgen-Geisterstädte fahren, fragen wir uns, wie diese ausgesprochenen Hässlichkeiten im Winter zu typisch österreichischer Ski-Urlauber-Heimeligkeit mutieren. Aber genügend Schnee und Après-Ski schaffen es wohl, alle Bausünden zu übertünchen.

Dagegen Lech am Arlberg: Geöffnete Gaststätten, Sommertouristen überall, zumindest auf den ersten Blick auch noch ein schöner Ort, dessen Bettenburgen gut versteckt oder einigermaßen gut getarnt sind. Wir machen Stopp an einem Biergarten gleich an der Durchgangsstraße und gönnen uns eine Erfrischung: zwei große Spezi lassen wir uns servieren, nein danke, essen möchten wir nicht. Die warme Sonne scheint uns ins Gesicht, wir beobachten die vorbeiflanierenden Touristen und unzählige vorbeirollende Biker. Aber irgendwann müssen auch wir weiter, also: „Zahlen bitte!“ Der überaus freundliche Ober reicht mir die Rechnung stilvoll auf einem Tablett in einer ledernen Mappe - und mich haut’s beinahe vom Stuhl. Okay, wir sind in Lech, Nobelskiort und so weiter. Aber 17 € für zwei große Spezi, das schlägt alles, was ich bisher in meinem Leben für die süße Brause gezahlt habe, Messen, Festivals und die Schweiz eingeschlossen. Immerhin: Die Rechnung beschert uns den Beweis für ein lustiges Ratespiel und reichlich Erzählstoff für eine amüsante Urlaubsanekdote, wenn wir wieder daheim sind!

Jetzt geht es erst einmal weiter bis Warth und von dort durch den Bregenzerwald zum Großen Walsertal. Was für eine herrliche Strecke! Wir können uns gar nicht satt sehen an der abwechslungsreichen Landschaft und genießen das kurvige bergauf und bergab. Und haben dazu noch jede Menge Spaß an den Namen der Orte, die wir durchfahren. Faschina und Fontanella, das klingt doch gleich nach Sommer, Sonne, Mittelmeer. Und gegen Sonntag haben wir natürlich erst recht nichts einzuwenden. Dass wir plötzlich am Thüringerberg und in Thüringen sind, verwirrt nur kurz, denn bald darauf rollen wir nach Bludenz und damit ins Montafon.

In St. Anton im Montafon klettern wir noch hinauf nach St. Bartholomäberg, die eigentlich geplante Runde durchs Silbertal streichen wir aber. Das ist der Tribut, den wir meiner Navi-Ungläubigkeit am frühen Morgen zollen müssen. Stattdessen geht es wieder steil bergab nach Schruns und dann weiter hinein ins Tal zu unserem ersten richtigen Passerlebnis dieses Urlaubs: die Silvretta-Hochalpenstraße hinauf zur Bieler Höhe. Kehre um Kehre schwingen wir uns hinauf bis zum Parkplatz am Silvretta-Stausee. Da es bei unserer Ankunft bereits nach 5 am Nachmittag ist, hat das Restaurant schon geschlossen. Und das, obwohl noch ordentlich Trubel auf dem Parkplatz herrscht. Egal, wir haben Wegzehrung dabei, stärken uns aus unseren Packtaschen und genießen die Aussicht auf die umliegende Bergwelt.

Eine halbe Stunde später geht es weiter. Im Hotel haben wir von unseren Tischnachbarn den Tipp bekommen, auf jeden Fall einen Abstecher an den Stausee Kops und den Zeinissee zu machen. Dort sei es sehr viel schöner als an der überlaufenen Bieler Höhe. Trotz der schon fortgeschrittenen Stunde folgen wir diesem Rat - zum Glück! Denn sowohl die kurze Fahrt zum See als auch die Ausblicke, die sich für uns eröffnen, lohnen jeden Extrakilometer und jede Extraminute.

Der Rest der Strecke durch das Paznauntal ist zwar landschaftlich durchaus schön, aber fahrerisch total unspektakulär. Die Straße führt ohne Kehren und ohne Kurvenhighlights durch Skiorte wie Galtür und Ischgl, bevor sie uns wieder nach Landeck und in unser nahegelegenes Hotel führt. Fast 300 km stehen am Ende dieses Tages auf den Kilometerzählern unserer Bikes, natürlich nicht zuletzt auch wegen der unnötigen Sonderrunde heute Morgen. Und es ist sehr viel später geworden als ursprünglich geplant. Deshalb war es auch gut, dass wir es auf den letzten Kilometern ohne größere fahrerische Herausforderungen einfach nur rollen lassen konnten. 

Glaub immer Deinem Wirt!

Ja, ja, ja - der erste Blick aus dem Fenster an diesem Dienstagmorgen bestätigt alle Ankündigungen unseres lieben Wirtes von gestern Abend: Es regnet immer noch in Strömen, und dort, wo sich die Wolken mal ein wenig lichten, erkennen wir sofort den Schnee auf den Bergen - nicht nur auf den Gipfeln, sondern auch ein gutes Stück die Flanken und Hänge hinab. Wird also wirklich nichts mit einer Motorradrunde heute. 

Stattdessen folgt Super-Relax-Tag 2: Ausgiebig und entspannt frühstücken, bei nachlassendem Regen am Mittag eine Miniwanderung ins nahegelegene Landeck, um uns das Städtchen einmal anzuschauen, abends lecker essen im Hotel und den nächsten Tag planen. Denn der wird schön! Das sagen die Wetter-App auf dem Handy, der Wirt und auch ein Blick zum Himmel, an dem sich jetzt am Abend schon die Wolken verziehen und den Blick frei machen auf den einen oder anderen funkelnden Stern.

Der Blick auf die Nachrichtenseiten des Handys an diesem Abend offenbart dagegen eine weniger gute Nachricht: Bei uns daheim scheint der Regen deutlich stärker ausgefallen zu sein als hier im oberen Inntal. Die A8 ist wegen Überflutung gesperrt, ebenso viele Landstraßen. Zahllose Keller sind vollgelaufen, kleinere und größere Bäche über die Ufer getreten. Ein Anruf bei unseren lieben Nachbarn, die das Housekeeping während unserer Reise übernommen haben, beruhigt uns aber. Sie haben schon alles gecheckt und waren auch im Keller. Alles trocken, kein Wassereinbruch, alles gut.

It's raining again

Der Montagmorgen ist - nach den Vorhersagen der letzten Tage wenig überraschend - auch noch total verregnet. Egal und kein Problem. Wir sind erst einmal froh, gestern so gut an unser Ziel gekommen zu sein. Schlafen wir heute halt aus, frühstücken sehr gemütlich und lassen es urlaubsmäßig tiefenentspannt angehen.

Als mittags der Regen ein wenig nachlässt, erkunden wir auf Schusters Rappen und bewaffnet mit einem Leihschirm des Hotels erst einmal unseren Urlaubsort. Und ziehen uns danach angesichts des erneut einsetzenden Regens noch für ein Nachmittagsnickerchen auf unser Zimmer zurück. Das genießen wir so ausgedehnt, dass wir uns abends beinahe sputen müssen, um noch rechtzeitig zum Abendessen zu kommen. Während wir also unser leckeres Menü genießen, tritt auch der Chef des Hauses an unseren Tisch, stellt sich vor und fragt, ob alles recht ist und was wir denn so vorhätten während unseres Aufenthalts in seinem Bikerhotel. Wir geben einen schnellen Abriss der geplanten Touren: Arlberg und Silvretta, Jaufenpass und Timmelsjoch, Reschen- und Ofenpass, Kaunertal und und und ...

Als begeisterter Motorradfahrer führt er selbst Touren für seine Hausgäste und hat natürlich jede Menge Tipps für uns parat. Auf unsere Frage, wo wir nach dem heutigen Pausentag denn morgen endlich hinfahren könnten, lacht er nur: „Bleibt am besten hier im Hotel. Heut Nacht und morgen regnet’s noch weiter und es wird so kalt, dass es sogar Schnee in den Bergen gibt. Über eine Pässefahrt braucht Ihr morgen überhaupt nicht nachzudenken.“ Unseren Einwand, dass die Wetter-App ab morgen Mittag aber deutliche Besserung versprechen würde und wir doch zum Motorradfahren da seien, lacht er genauso charmant weg: „Wenn Ihr Eurem Telefon mehr Glauben schenkt als Eurem Wirt, dann lasst Euch morgen überraschen. Aber bleibt flexibel in Euren Plänen.“ 

Auf geht's - allen Bedenken und Unbilden zum Trotz

Nach einer recht unruhigen Nacht und mit etwas mulmigem Gefühl im Bauch geht es heute los. Wir starten in unsere Woche Bike-Urlaub nach Tirol. Ein erstes gutes Zeichen ist schon einmal das Wetter. Ein dicht bewölkter Himmel mit Grauschattierungen in allen Helligkeits- und Dunkelheitsstufen droht zwar mit dem vorhergesagten Regen und den prophezeiten Gewitterschauern mit Hagel und allem was dazu gehört. Aber zum Glück fällt kein Tropfen Regen. Sogar die Straßen sind heute Morgen trocken. So starten wir also daheim bei deutlich besseren Wetterbedingungen als gedacht.

Bis zum Schliersee bleibt uns das trockene Wetter treu. Hier bekommen wir nur nasse Füße von den Wasserresten auf der Straße, die ein pünktlich zu unserem Erscheinen abgezogener Schauer hinterlassen hat. Auch am Tegernsee vorbei bis hinunter zum Sylvensteinsee bleibt uns das trockene Wetter treu. Die Wolken drohen immer nur, halten aber ihren nassen Inhalt fest, sodass wir auf der Staumauer sogar noch einen sehr entspannten Stopp mit einer kleinen Stärkung einlegen können.

Erfrischt und gestärkt geht es nun auf einen der landschaftlich faszinierendsten Streckenabschnitte, die ich kenne: das Isartal zwischen Vorderriss und Wallgau. Die kleine Mautstraße ist jedes Mal wieder jeden Euro der kleinen Gebühr wert, die die Durchfahrt kostet. Sehr gemütlich, damit wir die ständig wechselnden Aussichten auf die Isar und ihr steiniges Bett genießen können, tuckern wir das schmale Sträßchen entlang und vergessen fast die Zeit.

Aber irgendwann ist die Mautstrecke zu Ende, bei Wallgau geht es wieder auf die Bundesstraße. Mein Navi, das schon den ganzen Morgen ein gewisses Eigenleben auslebt, die Strecke immer wieder plötzlich neu berechnet und dessen unsinnige Anweisungen ich bisher dank guter Ortskenntnisse schon das eine oder andere Mal ignoriert habe, führt uns jetzt allerdings nicht wie ursprünglich geplant über Mittenwald nach Telfs, sondern über Garmisch vorbei an der Zugspitze zum Fernpass. Zwar nicht die Route der Wahl und Planung, aber auch gut und natürlich sehr schön, zumal es immer noch trocken bleibt.

Bei der Abfahrt vom Fernpass fängt es dann aber doch noch an zu tröpfeln. Wäre ja sonst auch zu schön gewesen. Mit dem ersten Hinweisschild Nassereith - nomen est omen - öffnet der Himmel seine Schleusen und der Regen, der den ganzen Tag drohend vor uns her gezogen ist, stürzt hier und jetzt auf uns herab. Aber wir sind ja gut vorbereitet. Ganz anders als so mancher andere Ausflügler. Der Lenker eines schönen alten Triumph-Cabriolets steuert hektisch an den Straßenrand, um das Verdeck zu schließen und seine Beifahrerin zu schützen - oder vielleicht doch eigentlich eher seinen automobilen Schatz?! Eine Motorradgruppe steht an einer Tankstelle und rettet sich in die mitgeführten Regenkombis, sieht aber schon ordentlich durchnässt aus.

Wir rollen weiter, allerdings nicht mehr so entspannt wie zuvor. Von einer genussvollen Passabfahrt kann hier gerade keine Rede sein. Das Wasser steht auf der Straße, Vorsicht ist jetzt die Mutter der Porzellankiste, zumal der eine oder andere Bitumenkünstler seine rutschigen Striche auf den Asphalt gemalt hat. So tasten wir uns hinunter ins Inntal bis Imst, wo der Wettergott ein Einsehen mit uns hat und die Wolkenschleusen wieder schließt.

Als wir 20 km später an unserem Biker-Hotel bei Landeck ankommen, sind wir schon fast wieder trocken. Der Prospekt von der IMOT und die Internetseiten haben nicht zu viel versprochen: Auf unsere Bikes wartet eine geräumige Garage, in der sie gut geschützt auftrocknen können und auf ihren nächsten Einsatz warten dürfen. Auf uns wartet nach dem Abpacken unserer sieben Sachen ein tolles Hotel mit einem großen, gemütlichen Zimmer, viel Platz zum Trocknen der noch nassen Klamotten und einer heißen Dusche. Und mit sehr aufmerksamem Personal, das uns beim Abendessen rundum verwöhnt, bis ins Detail auf die Allergien meiner Rockerbraut eingeht und penibelst auf Hygiene achtet. Wir genießen den Abend auf der schönen, überdachten Terrasse, bis wir die nötige Bettschwere erreichen und uns unter unsere Decken kuscheln. So muss ein Urlaub beginnen. 

Trübe Aussichten

Egal, welchen Wetterbericht wir anschauen: Für unsere morgige Anreise in den Urlaub ist Regen vorhergesagt. Damit ist immerhin klar, welche Klamotten wir für die Fahrt auswählen. Wir werden in unsere super-praktische, aber ziemlich uncoole Funktionskleidung klettern und auf alle Wetter vorbereitet sein. Genauso packen wir heute auch unsere Bikes. Auf die Sporty meiner Rockerbraut kommt der Gepäckträger mit dem kleinen Köfferchen unter einer schützenden Regenhaube. Und das war's auch schon. 

Mein Straßenkönig hat da mehr zu schleppen: In die Seitentaschen wandern die zugehörigen Innentaschen eingehüllt in feste Müllbeutel. Die Gepäckrolle füllen wir mit in wasserfesten Packbeuteln verstauten Klamotten und auf dem Sozius nimmt meine Sissybar-Tasche Platz, die ein hübsches Regenmützchen überzieht. Unter dieses Regenmützchen passt sogar noch eine Kühltasche mit der Wegzehrung für die morgige Tour. So dürfte alles gut vor dem zu erwartenden Nass geschützt sein. Und während die Bikes in der Garage schwer bepackt auf die Abreise warten, marschieren wir selbst spät am Abend ziemlich aufgeregt ins Bett. 

Reisepläne

Anfang Juni hatte ich zwei Wochen Urlaub - eigentlich um zum Nova Rock-Festival nach Österreich zu fahren. Naja, das war ja nix in diesem Jahr. Und so verbrachten wir diese beiden Wochen zuhause. Ein richtiger Urlaub war das allerdings nicht, einerseits wegen des Wetters, andererseits war es uns einfach nicht so richtig gelungen abzuschalten und den Alltag zu vergessen. Seitdem haben meine Rockerbraut und ich immer wieder überlegt, ob wir in meinem nächsten Urlaub Anfang August nicht doch wegfahren wollen. Nach langem Hin und Her und nachdem klar war, dass Reisen wieder möglich sind, fiel dann irgendwann die Entscheidung, tatsächlich ein paar Tage auf Tour zu gehen. Aber wohin? 

Auf der IMOT im Frühjahr hatte ich reichlich Prospekte und Tourenkarten der ausstellenden Bikerhotels und Ferienregionen eingesammelt, die wir in den letzten Wochen lange und eingehend studiert haben. Um dann als Ziel ein Motorradhotel im Oberinntal in Tirol auszuwählen. Es liegt nah genug, um jederzeit nach Hause fahren zu können, sollte es wieder Reisewarnungen geben. Und es macht den Eindruck, als böte es genügend Platz und Möglichkeiten Abstand zu halten und anderen Gästen notfalls aus dem Weg zu gehen. Ganz abgesehen davon: Es ist der ideale Standort für ziemlich tolle Touren! Also haben wir schon vor ein paar Wochen zunächst vier Übernachtungen von Montag bis Freitag gebucht. Und dann vor Kurzem noch einmal zwei Übernachtungen dazugepackt, weil die Reiselust immer stärker und die Coronaangst immer weniger wurde. So wollen wir nun also von Sonntag bis Samstag verreisen. 

Warum ich das an dieser Stelle alles erzähle? Nun, heute ist Freitag und wir sind dabei, unsere sieben Sachen für die Reise zu packen, die geplanten Routen vom Rechner auf das Navi zu spielen und den Wetterbericht zu checken, damit wir auch wirklich die richtigen Klamotten mitnehmen. Die Vorfreude steigt mit jedem Paar Socken, das in die Taschen und Koffer wandert, und will jetzt einfach auch noch in Worte gefasst werden. 

Shovel und Sporty

Heute darf der Oldtimer wieder auf die Piste. Meine Rockerbraut und ich starten eine kleine Runde zum Walchsee, weiter ins Inntal und dann über den Samerberg wieder zurück nach Hause. Die alte E-Glide macht mir wieder riesige Freude. Durch die Kurven hinauf nach Kössen zieht sie so sauber, dass es die reinste Freude ist. Im Inntal gleiten wir so entspannt dahin, wie ich es mir nur wünschen kann. Nur bei der Abfahrt vom Samerberg muss ich wieder daran denken, dass die Trommelbremsen keine so dynamische Kurvenhatz erlauben wie Motor und Fahrwerk. Also runter vom Gas und einen Gang zurückschalten. So macht auch die Bergabfahrt Spaß. 

Werbetour

Ein bekanntes Pärchen träumt auch vom Motorradfahren und das natürlich mit einer Harley. Entsprechend begeistert und bewundernd stehen sie vor unseren Bikes, wenn wir uns begegnen. Dabei spüren wir jedes Mal, wie das Harley-Virus bei den beiden immer weiter um sich greift und sich fester einnistet. Allerdings stehen der Erfüllung des Traums noch einige Hindernisse im Wege, unter anderem die noch nicht vorhandenen Motorradführerscheine. Deshalb kommt eine Probefahrt beim Harley-Händler auch nicht in Frage als ultimativer Kick, um das Harley-Fieber vollends zum Ausbruch zu bringen. Also versuchen wir es erst einmal mit einer Mitfahr-Werbetour auf meinem Straßenkönig. 

So habe ich heute Nachmittag eine Beifahrerin dabei, wenn meine Rockerbraut und ich ein Teilstück unserer Hausrunde unter die Räder nehmen. Schließlich bietet der Sozius meiner Road King einen herrlich bequemen und komfortablen Sitzplatz und ist damit der ideale Logenplatz für eine erste leibhaftige Begegnung mit schüttelndem V2 und glänzendem Milwaukee-Eisen. Beim Zwischenstopp ist die Begeisterung ob des Erlebten bei meiner Beifahrerin auch kaum zu übersehen. Die Augen strahlen, das Grinsen reicht von einem Ohr zum anderen. Das war wohl ein ziemlicher Erfolg. Mal sehen, wann er sich konkret niederschlägt!

Da muss ich tatsächlich nicht lange warten. Denn als wir wieder bei unseren Bekannten daheim vorfahren, muss nun auch er zumindest für eine kleine Runde auf dem Sozius Platz nehmen - obwohl er von dieser Idee zuerst so gar nicht angetan ist. Aber ihre Freude ist einfach zu groß, zu ansteckend, zu überzeugend. Also starten wir noch einmal für eine Mini-Männer-Werbetour um den Ort. Tja, was soll ich sagen: Auch diese kurze Fahrt sorgt für ziemlich große Begeisterung. Da haben wir wohl zwei neue Harley-Fans auf den richtigen Weg gebracht...

Solo mit Oldtimer

Einer dieser seltenen Tage mit der perfekten Kombination aus frühem Feierabend und strahlendem Sonnenschein - eine gute Gelegenheit für eine Solorund mit meinem Oldtimer. Schon gleich vor der Garage bin ich sofort wieder begeistert, wie schnell das alte Schätzchen anspringt und wie munter der Shovelhead-Motor dann vor sich her tuckert. 

Heute geht es nicht in die Berge. Ich fahre lieber über Achthal und Freidling nach Teisendorf und weiter an den Waginger See. Von da will ich eigentlich westlich nach Palling. Aber nach einem Unwetter vor zwei Tagen gibt es vor Palling eine Straßensperrung. Also weiche ich südlich aus über Traunreut, hänge dann aber noch eine Schleife nach Seebruck an den Chiemsee an, bevor es wieder nach Hause geht.

Mit jeder gefahrenen Runde und jedem Kilometer mehr auf dem Tacho fasse ich auch mehr Vertrauen zu meinem Oldtimer. Sauber und ohne Stottern oder Ruckeln ist er heute im Schiebebetrieb und beim Beschleunigen dahingerollt. Das macht so viel Spaß, dass ich darauf achten muss, nicht zu viel am Gasgriff zu drehen. Der hinterherhinkende Tacho macht das nicht gerade leichter, gaukelt er mir doch permanent gemäßigtes Tempo vor. Aber die schwachen Bremsen erinnern mich immer wieder daran, was ich hier gerade über die Straßen bewege und dass ich nicht übertreibe! 

Entspannung pur

Der Wetterbericht spielt seit ein paar Tagen Katz und Maus mit uns. Er sagt Regen vorher, tatsächlich gibt es aber feinstes Motorradwetter. Gestern, am Samstag, sind wir darauf noch hereingefallen und nicht gefahren. Heute lassen wir uns den Sonntagsspaß nicht verderben. Es geht auf eine Runde an den Pillersee. 

Obwohl immer wieder dunkle Wolken aufziehen, wird es eine herrliche kleine Tour. Dass es keinen Regen gibt, verdanken wir wahrscheinlich dem ordentlichen, frischen Wind, der uns immer wieder entgegenbläst, der aber auch für angenehme Abkühlung sorgt. Leider ist der Biergarten am Pillersee, den wir immer wieder gerne besuchen, noch geschlossen - was uns etwas wundert, schließlich hat die Ferienzeit ja schon begonnen. Aber dieses Jahr ist wohl alles ein bisschen anders...

Wir machen trotzdem Stopp am See, um kurz durchzuatmen, uns ein wenig die Beine zu vertreten, die Aussicht auf den See und die um ihn herum liegenden Berge zu genießen, einen erfrischenden Schluck aus der mitgeführten Thermoskanne zu nehmen. Dann fahren wir wie geplant weiter nach Fieberbrunn, St. Johann und über Schwendt zurück nach Kössen. Weil die Fahrt so viel Spaß macht und die Straßen trotz Ferienbeginn so schön leer sind, drehen wir von hier aus noch eine Sonderrunde über den Walchsee, Sebi, Sachrang und Aschau, bevor es wieder zurück nach Hause geht. Solche Tage sind einfach Entspannung pur!

Nachholbedarf

Durch das lange Fahrverbot für Motorräder hat sich ein gewisser Nachholbedarf aufgestaut, der vor allem bei schönem Wetter seine Befriedigung nachhaltig einfordert. Deshalb habe ich mir angesichts des blauen Himmels und des Sonnenscheins heute frei genommen, um eine Runde mit meiner Rockerbraut auf der Hausstrecke zu drehen. Nach einem Arzttermin möchte sie allerdings nicht selbst fahren. Also gibt es heute eine Straßenkönig-Tour mit Sozia. 

Wir rollen über Schleching, Kössen, Reit im Winkel und vorbei am Weitsee bis zu einem kurzen Stopp am Biathlon-Stadion bei Ruhpolding. Hier versüße ich mir die Runde mit einem ordentlichen Stück leckerem Mandarinen-Schmand-Kuchen. Und philosophiere mit meiner Rockerbraut einmal mehr über die tolle Straßenlage meiner Road King im Soziusbetrieb unter Beladung. Wieder starte ich die Überlegung, etwas am Fahrwerk zu machen, damit ich auch solo diese tolle Straßenlage genießen kann. Wenn man das nur einmal testen könnte, ohne gleich einen ordentlichen Batzen Geld in einen Umbau zu investieren, dessen Ergebnis in den Sternen steht...

Weil während unserer kleinen Pause zunehmend dunkle Wolken aufziehen, machen wir uns bald auf den Heimweg. Den Schlenker über Inzell lassen wir uns aber trotz des scheinbar herannahenden Regens nicht nehmen. Zurück daheim haben wir tatsächlich keinen Tropfen Regen abbekommen. Allerdings haben sich die dunklen Wolken in der Zwischenzeit auch schon wieder komplett verzogen. Da hätten wir also ruhig noch die eine oder andere Schleife mehr anhängen können, um verpasste Kilometer nachzuholen.  

Die erste Auslandsreise in diesem verrückten Jahr

Seit Montag sind Reisen ins Ausland wieder ohne Auflagen möglich. Heute am Donnerstag ist das Wetter deutlich besser als vorhergesagt. Also nichts wie rauf auf den Straßenkönig und die Sporty, um den Nachbarn im nahen Österreich endlich wieder einmal ein herzliches "Grüß Euch" zu sagen. Meine Rockerbraut und ich fahren über Reit im Winkel zum ersten Mal in diesem Jahr wieder auf eine unserer Lieblingsrunden nach Kössen, zum Walchsee, dann über Sachrang und Aschau wieder zurück. Offensichtlich ist heute der Tag der Straßenbauarbeiten, denn gleich mehrfach auf der Strecke müssen wir entweder an Wechselampeln wegen einspuriger Straßenführung warten oder Umleitungen fahren. Macht nichts, wir sind ja auf einer Genießerrunde und nicht auf der Flucht. 

Am Walchsee gibt es die obligatorische Pause, wir schauen den ersten mutigen Badegästen dabei zu, wie sie ins Wasser steigen und zu den Badeinseln im See schwimmen. Dürfte nach dem miserablen Wetter der letzten Wochen ein ziemlich frisches Vergnügen sein! Da schwingen wir uns lieber wieder in den Sattel und lassen uns den herrlich frischen Fahrtwind um die Nase wehen. 

Es mag vielleicht ein bisschen verrückt klingen, aber wieder einfach so über die Grenze ins Nachbarland fahren zu dürfen, ist schon eine tolle Sache. Ohne Kontrollen und ohne Gründe einfach frei dahin zu cruisen, wo es schön ist und wo man gerade hin möchte - das ist auch ein Stückchen von der Freiheit, die wir als Biker so lieben!

Shovel um den See

Mein Lieblings-Harley-Händler hat angerufen. Für ein Bike, das er gerade umbaut, hat er zwei Spiegel in der Werkstatt, die er sich auch gut an meiner E-Glide vorstellen könnte. Wenn ich Zeit hätte, könnte ich ja mal mit meinem Oldtimer vorbeikommen. Dann könnten wir die Spiegel anhalten und sehen, ob sie meine Rücksicht verbessern. Gesagt, getan. Der Himmel heute ist zwar bewölkt und grau, aber Regen wird es wohl nicht geben. Also starte ich den Shovelhead-Motor und knattere zur Werkstatt. Da können wir auch gleich nachschauen, ob der Ölverlust des alten Schätzchens irgendwie bedenklich ist und kurzfristiger Maßnahmen bedarf. 

Die Spiegel sind in der Tat sehr schön. Sehr schlicht gehalten, sitzen am Ende eines elegant geschwungenen Arms einfache runde Spiegel. Und sie lösen auch mein Rücksichtproblem. Denn die Spiegel sitzen ziemlich genau einen Spiegeldurchmesser weiter außen als die aktuellen Teile an meiner Electra Glide. Damit dürften sie mir tatsächlich nicht mehr nur meine Unterarme zeigen. Für sein Kundenbike hat mein Lieblings-Harley-Schrauber zwar die schwarze Variante bestellt, aber es gibt sie auch in Chrom. Die darf er dann für mich bestellen. 

Der Ölverlust stellt sich als nicht besonders gravierend heraus. Am Getriebe tritt eine winzige Menge des edlen Schmierstoffs aus. Passieren kann da nichts, wir sollten nur ab und an mal den Ölstand prüfen. Gravierender wird da schon die Reparatur. Für den Austausch der nicht mehr ganz so dichten Dichtung muss nämlich das Getriebe ziemlich grundlegend ausgebaut und zerlegt werden - eigentlich eine schöne Winterarbeit, wenn sich der Ölverlust nicht verschlechtern sollte. 

Den bis hierhin schon so erfolgreichen Nachmittag kröne ich für mich noch mit einer Shovel-Runde um den Chiemsee. Die Wolkendecke ist inzwischen immer weiter aufgerissen, die Sonne schickt schöne wärmende Strahlen auf mich herunter, also tuckere ich munter drauf los. Dabei stelle ich nun auch fest, dass nicht nur die Geschwindigkeitsanzeige auf dem Tacho meines Oldtimers erheblich untertreibt. Auch der Kilometerzähler geht deutlich nach. Er zeigt nämlich nach der Runde gerade einmal 55 gefahrene Kilometer an. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass es mit dem Straßenkönig eher 65 Kilometer sind. 

Ist jetzt Juni oder November?

Regen, Regen, Regen. Die ersten beiden Juni-Wochen waren sehr durchwachsen bei uns hier im Chiemgau und ähnelten temperaturmäßig eher dem Herbst als dem bevorstehenden Sommer. An eine spaßige Moppedrunde war daher seit Pfingsten nicht zu denken. Und das, wo ich doch seit Anfang dieser Woche Urlaub habe! Immerhin ist jetzt, an diesem Samstag des langen Fronleichnam-Wochenendes, endlich wieder schönes Wetter. Über den Bergen hängen zwar dunkle Wolken, aber Richtung Norden strahlt die Sonne von einem beinahe wolkenlosen blauen Himmel. Also geht es heute los Richtung Burghausen und Altötting. 

Abseits der viel befahrenen und wenig begeisternden Bundesstraßen schlängeln wir uns vom Chiemgau durch den Rupertiwinkel, bis wir kurz vor Burghausen an einem wunderschönen Rastplatz oberhalb der Salzach eine Pause einlegen. Wir stärken und erfrischen uns mit dem mitgebrachten Kuchen und einem kühlen Schluck aus der ebenfalls mitgebrachten Thermoskanne, während wir einfach nur die wundervolle Aussicht über das Flusstal genießen. Meine Rockerbraut und ich sind wieder einmal einer Meinung: Für herrliche Plätzchen muss es nicht immer gleich eine Reise ans andere Ende der Welt sein. Sie liegen manchmal einfach um die Ecke. 

Nach unserer ausgiebigen Genusspause an der Salzach fahren wir zunächst auf relativ direktem Weg weiter nach Altötting. Von dort aus geht es dann in einer reichlich komplizierten und verknoteten Schleife wieder Richtung Süden und damit nach Hause. Ab Garching rollen wir immer wieder weg von der Alz und zurück zur Alz, mal auf die westliche, mal auf die östliche Seite des Flüsschens. Die Straßen verwöhnen uns dabei mit schönem Kurvenzauber und angenehmer Leere, wie wir es an diesem Samstag nicht erwartet hätten. Das Bikevergnügen wartet tatsächlich vor der Haustür. 

Pfingstvergnügen

Nach zwei eher durchwachsenen Tagen an diesem Pfingstwochenende begeistert uns der Montag mit herrlichem Wetter. Blauer Himmel, betupft mit Wattebausch-Wolken. Sonnenschein bescheint die Berge. Ein frischer Wind rauscht in den Bäumen und sorgt dafür, dass es unter den Lederklamotten nicht zu heiß wird. Also starten wir zu einer kleinen Pfingsttour. Mutig entscheiden wir uns für einen Ausflug ins Berchtesgadner Land. Ein paar ordentliche Kurven sollen es jetzt endlich sein. 

Schnell stellen wir fest, dass wir nicht die Einzigen sind, die diese Idee hatten. Radler, Autofahrer, Wanderer und natürlich viele, viele Motorradenthusiasten sind heute auf demselben Weg. Macht nichts, wir genießen die Tour trotzdem und meiden die Hotspots wie den Hintersee, den Königssee oder Berchtesgaden selbst. Auch den ursprünglich ins Auge gefassten Abstecher auf die Rossfeld Panoramastraße verkneifen wir uns lieber. Stattdessen biegen wir vor Ramsau ab aufs Hochschwarzeck und fahren weiter nach Bischofswiesen. Von dort geht es wieder Richtung Berchtesgaden, um davor aber abzubiegen in Richtung Ramsau und Heimat. Kurz vor Inzell folgen wir dem Abzweig nach Ruhpolding, wo wir einen kleinen Tankstopp einlegen, um dann zu wenden und doch noch die Schleife über den Weitsee und Reit im Winkl zu ziehen. 

Nach zwei Fahrten mit der Oldtimer-Electra Glide ist die heutige Ausfahrt mit meinem Straßenkönig ein schöne Gelegenheit einen fast direkten Vergleich zu ziehen. Mit der Road King aus dem Jahr 2006 ist das Fahren auf jeden Fall entspannter, lockerer. Es ist durchaus ein gutes Gefühl zu wissen, dass die Bremsen Wirkung zeigen, wenn ich sie betätige - auch wenn selbst mein Straßenkönig nicht unbedingt mit wahnsinnigen Verzögerungswerten begeistern kann. Und die Sitzhaltung auf meinem sanft gepolsterten Police-Seat in Kombination mit dem neuen hohen Lenker ist auch deutlich komfortabler als auf dem Oldtimer. Es ist tatsächlich eine andere Form von Fahrspaß: Aktives Fahren mit hohen Aufmerksamkeitsgrad auf das Bike beim Oldtimer, auch mal einfach rollen lassen und die Landschaft bestaunen beim Straßenkönig. Aber so hatte ich mir die Arbeitsteilung für meine Bikes ja auch gedacht: Zu besonderen Anlässen und für kurze Feierabendstrecken gerne mal die Electra Glide, für längere Touren und erst recht für Urlaubsreisen die Road King Classic. 

Die erste (kleine) Oldtimer-Bergtour

Wider Erwarten bringt der Samstag schönes Wetter. Also beschließe ich kurzer Hand, die Electra Glide noch einmal auszufahren. Schließlich möchte ich ja wissen, wie sie sich auf kurvigeren Straßen in den Bergen macht und ob mein gutes Gefühl beim Fahrwerk des alten Schätzchens auch hier bestätigt wird. Also starte ich Richtung Reit im Winkel auf unsere Lieblings-Feierabend-Runde. Und es ist die reinste Freude, wie die Shovel durch die Kurven und die Steigungen hinauf zieht. Mit irgendwelchen selbsternannten Superbike-Rennfahrern kann und will ich natürlich nicht mithalten. Aber ein anderer Harley-Fahrer, der irgendwo vor Reit im Winkl zu mir aufgeschlossen hat, sieht offenbar keinerlei Grund mich zu überholen und begleitet mich die ganze weitere Strecke entlang der Seen und dann rüber nach Inzell. Hier trennen sich unsere Wege. Ich biege links ab Richtung Inzell und nach Hause, er fährt rechts ab Richtung Berchtesgaden - nicht ohne sich winkend von mir zu verabschieden. Lieber Biker, ich hoffe, Du hattest an diesem Tag auf Deiner Tour genauso viel Spaß wie ich! Ach ja, und sorry dafür, dass ich Dich einmal beinahe hinter mir übersehen hätte. Aber ich brauche definitiv andere Rückspiegel, wenn ich sicher und mit Rücksicht unterwegs sein will. 

Die erste kleine Shovel-Tour 

Zwei Tage ist meine Oldtimer-E-Glide jetzt zugelassen und steht endlich in der heimischen Garage. Heute ist Christi Himmelfahrt, die Sonne lacht vom Himmel, also nichts wir auf zur ersten Tour. Da wir befürchten, dass nach der Ausgangsbeschränkung einige den Vatertag ein wenig zu ausgiebig feiern könnten, soll es auf kleinen Nebenstraßen erst über den Wonneberg grob in Richtung Waginger See und dann über Petting und Teisendorf wieder zurück nach Hause gehen. Attraktive Ziele wie den Chiemsee oder den Waginger See selbst wollen wir meiden. 

Nach dem Öffnen des Garagentors erwartet uns allerdings erst einmal eine nicht so erfreuliche Überraschung. Unter dem Motor oder besser unter dem Getriebe haben sich ein oder zwei kleine Fleckchen auf dem Garagenboden gebildet. Und auf der anderen Seite ist offensichtlich über den Überlaufschlauch aus dem Vergaser auch Flüssigkeit abgelaufen. Das müssen wir unbedingt im Auge behalten, soll uns aber von der geplante Tour nicht abhalten. Dafür sind die Fleckchen zu klein. 

Vor der Garage vollziehe ich das neue Ritual der Startvorbereitung, das der Shovel-Motor meiner Oldtimer-Electra Glide auch gleich beim zweiten oder dritten Druck auf das Starterknöpfchen mit freundlichem Brabbeln quittiert. Was für ein Glücksgefühl, dass das alte Maschinchen so schnell zum Leben erwacht! Aber jetzt nichts wie los. Ich fahre vor, meine Rockerbraut auf ihrer Sporty hinterher. Natürlich möchte ich ihr auf der Landstraße doch einmal zeigen, dass es nicht immer ganz so gemütlich zugehen muss wie angedroht, und beschleunige auf einem langen, geraden Abschnitt einmal bis auf 90 km/h. Ansonsten rolle ich aber tatsächlich kaum schneller als mit 80 oder den darunterliegenden, zugelassenen Höchstgeschwindigkeiten dahin. 

Auf dem Wonneberg halte ich in einer kleinen Bucht am Straßenrand an, um die ersten richtigen Fotos meiner Electra Glide zu schießen. Meine Rockerbraut hält ein paar Meter weiter an und kommt dann ziemlich aufgeregt auf mich zu. Ist irgendetwas passiert? Habe ich vielleicht irgendetwas verloren? Nachdem sie den Helm abgenommen hat, blicke ich in etwas verwirrte, zugleich amüsierte und auch ein bisschen wütende Augen. "Willst Du mich veräppeln?", platzt es aus ihr heraus. Mir bleibt nicht viel mehr als ein fragender Blick und die dümmliche Antwort: "Ich wollte hier ein paar Fotos machen, schau mal, der Wald und die Wiesen als Hintergrund, das sieht bestimmt klasse aus." "Das meine ich nicht, dass Du hier angehalten hast", erwidert sie. "Von wegen, das werden gemütliche Touren und ich werde mich langweilen, wenn ich mit 80 hinter Dir hertuckere. Du fährst heute wie ein Wilder! Über 60 im Ort, fast 90 wo 70 war und dann mit 120 über die Landstraße. Was ist los mit Dir?" 

Ich sehe meine Rockerbraut nur fragend an. Laut Tacho meiner E-Glide bin ich nicht schneller als 90 gefahren. Ich werfe sicherheitshalber noch einmal einen Blick auf die Armatur. Sie trägt eindeutig einen km/h-Schriftzug. Also kann mich kein Meilen-Tacho in die Irre geführt haben. Ergo: Der Tacho zeigt alles mögliche an, nur nicht die gefahrene Geschwindigkeit. Für die Weiterfahrt beschließen wir deshalb eine Geschwindigkeitstestfahrt: Zuerst fährt meine Rockerbraut vor und hält sich genau an die Geschwindigkeitsvorgaben, damit ich Realität und Tachoanzeige ein wenig miteinander abgleichen und mir die Abweichung merken kann. Dann fahre ich wieder vor und versuche mich nach meinem Gefühl und anhand der gelernten Abweichung an die richtigen Geschwindigkeiten zu halten. 

Aber jetzt erst einmal die Fotos. Eine gute halbe Stunde umkreise ich meinen Oldtimer und fotografiere ihn aus allen Perspektiven und in vielen Details. Einfach schön, denke ich immer wieder, wie er so da steht. Einfach. Nur. Schön. Was für ein Glück, dass die Ära der analogen Filme vorbei ist und auf der SD-Karte meiner Digitalkamera mehr oder weniger unbegrenzter Speicherplatz zur Verfügung steht. So kann ich den Auslöser drücken und drücken und drücken... bis meine Rockerbraut mich auf den Boden der Tatsachen zurückholt und mich darauf hinweist, dass ich meinen neuen Liebling nicht noch ein zweites Mal umrunden und komplett noch einmal durchfotografieren muss, sondern wir heute vielleicht lieber auch noch einmal weiterfahren sollten. 

Das ist natürlich ein unschlagbares Argument, fahren ist schließlich noch besser als fotografieren. Wieder bin ich ein wenig nervös, als ich den Starterknopf betätige. Das richtige Urvertrauen in den Shovelhead-Motor und seine Zuverlässigkeit hat sich noch nicht eingestellt. Aber auch jetzt springt das Aggregat ohne große Probleme an. Daran kann ich mich gewöhnen. Gewöhnen muss ich mich jetzt auch an das neue Geschwindigkeitsgefühl. Die Geschwindigkeitstestfahrt ergibt nämlich recht schnell ein ziemlich klares und glücklicherweise gut zu merkendes Schema. Ich fahre eigentlich in der Realität immer 25 Prozent schneller als der Tacho anzeigt: 40 auf meinem Tacho sind 50 km/h in der Realität, abgezeigte 55 entsprechen in Wirklichkeit 70 km/h und 100 km/h fahre ich, wenn der Tacho 80 anzeigt. Das sollte ich mir für die Zukunft dann wohl merken, wenn ich teure Erinnerungen an die Tachoabweichung vermeiden möchte. 

Und noch zwei Erkenntnisse bringt mir diese erste Tour mit der E-Glide. Erstens: Die Bremsen verlangen absolut vorausschauendes Fahren. Nachdem meine Rockerbraut das erste Stück unserer Geschwindigkeitstestfahrt vorausgefahren ist, hält sie an einer Bushaltestelle an, damit wir uns kurz absprechen können und ich dann wieder vorausfahren kann. Für sie ist das Einbremsen ein völlig normales Manöver ohne besonders starken Griff in die Eisen. Ich bekomme meinen Oldtimer dagegen nur mit Müh und Not noch im Bereich der Haltestelle zum Stehen. Das hatte ich mir ja schon nach der ersten Heimfahrt gedacht. Heute wird es mit diesem Stopp bestätigt. Zweitens: Straßenlage und Kurvenverhalten meines 50 Jahre alten Bikes überraschen mich wieder. Wie schon auf der ersten Fahrt von der Werkstatt nach Hause vor zwei Tagen fühle ich mich in Kurven und bei Straßenverhältnissen jeder Art absolut sicher und gut aufgehoben auf dem Bike.  

Die E-Glide wird zugelassen

Pünktlich zum gebuchten Termin bin ich an der Zulassungsstelle. Zur Feier des Tages - natürlich auch wegen des schönen Wetters und weil es schneller geht - bin ich mit dem Straßenkönig hingefahren. Standesgemäßer kann ich mir die Zulassung der Electra Glide nicht vorstellen. 

Während ich im Vorraum noch warten muss, bis mein Termin aufgerufen wird, darf ich dem einen oder anderen Telefonat zu hören, das am Empfang geführt wird. Tenor der meisten Anrufe: Es gibt für die nächsten Wochen keine Termine mehr, das Online-Buchungssystem war Freitagabend schon auf Tage hinaus ausgebucht und die Anrufer versuchen nun, telefonisch irgendwie noch etwas zu erreichen. Was für ein Glück, dass ich letzte Woche am Donnerstag angerufen habe, dadurch von der Freischaltung des Systems wusste und gleich am Freitagmittag diesen Termin machen konnte!

Die Zulassung meiner E-Glide ist schnell erledigt. Den neuen Lenker meines Straßenkönigs habe ich bei dieser Gelegenheit auch gleich eintragen lassen. Aber das ist jetzt im Moment Nebensache. Jetzt heißt es, schnell bezahlen, das Kennzeichen prägen und die Plaketten aufkleben lassen. Dann ist dieser Amtsgang erledigt und ich halte stolz die Nummerntafel meines Oldtimers in den Händen: TS - FL 72H, die Typbezeichnung und das Baujahr. 

Leider muss ich jetzt erst noch einmal ins Büro und arbeiten. Aber ich mache früh Feierabend und fahre auf schnellstem Wege zu meinem Lieblings-Harley-Schrauber, um ihm das Kennzeichen zu übergeben und einen Termin für die Abholung der Electra Glide auszumachen. Gegen halb 4 am Nachmittag tuckere ich vor sein Werkstatttor, hole das Nummernschild aus der Tasche und stürme freudestrahlend in die Werkstatt. Kaum begrüßt, platze ich natürlich auch gleich mit der Frage heraus, wann er das Schild - natürlich mit einer ordentlichen, stabilen, hochglanzpolierten Trägerplatte - montieren und ich meinen Oldtimer abholen könne. Zu meiner noch größeren Freude macht er diesen Tag mit seiner einfachen, kurzen Antwort zum perfekten Tag: "In einer Stunde!"

Damit hatte ich natürlich überhaupt nicht gerechnet. Und so heißt es, den weiteren Tagesplan über den Haufen zu werfen und die Abholung der E-Glide zu organisieren. Ich rufe also als erstes meine Rockerbraut an um sie zu fragen, ob sie mich mit dem Auto in die Werkstatt fahren kann, wenn ich jetzt gleich nach Hause komme. Na klar, kein Problem. Als düse ich im Sauschritt mit meinem Straßenkönig heim und lasse mich von meiner Rockerbraut mit dem Wagen wieder in die Werkstatt fahren. Wenn die E-Glide jetzt tatsächlich schon fertig zur Abholung ist, dann könnte ich ja noch eine kleine Testrunde um den Chiemsee drehen, träume ich während der Autofahrt vor mich hin...

Ziemlich genau nach einer Stunde stehe ich wieder neben meinem Oldtimer in der Werkstatt. Leider ist das Nummernschild noch nicht montiert, es gab zu viele Anrufe und unerwartete Besucher an diesem schönen Nachmittag, die den Zeitplan meines Lieblings-Harley-Schraubers durcheinander gewirbelt haben. Egal, ich warte gern. Und wir haben ja noch das eine oder andere rund um die Bedienung und Pflege des Oldtimers zu besprechen. Schließlich ist es bei der Vergaser-Shovelhead nicht einfach nur mit einem Druck auf den Starterknopf getan wie bei meinem Einspritzer-Straßenkönig. Also bekomme ich eine erste theoretische Einweisung: Den Zündschalter auf Ignition drehen, Benzinhahn öffnen, Choke ziehen, zwei bis drei Mal den Gasgriff drehen, starten. Wenn der Motor dann munter vor sich herblubbert, den Zündschalter, begleitet von einem Gasstoß, auf Lights drehen. Und natürlich - nicht zu früh, nicht zu spät - wieder den Choke zurückstellen, damit das Motörchen nicht zu lange zu fett läuft. 

Irgendwann ist die Trägerplatte zurechtgeschnitten und blitzeblank poliert, sind die Montagebohrungen gesetzt, ist die Trägerplatte an den Halter geschraubt, ist das Nummernschild mit einem Spezialklebeband aufgeklebt. Eine saubere, cleane Sache. Damit steht der Heimfahrt nichts mehr im Wege. Doch bevor ich losfahre, zeigt mir mein Lieblings-Harley-Schrauber noch die hohe Schule des Shovel-Motor-Startens: Er kickt die Maschine an. Nach drei, vier kräftigen Tritten läuft der Motor los. Diese Art des Startens hebe ich mir aber noch ein wenig auf und werde es erst einmal ohne Publikum in der Garage üben. Mir reicht vorerst der Druck auf das Starterknöpfchen. 

Mit vor Aufregung feuchten Händen und etwas zittrigen Knien steige ich endlich zum ersten Mal auf meine Electra Glide und fahre vorsichtig los, erst einmal von der Werkstatt zur nahegelegenen Tankstelle.  Die geplante Runde um den Chiemsee streiche ich angesichts der fortgeschrittenen Uhrzeit. Schon auf diesen ersten Metern ist sofort klar, dass die Shovel-E-Glide eine andere Fahrmaschine ist als mein Straßenkönig oder die Sporty meiner Rockerbraut. Der Motor läuft 1a ohne Ruckeln und Zuckeln, nimmt sofort Gas an, das ist überhaupt kein Problem, auch nicht, als ich schon nach wenigen Metern Fahrt den Choke herausnehme. Auch Federung und Fahrwerk geben ein sicheres Gefühl, soweit ich das gleich zu Beginn und nach wenigen Metern schon beurteilen kann. 

Aber die Bremsen: Die Vorderradbremse verlangt ein absolut beherztes Zupacken und zeigt trotz gewaltigem Zug am Handhebel kaum eine verzögernde Wirkung. Bei der Hinterradbremse tut sich etwas mehr, allerdings ist es da auch einfacher, ordentlich auf den Fußhebel zu treten. Nachdrücklich betätigt werden will auch die Schaltung. Für das Ziehen des Kupplungshebels würde ein bisschen Hand- und Unterarm-Muskeltraining nicht schaden. Und ich bin froh, dass ich eine Schaltwippe habe und zum Hochschalten den Schalthebel nicht mit der Fußspitze hochziehen muss, sondern beherzt mit der Hacke heruntertreten kann. Gangwechsel quittiert das Getriebe mit ordentlichem Krachen, vor allem der zweite Gang ist ziemlich widerspenstig - sowohl beim Hoch- als auch beim Runterschalten. Ach ja, dann sind da auch noch die Spiegel. In denen sehe ich momentan total schwarz: Mehr als die Unterarme meiner Lederjacke zeigen sie mir momentan nicht. Macht aber nichts, ich muss jetzt sowieso erst einmal tanken. 

Der Stopp an der Tankstelle hält weitere Lektionen im Oldtimer- und Shovelhead-Fahren für mich bereit. Lektion 1: Das Einlegen des Leerlaufs funktioniert eigentlich nur bei rollender Maschine. Alle Versuche, den Leerlauf noch reinzubekommen, als ich schon neben der Zapfsäule stehe, scheitern. Auch sanftes Hin- und Herschieben hilft erst einmal nicht weiter. Zum Glück ist es an der Tanke leer und ich drehe einfach kurzer Hand noch eine Runde um die Säulen, um dann noch rollend und mit leichtem Spielen an der Kupplung gefühlvoll den Leerlauf einzulegen. Lektion 2: Um voll zu tanken reicht es nicht, den Sprit in den - bei auf dem Seitenständer abgestellten Bike - höherliegenden rechten Einfüllstutzen laufen zu lassen. Die Verbindung zwischen den beiden Tankhälften ist offensichtlich nicht so üppig dimensioniert, dass es schnell zu einer gleichmäßigen Befüllung kommt. Ich lege während des Tankens zwar immer wieder kurze Pausen ein. Bei etwa 10 Litern verliere ich allerdings die Geduld und denke, dass der Tank jetzt voll ist. Ein kontrollierender Blick in das Gefäß nach dem Bezahlen belehrt mich eines Besseren. Da wäre offenbar noch Platz für mehr des edlen Nasses gewesen. Ergo: Beim nächsten Tankstopp erst die linke, tieferliegende Seite betanken und dann die rechte Seite nachfüllen. Lektion 3: Die Spiegel bieten nur zwei Einstelloptionen: Sie zeigen entweder schwarze Unterarme oder die große weite Welt, aber definitiv nicht den hinter mir herfahrenden Verkehr. Da müssen Verlängerungen der Halter oder aber gleich andere Spiegel mit längeren Auslegern her. Zubehörhandel, du wirst da sicher reichlich Alternativen im Angebot haben!

Die Electra Glide ist vollgetankt, ich bin wieder ein kleines bisschen schlauer, also kann es jetzt auf den Heimweg gehen. Immerhin 20 Kilometer Landstraße und Ortsdurchfahrten, auf die ich mich jetzt freue und auf die ich sehr gespannt bin. Das erste Stück Landstraße, der erste Kreisverkehr, der erste Ampelstopp - alles kleine Abenteuer, die ich mit meinem Oldtimer meistere. Die 50 Jahre alte Harley überrascht mich total mit ihrer Handlichkeit und ihrem Fahrverhalten, mit ihrem Motor, dessen Durchzug, der Gasannahme, der Drehfreude. Zumindest bis Tempo 80. Darüber wird es ordentlich rüttelig und schüttelig auf der E-Glide, da ist dann Arbeiten angesagt. Die 100 km/h-Marke auf dem Tacho teste ich nur ganz kurz an, dann nehme ich das Gas wieder raus. Vergnügen ist was anderes. Und außerdem möchte ich mir gar nicht vorstellen, was passiert, wenn ich bei Landstraßentempo bremsen müsste. In Sachen Verzögerung wahrscheinlich absolut gar nichts, in Sachen Angstschweiß wohl sehr viel. Nein, dann lieber gemütlich mit Tempo 80 dahinrollen. 

Als ich vor die heimische Garage rolle, bin ich überglücklich, dass das Bike so gut läuft und sich nicht als totaler Fehlkauf erwiesen hat. Mit den Oldtimer-typischen Einschränkungen kann ich nur zu gut leben, es ist schließlich nichts dabei, an das ich mich nicht auch gewöhnen könnte und möchte. Meine Rockerbraut hat mich schon erwartet und freut sich nicht weniger als ich - vor allem über das Strahlen in meinem Gesicht und das verklärte Grinsen auf meinen Lippen. Allerdings beichte ich ihr auch, dass zukünftige gemeinsame Ausfahrten mit Shovel und Sporty für sie eher gemütliche Bummeltouren werden als dynamischer Kurvenspaß. Damit, sagt sie, kann sie gut leben. Sportlich sind wir ja eh nie unterwegs, und mein Straßenkönig will natürlich auch immer noch bewegt werden.  

Maivergnügen

Sonntag und es herrscht bestes Maiwetter. Die Eisheiligen hatten diese Woche ihrem Namen noch alle Ehre gemacht und für kalte und nasse Tage und Nächte gesorgt, die sogar noch ein bisschen Schnee auf die Berge zauberten. Aber das ist jetzt alles vorbei und verschwunden. Die Sonne lacht vom strahlend blauen Himmel und taucht den Chiemgau in frühlingshafte Temperaturen. Perfektes Biker-Wetter also. Deshalb nichts wie rauf auf den Straßenkönig und die Sporty. Wir wollen die große Chiemsee-Runde unter die Räder nehmen. Zu der gehört nicht nur die Straße rund um den See, sondern als Kurvenschmankerl auch noch ein Abstecher über den Samerberg hinüber ins Inntal und dann über den Simssee zurück ans Bayerische Meer. 

Es ist das reinste Vergnügen. Im Gegensatz zur ersten Tour am vergangenen Wochenende habe ich heute die Scheibe an den Straßenkönig gebaut. Sieht zwar nicht so toll aus, steigert aber Fahrspaß und Komfort noch einmal merklich. Es war wirklich eine gute Entscheidung, diesen Lenkerumbau vorzunehmen. 

Ich bin drin!

Freitagmittag, ich bin gerade aus dem Büro nach Hause gekommen und fahre sofort meinen heimischen Rechner hoch. Den Startvorgang kann ich kaum abwarten. Endlich bin ich auf der Web-Seite des Landratsamts und klicke erwartungsvoll auf die Online-Reservierung für die Zulassungsstelle. Da sind sie tatsächlich: Termine für die kommende Woche. Ich buche sofort einen für den frühen Dienstagmorgen, der erste Zeitpunkt, zu dem ich auf's Amt fahren kann. 

Jetzt halte ich es nicht mehr aus

Nach der kleinen Tour vom Wochenende kribbelt es noch mehr in den Fingern und Füßen, endlich auch einmal meine Shovel zu fahren. Aber die Zulassungsstelle ist immer noch geschlossen. Obwohl rund herum alle Beschränkungen Schritt für Schritt aufgehoben werden, gibt es keinerlei Infos dazu, wann Privatleute wieder Fahrzeuge wie meinen Oldtimer zulassen können. Also rufe ich doch einfach mal auf der Zulassungsstelle an. 

Ein supernette Dame erklärt mir, dass ab Montag wieder geöffnet wird - natürlich unter den notwendigen Vorsichts- und Hygienemaßnahmen, wozu auch eine unbedingt erforderliche Online-Terminvoranmeldung gehört. Das Anmeldesystem dafür wird Freitagnachmittag freigeschaltet, dann könnte ich einen Termin buchen und endlich meinen Oldtimer anmelden. Auf meine Nachfrage wegen des Wunschkennzeichens, dessen Reservierungsfrist durch die Schließung längst abgelaufen ist, erfahre ich, dass es tatsächlich nicht mehr im System für mich vorgemerkt, aber noch verfügbar ist und in diesem Augenblick auch wieder für mich hinterlegt ist. Was für ein toller Tag! Meine Kolleginnen und Kollegen im Büro schauen mich ziemlich verdattert an: Wie kann jemand nach einem Telefonat mit der Zulassungsstelle dermaßen freudestrahlend und aufgekratzt jubilieren? Ganz einfach: Weil es ein toller Tag mit guten Nachrichten ist!

Die erste Tour dieses verrückten Jahres

Endlich! Endlich! Endlich! Meinen heutigen Eintrag kann ich genauso beginnen wie den letzten von der Abholung der Motorräder nach der Winterpause. Den ganzen April über war Motorradfahren wegen der Ausgangsbeschränkungen verboten. Nur bei triftigem Grund hätten wir den Straßenkönig und die Sporty bewegen dürfen. Deshalb hatte ich mir eigentlich auch fest vorgenommen, an einem meiner Spätschichttage mal mit der Road King ins Büro zu fahren. Aber: Wie zu erwarten, hat es immer genau in meinen Spätschichtwochen geregnet. So wurde also aus diesem Vorhaben nichts. 

Jetzt ist die Ausgangsbeschränkung glücklicherweise aufgehoben. Ich hätte zwar darauf gewettet, dass es nun drei Wochen am Stück Bindfäden regnet. Aber der Wettergott hat ein Einsehen mit uns und lässt eine herrliche Maisonne vom Himmel strahlen. Zeit also, nach über einem Monat des mehr oder weniger geduldigen Wartens zum ersten Mal die Straßen im Chiemgau unter die Räder zu nehmen. Und den Straßenkönig mit dem neuen Lenker auf kurvigem Geläuf zu testen. 

Aufrecht sitzend trotze ich dem Fahrtwind und bin begeistert. Die Arme sind entlastet, der Rücken ist okay und der Lenker bietet ein erstaunlich gutes Handling und Fahrgefühl - beides hätte ich angesichts der Höhe des Apes nicht wirklich erwartet. Aber die 100 Kilometer, die wir heute über Reit im Winkel, die drei Seen, Ruhpolding und Inzell absolvieren, vergehen wie im Fluge und total entspannt. 

Das Warten hat ein Ende

Endlich! Endlich! Endlich! Es ist inzwischen schon der 3. April und wir erwecken den Straßenkönig und die Sporty meiner Rockerbraut aus dem Winterschlaf. Die Saisonkennzeichen haben wieder Gültigkeit. Also holen wir die beiden Maschinen aus der Werkstatt ab. Mehr ist momentan nicht drin. Hier in Bayern herrscht Ausgangsbeschränkung, damit sind Motorradausfahrten ohne triftigen Grund verboten. Aber es ist immerhin die erste Fahrt mit dem neuen Lenker an meinem Straßenkönig. Was für ein Hochgefühl das doch ist! Aufrecht sitze ich auf meiner Maschine, der Police-Seat und der Ape sind ein verdammt starkes Team, das meinen Rücken und meine Arme entlastet. Schon die wenigen Kilometer von der Werkstatt zurück nach Hause sind die reinste Wohltat nach der Winterpause und den Corona-Beschränkungen der letzten Wochen. Und es ist ein verdammt gutes Gefühl, Straßenkönig und Sporty wieder zuhause in der Garage zu wissen.  

Ein Traum liegt auf Eis

Das Gutachten ist bei der Versicherung, die Oldtimer-Versicherung abgeschlossen und die eVB-Nummer ist da. Aber jetzt hat die Zulassungsstelle geschlossen. Corona-bedingt. Auf unbestimmte Zeit. Die vollmundige Ankündigung, dass Zulassungen jetzt online in einem vereinfachten Verfahren möglich sind, gelten nicht für mich: Oldtimer sind, ebenso wie andere Sonderkennzeichen, ausgeschlossen davon. Der Traum, die Shovelhead-E-Glide bereits im März zuzulassen und damit schon vor dem 1. April und der Gültigkeit der Saisonkennzeichen von Straßenkönig und Sporty eine Runde zu drehen, liegt definitiv auf Eis - und das trotz beinahe sommerlicher Temperaturen in diesem Frühling. 

Stippvisite bei den Bikes

Mittlerweile ist es schon Mitte März. Da ich heute einigermaßen früh Feierabend machen konnte, bin ich jetzt auf dem Weg zu meinem Lieblings-Harley-Schrauber um einfach mal zu schauen, was unsere Bikes so machen. In der Werkstatt erwarten mich nur gute Nachrichten. Für die Electra Glide war heute Morgen der Gutachter da und hat sie nicht nur als Oldtimer bestätigt, sondern sogar mit der Note 2+ eingestuft. Damit kann ich das Bike jetzt endlich als Oldtimer versichern und mit dem ersehnten H-Kennzeichen zulassen. Außerdem sind alle Restaurierungs- und Umbauarbeiten abgeschlossen. Die E-Glide steht also fertig da mit einem schicken Einzelsitz, einer besonders schicken Rahmenabdeckung darunter, ebenso schicken Weißwandreifen und einem schicken kleinen Gepäckträger - und natürlich mit allen technischen Instandsetzungen. Zeit, Platz zu nehmen auf dem neuen Sitz. Und außerdem Zeit, den Shovelhead-Motor für einen Sound- und Lauftest zum Leben zu erwecken. Was für ein Erlebnis! Er atmet hörbar durch den Luftfilter ein und noch hörbarer durch seinen 2-in-1-Auspuff wieder aus. Dazu vibriert und rasselt er munter vor sich hin. Das macht schon jetzt im Stand Lust auf mehr!

Auch meinen Straßenkönig nehme ich noch einmal genau in Augenschein. Mit dem hohen, cleanen Lenker und der Flames-Tankanzeige ist er jetzt ein echter Augenschmaus, an dem es kaum noch etwas zu verschönern und zu verbessern gibt. Für mich das perfekte Bike, wie ich es mir immer vorgestellt habe. Ein klein wenig zu kurz gekommen ist in diesem Winter nur die Sporty meiner Rockerbraut. An ihr wurde nichts umgebaut, nur die notwendigen Wartungen durfte sie genießen. 

Wäre doch nur eine der Maschinen zugelassen! Dann könnte ich bei diesem herrlichen Frühlingswetter am Wochenende schon mal die eine oder andere Runde drehen. 

Wenigstens Biker-Luft schnuppern

Lange habe ich immer wieder hin und her überlegt: Fahre ich dieses Jahr zur IMOT nach München oder nicht? Am Ende hat die Lust darauf, ein bisschen Biker-Atmosphäre zu schnuppern, gesiegt. Als Vorwand dienen: die Suche nach einer Tasche mit nostalgischem Look, die zu meiner Oldtimer-E-Glide passt; ein Schloss für das historische Bike, das nämlich außer über ein Zündschloss über keinerlei Verriegelungsmöglichkeiten verfügt; Ersatz für das sich inzwischen auflösende Innenleben meines Helms. 

Während ich die Biker-Luft in den Messehallen schnuppere und durch die Hallen schlendere, finde ich ein anständiges Kettenschloss und bei einem kleinen, supernetten Lederwarenhersteller eine schicke, rot-schwarze Rolltasche, die perfekt zu meiner rot-grauen Electra Glide passen wird. Nur die Suche nach einem neuen Innenfutter für meinen Helm bleibt erfolglos, angeblich ist das sogar beim Hersteller nicht mehr lieferbar. Da bleibt dann wohl nur noch die Suche im Internet. 

Dafür entdecke ich an einem Stand einen tollen Lederrucksack für meine Rockerbraut. Ihr Lieblings-Rucksack hat nämlich erst kürzlich den Geist aufgegeben. Und dieses pfiffige Teil hier lässt sich im Handumdrehen von einem praktischen Rucksack in eine schicke Handtasche verwandeln. Und trägt dazu noch Totenkopf-Ziernieten. Das ist das perfekte Mitbringsel und muss unbedingt mit nach Hause. 

Während ich bei den Klamotten-, Zubehör- und Accessoires-Händlern viele tolle Sachen entdecke und mich inspirieren lasse, gruselt es mich bei den meisten der ausgestellten Bikes - vor allem bei den Neuheiten. Zu viel Plastik, zu viel elektronischer Schnickschnack. Was soll ich bitte mit 170 PS und mehr Leistung, wenn ich das Fahren einem elektronischen Assistenzsystem überlasse, das dann die Traktion kontrolliert? Da habe ich lieber 100 PS weniger, die ich dafür selbst im Griff habe. Lieber schnell weiter in die Hallen mit den Reise- oder Tourenanbietern und Verkehrsvereinen der Urlaubsregionen aus ganz Europa. Da packe ich gleich kiloweise Karten- und Infomaterial zur Planung der nächsten Touren ein. 

Polieren ohne zu frieren

Heute ist der 8. Februar und ich stehe tatsächlich im T-Shirt in der Sonne auf unserer Terrasse und poliere die Teile meiner E-Glide, die ich mit nach Hause genommen habe. Ich muss sogar darauf achten, dass die Chromteile schattig liegen, damit die aufgetragene Chrompflege nicht zu schnell eintrocknet und einbrennt! Felge, Zahnradkranz und andere Teile erstrahlen mit der Zeit tatsächlich wieder in altem Glanz, während mir der Schweiß von der Stirn rinnt. So kommt ein Saisonkennzeichenfahrer auch zu Biker-Frühlings-Feeling im Februar!

E-Glide in Teilen

Es ist soweit: Anfang Februar, mein Lieblings-Harley-Schrauber hat die E-Glide wie geplant auf die Bühne geholt und in zahllose Einzelteile zerlegt. Damit ist es auch Zeit, das weitere Vorgehen und die notwendigen Arbeiten zu besprechen. Abgesehen von den Umbauten, die ich mir wünsche - klassischer Einzelsattel, kleiner Gepäckträger und die von meinem Straßenkönig schon gewohnte und geliebte Schaltwippe -, und den von vorneherein offensichtlich notwendigen Arbeiten - neue Reifen, Bremsen, Batterie - gibt es auch noch ein paar unerfreuliche Überraschungen, die bei der Demontage zu Tage getreten sind: Eine Felge ist an der Nabe gebrochen und muss ersetzt werden. Und im Vergaser sieht es so aus, als wären die Monster aus Ghost Buster hineingefahren und hätten ihren typischen grünen Schleim hinterlassen. Da hilft reinigen allein wohl nicht mehr, es müssen neue Düsen und Dichtungen rein, sonst wird das nichts mit einer brauchbaren Gemischaufbereitung für den Motor. Für mein Sparkonto heißt das allerdings auch eine etwas größere Belastung als ursprünglich geplant. Während mein Lieblings-Harley-Schrauber die technisch schwierigen Arbeiten in Angriff nehmen wird, lade ich die intakte Felge und ein paar weitere Chromteile ins Auto, um ihnen in den nächsten Tagen mit reichlich Chromputz und Schweiß den nötigen Glanz zu verleihen. 

An die Grenzen gehen

Weihnachten und den Jahreswechsel haben wir entspannt verbracht, heute - MItte Januar - geht es zum letzten Mal für diese Wintersaison zum Tätowierer. Das Sporty-Tattoo bekommt noch einen Himmel, außerdem fehlt dem Totenschädel noch die Schattierung seines Umhangs. Und dann gibt es hier und da noch ein paar Details vor der Sportster meiner Rockerbraut, die ausgearbeitet werden wollen. Einziger Nachteil: Die Tatowiernadel wird heute einige der aus meiner Sicht empfindlichsten Stellen am Bein traktieren. Die Knöchel innen und außen am Fuß werden dabei sein und die Kniekehle. 

So wird die heutige Sitzung tatsächlich ein Wechselbad der (Schmerz-) Gefühle: die Vorfreude auf das fertige Tattoo, schmerzhafte Momente, das Zuschauen dabei, wie wieder tolle Elemente auf meinem Unterschenkel entstehen. Während der Umhang des Totenkopfs auf der Wade die reinste Entspannung ist, geht es an Knöcheln und Kniekehle - wie erwartet - tatsächlich an die Grenzen der Erträglichen für mich. Da hilft nur durchhalten. Und einen Tätowierer zu haben, der genau weiß, was er tut. Denn dass ich die drei Stunden heute tapfer ertragen kann, liegt auch daran, dass er mir durch geschickte Wechsel der gestochenen Stellen immer wieder die nötigen Verschnaufpausen verschafft. Irgendwann ist es dann so weit: Die Tätowiermaschine schweigt für diesen Winter, auf meinem rechten Unterschenkel gibt es Schwarz auf Haut ein weiteres fantastisches Tattoo. 

Hintergründiges

Nachdem ich gestern zum Probesitzen für den neuen Lenker an meinem Straßenkönig bei meinem Lieblings-Harley-Schrauber war, geht es heute am letzten Samstag vor Weihnachten auch noch für einen weiteren Termin zum Tätowierer meines uneingeschränten Vertrauens. Schließlich fehlt der Sporty meiner Rockerbraut auf meinem rechten Unterschenkel noch ein ansprechender Hintergrund. Die Idee dafür ist ein herbstlicher Wald. Den zeichnet mein Lieblingstätowierer frei Hand auf das Bein - in meinen Augen ein undurchdringliches Gewirr aus Linien und Strichen. Seine Versuche, mir die Skizze zu erklären, scheitern an meinem mangelnden Vorstellungsvermögen. Er kann mir noch so sehr beschreiben, wie sich aus dem Wirrwarr später durch unterschiedliches Schattieren Bäume samt Ästen und Blättern entwickeln werden und ein tiefer Wald entsteht - ich erkenne nur einen undurchdringlichen Urwald, der auf meinem Bein wuchert - oder sehe den Wald vor lauter Bäumen nicht. 

Aber mein Lieblingstätowierer wäre nicht der Schöpfer aller Kunstwerke auf meinem Körper, wenn ich ihm nicht blind vertrauen würde. Deshalb ist es mir jetzt auch egal, ob ich diesen Wald erkennen und mir seine Ausarbeitung vorstellen kann. Los geht's, lass die Nadeln schwingen und das Tätowiermaschinchen rattern! Ich bin sicher, am Ende wird mich das Ergebnis umhauen. Und so ist es dann auch. Baum um Baum entsteht, nebeneinander, hintereinander, sich gegenseitig verdeckend, mal mit deutlichen Konturen, mal leicht verschwommen im Hintergrund - und davor im Mittelpunkt steht die Sporty meine Rockerbraut.  

Probesitzen

Kurz vor Weihnachten macht mir mein Lieblings-Harley-Schrauber noch ein vorzeitiges Geschenk: Schon letzte Woche kam der Anruf, dass der Lenkerumbau meines Straßenkönigs kurz vor der Fertigstellung sei und ich noch vor den Festtagen zum Probesitzen und Feinjustieren vorbeikommen könne. Jetzt habe ich - am letzten Arbeitstag vor den Weihnachtsferien - tatsächlich noch die Zeit gefunden, in die Werkstatt zu fahren. Und mein Lieblings-Harley-Schrauber hat auch Zeit für mich. Gespannt öffne ich die Tür zu Werkstatt. Was mich da wohl erwarten wird? Den Besenstiel vom Probesitzen wird er ja sicherlich nicht an meinen schönen Straßenkönig geschraubt haben! 

Hui, was ist denn das? Da steht mein Straßenkönig auf der kleinen Arbeitsbühne. Und an ihm ragt ein ordentlicher Ape-Lenker in die Höhe. Ich staune nicht schlecht. So hoch hatte ich mir meinen neuen Lenker nicht vorgestellt! Oder täuscht der Anblick beim ersten Hinsehen nur? Vorsichtig und zögernd nähere ich mich meiner Road King, umkreise sie, betrachte sie, gehe einen Schritt näher heran und trete wieder zurück. Eine Road King mit so einem Ape? Und ist das wirklich die Höhe, die wir seinerzeit in der entwürdigenden Besenstilsitzung ausgemessen haben?

Während ich so um meinen Straßenkönig schleiche, kommt auch mein Lieblings-Harley-Schrauber dazu. Offensichtlich hat er meine Skepsis schon bemerkt. "Na mach schon, setz Dich und genieße", fordert er mich unverblümt zum Probesitzen auf. Also nehme ich auf meinen Police-Seat Platz und bin baff erstaunt: Meine Hände finden sofort den Weg zu den Griffen, die neue Haltung fühlt sich ebenfalls sofort passend an, gar nicht so hoch, erst recht nicht zu hoch. Die Arme ruhen entspannt und leicht angewinkelt am Lenker. Das hätte ich beim ersten Hinschauen niemals erwartet! 

Mit jeder weiteren Sekunde Probesitzen schwindet meine Skepsis und verwandelt sich in restlose Begeisterung. Und je größer die Begeisterung wird, umso mehr öffnen sich meine Augen für die tolle Optik des cleanen Lenkers und die vielen schicken Details: die jetzt unsichtbaren, innenverlegten Kabel, die edlen Edelstahlzüge und Leitungen, den schicken Navihalter. Es gibt keine hässlichen schwarzen Kunststoffummantelungen mehr für die Elektrik, die meinen Straßenkönig verunstalten. Alles sieht sauber, perfekt und aufgeräumt aus. Wie lange dauert der Winter jetzt noch, bis ich endlich mit diesem neuen Lenker die erste Ausfahrt unternehmen kann? 

Die Sporty erwacht

Dem Zwei-Wochen-Rhythmus folgend geht es heute schon wieder zu meinem Lieblings-Tätowierer. Die Schattierungen des Totenkopfs sind bestens verheilt, jetzt ist die Sporty an der Reihe mit der Ausarbeitung. Auch dabei kann ich wieder nur staunend zuschauen, was auf meinem Bein entsteht. War es vor zwei Wochen der Ausdruck, den das Gesicht des Totenschädels mit jedem Nadelstich entwickelte, ist es heute der Detailreichtum, der mich begeistert. Die Reifen der Mini-Sporty auf meinem Bein bekommen Profil, einzelne Speichen trennen sich voneinander ab, der Luftfilter ist klar zu erkennen, die Spiegel mit den Skullhänden, die Kühlrippen am Motor, sogar die Airbrush-Lackierung auf dem Tank ist angedeutet. Und die Chromteile scheinen regelrecht auf Hochglanz poliert zu strahlen. 

Allerdings: Das Tätowieren auf engstem Raum mit den zahllosen dicht beieinander oder oft auch übereinanderliegenden Schattierungen ist, um es einmal so auszudrücken, nicht immer das reinste Vergnügen. Aber von nichts kommt auch nichts. Also Zähne zusammenbeißen, Augen zu und durch. Das Ergebnis nach dieser anstrengenden Sitzung entschädigt für alles!

Ein Totenkopf entsteht

Gerade einmal zwei Wochen ist es her, dass die Konturen für mein neues Tattoo auf den rechten Unterschenkel gestochen wurden. Heute geht es schon an's Schattieren. Der Totenschädel soll den Anfang machen. Wie immer bei meinen Tattoos gibt es als Farbe ausschließlich Schwarz, allenfalls mal etwas heller oder dunkler abgestuft ins Grau. Mit jedem Zug der Tätowiermaschine bekommt der Totenschädel mehr Struktur, mehr Tiefe, mehr Ausdruck, mehr Leben - wenn man das bei einem Totenkopf überhaupt so sagen kann. Wahnsinn, was mein Lieblings-Tätowierer da auf mein Bein zaubert!

Rockerbrauts Sporty kommt auf's Bein

Kaum sind die Bikes in der Winter-Unruhe-Pause, fröhne ich auch schon meiner Leidenschaft für die dunkle, motorradlose Jahreszeit: Die Sporty meiner Rockerbraut soll in diesem Winter als Tattoo unter meiner Haut verewigt werden. Ort des Geschehens wird der rechte Unterschenkel sein. Und weil die Sporty reichlich Totenköpfe zieren, soll sich auch beim Tattoo ein Schädel zum Mopped gesellen. 

Natürlich darf wieder nur der Tätowierer meines Vertrauens die Nadeln unter meine Haut stechen. Bei dem habe ich heute den ersten Termin. Und damit die schöne Aufgabe, die Ideen und Spinnereien in meinem Hirn als künstlerischer Laie und Volldepp so in Worte zu fassen, dass mein Lieblings-Tatowierer mit seinem grafischen Genie versteht, was ich mir da so denke und vor meinem geistigen Auge sehe. Nur eines kann ich ihm konkret zeigen: die Sporty meiner Rockerbraut. Dafür habe ich eine ganze Reihe Fotos mitgebracht. 

Während meines ganzen Gefasels und Gestammels schwingt der Tattoo-Künstler unablässig seinen Grafik-Pen und zaubert am Rechner einen ersten Entwurf auf den Bildschirm. Mit jedem Stiftstrich weiß ich wieder einmal mehr, warum er mein Lieblings-Tätowierer ist. Er bringt die Ideen aus meinem Hirn einfach perfekt auf seinen Bildschirm. Und anschließend auf's Papier. Denn die elektronische Variante ist auch für ihn nur ein grober Entwurf. Mit ein paar Ausdrucken der Photoshop-Daten verschwindet er jetzt nämlich erst einmal in seinem stillen Kämmerlein und zeichnet die eigentliche Vorlage von Hand. 

Eine gute halbe Stunde später liegt dann die eigentliche Blaupause für mein neues Unterschenkel-Tattoo auf dem Tisch - und haut mich total um. Das Motiv ist nicht nur so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Seine Umsetzung ist viel, viel besser! Nur ein paar kleine, minimale Korrekturen und Feinarbeiten - dann wandert der Abzug auch schon auf mein Bein und wenig später rattert die Tatowiermaschine los. Kontur um Kontur, Linie um Linie, Umriss um Umriss entsteht auf meinem Unterschenkel und gewinnt hier durch die Rundungen des Beins noch einmal deutlich. Wenn schon diese Vorarbeit so genial aussieht, wie wird dann erst das fertige Bild?

Eine unruhige Winterpause steht bevor

War das ein wahnsinniger Oktober. So viel Gummi haben wir noch nie im letzten Monat unserer Kennzeichengültigkeit auf dem Asphalt gelassen. Aber das Wetter war einfach zu gut... 

Als wollte der Wettergott uns den Abschied erleichtern, hat er uns nach unserer letzten Einmal-um-den-Chiemsee-Runde am Sonntag tatsächlich drei ziemlich gräusliche, nasse und kalte Tage beschert. Pünktlich zum Monatsletzten ist es heute aber immerhin trocken, wenn auch immer noch ziemlich kühl. Was meine Rockerbraut dazu veranlasst hat, mein Angebot anzunehmen, beide Bikes ins Winterlager zu fahren. So komme ich heute also zu einer doppelten Abschlusstour - auch wenn es jedes Mal nur auf direktem Weg zu unserem Lieblings-Harley-Schrauber geht. Meine Rockerbraut übernimmt dabei den Taxifahrer-Part im warmen Auto. 

Los geht's mit der Sporty. Für die gibt es nämlich keine größeren Umbau- und Verschönerungsprojekte in diesem Winter, sodass wir sie ohne großes Tamtam und Gerede einfach nur vor der Werkstatt abstellen, die Schlüssel und Papiere überreichen und den üblichen Auftrag für eine Inspektion und gründliche Durchsicht erteilen. 

Die nächste traurige Fuhre ist dann mein Straßenkönig. Und den stellen wir erfreulicherweise nicht einfach nur ab und das war's mit dieser Bikesaison. Nein, wir haben mit unserem Lieblings-Harley-Schrauber noch viel zu besprechen. So kann ich die schmerzliche Trennung und den Abschied von unseren beiden geliebten Motorrädern noch hinauszögern. Und die Realisierung zweier Winterumbauwünsche durchfantasieren: Eine neue Tankanzeige im Flames-Design passend zu Griffen, Trittbrettern und dem Tankdeckel auf der rechten Seite ist noch die leichteste Übung und schnell abgehakt. Das andere Projekt wird da schon komplexer: ein höherer Lenker.

Hatte die erhöhte Sitzposition durch den Police Seat auf meinem Straßenkönig zuerst für uneingeschränkte Begeisterung gesorgt, so hat sich im Laufe dieser Vielfahrsaison doch gezeigt, dass die vorgebeugte Haltung auf Dauer einfach zu viel Last auf Handgelenke, Arme, Ellbogen und Schultern verursacht. Entsprechend schmerzgeplagt vergingen manche Abende nach ausgiebigen Touren, vor allem dann, wenn ich vorwiegend schlechte Straßen unter die Räder meiner Road King Classic genommen hatte. So entstand die Idee, mit einem höheren Lenker Abhilfe zu schaffen und mir wieder zu einer aufrechten Sitzhaltung mit entlasteten Armen zu verhelfen. Und weil für einen Lenkerumbau ja ohnehin alle Leitungen und Züge neu verlegt werden müssen, soll auch gleich mit dem hässlichen schwarzummantelten Kabelsalat am Lenker aufgeräumt werden. Und schönere Züge und Bremsleitungen als die jetzt noch verbauten Originale gibt es im Zubehörhandel sicher auch. 

Nachdem wir die grundlegenden Rahmenbedingungen soweit abgestimmt haben, geht es ans Maßnehmen. Zur Anpassung der richtigen Höhe des zukünftigen Lenkers kommt mein Straßenkönig in einen Werkstattständer und ich darf entspannt Platz nehmen und mir meine zukünftig gewünschte Sitzposition vorstellen. So rutsche ich auf dem Sitz vor und zurück, beuge mich nach vorne und hinten, spiele so herum und rudere dabei wie verrückt mit den Armen durch die Luft, um irgendwie ein Gespür dafür zu bekommen, welche Haltung mir in der nächsten Saison gut tun könnte. Ein bisschen komme ich mir so vor, als wäre ich wieder Kleinkind, säße auf meinem Schemelchen im elterlichen Wohnzimmer und spielte Motorradfahrer auf einem coolen Chopper, der durch imaginäre Kurven wedelt. 

Als wäre das alles noch nicht entwürdigend genug, erscheint irgendwann mein Lieblings-Harley-Schrauber irgendwo aus den Tiefen seiner Werkstatt- und Lagerräume und hält mir einen uralten, abgegriffenen und an einer Bruchstelle schon mit Gewebeband getapeten Besenstil vor die Nase. "Hier, Dein neuer Lenker", lacht er und drückt mir das Teil in die Hände. "Dann ruderst Du schon nicht mehr wie ein Ertrinkender mit den Armen in der Luft herum." Damit soll ich jetzt den Lenker und die gewünschte Sitzposition simulieren, damit er alles ausmessen kann? Könnte es nicht wenigstens ein verchromtes, hochglanzpoliertes Eisenrohr sein? 

Die Anweisungen des Meisters an mich, wie ich den Prügel zu halten habe, sind allerdings so präzise, dass ich meine Zweifel an der Genauigkeit seiner Messungen bald verliere. Mit diesem Besenstil wurden wohl schon mehrere Lenkerumbauprojekte vorbereitet. Griffweite am Stock messen, Höhe des Stocks zum Lenker messen, ein bisschen tiefer, ein bisschen höher - irgendwann nickt er zufrieden und verspricht mir, nun alle Maße zu haben, die er für die Wahl eines passenden Lenkers benötigt. Hoffentlich hat niemand Fotos oder gar ein Video von dieser peinlichen Aktion gemacht!

Mit Abschluss der Lenkervermessung gibt es nun keinen wirklichen Grund mehr, noch länger in der Werkstatt zu verweilen. Und so sehr ich es auch hinauszuzögern versuche - mit dummen Fragen oder weiteren verrückten Ideen zum Lenkerumbau, mit sinnlosem Benzingeschwätz -, der Zeitpunkt Abschied zu nehmen für die nächsten fünf Monate ist einfach da. Aber ich bin mir sicher: Die eine oder andere Stippvisite in der Werkstatt wird sicher noch nötig sein, um Dinge zu besprechen, zu testen und auszuprobieren, zu putzen oder zu polieren. Denn da gibt es ja auch noch eine Shovelhead Electra Glide, an der das eine oder andere restauriert und umgebaut werden soll... Also: Tschüss ihr drei, wir sehen uns bald wieder!  

Verschlungene Wege

Während rund ums Haus der Garten darauf wartet, dass wir ihn für den Winter fit machen, verschließen wir die Augen vor Hecken und Sträuchern, Blumenwiese und Hochbeeten, die auf eine schneidende, stutzende, pflegende, mähende oder grabende Hand warten. Stattdessen haben wir zum definitiv letzten Mal in dieser Saison offene Augen und Ohren für unsere Harleys und gehen bei - und hier wiederhole ich mich gerne zum tausendsten Mal - allerfeinstem Wetter auf die Jahres-Abschluss-Tour, die zu fahren wir schon gar nicht mehr erwartet hatten: unsere große Chiemsee-Runde. 

So starten wir Richtung Törwang, fahren dann hinunter ins Inn-Tal und tuckern weiter am Simssee vorbei. Auf der Suche nach einer Einkehr rollen wir über erstaunlich leere Straßen eigentlich ungeplant, aber wie von Geisterhand geführt, zu einem unserer Lieblingsstopps nach Sonnering. Was für eine glückliche Fügung, heute auf unserer Abschlussrunde tatsächlich auch hier noch einmal vorbeizufahren. Im proppenvollen Biergarten mit Südlage und Blick auf die Berge finden wir noch ein sonniges Plätzchen, stärken uns und verabschieden uns mit einem herzlichen Servus bis zum nächsten Jahr. 

Der Weg nach Hause führt uns in einer großen Schleife über Pittenhart und Seeon nach Seebruck an den Chiemsee und auf die völlig überfüllte Uferstraße. Ich weiß schon, warum ich diese Strecke an schönen Wochenendtagen nur zu gerne meide! Denn auf der Hauptstraße reiht sich Auto an Auto und der Verkehr rollt im Schritttempo und Stop-and-Go an uns vorbei. Als Linksabbieger aus der Nebenstraße müssen wir uns in Geduld üben, bis sich eine Lücke auftut - will heißen: Irgendein netter Autofahrer in der nahezu geschlossenen Kolonne, die sich von rechts heran schiebt, erkennt, dass auch im von links nahenden Verkehr eine Lücke ist, und lässt uns einscheren. 

Während meine Rockerbraut und ich so an der Kreuzung stehen - sie mit ihrer Sporty links, ich mit meinem Straßenkönig rechts -, kommt die Belohnung für unsere Warterei in Form eines netten Oldtimer-Cabriofahrers. Der hatte nämlich dank des Schneckentempos auf der Straße genug Zeit, meinen Straßenkönig genauer ins Auge zu fassen und ist offensichtlich ein Fan meines neuen Luftfilters: "Geiler Luftfilter" schallt es aus dem Cockpit über die Straße zu mir herüber, dazu ragt ein hochgestreckter Daumen über die Kante der Fahrertür mit der heruntergedrehten Seitenscheibe. Und dann winkt er uns auch noch zum Abbiegen herein. 

Vielen Dank! lieber Oldtimer-Freund, Du hast mir für die Heimfahrt und den ganzen restlichen Tag ein zufriedenes, glückliches Lächeln ins Gesicht gezaubert und ganz viel Freude in die Bikerseele geschickt. Vielleicht sehen wir uns ja im nächsten Jahr wieder, wenn ich mit meiner Oldtimer-E-Glide unterwegs bin! Bis dahin wünsche ich Dir allzeit gute Fahrt. 

Zum Abschied an den Pillersee

Dieser Oktober wurde ganz sicher von einem motorradfahrenden Wettergott gemacht. Denn selbst dieses letzte Wochenende bezaubert uns wieder mit bestem Wetter. Wir wollen es uns gar nicht ausmalen: In einer Woche ist es vorbei mit dem Harleyfahren. Dann sind unsere Saisonkennzeichen nicht mehr gültig und Sporty und Straßenkönig stehen bei unserem Lieblings-Harley-Schrauber in der Werkstatt für den Winterschlaf. 

Schluss, aus, Ende! Weg mit diesen trüben Gedanken! Nutzen wir doch lieber diesen Sonnentag wieder aus und drehen noch eine Runde. Das Ziel ist schnell klar: Zum Abschluss dieser Saison wollen wir noch einmal an den Pillersee, zu einem unserer Lieblingsziele hier in der Region. Es wird eine total entspannte Tour mit einem nicht weniger entspannten Stopp im Biergarten am See. Allein der Jungbullengulasch, den ich genießen darf, ist die heutige Fahrt hierher wert! 

Allerdings spüren wir auch bald, dass es nun doch bereits Ende Oktober ist. Denn schon relativ früh am Nachmittag verschwindet die wärmende Sonne hinter den umliegenden Bergen und der gerade noch hell erleuchtete und warme Biergarten versinkt im kühlen Schatten. Gut, dass wir unsere Motorradklamotten haben! So trotzen wir der herbstlichen Frische im Biergarten und essen in Ruhe uns leckeres Mahl auf, während viele andere radelnde und wandernde Gäste in den Gastraum flüchten. 

Allzu lange bleiben aber auch wir nicht mehr sitzen. Schließlich kommen wir gerne noch im Hellen zurück nach Hause. Und das klappt auch heute wieder. Während die letzten Sonnenstrahlen dieses herrlichen Tages noch einmal ein faszinierendes Spiel aus Licht und Farben auf die herbstliche Landschaft zaubern, rollen wir vor unsere heimische Garage. 

Auf zum Rossfeld

Es ist schon verrückt: Allein in der zweiten Saison-Hälfte dieses Jahres fahren meine Rockerbraut und ich so oft und so viel wie in mancher ganzen Saison der Jahre zuvor nicht. Und das Wetter verführt uns immer wieder, die Bikes aus der Garage zu holen. Wir können es schier nicht glauben, dass jetzt schon die zweite Oktoberhälfte erreicht und die Saison damit schon bald zu Ende ist!

Trotz der vielen Touren und gefahrenen Kilometer in diesem Jahr: Auf dem Rossfeld war ich noch nicht. Das muss ich unbedingt nachholen, auch wenn ich heute alleine auf diese kleine Tour gehen muss. Der Föhn sorgt für angenehme Motorradtemperaturen, trockenes Wetter, aber auch dramatische Wolkenformationen und Himmelsbilder. 

Für die Hinfahrt nehme ich den direkten Weg und fahre erst einmal die Rossfeldstraße hin und wieder zurück. Am Kiosk gibt es eine kleine Pause mit einer schönen heißen Tasse Tee und ausführlichen Betrachtungen des Bergpanoramas, das sich durch die vorbeiziehenden Wolken sekündlich ändert, während der Blick ins Tal von einer dichten Wolkendecke versperrt ist. Damit wäre die Pflicht für heute erledigt und die Kür kann folgen. So geht es vom Rossfeld wieder hinab nach Berchtesgaden, weiter Richtung Bischofswiesen, von dort über das Schwarzeck wieder nach Ramsau und zum Hintersee. In wilden Schleifen tuckere ich durch das schöne Berchtesgadener Land, bis mich ein Blick auf die Uhr den Weg nach Hause einschlagen lässt. Aber auch den kann ich heute nicht einfach so nehmen. Statt von Inzell aus direkt heimzufahren, biege ich noch ab, um über Ruhpolding und an den drei Seen vorbei nach Reit im Winkl zu fahren. Bevor ich dann aus den Bergen wieder hinunter in den Chiemgau rolle, muss ich sogar noch den Abstecher über Kössen machen. Zu schön ist dieser Tag!

Goldener Oktober

Bei diesem herrlichen Spätsommerwetter mitten im Oktober wollen die Sporty meiner Rockerbraut und mein Straßenkönig einfach noch mal raus aus der Garage. Und so geht es heute am Sonntag auf eine kleine Tour in den Rupertiwinkel. Über kleine Nebensträßchen schlängeln wir uns im wilden Zickzack zum Waginger See und dann weiter in Richtung österreichische Grenze. In Fridolfing gibt es in einem netten Café die obligatorische Stärkungspause, bevor es baustellenbedingt auf ungeplanten Umwegen, aber umso schöneren, kurvenreichen Sträßchen, wieder nach Hause geht. 

Der Tag danach

Da wir meine Neuerwerbung letzte Nacht nicht mehr aus dem Sprinter meines Lieblings-Harley-Schraubers ausgeladen haben, bin ich jetzt am Morgen nach unserer Oldtimer-Kauf-Tour wieder auf dem Weg zum ihm in die Werkstatt. Schließlich muss ich ja beim Abladen helfen und möchte meine neue alte Electra Glide noch einmal in Augenschein nehmen. Denn auch wenn wir sie gestern schon sehr genau unter die Lupe genommen haben: Das war mehr eine analytische Betrachtung, die Suche nach einem möglichen Haar in der prachtvollen Suppe, die Absicherung vor einer möglichen bösen Überraschung und einem Fehlkauf. Heute würde ich dagegen lieber hemmungslos meiner Begeisterung für dieses tolle Bike frönen und in verliebter Betrachtung versinken. 

Als ich vor der Werkstatt vorfahre, steht mein Oldtimer schon vor dem Tor in der Sonne und funkelt mich verführerisch an. Und kaum bin ich ausgestiegen, erscheint auch schon der Herr der Werkstatt vor seinem Laden. "Servus und guten Morgen! Ich hab' schon mal ausgeladen und auch schon 'ne kleine Runde gedreht", strahlt er mich an. "Alles, was gestern noch geklemmt hat, war mit ein paar Tropfen anständigem Öl oder Fett und ein bisschen Bewegung ganz schnell wieder in Gang. Du kannst jetzt bis in den Vierten hoch und wieder runter schalten, der Gasgriff dreht sich wieder ohne Bodybuilding, das war alles nur mangels Benutzung festgegangen." Was für wundervolle Nachrichten! Aber wieso hat er nicht auf mich gewartet? Schließlich bin ich nicht zu spät, sondern pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt da. "Ach, ich konnte es einfach nicht abwarten genauer nachzusehen, was Du gestern mit meiner Hilfe gekauft hast. Da kannst Du echt zufrieden sein!" Und schon ist der wieder in der Werkstatt verschwunden. 

Ich hole den Fotoapparat aus dem Auto und mache die ersten vernünftigen Aufnahmen von der Electra Glide, damit ich den Kaufzustand dokumentiert und natürlich auch ein paar Fotos für meine Rockerbraut habe. Die hat die Shovel ja schließlich bisher nur auf den Fotos aus der Anzeige und das Handyfoto vom Bike im Sprinter gestern gesehen. Während ich also mit meiner Kamera um die E-Glide schleiche und nicht nur fotografiere, sondern mir die Maschine auch noch einmal in Ruhe Stückchen für Stückchen und Eckchen für Eckchen anschaue, höre ich von hinten wieder meinen Lieblings-Harley-Schrauber herannahen: "Guck mal, wäre das nicht ein schicker Sattel? Ist mein Vorführer, aber der ist wie gemacht für Deinen Oldtimer." In den Händen hält er einen klassischen Ledersattel mit einer feinen weißen Ziernaht entlang der geschwungenen Kante und erstaunlich weicher Polsterung. "Wenn er Dir gefällt, bestelle ich ihn für Deine E-Glide." Weiße Ziernaht, Weißwandreifen - das würde doch passen. Ich will natürlich noch einmal darüber nachdenken. Aber das Korn ist gesät und keimt...

Doch erst noch einmal zurück zu meiner E-Glide, wie sie jetzt vor mir in der Sonne strahlt. Ja, wirklich, da haben wir einen guten Kauf gemacht. Natürlich: Das Bike ist fast 50 Jahre alt und diese Zeit hat ihre Spuren hinterlassen. Aber es sind edle Spuren. Bei der Restaurierung von 20 Jahren haben die Macher im Ruhrpott eine sehr ordentliche Arbeit abgeliefert. Und der Vorbesitzer hat die Shovel zwar nicht gefahren, aber liebevoll gepflegt. Die rot-graue Zweifarblackierung mit der feinen Linie, die Lederabdeckung auf dem Tank als Verlängerung des Dashboards, die blinkenden, blitzenden und spiegelblanken Chromteile - alles ist so, als wäre diese Maschine für mich gebaut worden.  

Während ich so in meine Tagträumen versunken um die Maschine gehe, baut mein Lieblings-Harley-Schrauber noch schnell das Nummernschild ab. Mit den Worten: "Das brauchst Du für die Abmeldung nächste Woche" drückt er mir die Tafel in die Hände. Damit gibt es für mich außer zu gucken und zu träumen im Moment nicht mehr viel zu tun. Die Arbeiten an der E-Glide werden erst im Winter in Angriff genommen, die Details besprechen wir erst später, wenn es soweit ist. Also verabschiede ich mich schweren Herzens von meiner E-Glide und meinem Lieblings-Harley-Schrauber, der heute am Samstag sicherlich auch noch Besseres zu tun hat, als mir beim Schwärmen zuzuschauen. Und weil es - obwohl schon Mitte Oktober - wieder ein mehr sommerlicher als herbstlicher Tag mit Sonnenschein und strahlend blauem Himmel ist, könnte ich ja auch lieber mit meinem Straßenkönig auf die Piste gehen statt von meinem derzeit nicht fahrtauglichen Oldtimer zu träumen. 

Zuhause angekommen, erstatte ich meiner Rockerbraut kurzen Bericht, zeige ihr die Fotos der E-Glide und frage sie, ob sie Lust zu einer kleinen Tour durch die nähere Umgebung hat. Zu meiner großen Freude ist sie sowohl von den Fotos meiner Neuanschaffung als auch von meiner Touridee begeistert. So starten wir endlich wieder einmal als Doppel mit Straßenkönig und Sporty auf unsere Hausstrecke durch den Chiemgau und die zugehörigen Alpen. Allerdings erinnern uns schattige Passagen mit feuchten, laubigen Kurven sehr bald daran, dass doch schon Herbst ist und die Gashand wohldosiert sein will. Nichtsdestotrotz: Es wird eine entspannte kleine Nachmittagsrunde, genau das Richtige nach dem aufregenden und durchaus auch anstrengenden Bike-Kauf-Tripp gestern. 

Vom Wahnsinn befallen

Dass ich vom Motorradvirus in der besonders schweren Form Harley-Davidson befallen bin, ist mir durchaus bewusst. Aber dass es so schlimm ist, hätte ich selbst nicht gedacht. Es ist Freitagmorgen, halb 6, und ich sitze neben meinem Lieblings-Harley-Schrauber in dessen Sprinter und rolle Richtung Dortmund. Während es langsam hell wird und die vorbeiziehende Landschaft immer klarer zu erkennen ist, versuche ich mir auch klar darüber zu werden, warum ich jetzt hier sitze. Denn verrückt ist für diese Aktion noch viel zu wenig gesagt. 

Verrückt war eigentlich schon die Idee, die hierher führte. Wie man ja schon an meiner Road King sehen kann, stehe ich auf die eher klassischen Varianten der Bikes aus Milwaukee. Lange Gabeln, fette Hinterräder und show-trächtige Umbauten sind nicht so mein Ding. Stattdessen schlägt mein Herz immer besonders hoch, wenn ich irgendwo eine wirklich klassische Harley bewundern darf. Eine Knucklehead, eine Panhead, eine Shovelhead. Schön reduziert im Erscheinungsbild, nahe dem Originalzustand, gut erhalten, ohne irgendwelchen Schnickschnack. Ja, so ein Bike in meiner Garage würde mich auch noch sehr begeistern. Allerdings: Ich habe zwei linke Hände, schrauben ist so gar nicht mein Ding. Und das Geld für einen Oldtimer wächst ja auch nicht auf den Bäumen. Das hielt mich bisher von so einem Bike ab. Und außerdem habe ich ja auch noch meinen Straßenkönig. 

In diesem Sommer passierten allerdings drei entscheidende Dinge: 

  1. Beim Putzen meines Straßenkönigs schlenderte irgendwann meine Rockerbraut um mein Bike und mich herum und meinte, dass die Road King so ohne Koffer und Scheibe ja auch nicht schlecht aussehen würde. Klar, das ganze Gestänge der Kofferhalterung müsste natürlich weg und ein paar schönere Federbeine würden auch nicht schaden und überhaupt wäre dann weniger mehr. Aber schön abgespeckt würde ihr das Motorrad auch sehr gut gefallen. Abends zeigte ich ihr daraufhin ein paar Fotos alter Duo Glides im Internet. Ja, genau, so etwas fände sie auch total schick. 
  2. Ein über längere Zeit laufendes Sparverträgchen wurde fällig. Nix großartiges. Eben das, was man so macht, damit Monat für Monat ein paar Euros für ein neues Auto oder ähnliche größere Anschaffungen auf Seite fließen. Bei der Suche nach einer ähnlich guten Möglichkeit zur erneuten Wiederanlage des Geldes musste ich allerdings feststellen, dass es die für einen in Geldsachen konservativ gestrickten Kerl wie mich momentan einfach nicht gibt. 
  3. Ein launiges Gespräch mit meinem Lieblings-Harley-Schrauber über Geldanlagen in Zeiten von Nullzins und seine halb spaßig, halb ernst gemeinte Idee, in eine alte Harley zu investieren. Die sei, so sein Credo, zumindest eine wertstabile Kapitalanlage und könnte mir jede Menge Spaß bereiten - was wohl nicht die schlechteste Alternative zu derzeit nicht zu erwartenden Zinsen sei. 

Schon während der diesjährigen Bike Week in Faak startete ich die mehr oder weniger ernsthafte Suche nach einem Harley-Oldtimer als Kapitalanlage mit hohem Spaßfaktor als Rendite. Das Beuteschema war schnell klar: Eine Duo Glide oder E-Glide mit Panhead- oder Shovelhead-Motor, aber eben abgespeckt ohne Koffer, Scheibe, voluminöses Zubehör. Sozusagen die klassische Naked-Bike-Version meiner Road King. Perfekt wäre noch ein Bike aus demselben Baujahr wie ich. 

Mit dem festgelegten Beuteschema gingen auch gleich die entsprechenden Suchprofile auf den einschlägigen Portalen online. Die eingehenden Treffer teilte ich fleißig mit meinem Lieblings-Harley-Schrauber, der sich als wahrer Geduldsengel meiner Spinnerei annahm und mich immer wieder mit klaren, offenen Worten und eindeutigen Kommentaren zu den ins Auge gefassten Bikes auf den Boden der Tatsachen zurückholte. So brachte er mir beispielsweise einfühlsam und vorsichtig bei, dass eine Panhead oder gar Knucklehead für einen völlig unbegabten Schrauber mit zwei linken Händen wie mich wohl nicht das Richtige sei, wenn ich das Bike nicht nur putzen, sondern auch fahren wolle. Und er zeigte seine Expertise in Sachen Harley, wenn er gnadenlos Potemkinsche Harley-Luftnummern allein anhand der Fotos und Beschreibungen in den Online-Anzeigen entlarvte, auf deren schön polierte Fassaden ich gnadenlos hereingefallen wäre. 

Weil mein Lieblings-Harley-Schrauber natürlich selbst eine gewisse Leidenschaft für Oldtimer aus dem Hause Harley-Davidson nicht leugnen kann, hatte ich mit meiner Idee auch bei ihm das Jäger-und-Sammler-Gen ein klein wenig angeregt und ihn mit meiner Begeisterung angesteckt. So begann er auf eigene Faust, die Augen nach einem adäquaten Bike für seinen Kunden offen zu halten. 

Das Ergebnis dieser Unterstützung war eben jene Anzeige, die uns beide heute Morgen zu völlig unchristlicher Stunde im Fahrerhaus dieses Sprinters zusammen- und auf den Weg nach Dortmund geführt hat. Dort steht nämlich eine schicke Harley-Davidson Electra Glide aus dem Jahr 1972, in den Jahren 2000 oder 2001 schon einmal gründlich restauriert, mit einer wunderschönen rot-grauen Zweifarb-Lackierung und ohne allen Schnickschnack. Ein hundertprozentiger Treffer für mein Beuteschema - vielleicht ein bisschen zu jung, aber da will ich angesichts des restlichen Pakets nicht kleinlich sein. 

Um mich vor einem Fehlkauf zu bewahren und weil ich im Falle eines Kaufs sowieso ein geeignetes Fahrzeug für den Transport des Bikes vom Ruhrpott nach Oberbayern bräuchte, hat mein Lieblings-Harley-Schrauber sich tatsächlich bereit erklärt, mich zu begleiten und seinen Sprinter für die 1500-Kilometer-Tour nach Dortmund und zurück zur Verfügung zu stellen. Und so rollen wir jetzt über eine erstaunlich leere Autobahn gen Norden, während ich meinen Erinnerungen und Träumen nachhänge. 

Die störungsfreie Fahrt werten wir als gutes Omen für den bevorstehenden Besichtigungstermin. Und eine offensichtlich etwas spinnende Wartungsanzeige des Sprinters lässt uns darüber philosophieren, ob es sich bei diesem Fahrzeug vielleicht um die Transporterversion von Doc Brown's DeLorean aus "Zurück in die Zukunft" handeln könne. Schon bei der Abfahrt hat der Bordcomputer des Sprinters nämlich gemeldet, dass bald eine Wartung anstehen würde. So weit, so gut, so normal. Während unserer Fahrt stellen wir allerdings fest, dass sich der angegebene Zeitraum bis zur Wartung nicht mit jedem Kilometer verringert, sondern verlängert. Außerdem existieren die vom Navi des Sprinters angekündigten Staus nie, wenn wir die angeblich betroffenen Streckenabschnitte erreichen - zwei Phänomene, die wir uns nur durch eine Zeitmaschine wie den Fluxkompensator erklären können, die irgendwo in diesem Sprinter eingebaut sein muss und die uns nicht nur Raum, sondern eben auch Zeit durchqueren lässt.

Weil wir so gut durchkommen, bleibt uns mehr als genug Zeit, um kurz vor Dortmund auf den letzten Kilometern durch das nördliche Sauerland noch die Autobahn zu verlassen und ein schönes Lokal für ein ordentliches Mittagessen zu suchen. Verabredet sind wir für den Nachmittag nach 14 Uhr, weil der Verkäufer dann erst von der Arbeit nach Hause kommt. Jetzt ist es nicht einmal 12 und das Navi gibt maximal noch eine Stunde bis zum Ziel an. 

Während des Essens und erst recht auf den letzten Kilometern danach bis zur ersten leibhaftigen Begegnung mit dem Objekt der Begierde werde ich zunehmend nervöser und angespannter. Was erwartet mich da gleich? Ist es wirklich das Bike meiner Träume oder platzt ein verrückter Traum an den spitzen Dornen der bitteren Realität? Lohnt sich dieser ganze Aufwand, durch halb Deutschland zu fahren, einen Urlaubstag zu opfern und meinem Lieblings-Harley-Schrauber einen Arbeitstag in seiner Werkstatt zu rauben?

Viel Zeit für solche Überlegungen bleibt mir glücklicherweise nicht. Das leckere Essen genießen wir schnell, aber ohne Hast, die restlichen Kilometer spulen wir zügig ab. Schon rollen wir pünktlich, wie es sich gehört, vor das Gartentor der Zieladresse. Offensichtlich werden wir schon erwartet, denn über den Zaun hinweg gibt es gleich beim Aussteigen eine herzliche Begrüßung. Kein Wunder, dass der gute Mann weiß, wer da vorfährt. Schließlich ist ja der Sprinter meines Lieblings-Harley-Schraubers unübersehbar beschriftet. Tja, und schon nach wenigen Begrüßungsfloskeln öffnet sich auch gleich das Garagentor. Die Shovel meiner Träume lacht mich zum ersten Mal an. 

Nachdem ihr Besitzer sie aus der Garage geschoben hat, umkreisen mein Lieblings-Harley-Schrauber und ich das Bike und nehmen alles unter die Lupe. So, wie sie dasteht, bin ich sofort verliebt. Sie sieht aus wie auf den Fotos im Netz. Lack, Chromteile und Motor machen auf mich einen ordentlichen, sauberen Eindruck. Auch dem Garagenboden, wo sie stand, schenke ich noch einen schnellen Blick. Blitzblank und sauber ist er. Inkontinent scheint sie also nicht zu sein. Allerdings deuten sich am hinteren Fender rund um den Kennzeichenhalter Rostspuren unter dem Lack an. 

Damals, nach der Restaurierung, habe er die E-Glide gekauft, erklärt uns der Verkäufer, während wir um die Maschine schleichen, auf dem Boden herumkriechen, uns vor ihr verbeugen und neben ihr niederknien. Aber dann habe er das Bike eigentlich nur noch alle zwei Jahre zum TÜV gefahren - für mehr war einfach keine Zeit. Und zum Fahren habe er schließlich auch noch eine andere, neuere Maschine. Die Reifen untermauern diese Aussage auf ihre ganz eigene Weise: Während ihr Profil taufrisch aussieht, offenbart der Datumsstempel, dass sie bereits 1999 hergestellt wurden - also vor 20 Jahren. Offensichtlich wurden sie noch bei der Restaurierung aufgezogen und durften seither in Würde, aber ohne großartigen Straßenkontakt altern. Für längere Strecken eignen sie sich auf jeden Fall nicht mehr, nicht einmal mehr für eine Fahrt zum TÜV. Aber für eine kurze Probefahrt an diesem Nachmittag werden sie wohl noch taugen. 

Der Startversuch beschert uns allerdings die erste wirkliche Enttäuschung des Tages. Keinen, aber auch wirklich nicht den allerkleinsten Muckser gibt die Electra Glide beim Druck auf das niedliche kleine Starterknöpfen von sich. Die Batterie ist platt - wahrscheinlich ist sie auch schon 20 Jahre alt. Immerhin findet sich in der Garage des Verkäufers ein Starterkabel, sodass wir den Shovelhead-Motor mit der Energie aus der Sprinterbatterie zum Leben erwecken können. Erstaunlich schnell blubbert der geliebte Harley-Sound aus den Auspufftöpfen. Wieder schleichen wir um das Bike und vor allem mein Lieblings-Harley-Schrauber lauscht ganz genau dem mechanischen Getucker, Gerassel und Geklapper aus dem Inneren des Motors. 

Dann lasse ich ihm den Vortritt für die erste Probefahrt. Einmal die Straße rauf und runter lässt er die E-Glide rollen, bevor er mit einem gar nicht so unzufriedenen Gesichtsausdruck absteigt. Jetzt bin ich dran. Die Kupplung verlangt alle Zugkraft meiner linken Hand, der erste Gang lässt sich nur durch einen beherzten Tritt auf den Schalthebel einlegen. Den zweiten Gang bekomme ich trotz aller Mühen und Verrenkungen nicht rein. Die Bremsen reagieren praktisch gar nicht auf die Befehle des Handgriffs und des Fußpedals. Selbst der Gasgriff lässt sich nur mit aller Kraft drehen. Und der Lenker wackelt in meinen Händen wie der vielbesagte Lämmerschwanz. Aber sie rüttelt und schüttelt und tuckert mit mir los. Und meine erste Begeisterung vertieft sich mit jedem Meter, den ich so dahin rolle. 

Zurück auf dem Hof des Verkäufers steigen wir in die Preisverhandlungen ein. Neue Reifen, neue Bremsen, neue Silentblöcke für den Lenker, hier und da ein paar kleinere Lackstellen ausbessern, natürlich alles aufpolieren, vielleicht der eine oder andere Tropfen Schmieröl und Schmierfett, schlimmstenfalls das Getriebe ausbauen und grundüberholen - das bringen wir als Argumente ein. Aber Rückgrat und Herz der E-Glide, ihr Rahmen und der Motor, machen einen grundsoliden Eindruck, sind eine Basis, auf der wir wohl aufbauen können. Und so werden wir uns schnell handelseinig. Das den ganzen Tag lang gut gehütete Bare wechselt den Besitzer, der vorbereitete Vertrag wird unterzeichnet, Schlüssel und Papier werden feierlich übergeben, die Electra Glide wandert in den Sprinter und wird fürsorglich verstaut und verzurrt. Ich bin stolzer Besitzer eine Harley-Davidson Electra Glide mit einem Shovelhead-Motor aus dem Baujahr 1972! Aus einer verrückten Idee ist ganz normaler Wahnsinn geworden. 

Auf der Rückfahrt werfe ich immer wieder einen Blick durch das Sichtfenster zwischen Fahrerkabine und Laderaum des Sprinters auf meine Kapitalanlage. Und spinne mit meinem Lieblings-Harley-Schrauber munter drauf los, was nun mit der E-Glide so alles zu tun wäre. Natürlich: Erste Prio haben natürlich alle Arbeiten, die meinen Oldtimer wieder fahrtüchtig machen. Also neue Reifen - mit Weißwand für den klassischen Oldtimer-Look -, neue Bremsen, neue Lenkerhalterung, neue Batterie. Eine gründliche Inspektion des Motors, des Vergasers, des Getriebes und der Kupplung. Wahrscheinlich der Austausch der einen oder anderen Dichtung. Und ein anderer Sitz. Denn der jetzt verbaute Sitz geht in meinen Augen gar nicht. Auf ein solches Bike gehört ein richtiger Sattel mit Federn! Außerdem brauche ich eine Schaltwippe. Die bin ich von meinem Straßenkönig gewohnt und möchte ich auch auf meinem Oldtimer nicht missen. 

So vergeht die Rückfahrt wie im Fluge mit Träumereien und Pläneschmieden. Die Straßen sind wie schon am Morgen staufrei, der Sprinter rollt zügig zurück in den Chiemgau, wo er pünktlich um Mitternacht vor die Werkstatt meines Lieblings-Harley-Schraubers rollt. Hier wird die Shovel jetzt wohl erst einmal ihr Winterlager haben. Fahren werde ich sie in diesem Jahr nicht mehr, soviel steht fest. Aber davon träumen kann ich.  

Falsche Entscheidung - und trotzdem das reine Vergnügen

Auf meinen wundervollen Motorradwandertag hinein in die Eng und zum Ahornboden folgten ein weiterer, ganz normaler Wandertag im Zillertal und gestern ein völlig verregneter Samstag. Immerhin hatten wir das Glück, eine trockene Stunde für einen längeren Spaziergang mit unserem Hund zu erwischen. Ansonsten gab es Regen, Regen, nichts als Regen. Nicht schlimm, so waren wir eben zum Faulenzen gezwungen. Und konnten in Ruhe die Koffer für die heutige Rückreise packen. 

Weil es heute Morgen zwar noch stark bewölkt ist, der Regen von gestern aber aufgehört hat und die Straßen hier im Zillertal schon wieder trocken sind, entscheide ich mich gegen den direkten Heimweg und für eine Rückfahrt über die wohlbekannte Anreisestrecke. Irgendwo zwischen Achen- und Sylvensteinsee erwischt mich dann allerdings doch leichter Regen. Egal. Regenkombi drüber und weiter geht's. Immerhin: Es gibt keinen Dauerregen, nur immer wieder leichte Schauer. Außerdem sind bei diesem unbeständigen Wetter die Straßen angenehm leer. So kann ich völlig entspannt dahincruisen - auf seine Art auch ein herrliches Vergnügen. 

Bei meiner Ankunft daheim erfahre ich dann allerdings, dass auf der direkten Route, die meine Rockerbraut mit dem Auto genommen hat, kein einziger Tropfen Regen gefallen ist, ja abschnittsweise sogar so etwas wie Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke gelugt haben. Tja, war dann wohl die falsche Entscheidung. Immerhin hatte ich auf meiner doppelt so langen Route aber auch wieder doppelt so viel Spaß!  

Ganz schön weit in der Eng

Nach zwei Wandertagen auf Schusters Rappen in den Zillertaler Bergen und einem Faulenztag bei durchwachsenem Wetter gestern muss ich heute unbedingt noch einmal mit meinem Straßenkönig wandern. Unser Wirt Walter hat mir den Tipp gegeben, in die Eng und zum Ahornboden zu fahren. Dort könnte vielleicht schon der Indian Summer für ein fantastisches Farbenspiel der Bäume sorgen, auch wenn es erst Anfang Oktober ist. 

Obwohl der Wetterbericht gar nicht so toll klang, ist es heute Morgen hier im Zillertal trocken und die Sonne lugt immer wieder zwischen den dahinziehenden Wolken hervor. Es ist nur deutlich frischer als noch am Sonntag bei der Anreise. Aber das soll mich nicht stören, dagegen kann ich mich schließlich schön warm einpacken. Und so tuckert der Straßenkönig alsbald hinauf zum Achensee. Dort oben überraschen mich ziemlich dunkle Wolken und ich denke kurz über eine Planänderung nach. Statt in die Eng könnte ich ja auch wieder mehr Richtung Süden ins Zillertal hinein und zum Gerlospass fahren, wo die Bewölkung deutlich lockerer ist. Aber guten Vorsätzen sollte man treu bleiben! 

Also geht es weiter hinunter zum Sylvensteinsee, nach Vorderriss und von dort hinein ins Risstal. Auf den letzten Metern der gut ausgebauten Bundesstraße nach Vorderriss erwischt mich tatsächlich ein kleiner Schauer. Aber noch bevor ich überhaupt richtig daran denken kann, anzuhalten und die Regenkombi überzuwerfen, ist er auch schon wieder vorbei und die Straße trocken. Die angefeuchteten Klamotten hat der Fahrtwind auch schnell wieder trocken gepustet. 

Die Fahrt hinein in die Eng und zum Ahornboden ist eine echte Offenbarung für mich. Gehört hatte ich ja schon oft von diesem schönen Stückchen Land. Heute kann ich all die Schwärmereien verstehen - auch wenn der Indian Summer gerade erst anfängt und die Farbenpracht sich meistens noch dezent zeigt und nur vereinzelt erahnen lässt, was der Oktober hier noch hervorbringen wird. Ich halte alle 100 Meter an und fotografiere, dass die SD-Karte in der Kamera glüht. Gelbes Laub über grünen Wiesen, vereinzelt schon feuerrote Flecken, darüber ein dramatischer Himmel, über den im rasenden Wechsel weiß-graue Wolken und strahlend-blaue Sonnenstellen fliegen - das sorgt für permanent wechselnde Impressionen ein und derselben Aussicht.  

Am Ende der Straße, an der Eng Alm, lege ich natürlich eine Pause ein und stelle mir am Verkaufsstand eine ordentliche Brotzeit mit Käse, Speck, Wurst und Semmeln zusammen. Lange hält es mich an diesem Touri-Nepp-Ort allerdings nicht. Die Zahl der Busse auf dem Parkplatz, der überlaufende Pkw-Parkbereich und die in kleineren oder größeren Gruppen herumziehenden Feiertagsausflügler - das ist mir zu viel Trubel. Sobald ich meine Stärkung vertilgt habe, nehme ich wieder die Straße unter die Räder und mache mich auf den Heimweg. 

Obwohl ich natürlich dieselbe Strecke wieder zurückfahre, auf der ich auch her gekommen bin, bietet die Landschaft schon wieder immer neue Perspektiven. Und so lege ich jetzt kaum weniger Fotostopps ein als auf dem Weg hinein in den Ahornboden. Erst ab Vorderriss rolle ich ohne weitere Pausen zurück zum Achensee, wo ich noch einem Abstecher nach Pertisau mache, um einen Tee- und Kuchenstopp einzulegen. Allerdings muss ich feststellen, dass ich den Ruf des Ortes nicht mit meinem persönlichen Eindruck unter einen Hut bringen kann. Schön ist es hier nicht, finde ich zumindest. Und ein einladendes Café kann ich auch nicht entdecken. Stattdessen herrscht Touri-Massen-Abfertigung. Da fahre ich doch lieber weiter. 

Meinen Tee und Kuchen genieße ich stattdessen in Maurach auf einer sonnigen Terrasse. Es gibt eine sehr passable, wenn auch hier zwischen Karwendel- und Rofangebirge etwas deplaziert wirkende Schwarzwälder-Kirsch-Torte. So gestärkt geht es dann wieder hinunter ins Inntal und ins Zillertal. Bei meiner Ankunft im Hotel erwartet mich ein großes Hallo. Denn wo außer uns die letzten Tage nur zwei weitere Gästepaare logierten, ist heute eine sicherlich 20 Frau und Mann starke Bikertruppe angekommen, die ihre Jahresabschlusstour unternimmt und für ordentliche Stimmung sorgt.     

Wanderurlaub mit Bike-Einlagen

Als ich zu meinem Spontanwochenende bei Melanie und Walter im Zillertal war, kamen wir durch Zufall darauf zu sprechen, dass sie auch ein Zimmer für Gäste mit Hund haben und dass dieses Zimmer ausgerechnet Ende September/Anfang Oktober frei sei - in der letzten Woche, die das Hotel vor der Herbstpause überhaupt noch auf hat. Und eine der beiden Wochen, in denen auch ich sowieso Urlaub habe. Da wollten wir zwar gar nicht wegfahren, aber meine Rockerbraut und ich waren uns schnell einig, dass wir uns diese Chance nicht entgehen lassen, einen ungeplanten Wanderurlaub mit Hund einzuschieben. Der Wetterbericht für die Woche sagte jedenfalls bestes Wetter voraus, nur einen Regentag zeigte die Vorschau an. So juckte es mir also schon seit ein paar Tagen in den Finger- und Fußspitzen, meinen Straßenkönig mit in den Urlaub zu nehmen. Schließlich waren wir ja wieder in einem anerkannten Bikerhotel. Und mit dem Bike zu fahren wäre ja auch Motorradwandern. 

Tatsächlich strahlt heute Morgen die Sonne vom Himmel als wäre nicht der letzte Sonntag im September, sondern irgendein Sommertag im Juni oder Juli. Fantastisches Bikewetter mit nicht zu heißen Temperaturen. Und so starte ich die Road King, um ins Zillertal zu fahren. Während meine Rockerbraut später mit dem Auto und mit Hund die kürzeste Route nehmen wird - gerade einmal 90 km und damit selbst über Landstraßen in etwa zwei Stunden locker zu bewältigen -, rolle ich über die inzwischen sehr vertraute 5-Seen-Strecke: Walchsee, Thiersee, Schliersee, Tegernsee, Achensee, dann runter ins Inntal und weiter ins Zillertal. 

Wie ich diesen Tag wieder genieße! Das Wetter ist nicht nur angenehm warm und sonnig. Die Luft ist auch absolut klar und bietet ungetrübte Ausblicke auf die wundervollsten Alpenpanoramen mit scheinbar unendlicher Weite und Tiefe. Abends gibt es eine herzliche Begrüßung am Hotel im Zillertal und ein köstliches 3-Gänge-Menü aus Walters Küche - schöner kann ein Wanderurlaub für einen Harley-Fahrer doch eigentlich gar nicht beginnen. 

Der perfekte Sonntag

Nach einer ruhigen Nacht und einem ordentlichen Frühstück verabschiede ich mich schon wieder von Melanie und Walter, meinen lieben Gastgebern. Auf meinem Tagesprogramm steht eine Ziller-Seitental-Erkundungstour. Den Schlegeisspeicher hatte ich selbst schon eingeplant, außerdem einen Abstecher ins Tuxertal. Von Melanie habe ich noch den Tipp bekommen, in den Zillergrund zu fahren. Das sollte für heute reichen. Schließlich muss ich ja auch noch nach Hause fahren. 

Über die Bundesstraße geht es zunächst hinein ins Zillertal, vorbei an Zell am Ziller und Mayrhofen. Dann fahre ich über die Schluchtenstraße und weiter die Mautstraße hinauf zum Schlegeisspeicher. Eine herrliche Strecke, von der ich jeden Meter bis zum letzten Parkplatz am Ende der Straße genieße. Angesichts meines Tagesprogramms mache ich hier oben nur ein paar Fotos von meinem Straßenkönig vor der tollen Berg- und Stausee-Kulisse, stärke mich mit einer kleinen Erfrischung und brumme alsbald schon wieder zurück ins Tal - mit genauso viel Spaß wie bei der Auffahrt. 

Dort, wo die Zufahrtsstraße vom Schlegeisspeicher wieder in den Talgrund des Zillertals mündet, zweigt sogleich auch die Straße ins Tuxer Tal und nach Hintertux ab. Dann wollen wir mal schauen, was in diesem Wintersportort im Spätsommer los ist. Wo im Winter der Skizirkus tobt, ist jetzt tote Hose. Leider ist auch die Straße hinauf nach Hintertux kein wirkliches Highlight - immerhin habe ich das jetzt einmal gesehen. Also wieder runter ins Zillertal und rein in den Zillergrund. 

Schon nach den ersten Metern auf der kleinen Mautstraße fange ich an, mich zu verlieben. Das ist mal ein Tipp für Biker! Nichts für Raser, Kurvensüchtige und Fußrastenschleifer. Aber für Genießer, die ein kleines, sich sanft durch das Tal und eine wundervolle Berg- und Almlandschaft schwingendes Sträßchen zu schätzen wissen. Ich fahre die Strecke bis zum Ende des öffentlichen Wegs unterhalb der Staumauer und freue mich über jeden Meter, den mein Straßenkönig und ich hier entlang tuckern dürfen. Leider ist es hier oben brechend voll - kein Wunder bei diesem Wetter! Also drehe ich um und fahre ein stückweit zurück. Dort hatte ich schon auf dem Hinweg ein Gasthaus gesehen, das einen einladenden Eindruck gemacht hatte und bei dem es auch nicht so hoch her geht wie am Ende der Mautstraße. 

Von einem Ohr bis zum anderen grinsend stelle ich den Straßenkönig auf dem Parkplatz ab und finde ein sonniges Plätzchen auf der Terrasse mit begeisterndem Bergblick. Eine kleine Gruppe älterer Damen und Herren spielt traditionelle Zillertaler Volksmusik. Das ist eigentlich nicht so mein Ding, aber so liebevoll handgemacht ist sie hier und heute der richtige Soundtrack für einen perfekten Tag - ganz im Gegenteil zur Bierzelt-Rammtata-Musik auf der Zillertaler Höhenstraße vor etwa einem Monat, vor der meine Rockerbraut und ich die Flucht angetreten hatten. Ein ordentliches Schnitzel rundet die Pause ab - obwohl es eher Zeit für ein Stück Kuchen als für eine warme Mahlzeit wäre. 

Nach dieser Stärkung ist dann auch schon keine Zeit mehr für große Sondertouren. Also starte ich den Straßenkönig und trete den Heimweg an. Das Navi führt mich dazu über kurvenreiche Nebensträßchen aus dem Zillertal hinaus und im Inntal immer wieder von der belebten Bundesstraße weg in leichter Hanghöhe mit wundervollen Aussichten auf den Inn und den Wilden Kaiser bis nach Kufstein. Ab da habe ich sozusagen heimatlichen Asphalt unter den Pneus und rolle entspannt und zufrieden bis in die heimische Garage. Das war ein beinahe perfekter Sonntag, nur noch zu toppen wäre er durch die Begleitung meiner Rockerbraut gewesen. 

On the road again

Samstagmorgen. Für meine Verhältnisse bin ich früh aufgestanden und freue mich über die Sonne, die von einem makellos blauen Himmel strahlt und die Wettervorhersage eindrucksvoll bestätigt. Also werde ich meine gestrige spontane Putzidee in die Tat umsetzen und auf einen kleinen Zweitages-Trip starten. Die Tasche mit den wenigen Klamotten dafür ist schnell gepackt. Dann greife ich zum Telefon und rufe im Zillertal an. Das ist das kleinere der beiden Hotels, die ich für meine Übernachtung ins Auge gefasst habe. Wenn dort also nichts frei sein sollte, wäre meine Chance im Salzkammergut wesentlich höher, ein Zimmer zu bekommen. 

Nachdem das Telefon drei-, viermal geklingelt hat, meldet sich die Wirtin Melanie. Zu meiner großen Überraschung erinnert sie sich an uns, obwohl wir vor gut einem Monat nur eine Nacht zu Gast waren. Ich frage sie nach einem Zimmer und habe tatsächlich Glück: Das einzige Einzelzimmer des Hauses ist noch frei, ich kann es gerne für die Nacht haben. Also kündige ich mich für den Abend zwischen 18 und 19 Uhr an - pünktlich zum Abendessen. Dann geht es ab in die Bikerklamotten, rauf auf den Straßenkönig und der gestern Abend noch geplanten Tour hinterher. 

Die erste Hälfte der Route kenne ich nur zu gut: Rauf nach Kössen, weiter am Walchsee vorbei, dann nach Kufstein und zum Thiersee. Von dort nach Bayerisch Zell, zum Schliersee, zum Tegernsee, weiter Richtung Wildbad Kreuth. Kurz vor dem Sylvensteinsee lege ich im Biergarten eines Gasthauses am Straßenrand eine Pause ein, um mich mit zwei, drei Gläsern Spezi zu erfrischen und mit einem leckeren Kaiserschmarrn zu stärken. Was für ein herrlicher Tag, den ich da genießen darf!

Bis hierher konnte ich das Navi beruhigt ausgeschaltet lassen. Seit Faak spinnt nämlich die Stromversorgung ein wenig. Irgendein Wackelkontakt unterbricht sie immer wieder, weshalb ich mir den Stromvorrat im Navi-Akku sicherheitshalber für das nun folgende, unbekannte Stück der Strecke aufgespart habe. Denn ab dem Sylvensteinsee fahre ich nicht die direktere Strecke hoch zum Achensee und dann weiter ins Zillertal. Stattdessen zweige ich ab nach Vorderriss und folge dann dem kleinen Mautsträßchen entlang der Isar nach Wallgau. 

Was für eine tolle Strecke, was für eine faszinierende Landschaft, die ich hier entdecken darf. Die Isar hat ein beeindruckendes Flussbett ins Tal gegraben, das die Kraft und Macht des jetzt dahindümpelnden Flüsschens zu anderen Zeiten immer wieder erahnen lässt. Und sie gibt dem Sträßchen einen schönen, harleyfreundlichen Schwung, in den ich mich mit meinem Straßenkönig hineingroove. Leider ist dieses Vergnügen schon nach gut zehn Kilometern wieder vorbei. Bei Wallgau schwenke ich auf die Bundesstraße Richtung Mittenwald, Seefeld und weiter nach Innsbruck ein. 

Bikervergnügen nach meinem Verständnis kommt dann erst hinter Innsbruck wieder auf. Denn mein Navi führt mich immer wieder raus aus dem verkehrsreichen Inntal und auf kleine Nebensträßchen am Südhang. Manche davon würde ich am liebsten gleich noch einmal fahren, wegen der tollen Aussichten würde ich außerdem gerne alle 100 Meter anhalten und ein Foto machen. Aber die Uhr tickt unerbittlich. Schließlich ist es schon Mitte September und abends ist es nicht mehr unendlich lange hell. Außerdem macht sich in meinem Bauch trotz des Mittagessens eine gewisse Leere bemerkbar, die es mit dem leckeren Abendessen von Walter im Hotel zu füllen gilt. Also gebe ich Gas, ignoriere die Anweisungen des Navis für weitere Abstecher abseits der Hauptstraße und bleibe für die letzten Kilometer auf der Bundesstraße im Inntal, bevor ich zum Hotel ins Zillertal abbiege. 

Nach 300 Kilometern und sechseinhalb Stunden Fahrt lande ich glücklich und zufrieden im Hotel. Der Straßenkönig ist schnell in der Garage verstaut, das kleine Reisegepäck auf's Zimmer gebracht, der Fahrer frisch gemacht. Jetzt heißt es, den Abend noch ein klein wenig genießen. Das fällt angesichts des 3-Gänge-Menüs und des anschließenden Bierchens auf der Hotelterrasse an diesem lauen Abend nicht schwer.  

Beim Putzen kommen die verrücktesten Ideen

Fast eine Woche mussten der Straßenkönig und die Sporty dreckig in der Garage auf ein bisschen Liebe, Pflege und Zuneigung warten. Die Arbeitswoche nach der Rückkehr aus Faak war einfach zu hektisch und chaotisch mit viel zu langen Arbeitstagen im Büro, um abends einmal Zeit für die Bikepflege zu finden. Also putze ich jetzt am Freitagnachmittag bei bestem Wetter so vor mich hin und spinne dabei einen ziemich verrückten Plan aus: Für das Wochenende ist allerfeinstes Spätsommerwetter vorhergesagt. Warum also nicht noch einmal los düsen und die Freiheit auf zwei Rädern in vollen Zügen genießen? Der nächste Winter ohne dieses Vergnügen kommt bestimmt und ist sowieso nicht mehr allzu weit entfernt - in gut sechs Wochen ist die auf den Saisonkennzeichen vermerkte Zeit für dieses Jahr schon wieder vorbei. 

Meine Rockerbraut gibt grünes Licht für diese spontane Idee, mitfahren kann sie leider nicht. Unser Hund hat die vor unserem Faak-Trip notwendige Operation wohl doch nicht so gut überstanden, wie wir zunächst dachten. Für ein Wochenende beim Hundesitter ist sie nicht fit genug, sie braucht vielmehr Frauchens liebevolle Rundumbetreuung. 

Bleibt mir also noch die Planung der Route. Wo könnte es hin gehen? Zwei Ziele kristallisieren sich sehr schnell bei meinen Putzträumereien heraus und werden im Laufe des Abends am Rechner zu Touren ausgearbeitet: Entweder geht es ins Salzkammergut mit einer Übernachtung in dem tollen Hotel, in dem wir im vergangenen Jahr das Literaturwochenende zum 50ten meiner Rockerbraut verbracht haben, oder ins Zillertal in das nette Biker-Hotel, in dem wir bei unserer August-Tour übernachtet hatten. Das entscheidet sich morgen. Dann werde ich nämlich erst endgültig entscheiden, ob ich überhaupt fahre, und mich um das Zimmer kümmern. 

Tschüss, bis nächstes Jahr 

Nun ist er also schon wieder vorbei, unser Jahres-Power-Urlaub bei der Bike Week am Faaker See und in Kärnten. Straßenkönig und Sporty sind bepackt und beladen für die Rückreise, meine Rockerbraut und ich sind dick eingemummelt in unsere wenig harley-coolen, dafür aber umso wärmeren und praktischeren Tourenfunktionsklamotten. Gestern Abend kursierte immerhin eine Wettervorhersage, dass es heute bis auf 1400 m herunter schneien könnte. 

Es ist in der Tat ziemlich frisch heute Morgen. Und die dunklen Wolken am Himmel versprechen irgendwann im Laufe des Tages zumindest Regen. Da kann es also nicht schaden, von vorneherein wetterfest zu starten. Und schaden wird es auch nicht, über die Autobahn zu fahren, da sind meine Rockerbraut und ich uns ebenfalls einig. 

Bevor wir aber auf die Autobahn gehen, wollen wir noch einmal tanken. Und so ganz können wir uns auch noch nicht vom Faaker See trennen. Deshalb fahren wir tatsächlich noch eine Runde um denselben und machen das, was ich seit unserem ersten Besuch schon immer mal vorhatte: An der Tankstelle in Faak, die während der Bike Week immer total belagert ist, tanken. Heute morgen ist dort schon Ruhe eingekehrt, vom Chaos der vergangenen Tage ist kaum noch etwas zu sehen. Nur wenige verschlafene Gestalten tun es uns gleich und füllen noch einmal die Tanks für die Heimreise. Zahlreicher sind fast die Kaffeetrinker. 

Frisch betankt rollen wir also auf die Autobahn Richtung Salzburg und fahren tatsächlich fast staufrei und vor allem trocken bis kurz vor Salzburg. Hier haben die Wettergötter allerdings kein Verständnis mehr für uns und schütten vom Himmel, was sie aus den Wolken herauspressen können. Die letzten 40 km unserer Heimfahrt werden eine ordentliche Wasserschlacht. Immerhin: Unsere Klamotten, Schuhe und Handschuhe halten alle Goretex-Versprechen. Außen sind wir klatschnass, innen trocken, warm und glücklich. 

Durch die schnelle Route über die Autobahn sind wir zwar schon mittags wieder daheim im Chiemgau. Für einen entspannten Schlechtwetternachmittag auf der Couch gibt es allerdings viel zu viel zu tun. Trockenlegungs- und Reinigungsmaßnahmen genießen absolute Priorität. Vom vorurlaublichen Aufräumen in unserem Häuschen ist bald nicht mehr viel zu sehen. Überall hängen oder stehen nasse Klamotten sowie Schuhe, Koffer, Gepäckrollen und Taschen herum, darunter liegen Handtücher und stehen Schüsseln, um das heraustropfende Wasser aufzufangen. Für den nächsten freien, trockenen Tag steht auch schon Arbeit in der Garage: Straßenkönig und Sporty sind zwar trockengelegt, dürften aber eine ordentliche Wäsche durchaus vertragen. 

Schade Parade 

Leider dehnt sich der Regen auch auf den Samstag der diesjährigen Bike Week aus. Weil wir keine Lust haben, irgendwo am Straßenrand durchzuweichen und dann morgen in noch nicht ganz getrockneten Klamotten die Heimfahrt anzutreten, lassen wir die Parade schweren Herzens ausfallen. Den Tag vertreiben wir uns wieder in Faak und Arneitz. Hier gibt es ja schließlich mehr als genug zu sehen und zu erleben. 

Das Abendessen verlegen wir allerdings dieses Mal nach Drobollach. Denn ohne das leckere Cordon Bleu genossen zu haben, das mir vom letzten Jahr noch allzu gut in Erinnerung geblieben ist, möchte ich auch dieses Jahr nicht abreisen. Und zu unserer großen Freude gibt es nach dem leckeren Essen auch noch einen weiteren krönenden Abschluss für unserer Bike Week 2019: Eine wirklich ausgezeichnete Queen-Revival-Band spielt in Arneitz, zu der wir mächtig abfeiern. 

Kein biken, nur feiern 

So herrlich der gestrige Tag war, so durchwachsen präsentiert sich der heutige Freitag. Regen ist vorhergesagt, die dunklen Wolken über den Bergen lassen keinen Zweifel am Wahrheitsgehalt der Prognose. Aber was soll's? Ich hatte diese Woche schon so wundervolle Touren, da kann ein Tag als Busfahrer und Fußgänger auch nicht schaden. Also erobern wir heute das Harley Village in Faak und das Village in Arneitz schon tagsüber. Da können wir wenigstens bei Regen immer wieder in eines der Zelte flüchten. Die Caterer und Händler dürfen sich freuen. Denn wir schlagen sowohl beim Essen also auch bei der Schnäppchenjagd ordentlich zu. 

Zweimal gucken und staunen 

Strahlender Sonnenschein begrüßt uns heute Morgen, also nichts wie rauf auf die Maschinen! Der Tagesplan hat zwei Positionen: Erstens einen Abstecher auf die Villacher Alpenstraße mit anschließender Runde durchs Gailtail zum Weißensee, nach Spittal und durchs Drautal zurück an den Faaker See; zweitens einen nachmittäglichen Abstecher auf die Taborhöhe oberhalb des Faaker Sees, zu dem wir uns mit Freunden verabredet haben. Aber zu erst müssen der Straßenkönig und die Sporty wieder vollgetankt werden. Und dabei gibt es gleich auch das erste Highlight des Tages, einen wahren Seelenstreichler für mich. 

Während ich nämlich so neben meiner Road King stehe, den Zapfhahn in die Tanköffnung halte und dem in den Tank plätschernden Sprit lausche, eilt ein Schweizer Harley-Fahrer von seiner Zapfsäule herbei und ist total begeistert von meinem Luftfilter. Wo ich den her hätte und ob er ihn fotografieren dürfe? Na klar, antworte ich mit stolz geschwellter Brust und beobachte den netten Eidgenossen, wie er sein Smartphone zückt und fleißig Fotos macht. So habe ich mir das mit dem neuen Luftfilter zwar in meinen kühnsten Träumen vorgestellt. Wirklich daran geglaubt, dass so etwas passieren könnte, hatte ich allerdings nicht - bis jetzt. 

Kurz bevor ich völlig in diesem Tagtraum versinke, weckt mich das laute Klacken der automatischen Abschaltung der Zapfpistole auf. Der Tank ist voll, der Schweizer hat seine Fotos im Kasten, ich habe ihm noch einmal Namen und Webadresse des Herstellers genannt - für uns geht es weiter auf die Villacher Alpenstraße. Sofort nach der Mautstation weiß diese wunderbar ausgebaute Bergstrecke zu begeistern. Nachdem wir die ersten Aussichtspunkte ausgelassen haben, um erst einmal den Fahrspaß zu genießen, halten wir am Julierblick an und genießen die Sicht Richtung Süden gen Slowenien und Italien sowie hinunter ins Gailtal. Dann fahren wir weiter bis zum Ende der Strecke, dem Parkplatz Rosstratte gleich unterhalb des Dobratsch, des Villacher Hausbergs. 

Hier oben auf über 1700 Metern sind wir nicht die ersten Harley-Fahrer und Bike Week-Besucher. Der Parkplatz ist wohl gefüllt mit in der Sonne glänzenden Bikes aus aller Herren Länder. Im Biergarten des Gasthauses schwitzen deren Fahrerinnen und Fahrer in der Spätsommerhitze. Wir entschließen uns, erst einmal eine kleine Wanderung zum Aussichtsplatz zu unternehmen. Was für ein toller Rundumblick sich uns von hier oben bietet! Wir können uns gar nicht satt sehen an Bergen, Tälern, Hügeln und Seen, an blauem Himmel und ein paar weißen Wölkchen. Ach, hätten wir doch alle Zeit der Welt und immer dieses fantastische Wetter, um all diese wundervollen Sträßchen, die sich dort überall erahnen lassen oder gut verstecken, zu erkunden!

Unser Durst reißt uns alsbald aus unseren Träumen. Wir gehen wieder zurück zum Gasthaus am Parkplatz und finden dort mit etwas Glück sogar noch zwei freie Plätzchen unter einem schattigen Sonnenschirm. Lange bleiben können wir allerdings nicht. Denn unsere Verabredung für heute Nachmittag steht dem entgegen - und unsere Tagträumereien auf der bisherigen Fahrt hier herauf. Wir schütten also recht zügig unsere Erfrischungsgetränke die trockenen Kehlen herunter und brechen auf für die Rückfahrt nach Drobollach. Weil wir schon so viel Zeit verplempert haben, müssen wir nämlich die weitere Runde zum Weißensee und nach Spittal abblasen. Dafür legen wir bei der Abfahrt über die Villacher Alpenstraße lieber noch den einen oder anderen Stopp ein und genießen die sich bietenden, abwechslungsreichen Aussichten. Nie hätten wir gedacht, dass diese doch eher recht kurze Straße uns so begeistern würde. 

Zurück in Drobollach werden wir schon für unseren Kurztrip auf die Taborhöhe erwartet. Wir machen uns nur kurz frisch, dann geht es wieder los. Zusammen mit ungezählten Milwaukee-Eisen rollen wir auf der Einbahn-Rund-um-den-Faaker-See-Straße bis Faak, stauen uns dann durch bis Arneitz, um kurz hinter Arneitz rechts und gleich wieder links abzubiegen auf die Zufahrt zur Taborhöhe. 

Hätte ich geahnt, was für ein grausiges Sträßlein - oder besser gesagt Feld- und Waldweg - uns hier erwartet, dann hätte ich diesen Ausflug wohl abgesagt. Die Auffahrt ist in einem völlig maroden Zustand: Schlaglöcher, Schotter und Geröll, von Wurzeln aufgeworfener Asphalt, das alles abwechselnd oder auch zusammen mitten in sehr engen Kehren - kein gutes Revier für einen Straßenkönig und seinen nicht besonders wagemutigen Fahrer. 

Immerhin: Zum zweiten Mal an diesem Tag können wir einfach nur gucken und staunen. Der Ausblick auf den Faaker See, das heraufschallende Gedonner der um den See defilierenden Harleys und ein Stück Kuchen entschädigen für den - zumindest aus meiner Sicht - halsbrecherischen Ritt hier herauf. Die nachfolgende Abfahrt allerdings bringt mich an den Rand meines Motorradkönnens, offenbart all mein fahrerisches Unvermögen und sorgt für ordentlichen Frust am Rest des Tages. Spätestens als die Reifen meines Straßenkönigs in einer der beschotterten und verschlaglochten engen Kehren den Halt verlieren und die Fuhre ins Rutschen kommt, rutscht auch mir das Herz in die Hose. 

Wie ich meinen Straßenkönig wieder gefangen und einen Sturz verhindert habe, weiß ich nicht. Nur, dass ich irgendwie wieder auf eine vernünftige Straße und in die Ferienwohnung gekommen bin. Und dass ich den Frustritt nach diesem herrlichen Tag am Abend auf der Bike Week weggefeiert habe. 

Treffen mit Wartezeit 

Heute kommt die Rockerbraut. Sie wird über die Tauernautobahn fahren, weil sie sich eine Landstraßentour ohne Navi nicht zutraut. Das kann ich nur zu gut verstehen. Gut, dass ich im Vorfeld für alle Unwägbarkeiten unseres Faak-Urlaubs 10-Tages-Vignetten für den Straßenkönig und die Sporty gebucht habe. Und gut, dass es inzwischen die digitale Vignette gibt! Die erspart nämlich die unseelige Herumkleberei und Vignetten-Abfriemelei früherer Tage. Aber dieses kleine Lob an die Asfinag nur ganz am Rande. Meine Rockerbraut und ich haben auf jeden Fall vereinbart, dass wir uns kurz vor Villach auf einem Parkplatz an der Autobahn treffen und dann gemeinsam das letzte Stück nach Drobollach fahren. 

Dummerweise komme ich auf die verrückte Idee, mir die Zeit bis zum Eintreffen der Rockerbraut mit einer kleinen Tour ins Maltatal und zum dortigen Stausee zu versüßen. Dann könnte ich nämlich für die Rückfahrt in Gmünd auf die Autobahn fahren, schon hier mit etwas Glück meine Rockerbraut abpassen oder zumindest schnell zum vereinbarten Treffpunkt donnern. Zeitlich, das haben gestern noch ein paar spätnächtliche Checks im Internet ergeben, müsste dieser Plan aufgehen, wenn wir beide zeitgleich starten - meine Rockerbraut daheim, ich an der Ferienwohnung in Drobollach. 

Meine Planung löst sich schon beim Start am Morgen in heiße Luft auf. Ich starte nämlich mit einer halben Stunde Verspätung auf meine Rockerbraut. Deshalb nehme ich auch nicht die vorgeplante Route mit ein paar netten Zusatzschleifen, sondern fahre den direkteren und schnelleren Weg über die Bundesstraße, um Zeit zu sparen. Den kurzen Gedanken, die Autobahn zu nehmen, verwerfe ich allerdings sehr schnell. Ein Minimum an Fahrspaß muss dann doch sein. So geht es also zügig bis Spital und dann nach Gmünd bis zum Abzweig hinein ins Maltatal. Offensichtlich bin ich nicht der einzige Harley-Fahrer, der in dieser Richtung unterwegs ist. Die Straße ist wohlgefüllt mit Milwaukee-Twins aller Art. Und auch in der Gegenrichtung ist einiges los. Genauso offensichtlich ist heute nicht nur meine Rockerbraut noch auf dem Weg nach Faak. So hat auch die Grußhand ordentlich zu tun. 

Erst im Maltatal wird es etwas ruhiger und ich genieße schon die ersten Kilometer vor der Mautstation. Was danach kommt, wird eines der Highlights dieser Woche und ist jeden Euro der zu zahlenden Maut wert. Kurve um Kurve, Kehre um Kehre, Tunnel um Tunnel treibe ich meine Road King dem Talende und dem Stausee entgegen. Was für ein Glück, dass ich mit den alternativen Reifen unterwegs bin und dank des neuen Luftfilters den satten Durchzug des großvolumigen Motors unter mir in jeder Lage voll und ganz nutzen kann. Wenn nur diese Wechselampelschaltungen an den einspurigen Streckenabschnitten nicht wären! Die koste ich nämlich ebenso großzügig aus wie die wundervolle Straße - und verliere weitere kostbare Zeit, wie ich bei meiner Rast oben am Stauseeparkplatz feststellen muss. Dort erreicht mich nämlich der Anruf meiner Rockerbraut: "Du, bei mir läuft's super! Ich bin schon an der Raststation Eisentratten. Ich hol mir noch schnell was zu trinken und fahr dann weiter. In einer guten halben, dreiviertel Stunde bin ich am Treffpunkt, wenn es so weitergeht." 

Der geplante Stopp am Stausee fällt damit kürzer aus als geplant. Nichts wie rauf auf den Straßenkönig und ab zum vereinbarten Parkplatz an der Tauernautobahn. Denn eine halbe, dreiviertel Stunde werde ich alleine zurück bis nach Gmünd brauchen. Plus das Stück Autobahn, dass ich dann noch hinter mich bringen muss. 

Bei der Abfahrt vom Stausee ärgern mich dann wieder die Wechselampeln, an denen ich die volle Wartezeit auskosten darf. Und nach der Mautstation dümpelt dann auch noch ein Reisebus vor mir her - keine Chance, den hier zu überholen. Immerhin hat der Fahrer nach ein paar Kilometern Mitleid mit dem hinter ihm her zuckelnden Tross und fährt an einem Parkplatz ran, um die Horde zunehmend nervöser werdender Autofahrer und Biker vorbeizulassen. 

Als ich endlich bei meiner Rockerbraut ankomme, wartet sie schon gut eineinhalb Stunden auf mich. Immerhin gibt es auf dem Parkplatz Toiletten und einen Getränkeautomaten sowie einen Trinkwasserbrunnen - und glücklicherweise hatte sie ein spannendes Buch dabei. So fällt die Begrüßung doch noch wesentlich herzlicher aus, als ich befürchtet hatte. Die Freude über die bevorstehenden Tage rund um den Faaker See überwiegt schlicht und einfach den Ärger über meine missratene Zeitplanung. Und für einen tollen Partyabend im Harley-Village und in Arneitz ist es schließlich immer noch früh genug. Dort entschuldige ich mich dann auch beim Shoppen mit dem einen oder anderen kleinen Harley-Accessoire. 

Gigantische Runde

Schon im Vorfeld des Faak-Urlaubs habe ich fleißig Routen und Touren herausgesucht und nach meinen Wünschen und Bedürfnissen umgeplant. Eine davon habe ich auf dem Tourenportal Kärnten gefunden und für mein Navi aufbereitet: "Mittelkärnten und Gurktaler Alpen". Die gut 300 Kilometer lange Runde ist genau das Richtige für diesen herrlich sonnigen Tag! 

Um halb elf, einer zumindest im Urlaub für meine Verhältnisse frühmorgendlichen Stunde, starte ich den Straßenkönig und folge den Anweisungen meines Navis. Die führen mich zunächst auf wohlbekanntes Terrain: vorbei an Arriach nach Himmelberg und dann weiter nach Feldkirchen. So weit, so gut. Die Aufräumarbeiten auf dieser Strecke sind schon deutlich fortgeschritten, nur die einseitige Straßenführung wird wohl noch ein paar Tage oder sogar Wochen bleiben, bis die weggespülte Straße wieder aufgebaut ist. 

Ab Feldkirchen betrete ich dann für mich tourentechnisches Neuland. Und entdecke sensationell schöne Sträßchen. So geht es von Feldkirchen Richtung Steuerberg und dann vorbei am Goggausee. Doch irgendwo auf der weiteren Strecke nach Weitensfels im Gurktal ist plötzlich Schluss. Quer vor mir steht eine Warnbake mit dem Hinweis, dass die Straße ab hier wegen Unwetterschäden gesperrt ist. Das wäre ja halb so wild, wenn auch jemand eine Umleitung ausgeschildert hätte! Die haben sich die österreichischen Straßenbauer aber gespart. 

Und auch mein Navi lässt mich hier im Stich. Es will partout immer wieder auf die programmierte Route zurück und berechnet keine Alternative. Also wende ich, ignoriere die Anzeigen des Gerätes, das mir eigentlich den Weg weisen soll, und suche auf eigene Faust eine Umfahrung für die Sperrung. Nach zwei Abstechern, die mich in Sackgassen führen, finde ich mich damit ab, dass ich wohl wieder auf derselben Strecke Richtung Feldkirchen zurückfahren muss, auf der ich hierher gekommen bin, um mich dann von dort nach St. Veit an der Glan vorzukämpfen, den nächsten größeren Ort auf meiner geplanten Tour. 

Während ich so dahin tuckere, taucht plötzlich ein Wegweiser nach St. Veit auf. Links ab geht ein kleines Sträßchen. Warum nicht? Kleine Sträßchen sind doch klasse! Allerdings wird aus dem kleinen Sträßchen alsbald eine üble Schlaglochstrecke, bevor es sich wenig später in eine reine Schotterpiste verwandelt. Da es keinerlei "Durchfahrt verboten"-Schilder oder sonstigen Sperren und Warnschilder gibt und das Navi mich zwar immer noch wenden lassen möchte, aber auch eine kleine Straße anzeigt, auf der ich mich wohl gerade fortbewege, erprobe ich die Off-Road-Fähigkeiten meines Straßenkönigs und fahre tapfer weiter. Die Steinchen scheppern und klingeln zwar in den Radkästen, aber irgendwie ist es auch lustig, hier mit einer Off-Road King unterwegs zu sein. 

Irgendwann sehe ich in einiger Entfernung vor mir das Ende des Weges - versperrt von einer Schranke und jeder Menge gefällter oder umgestürzter Bäume dahinter. Sollte ich wieder in eine Sackgasse geraten sein und nun doch wieder die ganze Strecke zurück müssen? Langsam rolle ich auf die Barriere zu und erkenne, dass kurz vorher rechts ein weiterer kleiner Schotterweg den Berg hinauf führt - mit tief ausgefahrenen Spurrinnen, ziemlich steil und dazu noch mit reichlich Laub bestreut. Da rauf fahre ich nur, wenn es wirklich der Ausweg aus diesem Dilemma ist! 

Glücklicherweise trabt plötzlich eine Joggerin heran. Woher sie kommt, ist mir zwar ein völliges Rätsel, aber darüber mache ich mir jetzt keine Gedanken. Mich interessiert nur, dass ich jemanden nach dem weiteren Weg fragen kann. In der Tat bestätigt sie mir, dass der direkte Weg nach St. Veit eigentlich geradeaus führen würde, er aber wegen des Unwetters seit gestern gesperrt ist. Ich könne aber auch den Weg rechts den Berg hinauf fahren und käme dann oben wieder auf eine befestigte Straße, die mich auch an mein Zwischenziel führen würde. Allerdings wäre das erste Stück des Wegs schon noch ziemlich schlecht. Schlecht hin oder her - wer bremst verliert, wer umdreht auch. Also weiter! Schlimmer als die bisherige Schotterpiste kann es kaum werden. Vor allem, wenn nur noch ein kurzes Stück schlecht sein soll. 

Es ist nur ein kurzes Stück - und es ist schlimm, zumindest mit meinem Straßenkönig. Der Weg ist verdammt steil, Schotter und Laub machen ihn dazu auch noch sehr rutschig, und es gilt drei oder vier sehr enge, abschüssige Kehren zu bewältigen. Aber dann ist es geschafft, es tauchen ein paar Häuser auf, dazwischen führt eine kleine, aber asphaltierte Straße hindurch und es gibt sogar einen Wegweiser nach St. Veit. Auch wenn ich im Augenblick etwas angefressen bin: Diese Tour gibt auf jeden Fall eine nette Geschichte ab, die ich zukünftig immer wieder zum Besten geben und in des Straßenkönigs Tagebuch verewigen kann. 

In St. Veit an der Glan finden mein Navi und ich wieder auf die geplante Route zurück. Weiter geht's zur Burg Hochosterwitz, vor deren beeindruckender Kulisse ich eine kurze Pause einlege und ein paar Fotos von meinem Straßenkönig vor dem hochaufragenden Burgfelsen schieße. Es folgen ein paar Kilometer eher langweiliger Bundesstraße nach Brück und dann in Richtung Süden, auf denen ich immerhin ein bisschen Strecke machen und etwas von der verlorenen Zeit aufholen kann. Glücklicherweise führt mich das Navi ein gutes Stück vor Völkermarkt wieder weg von der Bundes- auf eine kleine Nebenstraße und in einer großen Schleife über Diex wieder zurück nach Brück. Was für eine wunderschöne Strecke! Immer wieder tuckere ich knapp über Schrittgeschwindigkeit, um die Aussicht zu genießen. Dann folgen schwungvolle Kurven wie gemacht für meinen Straßenkönig und mich. 

Wieder in Brück geht es nun über die Bundesstraße nach Norden - landschaftlich sehr schön, aber eben Bundesstraße. Doch der nächste Abzweig kommt bestimmt. Und so geht es auch bald links weg Richtung Osten nach Althofen und dann weiter nach Straßburg im Gurktal. Zwischendurch gibt es an einer Tankstelle noch eine Stärkung für Ross und Reiter: ein paar Liter Superbenzin für die Road King und eine sehr respektable Leberkässemmel nebst Softdrink für mich. Ob der nette Tankwart mir die Strapazen des bisherigen Tages angesehen hat? Beim Abschneiden der Scheibe Leberkäs hat er jedenfalls ordentlich Maß genommen, fingerdick ist glatt untertrieben!

In Straßburg verpasse ich beinahe die Abfahrt auf die Straße, die mich nach Metnitz und Flattnitz führen soll. Ziemlich versteckt zweigt sie rechts von der Ortsdurchfahrt ab, unmittelbar nach einem größeren Gebäudekomplex. Sie ist nicht weiter beschildert und so klein, dass ich meinem Navi beinahe nicht geglaubt hätte, dass es hier lang gehen soll. Das wäre allerdings ein fataler Fehler gewesen. Denn wieder erweist sich die Empfehlung des Kärntner Tourenportals als absolut gelungen. Straßenführung und Aussichten lassen keinen Bikerwunsch offen. 

Von Flattnitz aus unternehme ich noch einen kleinen Abstecher hinüber in die hier an Kärnten angrenzende Steiermark und durchs Murtal, um dann alsbald zur Turracher Höhe hinauf zu fahren, die mir aus dem letzten Jahr von der herrlichen Heimfahrt noch in bester Erinnerung ist. Und auch jetzt weiß sie wieder zu begeistern. Auf- und anschließende Abfahrt genieße ich in vollen Zügen und Kurvenschwüngen, ebenso die restliche Strecke zurück an den Faaker See über Bad Kleinkirchheim, Radentheim, Afritz und Treffen am Ossiacher See. 

Müde und ziemlich verschwitzt, aber überglücklich steige ich nach mehr als sieben Stunden und - bedingt durch die vielen Irrungen und Wirrungen - über 350 Kilometern Fahrstrecke von meinem Straßenkönig. Jetzt muss ich diesen grandiosen Tag nur noch gebührend feiern. Deshalb geht es nach einer erfrischenden Dusche noch auf die heute eröffnete Bike Week, um die eine oder andere Kleinigkeit zu essen, das eine oder andere Schlückchen zu trinken und natürlich auch den einen oder anderen Hauch Festivalatmosphäre zu inhalieren. Spät am Abend gibt es dann auch noch zur Krönung des Tages den erfreulichen Anruf meiner Rockerbraut: Unserem Hund geht es nach seiner Operation inzwischen so gut, dass sie ihn beruhigt zum Hundesitter geben kann. Morgen schwingt sie sich also auf ihre Sportster und knattert zu mir an den Faaker See. 

Glaube nie dem Wetterbericht

Alle Wettervorhersagen haben für den heutigen Montag den schlechtesten Tag der Bike Week-Woche angedroht, mit Dauerregen und Gewitter und womöglich noch Schlimmerem. Na, wenn das so ist, dann wird der Rest der Woche ja sensationell! Beim zugegebenermaßen späten Aufstehen ist es zwar bewölkt, aber Regenwolken sind nur in der Ferne zu erahnen. Also erst einmal ab unter die Dusche und dann auf zum Drobollacher Supermarkt. Schließlich ist der Kühlschrank in der Ferienwohnung noch gähnend leer. 

Schon beim kurzen Fußweg zum notwendigen Einkauf drückt sich hin und wieder ein Sonnenstrahl durch die Wolkendecke. Und während ich wenig später mein Frühstück auf dem Balkon mit Seeblick genieße, reift angesichts des immer weiter aufklarenden Himmels in mir der Entschluss, heute noch eine kleine Runde unter die Räder zu nehmen. So starte ich kurz vor Mittag erst einmal nach Villach und dann weiter Richtung Millstätter See. Denn dort zeigt sich das meiste Blau am Himmel. In Afritz lege ich einen kurzen Tankstopp ein und entscheide mich für einen Richtungswechsel. Statt zum Millstätter See beschließe ich, lieber umzudrehen und die tolle Strecke über Arriach nach Himmelberg zu nehmen, die wir im letzten Jahr entdeckt haben. 

Während ich die Strecke bei gutem Wetter genieße, zeigen sich am Straßenrand und auf der Straße selbst die Spuren eines schweren Unwetters, das hier tatsächlich in der vergangenen Nacht oder am frühen Morgen heruntergegangen sein muss. Am Straßenrand liegen richtige Haufen mit weißen Hagelkörnern, an manchen Stellen sieht man noch, wo Wassermassen über die Straße gelaufen sein müssen und Schlamm- und Geröllspuren hinterlassen haben. An einer Stelle ist die Straße wegen Unterspülung der Fahrbahn sogar halbseitig gesperrt. Überall sind Reinigungsfahrzeuge und Bautrupps unterwegs, um die schlimmsten Schäden und Verunreinigungen zu beseitigen. Privatleute stehen vor ihren Häusern und in den Garagenauffahrten, um Dreck wegzukehren oder mit dem Wasserschlauch wegzuspritzen. Da war der Wetterbericht wohl doch nicht ganz daneben - ich hatte wohl nur Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein und alles an mir vorbeiziehen zu lassen. 

Trotzdem genieße ich meine Runde und fahre weiter nach Feldkirchen und entlang des Ossiacher Sees nach Villach. Dort will ich eigentlich bei der tollen Biker-Burger-Bude an der Ausfallstraße Richtung Faaker See ein leckeres Nachmittagsmahl zu mir nehmen. Aber schon die ganze Strecke entlang des Nordufers des Ossiacher Sees bin ich unweigerlich auf eine dunkle Wolkenwand zu gefahren. Punkt genau am Ortseingangsschild von Villach erwischt mich dann der Regen. Es schüttet kurz, aber heftig. Und klatschnass schmeckt selbst der beste Burger nicht. Also starte ich durch nach Drobollach, um meinen Straßenkönig und mich ins Trockene zu bringen. 

Lonesome Rider

Wie geplant, starte ich heute erst einmal alleine nach Faak. Der Wetterbericht hat zwar erst für den Abend Regen und Gewitter vorhergesagt. Aber wie so oft stimmt die Prognose nicht ganz. Als ich nämlich um 11 Uhr in meine Bikerklamotten steige, geht draußen ein ordentlicher Schauer nieder. Da von Westen aber schon wieder blauer Himmel zu erahnen ist, sitze ich das Wetter einfach aus und starte eine Stunde später als geplant. Außerdem entscheide ich mich, eine westlichere Route zu nehmen. Die Felbertauernstrecke ist mir schließlich von unserem Kurzurlaub vor gerade einmal zwei Wochen noch in allerbester Erinnerung. Und warum sollte ich jetzt dem schlechten Wetter, das gen Osten abzieht, hinterherfahren?

So brumme ich also nicht wie ursprünglich geplant Richtung Berchtesgaden, Hallein, Werfen und dann Obertauern los, sondern fahre über Kössen, Kitzbühel, den Pass Thurn und Mittersill auf die Felbertauernstraße. Die Straßen sind schon 10 km nach meiner Abfahrt daheim trocken, vom Himmel lacht immer wieder die Sonne, die Wolken sehen nicht mehr wirklich bedrohlich aus. Es wird also wohl eine ziemlich relaxte Tour nach Kärnten. Dafür sorgen auch die anderen Verkehrsteilnehmer. Die sind heute nämlich auch sehr entspannt unterwegs. 

Direkt nach dem Felbertauerntunnel lege ich eine erste kurze Pause ein. Den kleinen Parkplatz gleich an der Mautstelle bevölkern schon scharenweise Harley-Fahrer, mit denen ich auch gleich ins Gespräch komme. Worüber? Natürlich über die Bikes und ihre Umbauten, die weitere Route nach Faak und die bevorstehende Woche, die sich nur um unsere gemeinsame Leidenschaft, die Motorräder aus Milwaukee, drehen wird. Dann starte ich wieder Richtung Lienz. Leider wird die Bewölkung jetzt mit jedem Kilometer weiter Richtung Kärnten immer dichter. Und von Lienz aus sehe ich endgültig nur noch eine dunkle schwarze Gewitterfront vor mir, die genau in Richtung Spittal und damit auf meiner weiteren Route liegt. 

Ich nehme also ein bisschen Gas raus aus meiner Fahrt, um noch möglichst lange in meinem Sonnenloch zu bleiben. Aber ich bin ganz offensichtlich trotzdem schneller als das Wetter. Bevor ich es einhole, lege ich in Oberdrauburg einen ungeplanten Stopp an einem kleinen Imbiss ein und zögere auf diese angenehme Weise die Weiterfahrt hinaus, bis sich das Gewitter vor mir wieder ein wenig verzogen hat. Dann folge ich der Drau weiter durch ihr Tal, immer mit ein wenig Sonne im Rücken und dunklen Wolken voraus im Blickfeld. 

Schon in Greifenburg bin ich wieder so nah auf das schlechte Wetter aufgefahren, dass die ersten Tropfen auf meinem Visier zerplatzen. Ein Abzweig Richtung Weißensee verspricht helleren Himmel und eine südliche Ausweichroute weg vom Gewitter. Und tatsächlich: Der Plan geht auf, die Umfahrung des Gewitters gelingt einstweilen und die alternative Strecke verwöhnt mich auch noch mit einer herrlich kurvenreichen Straße hinüber ins Glitschtal, weiter nach Hermagor und dann durch das Gailtal, bis mich das Navi Richtung Bad Bleiberg wieder in die Berge lotst. 

Krachender Donner und zuckende Blitze bremsen mich in Bad Bleiberg allerdings aus und lassen mich Zuflucht unter dem Dach einer stillgelegten Tankstelle suchen. Hier an meinem geschützten Plätzchen kommt zwar kein Tröpfchen Regen herunter. Aber ich kann die Regenfront regelrecht sehen und bewundere ein wahres Feuerwerk von Blitzen, das über den Wäldern und Gipfeln in meiner weiteren Fahrtrichtung den regenschwarzen Himmel erleuchtet. Etwa eine halbe Stunde harre ich hier aus, dann entschließe ich mich weiterzufahren. Denn das Gewitter ist ein gutes Stück weitergezogen und hinter mir scheint inzwischen schon wieder die Sonne. Es ist ein faszinierendes, verstörendes Bild: Vor mir zucken in weiter Ferne Blitze, im Rückspiegel blendet mich die inzwischen schon recht tief stehende Sonne. Und das Ganze überspannt ein schillernder Regenbogen. 

Durch Villach und weiter nach Drobollach bis zu meiner Unterkunft rolle ich die letzten Kilometer zwar über nasse Straßen, aber von oben erwischt mich kaum ein Tropfen Regen. Glück gehabt! Das feiere ich dann auch noch in einer mit Harley-Fahrern gut gefüllten Gartenwirtschaft bei einem ordentlichen Essen und dem einen oder anderen leckeren Bierchen. Ich bin da, jetzt kannst Du, liebe Bike Week, beginnen!

Gut verlaufen

Die Operation unserer Hündin ist gut verlaufen, auch die Genesung schreitet voran. Trotzdem haben wir heute beschlossen, dass meine Rockerbraut erst einmal nicht mit an den Faaker See fährt und ich mich am Sonntag allein auf den Weg mache. Sie kommt vielleicht nach, wenn sie sicher ist, dass alles soweit abgeheilt ist und ein Aufenthalt beim Hundesitter beiden - Hund und Sitter - bedenkenlos zugemutet werden kann. 

Hiobsbotschaft

Unser Hund kränkelt seit ein paar Tagen. Die heutige Untersuchung beim Tierarzt ergab eine schlimme Diagnose: Gebärmutterentzündung, sofortige Notoperation! Und das gerade mal zehn Tage, bevor wir nach Faak aufbrechen wollen. Mal sehen, ob das was wird mit unserer Bike Week in diesem Jahr. Aber das Wohl unseres geliebten Vierbeiners geht jetzt natürlich erst einmal vor. Hoffentlich übersteht sie alles gut!

Gipfelstürmer

Was war das für eine tolle Nacht! Wir haben nach dem lustigen Abend geschlafen wie die Murmeltiere und sind bis zur letzten Minute, die uns die Frühstücks- und die Check-out-Zeit erlauben, in den Federn liegen geblieben. Im Frühstücksraum ist kaum noch etwas los, während wir uns im Schnelldurchgang mit Tee und Semmeln stärken. Die meisten Biker sind schon vor dem Gasthof damit beschäftigt, ihre Maschinen zu beladen und zu starten. Durchs Fenster sehen wir noch Aurich und Wien, unsere fröhlichen Tischnachbarn von gestern Abend, die sich gegenseitig beim Packen helfen und alsbald davon düsen. Von Rosenheim ist weit und breit nichts mehr zu sehen. Also packen auch wir unsere sieben Sachen, begleichen unsere Rechnung und holen den Straßenkönig und die Sporty aus der Garage, wo die beiden als letzte Bikes auf ihre Lenker warten. 

Vom gestrigen, abendlichen Gewitter ist nichts mehr zu sehen. Dafür ist die Abkühlung, die es mit sich gebracht hat, wohltuend zu spüren, als wir uns auf den Weg zur Großglockner Hochalpenstraße machen. Ein kleines bisschen aufgeregt sind wir beiden ja schon vor unserer ersten Fahrt über den Pass der Pässe. Aber jetzt genießen wir erst einmal die Anfahrt bis zur Mautstation, die wir dank unseres schon im Voraus gekauften Tourentickets zügig passieren, und dann weiter die Strecke bis hinauf zum Abzweig Richtung Kaiser-Franz-Josefs-Höhe in vollen Zügen und mit lustvollen Schwüngen durch die ungezählten Kurven und Kehren. Was für grandiose Ausblicke bieten sich uns schon bis hierher entlang der Strecke. 

An der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe freuen wir uns über die großzügig und extra für Motorräder angelegten Parkflächen, reihen unsere Harleys in die bereits dort stehende Bike-Kolonne ein und machen uns auf zu den Aussichtsplattformen, die uns den Blick auf den Großglockner und die Pasterze eröffnen. Was für ein majestätisches Bergpanorama! Und was für ein jämmerlicher Gletscher davor! Während wir so die Landschaft betrachten, fällt meiner Rockerbraut eine Bewegung unterhalb des Aussichtspunktes im kargen Grün auf. Ein Murmeltier! Es wuselt dort unten, völlig unbeeindruckt vom Trubel ein paar Meter über ihm, über Stock und Stein, putzt sich, schaut sich um und läuft wieder weiter. Wir können uns vom Anblick des munteren Nagers kaum losreißen. 

Während meine Rockerbraut ihrer Entdeckung noch ein paar Minuten begeistert Aufmerksamkeit schenkt, marschiere ich in den Andenken-Shop, um uns etwas zu trinken zu holen. Hunderte Plüschmurmeltiere warten hier auf ihre Käufer - eines davon nehme ich nach unserer kleinen Entdeckung natürlich für meine Rockerbraut mit: als Erinnerung an diese und als Talisman für alle weiteren tollen Touren, die wir noch unternehmen werden. Entsprechend groß ist natürlich das Hallo, als ich mit Murmeltier und Getränken wieder auf die Aussichtsterrasse komme. Das lustige Plüschtierchen erobert sich sofort einen Platz im Herzen meiner Rockerbraut und tritt auch sogleich die Überlegung los, wie und wo es an der Sporty seinen Ehrenplatz finden könnte. Denn schließlich soll es uns ab sofort auf allen Touren begleiten und Glück bringen. 

Nach ein paar weiteren Spazier- und Schlenderrunden entlang der Geländer und Brüstungen rund um die Kaiser-Franz-Josefs-Höhe und einem Dutzend oder mehr Fotos marschieren wir wieder zurück zu unseren Motorrädern, wo das Murmeltier zunächst einmal einen Platz mit Aussicht in der Lenkertasche der Sporty findet. Dann rollen wir wieder zurück auf die eigentliche Großglockner-Hochalpenstraße. Am Hochtor machen wir noch eine kleine Pause, bevor wir durch den Tunnel und damit über die Landesgrenze zwischen Kärnten und dem Salzburger Land nach Norden weiter ins Tal und damit Richtung Heimat fahren. Den Abstecher zur Edelweißspitze sparen wir uns heute. Dafür haben wir zu lange an der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe dem Murmeltier zugeschaut. 

Die Abfahrt ist trotz des doch recht ordentlichen Verkehrs ein wahres Vergnügen. Jede Kurve und jede Kehre bereitet uns himmlische Freude, bis der Traum dann doch irgendwann ein Ende hat und wir im Tal die Mautstation passieren. Irgendwo entlang der Strecke legen wir an einem Motorrad-Hotel noch eine Pause ein und stärken uns auf der sonnigen Terrasse mit einem leckeren (Nach-)Mittagsmahl. Dabei schwelgen wir schon jetzt in Erinnerungen an diesen fantastischen Tag, obwohl er noch gar nicht vorbei ist und wir noch rund 100 km bis nach Hause vor uns haben. 

Weiter geht's dann Richtung Zell am See und Saalfelden am Steinernen Meer. Der direkte Heimweg würde jetzt eigentlich weiter Richtung Lofer führen. Aber wir wollen diesen tollen Tag und diesen sensationellen Urlaub noch nicht vorbeigehen lassen. Deshalb drehen wir noch eine Schleife über den Pillersee, wo wir einen Stopp zum Abendbrot einlegen, bevor uns die unerbittlich untergehende Sonne endgültig nach Hause und damit bald auch zurück in den Alltag zwingt. 

Alpine Herausforderung

Nach einer erholsamen und entspannten Nacht in unserem tollen Zimmer stärken wir uns bei einem ordentlichen Frühstück, wieder begleitet von Walters guter Laune und fröhlichem Gesang. Leider können wir den Start in den Tag nicht endlos ausdehnen, so gut es uns auch gerade geht. Die nächste Etappe unserer kleinen Tour wartet schließlich auf uns. Also packen wir alsbald unsere sieben Sachen, beladen wieder die Sporty und den Straßenkönig und verabschieden uns bei Melanie und Walter. Was für ein herzliches Aufwiedersehen, und das nach nur einer einzigen Übernachtung! 

Vom Hotel aus starten wir bei allerbestem Wetter und strahlendem Sonnenschein direkt in Richtung Zillertaler Höhenstraße. Zuerst geht es über die Bundesstraße weiter ins Tal hinein, bevor wir die Abfahrt hin zur ersten Auffahrt auf die Höhenstraße nehmen. Was für ein herrliches Sträßchen führt uns da den Berg hinauf! Ja, mit unseren beiden Harleys ist die Strecke bis zur eigentlichen Höhenstraße durchaus als anspruchsvoll zu bezeichnen. Die engen Kehren fordern unsere volle Konzentration und das eine oder andere Mal unser ganzes fahrerisches Können - vor allem bei Gegenverkehr oder wild strampelnden Radlern, die sich schlingernd den Berg hochkämpfen und dabei manchmal die ganze Straßenbreite einnehmen oder die fröhlich plaudernd mitten in der Kurve stehen und uns ausbremsen. Doch die Zillertaler Höhenstraße entschädigt uns für diese Anstrengungen. Mit jedem Meter Strecke eröffnen sich neue Ausblicke ins Tal oder auf die umliegende Bergwelt, der Duft von Wald wechselt mit dem Aroma frischer Bergwiesen, es ist einfach die pure Freude hiersein zu dürfen! 

Irgendwann machen wir eine Pause an einem der Berggasthöfe, um uns zu erfrischen und ein wenig zu stärken. Allerdings halten wir es hier nicht lange aus. Unerträgliches Pseudo-Gute-Laune-Sauf-Tirili ertönt hier schon am Vormittag  Eine gräusliche Kapelle mit Oktoberfest-Aprés-Ski-Tam-Tam-Musik spielt zum Frühschoppen auf und behauptet auch noch, das sei typische Zillertaler Volksmusik. Wir ergreifen die Flucht, starten unsere Bikes, lauschen lieber unseren V2-Motoren und blubbern flux von dannen!

Tatsächlich hat die Zillertaler Höhenstraße nur etwa 30 km Länge. Aber wir genießen die Strecke heute in vollen Zügen und benötigen dafür fast drei Stunden. Das Schneckentempo wirbelt unseren Zeitplan für den Tag zwar etwas durcheinander, aber zurück im Tal sind meine Rockerbraut und ich uns darüber einig, dass dieser Teil unserer Tour jede Minute wert war. Um ein bisschen der verlorenen Zeit wieder reinzuholen, verzichten wir auf einen letzten Stopp im Zillertal und starten gleich durch in Richtung Gerlospass und Krimmler Wasserfälle. 

Die Fahrt zum Gerlospass verläuft sehr entspannt, aber auch recht unspektakulär im Vergleich zu unserer Kurvenorgie vom Vormittag. Auf der Abfahrt nach Krimmel genießen wir dann noch den einen oder anderen Ausblick auf die Wasserfälle. Was uns allerdings unten an den Wasserwelten erwartet, hätten wir uns in unseren schlimmsten Alpträumen nicht ausmalen können. Hier herrscht das pure Chaos! Ferienzeit, Feiertag in Österreich und Sommer-Sonnen-Wetter bilden eine unheilvolle Mischung, die zu Massenandrang, Buskolonnen und Touri-Schwärmen an diesem beliebten Ausflugsziel führt. Gut, dass wir heute Morgen so getrödelt und die Zillertaler Höhenstraße genossen haben. Den geplanten Stopp an den Krimmler Wasserfällen lassen wir jetzt nämlich ausfallen und drehen stattdessen lieber den Gashahn wieder auf. Nichts wie weg von hier in ruhigere Gefilde!

Die finden wir zu unserer großen Überraschung hinter Mittersill auf der Felbertauernstraße. Die ist nämlich wie leer gefegt, hier sind wir beinahe alleine unterwegs! Wir genießen die freie Bahn und die lässigen Überholmöglichkeiten für die wenigen rollenden Hindernisse, die uns hin und wieder doch noch in die Quere kommen. Warum allerdings in Österreich über der Felbertauernstraße, die bekanntlich mitten durch die Hohen Tauern führt, ein Hinweis "Achtung Bergstraße" prangt, bleibt uns schleierhaft. Was für Straßen, bitte schön, soll es denn hier in den Alpen sonst noch geben? 

Wir genießen jedenfalls die freie Straße, durchqueren den Felbertauerntunnel und rollen wieder hinab nach Lienz. Das Navi führt uns auf eine kleine Parallelstraße, die noch leerer als die Bundesstraße ist. Wir genießen es, tuckern tiefenentspannt dahin und legen irgendwann auch noch eine kleine Pause ein, um die Aussicht auf die Landschaft um uns herum zu genießen. Links und rechts der Straße erheben sich majestätische Felswände, unten dicht bewachsen mit Wald, der mit zunehmender Höhe immer lichter wird, Raum freigibt für Wiesen und dann in felsigen Gipfel endet. Darüber strahlt blauer Himmel, über den einzelne weiße Wolken ziehen. Einfach ein perfekter Tag. 

Zum perfekten Tag trägt auch mein Straßenkönig bei. Seit wir auf diese kleine Österreich-Runde gestartet sind, begeistert mich das neue Set-up mit den alternativen Reifen und dem Luftfilter immer mehr. Selbst aus niedrigsten Drehzahlen zieht die Road King jetzt sauber hoch, es gibt eigentlich keine Kurve mehr, vor der ich mich fürchten müsste. Stattdessen zieht das Bike eine saubere Bahn - unbeeindruckt von Bodenwellen, Schlaglöchern, Spurrillen oder Bitumenmalereien. Es ist die pure Freude!

So geht es immer weiter bis nach Iselsberg zu unserem nächsten Zwischenstopp. Mit jedem Kilometer, den wir weiterfahren, tauchen allerdings mehr Wolken am Himmel auf. Aber wir rollen noch bei Sonnenschein vor dem Gasthof vor, wo schon zahlreiche Motorräder vor der Tür stehen, während ihre Fahrerinnen und Fahrer auf der Terrasse in der Sonne sitzen und die Aussicht genießen. Welcher Anblick dabei der faszinierendere ist, mag jeder für sich selbst entscheiden: die Bergwelt der Lienzer Dolomiten, die Wolkentürme des heranziehenden Gewitters oder die in Reih und Glied abgestellten Bikes jeder Größe, Art und Marke. 

Wir checken jedenfalls erst einmal ein, laden unser Gepäck für die kommende Nacht ab und verstauen Straßenkönig und Sporty in der zum Gasthaus gehörenden Garage. Dann geht's auf unser schlichtes, aber sehr schönes Zimmer zum Frischmachen. Und ganz schnell wieder runter auf die Terrasse, wo wir den frühen Abend gleich doppelt genießen: bei einem leckeren Essen und in einer einzigartigen Atmosphäre, die perfekt auf Biker wie uns abgestimmt ist. Dafür tut der Wirt des Hauses scheinbar alles - und durchaus auch Außergewöhnliches. Schon auf unserem Zimmer haben wir uns gewundert, dass es weder Telefon, W-Lan noch TV gibt. In der Speisekarte erfahren wir dann auch, warum das so ist: Die Gäste sollen sich lieber miteinander im gemütlichen Gastraum oder auf der Terrasse unterhalten, als alleine auf ihren Zimmern zu hocken und sich von elektronischen Medien unterhalten zu lassen. Eine sehr vernünftige Philosophie, die sich manch anderes Haus auch einmal überlegen sollte! 

Wir genießen sie jedenfalls in vollen Zügen. Denn irgendwann erreicht das Gewitter tatsächlich Lienz und Iselsberg. Wir flüchten in den Gastraum, wo sich die Gästeschar kunterbunt untereinandermischt. Während sich draußen ein ordentliches Gewitter entlädt, landen wir an einem Tisch zusammen mit Aurich, Wien und Rosenheim. Es wird ein lustiger Abend mit viel Benzingequatsche, einigen Bierchen und so manchem Schnäpschen, nach dem statt der Namen unserer netten Abendgesellschaft nur noch deren Herkunftsorte in Erinnerung bleiben. 

Blauer geht's nicht

In der Nacht hat es geregnet. Das war in unserem Appartement unter dem Dach nicht zu überhören. Aber der erste verschlafene Blick aus dem Fenster fällt auf nichts als blauen Himmel und Sonnenschein. Der Regen hat sich offensichtlich vollständig verzogen. So können wir nach einem ordentlichen Frühstück entspannt und bestens gelaunt auf die zweite Etappe ins Zillertal starten. 

Geplant ist eine Route über Oberammergau und den Achensee, aber mein Navi hat aus irgendwelchen Gründen anderes mit uns vor. Statt nach Oberammergau führt es uns schnurstracks zurück nach Bad Tölz - allerdings auf einer ganz anderen Route als gestern auf der Anfahrt an den Lech. Also alles halb so wild, wir genießen einfach die Fahrt, die uns wieder über kleine Nebensträßchen durch das Alpenvorland führt und uns immer wieder faszinierende Blicke auf das Bergpanorama eröffnet. 

Ein weniger faszinierender Blick fällt allerdings beim Tankstopp in Bad Tölz auf das Heck der Sporty meiner Rockerbraut. Da baumelt nämlich die rechte 3-in-1-Rückleuchte nur noch am Kabel herum. Die Vermutung, dass sich durch die Harley-typischen Vibrationen nur mal wieder eine Schraube gelöst und verabschiedet hat, bestätigt sich allerdings nicht. Viel schlimmer: Das Gewinde der Gewindestange, mit der die Rückleuchte am Heckfender befestigt ist, hat sich komplett abgeschliffen. Die verlorengeglaubte Mutter ist sehr wohl noch da, findet allerdings keinen Halt mehr in den abgeflachten Resten des Gewindes. Spannend, was Bad Vibrations so alles anrichten können!

Mit dem herunterbaumelnden Rücklicht weiterzufahren, kommt nicht in Frage. Wäre es nur der Blinker, hätten wir keine Bedenken. Aber da in dem Kombiteil auch noch Rücklicht und vor allem Bremslicht integriert sind, ist uns das Risiko, dass irgendein hinterherfahrender Blindfisch meine Rockerbraut mit ihrer Sporty übersieht, definitiv zu hoch. Ein erster Reparaturversuch mit den mitgeführten Kabelbindern scheitert kläglich. Die konische Form und das glatte Chromgehäuse geben den Plastikstreifen einfach keinerlei Halt. Was also tun? 

Lustiger Weise findet ab morgen hier in Bad Tölz ein Harley-Treffen statt. Und das Veranstaltungsgelände ist gar nicht weit weg von unserem aktuellen Standort. Also nichts wie rauf auf die Bikes. Vielleicht baut der lokale Dealer ja schon seine Bikeshow auf oder die Harley-Test-Ride-Truppe ist schon vor Ort und kann uns weiterhelfen. 

So viel Glück haben wir zwar nicht. Aber wir stoßen gleich auf eine Gruppe von Aufbauhelfern und Technikern, die an den Ständen und der Bühne werkeln. Die haben sofort ein offenes Ohr für unser kleines Problem und auch gleich die Lösung parat: eine Rolle Gewebeband. Mit beinahe chirurgischer Präzision taped ein netter Typ die Rückleuchte fest in ihre eigentliche Position. Da wackelt und rappelt nichts mehr. Und das elastische Gewebeband gibt den Vibrationen auch keine Chance, ihr schädliches Werk zu wiederholen. 

Wir freuen uns über die geschickte Hilfe und wollen uns mit einem kleinen Obulus für ein Feierabendbier bei den Jungs bedanken. Aber der hilfsbereite Gewebebandkünstler winkt lachend ab. Er ist nämlich nicht irgendein Aufbauhelfer. Sondern der Chef des Bikerlokals am Eventgelände, also der Mitveranstalter des Harley-Treffens. "Ich hab mehr Bier im Keller, also Du mir im Leben ausgeben kannst", ruft er fröhlich. "Fahrt zu und viel Spaß auf Eurer Tour. Wenn Ihr mal wieder hier vorbeikommt, dann erzählt Ihr mir, wie's gelaufen ist, und ich geb Euch ein Bier aus!" Uns bleiben also nur noch ein ganz fettes Dankeschön und die besten Wünsche für das bevorstehende Fest. Dann poltern die Motoren wieder los und wir fahren ab über Lengries zum Achensee. 

Am Achensee gibt es einen kurzen Fotostopp an einem der Parkplätze mit Seeblick. Für mehr Sightseeing und den eigentlich geplanten Abstecher nach Pertisau ist leider keine Zeit mehr. Denn wegen des Reparaturaufenthalts ist die Uhr schon weiter vorangeschritten als gedacht. Stattdessen genießen wir die Abfahrt vom Achensee hinunter ins Inntal und rollen alsbald vor unserem zweiten Übernachtungsbikerhotel vor. 

Wir haben die Maschinen noch gar nicht richtig unter dem großräumigen Carport abgestellt, da begrüßt uns auch schon der gutgelaunte Inhaber des Hauses fröhlich singend von der Terrasse herüber. So eine herzliche Begrüßung haben wir schon lange nicht mehr erlebt, auch wenn sein musikalischer Geschmack nicht so ganz der unsrige ist. Noch bevor wir abladen, will er schon wissen, was wir jetzt trinken und später essen möchten. Und kaum haben wir die Helme und Jacken abgelegt, steht auch schon ein großes Spezi für jeden von uns auf einem der Tische auf der Terrasse. Das nenne ich mal Gastfreundschaft und eine willkommene Erfrischung nach diesem aufregenden Tag!

Zum Abendessen zaubert Walter, wie unser singender Wirt und zugleich auch Küchenchef heißt, ein herrliches Abendessen für uns - und berücksichtigt dabei alle Wünsche wegen der Allergien meiner Rockerbraut. Seine Frau Melanie betreut uns aufs herzlichste im Service. Besser kann ein perfekter Tag nicht ausklingen. Und so sinnieren wir in der lauen Abendluft auf der Terrasse noch darüber, ob es tatsächlich ein Zufall war, dass das Navi uns über Bad Tölz statt über Oberammergau geführt hat, dass wir erst dort den abgerüttelten Blinker bemerkt haben und dass wir dann beim Bikerlokal so freundliche Hilfe gefunden haben. 

Trüber Start in einen tollen Tag

Den neuen Luftfilter meines Straßenkönigs habe ich gestern eintragen lassen. Die Koffer für unsere kleine Tour sind gepackt. Straßenkönig und Sporty sind beladen. Es kann also losgehen in unseren ersten richtigen Motorradurlaub - einmal abgesehen von den Faak-Touren. Vier Tage Rundreise durch die Alpen. Wir freuen uns wie verrückt - und sind auch ein kleines bisschen aufgeregt. 

Nach einem total verregneten Wochenende und ordentlichen Schauern am gestrigen Montag ist der Himmel jetzt zwar immer noch wolkenverhangen. Aber es ist trocken. Die Motoren blubbern los, wir rollen aus dem heimatlichen Sträßchen auf die Route, die ich geplant und ausgetüftelt habe. Immer den Hinweisen des Navi nach, natürlich mit den Optionen kurvenreiche Strecke und Autobahnen vermeiden. 

Über Bad Feilnbach und Bad Tölz geht es weiter zum südlichen Ufer des Starnberger Sees und dann an den Lech, wo unser erster Übernachtungsstopp auf uns wartet. Regen droht zwar den ganzen Tag, aber durch das Glück der Fleißigen (oder Dummen?) bleiben wir komplett verschont. Immer dann, wenn wir in eine dunkle Wolkenfront hineinzufahren drohen, weist uns das Navi gerade noch rechtzeitig einen Abzweig und wir biegen vor dem Regen ab in Richtung hellerer Himmelsbereiche. Allenfalls die Straßen zeugen an manchen Stellen noch davon, dass es auf unserer Strecke einmal geregnet hat. Von oben erwischt uns aber praktisch kein Tropfen. 

Im Hotel werden wir supernett und auf's Freundlichste empfangen. Für die Bikes gibt es einen regensicheren Unterstand auf dem Hinterhof, wir selbst bekommen ein Upgrade und statt des gebuchten einfachen Doppelzimmers ein ganzes Appartement. Platz und Luxus pur! Wir machen uns ein wenig frisch, ziehen uns etwas Bequemeres als die Bikerklamotten an und starten noch einen kleinen Spaziergang, um die Bikerbeine ein wenig zu vertreten. Verdammt schön hier mit dem Blick auf den Lech und die Lech-Auen!

Zurück im Hotel erwartet uns noch eine weitere tolle Überraschung. Für Hausgäste gibt es Abendessen im Hotel - zur großen Freude meiner allergiegeplagten Rockerbraut ist auch ein veganes Gericht darunter. Damit ist sie, obwohl durchaus Fleischesserin, bei ihren Allergien immer auf der sicheren Seite und muss nicht lange mit Bedienungen und Küchencrew debattieren. Auch die Beschreibung der veganen Speise macht Lust auf mehr: "Ohne Fleisch, aber trotzdem lecker!", steht in der Karte geschrieben. Und so ist es dann auch. Auf dem Teller liegen zwei große Couscous-Taler mit einer ordentlichen Portion frischem Gemüse, das alles ist fein gewürzt und sehr liebevoll und ansprechend angerichtet. Mein Fleischgericht steht diesem Augenschmaus in nichts nach. Besser kann der erste Tag eines Biker-Kurzurlaubs doch nicht ausklingen!

Schön, wenn noch die höchsten Erwartungen übertroffen werden

Gestern kam der Anruf: Der Umbau meines Straßenkönigs ist fertig! Luftfilter sitzt, Reifen sind drauf, Maschine läuft. Heute, Freitagnachmittag, hole ich die Road King ab. Terminlich eine echte Punktlandung, denn unsere geplante kleine Rundtour soll am Dienstag starten. 

Mein Lieblings-Harley-Schrauber ist natürlich ein Fuchs und hat das Bike vor der Werkstatt in die Sonne gestellt. So strahlt der Straßenkönig stolz in vollem, frisch geputztem Glanz. Der neue Luftfilter sieht verdammt klasse aus! Und der Propeller dreht sich tatsächlich. Nicht im Standgas. Aber schon ein kleiner Gasstoß versetzt ihn in leichte Drehung. Und ein ordentlicher Gasstoß sorgt auch für entsprechend ordentliche Rotation. Optisch ist das auf jeden Fall ein lustiger Gag für das Posen auf Events oder am Bikertreff. Ob es, wie es die Herstellerwerbung verspricht, tatsächlich mehr ist - nämlich leistungssteigernd - wird hoffentlich die nächste Woche zeigen. Vom sich munter drehenden Rotor habe ich selbst schließlich während der Fahrt absolut nichts. Es sei denn, ich montiere mir einen kleinen Spiegel an den Motorschutzbügel und richte ihn so ein, dass ich darin den Luftfilter während der Fahrt sehen kann. Aber wir wollen es ja nicht übertreiben.

Bevor ich meine Bewunderungsrundgänge um den Straßenkönig beende und zur Heimfahrt antrete, überreicht mir mein Lieblings-Harley-Schrauber einen Packen Dokumente. Der Luftfilter muss noch in die Fahrzeugpapiere eingetragen werden. Nur ein formaler Akt, keine große Sache. Trotzdem gut, dass ich Montag frei habe und wir erst Dienstag auf Tour gehen. So kann ich mir entspannt die Zeit für die Eintragung beim Straßenverkehrsamt nehmen. 

Jetzt geht es aber erst einmal auf den Heimweg. Bei diesem herrlichen Sonnenschein gibt meine Rockerbraut mir grünes Licht für eine kleine Nachmittagsrunde, damit ich meinen umgebauten Straßenkönig schon einmal an bisschen testen kann. 

Wow! Was geht denn hier gerade ab? Schon auf den ersten Metern bin ich überrascht, wie sauber der Motor schon bei niedrigsten Drehzahlen Gas annimmt und dann sauber durchzieht. Das hatte ich mir erwartet! Keine Leistungssteigerung in irgendwelchen Drehzahlbereichen, die ich mit meinen Straßenkönig sowieso nie besuche. Sondern mehr satte Power von unten heraus: beim Rausbeschleunigen aus Kurven, beim Dreh am Gasgriff nach einer Ortsdurchfahrt. Noch schaltfauler, aber durchaus mit Zug am Hinterrad wollte ich unterwegs sein. Und genau das spüre ich schon jetzt auf den ersten Kilometern meiner ersten kleinen Testrunde. Da hat der Luftfilterhersteller wohl nicht zu viel versprochen.

Na, dann machen wir uns doch mal ein bisschen auf in die Berge: Rauf nach Reit im Winkel, vorbei am Weitsee und seinen Nachbargewässern, weiter nach Ruhpolding und Inzell, dann nach Hause. Meine Hausstrecke, die ich kenne wie meine Westentasche und bei der ich natürlich das veränderte Fahrverhalten sehr gut einschätzen kann. 

Mit jeder Kurve verbreitert sich das Grinsen in meinem Gesicht, der Helm droht nach der Auffahrt nach Reit im Winkel schier zu platzen! Obwohl ich es mit den neuen Reifen sehr ruhig - noch ruhiger als sonst, wie manche Spötter sagen würden - angehen lasse, spüre ich, dass ich ab sofort einen ganz anderen, wahren Straßenkönig unter mir habe. Das gesamte Fahrverhalten ist wie ausgewechselt und hat sich radikal verbessert. Absolut sauber und spurtreu rollt das Bike jetzt durch die Kurven. Ohne Kippeln, ohne permanente Korrekturen am Lenker folgt der Straßenkönig der Straße - ganz gleich, wie sie verläuft. Weshalb habe ich all die Jahre nur die grausliche Originalbereifung ertragen? Nur wegen der Weißwand, wegen der klassischen Optik, jaja. Danke, lieber Reifenhersteller, dass Du Deine Alternativ-Pneus jetzt auch mit Weißwand anbietest!

Aber nicht nur das verbesserte Fahrverhalten wegen der neuen Bereifung macht mich happy. Auch der Motor gibt sich mit dem neuen Luftfilter wie befreit. Als könnte er jetzt endlich richtig durchatmen. Für dieses bisschen Mehr an Luft bedankt er sich tatsächlich mit noch besserem Durchzugsvermögen und Ansprechverhalten. Jeden kleinsten Dreh am Gasgriff quittiert er sofort mit Drang nach vorne - und das bei jeder Drehzahl. Das kann ja nur eine tolle Urlaubstour werden in der nächsten Woche!

Da bin ich mal gespannt

Es ist soweit, heute ist der Termin für den Umbau meines Straßenkönigs. Der Luftfilter ist da, die Reifen sind da - also kann ja nichts mehr schief gehen. Noch im Karton und in Einzelteilen sieht der Lufi schon verdammt schick aus. Schwarzes Gehäuse mit metallischen Cuts, darin ein metallischer Rotor mit schwarzer Turbinenspitze. Sieht ganz schon wertig aus und fühlt sich auch so an. Das passt sicher perfekt zu meinem Straßenkönig, besonders zu dessen Motoroptik. Voll gespannter Erwartung lasse ich also das Bike in der Werkstatt und mache mich auf den Heimweg, um dem Abholtag und dem anschließenden Urlaub entgegenzufiebern. 

Tourenplanung für die kleine Reise

Da jetzt der Umbautermin für meinen Straßenkönig steht, mache ich mich auch an die Tourenplanung für unseren kleinen Urlaub im August. Bisher war eigentlich noch gar nicht klar, dass wir auf Moppedtour gehen. Aber mit dem neuen Luftfilter und der neuen Bereifung will ich in dieser Woche auf jeden Fall on the road. Ein Ziel steht dabei schon fest: der Großglockner. Seit wir hierher nach Bayern gezogen sind, will ich diese Tour fahren. Aber irgendwie hat es bisher noch nicht geklappt. Jetzt muss es unbedingt sein. 

Ich google also Tourenempfehlungen und Streckentipps, checke Hotels und bastle in der Routenplanungssoftware meines Navis eine Rundreise: 4 Tage, drei Übernachtungen, gut 800 km ausschließlich über Land- und Nebenstraßen sind es am Ende dieses langen Abends. Zunächst wird es Richtung Westen bis an den Lech gehen. Am zweiten Tag dann nach Bruck im Zillertal. Dritter Tag: über die Zillertaler Höhenstraße, den Gerlospass und durch den Felbertauerntunnel nach Iselsberg. Von dort dann am vierten Tag über den Großglockner wieder nach Hause. Es wird für uns, abgesehen von unseren Faak-Reisen und der eigentlich so gar nicht geplanten Tour ins Salzkammergut zum 50. Geburtstag meiner Rockerbraut, der erste richtige Motorradurlaub seit dem Wiedereinstieg und mit den Harleys. 

Aus einem Traum wird ein Plan

Im August werde ich eine Woche Urlaub haben. Wenn vorher der neue Luftfilter angebaut würde, könnten meine Rockerbraut und ich vielleicht schon mit dem neuen Set-up auf eine kleine Tour gehen und testen, ob das Versprechen des Herstellers - mehr Leistung, besserer Durchzug - gehalten wird. So schildere ich meinem Lieblings-Harley-Schrauber am Telefon den Plan. Und der sieht zu meiner großen Freude keine Probleme. Der Luftfilter ist seiner Erfahrung nach kurzfristig lieferbar, der Anbau ist für ihn ohnehin kein Problem. 

Also machen wir Nägel mit Köpfen und vereinbaren für Anfang August einen Termin für den Umbau. Und da die Pneus meines Straßenkönigs ziemlich am Ende sind, planen wir auch gleich noch einen Reifenwechsel mit ein. Allerdings werde ich nicht wieder die Standard-Weißwand-Gummis aufziehen lassen. Es gibt schließlich Alternativen, die wohl deutlich besser sind als die Originalbereifung. Sowohl mein Lieblings-Harley-Schrauber als auch die einschlägigen Fachzeitschriften und Foren im Internet versprechen jedenfalls ein völlig neues Fahrgefühl mit den neuen Reifen. Mal sehen, was mich da so alles nach dem Umbau erwartet...

Träumen statt fahren

Es ist wie verhext: Unter der Woche habe ich viel Arbeit oder private Termine, aber das Wetter ist gut. Am Wochenende hätten wir Zeit zum biken, aber dann regnet es. Meiner Rockerbraut ergeht es noch schlechter, sie hat noch einige Verpflichtungen mehr am Hals. So kommen wir nur selten dazu, wenigstens mal eine kleine Feierabendrunde zu drehen. 

Und wenn man keine Zeit zum Fahren hat, dann eben zum Träumen - vor allem an verregneten Wochenenden. Dabei nagt der Neid auf den tollen Luftfilter an der Sporty meiner Rockerbraut gewaltig in mir. Im Internet entdecke ich ein ziemlich schickes Teil, zu dem es auch noch ein passendes Hupencover für die gegenüberliegende Seite gibt. Da könnte ich gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und die beiden schlimmsten optischen Schandflecken an meinem Straßenkönig auf einmal beseitigen: Brotkasten und Kuhglocke. Schade nur, dass es dafür keine Betriebserlaubnis gibt. Also weitersuchen. 

Hier, der Lufi in Flugzeugturbinenoptik ist ja auch ein ziemlich geiles Teil. Und dafür gibt es sogar eine ABE. Vielleicht könnte ich da ja mal mit meinem Lieblings-Harley-Schrauber telefonieren?!

Hitzeschlacht im Brixental

Die Sonne brennt vom Himmel - perfektes Bikerwetter sollte man denken! Wir schwingen uns auf die Maschinen und starten Richtung Berge. Der erste Teil der Anfahrt nach Saalbach-Hinterglemm hatte uns so gut gefallen, dass wir heute wieder bis Kitzbühel fahren wollen, dann aber durch das Brixental Richtung Westen und über Scheffau am Wilden Kaiser zurück nach Hause. Eine nette kleine Halbtagestour. 

Auf den ersten Kilometern durch den Chiemgau begleitet uns noch die Hoffnung, dass es nach der Auffahrt nach Kössen in den Bergen etwas kühler wird. Aber wie heißt es so schön: Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber sie stirbt... Auch in den höheren Lagen brennt die Sonne erbarmungslos vom Sommerhimmel und kocht das Land auf Temperaturen um die 40 °C hoch, wie uns Thermometer am Straßenrand anzeigen. Selbst schattige Waldpassagen bringen kaum Abkühlung, auch hier ist die Luft heiß und trocken. 

Wir kämpfen uns durch bis Brixen, wo wir überhitzt und durstig eine vorzeitige Pause in einem Cafe einlegen. Die Erfrischungsgetränke fließen auf Ex durch unsere Kehlen und strömen scheinbar sofort wieder als Schweiß aus allen Poren hervor. Schlimmer noch als meine Rockerbraut und ich sehen nur die Radler am Nebentisch aus, die sich tapfer durch die Hitze bis hierher gestrampelt haben. 

Nach dem kurzen Zwischenstopp geht es etwas erfrischt weiter. Es ist in der Tat eine schöne Strecke, die wir jetzt über Itter nach Scheffau nehmen. Kurvig, mit herrlichen Ausblicken auf die Berge und von den erklommenen Höhen hinab in die Täler. Aber die Hitze macht uns fertig! Deshalb sind wir - nachdem wir gerade einmal 25 km seit unserem letzten Stopp gefahren sind - froh, unseren eigentlichen Zwischenstopp in Scheffau zu erreichen. Im angenehm beschatteten Biergarten der Bikerkneipe schütten wir die nächsten Liter erfrischendes Nass hinunter, dazu gibt es noch einen sehr ordentlichen Burger als Stärkung. 

Drei Stunden harren wir hier letztendlich aus, bis der herannahende Abend endlich ein wenig Abkühlung bringt und wir die Heimfahrt viel später als geplant antreten. Über Kufstein und Sebi kurven wir nach Sachrang, hinunter nach Aschau und dann nach Hause. Endlich kommt annähernd so etwas wie Fahrspaß auf, weil der Fahrtwind inzwischen ein wenig Kühlung verschafft. Allerdings haben meine Rockerbraut und ich noch am Abend daheim das Gefühl, den Flüssigkeitsverlust gar nicht mehr kompensieren zu können. Es gibt als offenbar tatsächlich Sommertage, an denen es sogar zum Motorradfahren zu heiß ist! 

Ende der Durststrecke

Nach dem herrlichen Osterwochenende folgte eine schier endlose Durststrecke, über die hinweg mein Straßenkönig und die Sporty meiner Rockerbraut schon einen Standschaden zu bekommen drohten. Fast den ganzen Mai über gab es praktisch keine Gelegenheit, die Bikes nennenswert zu bewegen. Entweder spielte das Wetter nicht mit oder die Arbeit. Erst jetzt, im Juni, geht es endlich wieder einmal für einen Tag on the road. In Saalbach-Hinterglemm ist Biker Mania, und da wir im letzten Jahr nicht dort waren, ist das Harley-Treffen bei diesem herrlichen Wetter der willkommene Anlass, dass wir uns heute für eine kurze Stippvisite auf den Weg in die Berge machen. 

Kurven- und straßenhungrig wie wir sind, haben wir für die Anfahrt eine Extraschleife über Kössen, Kitzbühel, den Pass Thurn, Mittersill und Zell am See eingeplant, bevor wir hoch nach Saalbach-Hinterglemm tuckern. Dort wollen wir auch gar nicht lange verweilen, denn eigentlich ist die Biker Mania nur der - wenn auch sehr verlockende - Dreh- und Angelpunkt für eine schöne Tagesrundtour. Und so starten wir recht spät am Vormittag gen Süden und können endlich wieder unserer Lieblingsleidenschaft nachgehen: über kleine Landstraßen durch herrliche Landschaften rollen. Die Strecke ist wunderschön und schwingt sich harley-freundlich durch die Berge. Wer allerdings diesen Hype um Zell am See in Gang gebracht hat, bleibt uns nach der Durchfahrt durch den Ort ein absolutes Rätsel. Da gibt es zumindest aus unserer Sicht wahrlich schönere Flecken und Seen in Österreich! Aber wir müssen und wollen dort ja auch gar nicht groß anhalten. Also nichts wie hindurch und weiter zur Biker Mania. 

Wohl gefüllt mit Leuten, die genauso verrückt sind wie wir, ist uns das sommerliche Ski-Dorf Hinterglemm viel sympathischer als das mondäne Zell am See! Wir schlendern entlang der Mainstreet vorbei an den dort abgestellten Bikes und an Verkaufsständen mit Biker-Klamotten und Biker-Accessoires, hocken uns vor eines der vielen Restaurants auf die Bierbänke am Straßenrand, essen eine Kleinigkeit und lassen dabei Bikes, Bikerinnen und Biker an uns vorbei defilieren. Einfach herrlich! Sehen und gesehen werden, alle sind relaxt und entspannt - so sollte eigentlich jeder Tag sein. Aber das wäre wohl zu schön um wahr zu sein! Dafür gibt es schließlich diese kleine Fluchten. 

Nach nicht einmal zwei Stunden Biker Mania-Feeling machen wir uns auf den Heimweg. Wieder geht es nicht auf dem direkten Weg nach Hause, sondern mit einer Extraschleife über den Pillersee, wo wir auch noch einen Zwischenstopp in einem unserer Lieblingsbiergärten direkt am See einlegen. Gut, dass schon Juni ist und die Tage entsprechend lang. So können wir diese herrliche Tour bis zur letzten Minute Sonnenschein auskosten und rollen spät am Abend mit den letzten Sonnenstrahlen vor der heimischen Garage vor. 

Solo für den Straßenkönig

Heute, am Ostermontag, bin ich zu einer Solorunde gestartet. Meine Rockerbraut wollte lieber im Garten herumwuseln als den Asphalt mit ihrer Sporty unter die Räder zu nehmen. Kurzerhand entschließe ich mich, den ersten Abstecher in die Berge zu wagen. Mal sehen, was mich dort erwartet. Oberhalb 1000 Meter liegt auf jeden Fall noch Schnee, das zeigt uns jeden Morgen der Blick von der Terrasse. Aber die Straßen sind sicherlich schon frei. 

So geht es rauf nach Reit im Winkel, von dort nach Kössen, zum Walchsee, weiter hinauf nach Sachrang und dann über Aschau wieder runter nach Bernau an den Chiemsee, von wo aus ich dann wieder nach Hause knattre. Wie erwartet sind die Straßen frei und perfekt befahrbar. Allerdings erinnern am Straßenrand immer noch mehr oder weniger große Schneehaufen und Schneereste daran, dass der Winter noch nicht so lange her ist und in unserer Region ordentliches Schneechaos verursacht hatte. 

Ein besonders kontrastreiches Bild bietet sich am Walchsee. Bei locker über 20° C in der Sonne genießen die ersten Sonnenanbeter das herrliche Osterwetter am Ufer und auf den dort festgezurrten hölzernen Badeinseln. Kurze Hosen, ärmellose Shirts und Tops sind angesagt, ganz mutige haben sogar schon Badehosen und Bikinis ausgepackt. Schweift der Blick dann über den See auf das gegenüberliegende Ufer mit dem Wilden Kaiser als Kulisse, scheint dort der Schnee bis knapp an den See herunter im Schatten der Felswände zu liegen. Vor dem geistigen Auge sehe ich noch Skifahrer die Hänge herunterwedeln - aber da geht wohl gerade die Phantasie mit mir durch. Also starte ich den Straßenkönig wieder und fahre weiter. 

In Aschau gibt es dann noch eine kleine Off-Road-Einlage - zumindest für einen Harley-Fahrer wie mich. Die Ortsdurchfahrt ist wegen einer Baustelle gesperrt. Die eingerichtete Umleitung führt über eine aus Schotter und Sand aufgeschüttete Behelfspiste, die schon ziemlich stark ausgefahren ist. Da muss ich ordentlich aufpassen, dass mein Straßenkönig nicht unbeabsichtigt in eine der Rinnen hinein rollt oder rutscht und Schlimmeres passiert. Aber es wäre doch gelacht, wenn ich diesen Abschnitt nicht gemeistert hätte! Bald habe ich wieder Asphalt unter meinen Pneus und kann entspannt nach Hause rollen. Da hat meine Rockerbraut ihren Gartentag beendet und ein leckeres Abendbrot vorbereitet. Der perfekte Ausklang für einen perfekten Tag!

Frohe Ostern!

Da meinte der Wettergott es aber gut mit uns! Die Ostertage sind bisher das perfekte Biker-Wochenende mit viel Sonne, angenehmen Temperaturen und ohne einen einzigen Tropfen Regen. Am Karfreitag haben wir den Straßenkönig und die Sporty noch spät nachmittags gestartet und auf eine kleine Abendrunde durch den Chiemgau gelenkt. Um dem Feiertagsverkehr auszuweichen, ging es über kleine Nebensträßchen Richtung Waginger See und von dort aus weiter bis kurz vor den Chiemsee, den wir aber natürlich nicht mehr anfahren wollten. Stattdessen sind wir früh genug wieder abgebogen und mit einigen Schlenkern und Bögen wieder nach Hause getuckert. Samstag war dann Gartenarbeitstag, aber heute, am Ostersonntag, dürfen die Motoren wieder blubbern. 

Dieses Mal geht es über Törwang ins Inn-Tal, von dort zum Simssee und dann... Tja, dann wollen wir eigentlich im großen Bogen nördlich um den Chiemsee herum nach Hause fahren. Bei einem kleinen Stopp sind meine Rockbraut und ich uns allerdings einig: Wir nehmen die Abkürzung über die Südroute, auch wenn dort nur Bundesstraßen-Osterverkehr auf uns wartet. Wir sind scheinbar noch nicht wieder richtig fit nach der Winterpause. Und der stramme Wind, der uns auf unserer bisherigen Runde umweht hat, tat sein Übriges dazu, dass wir tatsächlich ein wenig schwächeln. 

Aber wir haben Glück. Der Verkehr auf der Bundesstraße hält sich in Grenzen. Entgegen aller Erwartungen sind keine Feiertagschaoten unterwegs, sondern nur entspannte Wochenendcruiser. Wenn das doch nur immer so wäre, dass wir so relaxed nach Hause rollen!

Erlösung

Heute Morgen sah es noch sehr regnerisch und bedeckt aus. Aber während ich den Vormittag im Büro verbracht habe, wurde das Wetter von Stunde zu Stunde besser. Erst hörte es auf zu regnen, dann bekamen die Wolken ein immer helleres Grau, und auf der Fahrt am Mittag nach Hause lugten schon die ersten blauen Stellen und ein wenig Sonnenschein zwischen den nun nur noch weißen Wolken hindurch. Wir können also die Moppeds holen!

Zuhause wartet meine Rockerbraut schon in vollem Ornat und hat auch meine Klamotten vorbereitet, damit ich mich sofort umziehen kann und wir losfahren können. Unser Lieblings-Harley-Schrauber weiß natürlich auch Bescheid und hat die Maschinen schon parat gestellt. Und von einem strahlend blauen Himmel lacht inzwischen uneingeschränkt die Sonne. Aber zuerst müssen wir natürlich unsere beiden Schätze begrüßen und begutachten. 

An meinem Straßenkönig ist in diesem Winter nichts passiert außer der üblichen Wartung. Aber die Sporty meiner Rockerbraut hat endlich einen schönen Luftfilter bekommen. Und ein Skull-Timer-Cover ziert jetzt die rechte Motorseite als schickes Pendant zum Skull auf dem Hupencover zur Linken. Staunend und bewundernd stehen wir vor der Sporty und freuen uns über den gelungenen Umbau dieses Winters. 

Der neue Luftfilter passt perfekt zum Stil des Sportster-Motors mit den blank gefrästen Kühlrippen. Und er lässt viel mehr Sicht auf den schönen V2 zu als der Original-Brotkasten. Das Skull-Timer-Cover fügt sich darunter perfekt in das Erscheinungsbild ein. Der Look der Sporty meiner Rockerbraut wird immer harmonischer... und ich bin ein kleines bisschen neidisch!

Unser Lieblings-Harley-Schrauber wäre kein guter Geschäftsmann, wenn er mir nicht auch noch einen Floh ins Ohr setzen würde: Ich sollte doch mal über eine etwas höhere Scheibe für meine Road King nachdenken. Bei der Probefahrt hätte es seinen Kopf schon ordentlich durchgeschüttelt. Und da ich nur wenig kleiner bin als er, müsste es mir doch genauso ergehen. Er schickt mir da mal was zu... Dabei denke ich doch gerade eher über einen schicken Luftfilter für meinen Straßenkönig nach.

Aber genug geschaut und geplant! Umgebaut wird erst wieder im nächsten Winter. Jetzt wollen wir fahren. Und dank des inzwischen schönen Wetters können wir eine kleine Tradition fortsetzen: Wir kombinieren die Abholung unserer Harleys mit einer Runde um den Chiemsee als Auftakt der Saison. So tuckern wir entspannt die erste kleine Tour dieses Jahres - und die um zwei Wochen verspätete Abholung unserer Maschinen ist schnell vergessen. 

Zuhause angekommen, macht die Sporty erst einmal Pause in der Garage und meine Rockerbraut nimmt auf dem Sozius meines Straßenkönigs Platz. Dann fahren wir wieder zu unserem Lieblings-Harley-Schrauber, denn dort steht ja noch unser Auto. Das chauffiert meine Rockerbraut nach Hause, während ich eine weitere kleine Runde mit meinen Straßenkönig drehen kann. Hoffentlich geht das in diesem Jahr so gelungen weiter. Das Osterwochenende steht schließlich vor der Tür mit vielen freien Tagen... 

Die Folter dauert an

Die zweite Aprilwoche geht zu Ende, mein Straßenkönig und die Sporty meiner Rockerbraut stehen immer noch bei unserem Lieblings-Harley-Schrauber im Winterlager. Das Wetter war miserabel, die Arbeit war viel - also entgegen aller Wünsche und Pläne keine Chance, die Bikes abzuholen und endlich in die Motorradsaison zu starten. Dabei hatte ich mir das so erhofft! 

Immerhin ist jetzt auch das Wochenende so miserabel, dass wir uns nicht ärgern müssen ohne Moppeds zu sein. Aber Montag! Montagnachmittag habe ich schon freigenommen und die Vorhersagen kündigen einstimmig besseres Wetter ab Montagmittag an. 

Auf die Folter gespannt

Wie am Montag befürchtet, so kam es dann auch. Bei schönem Wetter habe ich die Woche im Büro verbracht und den Freitag angesichts der Wettervorhersage gar nicht erst freigenommen. Der war auch der schlechteste Tag der Woche, allerdings ohne die angedrohten Schnee- und Graupelschauer. Wir hätten die Bikes also durchaus abholen können. 

Aber das ist jetzt auch zu spät. Wir werden uns wohl noch ein paar Tage gedulden müssen. Das Wetter spannt uns dabei ordentlich auf die Folter: Am heutigen Samstag strahlt schon wieder die Sonne vom fast blauen Himmel, die Temperaturen sind okay bis auf ein kühles Lüftchen, das durch den Chiemgau weht. Für's Biken also eigentlich perfekte Bedingungen - wenn man denn ein Bike zur Verfügung hätte! 

Und als wenn das noch nicht ärgerlich genug wäre, lässt der Wetterbericht für die kommende Woche wieder nicht viel Gutes erahnen. Aber nächste Woche muss es einfach klappen. Irgendein trockener Tag wird doch dabei sein! Und irgendeinen Tag werde ich doch die Arbeit einmal Arbeit sein lassen können!

Schlechter Scherz

1. April, die Sonne scheint von einem blauen Himmel, und für die Jahreszeit sind die Temperaturen durchaus als sehr freundlich zu bezeichnen. Eigentlich der perfekte Tag, um den Straßenkönig und die Sporty meiner Rockerbraut aus dem Winterlager abzuholen und pünktlich zum ersten Gültigkeitstag des Saisonkennzeichens die erste kleine Runde des Jahres zu drehen. 

Aber was mache ich? Ich sitze im Büro und kämpfe mich durch einen riesigen Berg Arbeit. Und das wird die ganze Woche so bleiben: Der Wetterbericht verspricht schönes Wetter und ich kann vor lauter Terminen und Jobs, die fertig werden müssen, nicht freinehmen. Das würde erst am Freitag gehen. Und wisst Ihr, was der Wetterbericht dann vorhersagt: Schneeregen und Graupelschauer! Ich finde, dass ist ein verdammt schlechter Aprilscherz. 

Eine Straße in die Berge - und noch Himmel oben drüber

Straßenkönig, Berge und Täler und sogar schon Straßenmarkierungen zieren bisher mein Bein. Aber es gibt noch keine Straße und noch keinen Himmel an meinem linken Unterschenkel. Das wird sich heute ändern. Und damit mein Tattoo-Projekt dieses Winters noch rechtzeitig vor dem Start in die Motorradsaison fertig wird, hat mir mein Lieblings-Tätowierer sogar extra einen Termin an seinem eigentlich freien Samstagnachmittag gegeben - ach, wie werde ich verwöhnt!

Auf geht's also, die große, breite Nadel "asphaltiert" die Straße auf mein Bein. Aber was sind das jetzt plötzlich für Piekser? Und warum werden da noch Linien gezogen? Nachdem ich mich vom Bauch wieder auf den Rücken drehen und mich aufsetzen darf, sehe ich des Rätsels Lösung. Auf meinem Bein ist nicht einfach nur schnöder grauer Asphalt tätowiert. Nein, Dutzende schwarzer Punkte sorgen für eine richtige Struktur in der ansonsten unifarbenen Fläche. Und dazu kommen auch noch Risse im Asphalt wie auf einer richtigen Straße. Sogar die Leitpfosten werfen Schatten auf den Asphalt. Eine wahre alpine Traumstraße windet sich nach hinten in die Berge hinein. 

Zufrieden lehne ich mich zurück, denn nach der Straße kommt jetzt der Himmel an die Reihe. Nicht zu dramatisch soll er werden, denn schließlich bin ich ja Schönwetterbiker und will keinen Gewitterhimmel am Bein. Wieder surrt die Tatöwiermaschine los und Wolke um Wolke türmt sich unter meinem Knie auf. Im Moment sieht das alles sehr dramatisch und viel dunkler aus, als erwartet - mal sehen, was nach dem Abheilen übrig bleibt. Trotzdem bin ich superzufrieden, denn ganz ohne Himmel und ohne Wolken würde das Tattoo auch wieder nicht wirken. 

Hohe Berge 

Damit mein Straßenkönig nicht mehr vor einer kahlen und leeren Linienlandschaft stehen muss, werden heute die Berge rund um meinen Unterschenkel ausgemalt. So haben es der Tätowierer meines Vertrauens und ich gerade in unserer kurzen Vorbesprechung beschlossen. Nach der schmerzhaften, aber sehr lohnenden letzten Sitzung bin ich gespannt, was mich heute erwartet. Immerhin wird die Tätowiermaschine auf einer deutlichen größeren Fläche herumsausen. 

Doch bevor es los geht, begutachtet mein Tätowierer noch einmal seine Arbeit aus der letzten Sitzung. Es ist alles gut verheilt und er nickt zufrieden. Dann geht es los. Und in der Tat: Es ist eine sehr entspannte Sitzung. Selbst bei den schneebedeckten weißen Bergspitzen, die am Ende der Sitzung noch nachgearbeitet werden, bleibe ich dieses Mal ziemlich cool. Berg um Berg, Wipfel um Wipfel entsteht auf meinem Unterschenkel, dazu ragen noch ein paar Bäume vor der Bergkulisse und in den Himmel auf. 

Es ist wieder eine grandiose Arbeit, die mein Lieblings-Tätowierer da abliefert - auch wenn es nur schnöde Berge sind. Aber sie haben richtig Tiefe und Struktur. Am liebsten würde ich gleich auf's Bike steigen und losfahren, um die vermutlich hinter und zwischen den Bergen verborgenen kurvenreichen Sträßchen zu erkunden. 

Erste Schatten ziehen über mein Tattoo - und das ist gut so!

Nach der ersten Sitzung sah mein Unterschenkel noch ein wenig - wie soll ich sagen - leer aus. Es zogen sich zwar endlos feine Linie rund herum und das Motiv war auch schon gut zu erkennen. Aber irgendwie war alles noch sehr schemenhaft. Das wird sich heute hoffentlich ändern. Ich bin nur noch gespannt, wie? Geht der Tätowierer meines Vertrauens irgendwie schematisch vor und arbeitet sich von oben nach unten, von unten nach oben, von links nach rechts, von rechts nach links oder ganz anders vor? Gleich werde ich es wissen. Denn gerade ist die Tür zum Tattoo-Studio hinter mir zugefallen und ich höre schon den mechanischen Klang der Tätowiermaschinen rasseln. 

Kurz gewartet, schon darf ich zur Arbeitsliege meines Tätowierers gehen, meine mitgebrachte kurze Hose anziehen und es mir bequem machen. Nach einem kurzen prüfenden Blick und einem zufriedenen Nicken höre ich die Worte, die mich richtig glücklich machen: "Ich glaube, wir fangen heute mal mit Deinem Motorrad an. Was meinst Du?" Da sage ich nicht nein. Schließlich kann ich mir dazu am allerwenigsten vorstellen, wie es aussehen wird. Umso gespannter bin ich also - und umso erfreuter, wenn diese Unwissenheit mir heute schon genommen wird. 

Ich mache es mir bequem, die letzten Härchen an meinem Bein fallen dem Einwegrasierer zum Opfer und dann geht es auch schon los. Das Tätöwiermaschinchen summt und brummt, mein Bein vibriert und wird geschüttelt. Besonders lustig sind die Stiche direkt auf dem Schienbeinknochen. Da spüre ich das Brummen hoch bis in die Hüfte und runter bis in die Zehen. Bis hierhin also noch alles easy. 

Gut zwei Stunden später fange ich allerdings an zu kämpfen. Denn das Schattieren heute spielt sich die ganze Zeit auf relativ engem Raum ab. So rattern die Nadeln immer wieder über die gleichen Stellen. Um möglichst fließende Übergänge zu bekommen, arbeitet mein Tätowierer mit relativ heller Tinte, die er dafür immer wieder aufträgt, bis er die gewünschten Hell-Dunkel-Verläufe hat. Und an manchen Stellen setzt er auch noch mit Schwarz oder Weiß Akzente. Denn schließlich glänzt an meinem Straßenkönig auch überall Chrom, der im Tattoo nur durch entsprechend starke Kontraste zur Geltung kommen wird. 

Ich beiße die Zähne zusammen und halte durch, bis die Road King auf meinem Bein zum letzten Mal abgesprüht wird und Blut und Tinte abgewischt sind. Dann kann ich zum ersten Mal für heute einen ausführlichen und kaum getrübten Blick auf das Meisterwerk werfen. Und das ist es in meinen Augen in der Tat: ein Meisterwerk! Meine Harley steht da, ausgearbeitet bis ins letzte Detail. Selbst die Trinkflasche vor dem hinteren Koffer und die Lederriemen, die die große Tasche auf dem Gepäckträger halten, sind zu erkennen. Und schon jetzt, wenige Augenblicke nach dem letzten Nadelstich, ist schon zu erahnen, wo in wenigen Tagen überall Lichter die Chromteile blinken lassen werden. Die Schmerzen der letzten halben Stunde sind wie weggewischt. Und als auch noch der Kunde beim Tätowierer auf der Nachbarliege anerkennend den Daumen hebt, bin ich einfach nur noch stolz und glücklich.  

Mein Straßenkönig geht mir unter die Haut

Irgendwie habe ich ja schon ein Bild in meinem Kopf: Meine geliebte Road King soll am Rand einer Straße stehen, die in die Berge führt. Darüber soll ein sonniger, schäfchenbewölkter Himmel strahlen. Und das alles rund herum auf meinem linken Unterschenkel. Aber wie das als Tattoo funktionieren kann, dazu habe ich überhaupt gar keine Vorstellung. Schon gar nicht, wenn ich meinen Stil treu bleiben will und alles wieder nur schwarz-grau schattiert wird. Wird die Road King nicht winzig dastehen vor den riesigen Bergen? Wie soll das alles auf dem Unterschenkel aussehen? Und wie wird sich alles voneinander abheben? Dafür habe ich ja glücklicherweise den Tätowierer meines Vertrauens gefunden, der mich versteht, wenn ich versuche ihm meine kruden Vorstellungen zu erklären, und der dazu noch ein wahrer Meister an der Tätowiermaschine ist. 

Bewaffnet mit Ausdrucken von Bildern und einem USB-Stick mit noch mehr Bildern betrete ich das Tattoo-Studio zum ersten Termin für diesen Winter. Ein paar Infos und Fotos haben wir zwar schon vorab per E-Mail ausgetauscht, trotzdem habe ich lieber noch mal Material mitgenommen - man weiß ja nie! Ohne Punkt und Komma rede ich auf den Meister der Tattoos ein, um ihm meine Idee irgendwie zu beschreiben. Er blättert währenddessen durch die Bilder, lädt Dateien von meinem USB-Stick auf seinen Mac und öffnet die eine oder andere Datei in Photoshop, schließt sie wieder, schneidet hier was aus, fügt dort etwas ein - während ich immer noch Rede und Rede und Rede. 

Irgendwann unterbricht er mich in meinem Redeschwall: "Zeig mal Deinen Unterschenkel", lautet die kurze und knappe Anweisung. Ich krempel das linke Hosenbein hoch. "Okay, das nenn' ich mal stramme Wadeln. Da ist auf jeden Fall genug Platz für Dein Mopped und ein paar Berge." Dann dreht er sich wieder seinem Rechner zu. Dort steht inzwischen eine freigestellte Road King, Blickrichtung von links vorne, sodass die entscheidenden Merkmale meines Straßenkönigs gut sichtbar sind. "Die nehmen wir," sagt er nur. "Die Berge und die Straße mach ich dann freihand. Ich zeichne das alles mal kurz vor, Du kannst es Dir ja schon mal auf der Liege bequem machen."

Eine weitere halbe Stunde später prangt auf meinem linken Unterschenkel eine Vorskizze, die genau das widerspiegelt, was ich mir vorgestellt habe: Groß und stolz steht mein Straßenkönig im Vordergrund. Dahinter ragt eine eindrucksvolle Bergkulisse gen Himmel, in die sich eine Straße hinein windet. Ein paar Bäume und sogar eine Berghütte machen die Szenerie komplett. Genial, klasse, toll. Alles, was mein Herz in Sachen Motorrad begehrt, ist da in einem Bild zusammengefasst. Was ich mir allerdings auch jetzt noch immer nicht vorstellen kann: Wie sieht das ganze am Ende fertig schattiert aus?

Egal, die Vorskizze sieht schon mal toll aus. Und dass ich ein phantasieloser Ignorant bin, dafür kann mein Tätowierer schließlich nichts. Er bekommt grünes Licht, die Tätowiermaschine summt los und rund um mein Bein nehmen Linie um Linie eine Road King und ein Bergpanorama Gestalt an.  

Ab in den Winterschlaf

Es ist so weit, es gibt kein zurück mehr. Das Saisonkennzeichen und der Kalender kennen keine Gnade - und auch das Wetter zeigt das Saisonende immer wieder an. Es ist Ende Oktober, Road King und Sporty gehen in den Winterschlaf. Bei unserem Lieblings-Harley-Schrauber verbringen sie die kalten Tage in einer wohltemperierten Halle. 

Der Übergabecheck zeigt keine nennenswerten, notwendigen Reparaturen oder Arbeiten an den beiden Bikes. Sie bekommen nur die normalen Wartungen, bei der Sporty meiner Rockerbraut ist auch noch der TÜV fällig. Kostentechnisch bleibt also wohl alles im grünen Bereich. Deshalb können wir den Winter über darüber nachdenken, was wir an den Maschinen verschönern und verbessern möchten. Da stehen ja immer noch schicke, kleinere Luftfilter zur Debatte, die den Blick auf die V2-Motoren freigeben und den grauslichen Brotkasten ersetzen. Oder diverse Deckel mit Skull-Motiv für den Motor der Sporty meiner Rockerbraut. Oder, oder, oder ... Mal sehen, was der Winter unseren Harleys bringt. 

Mir wird der Winter auf jeden Fall ein weiteres Tattoo bringen. Die Termine sind schon gemacht. Schließlich war ja schon im vorigen Winter eine Verschönerung meiner Unterschenkel geplant, was terminlich aber nicht mehr hingehauen hatte. Jetzt soll mein linker Unterschenkel das Motiv bekommen, das meine Leidenschaft am besten ausdrückt: meinen Straßenkönig vor einer tollen Bergkulisse. 

Ich muss noch mal los

Nein, das kann es noch nicht gewesen sein für dieses Jahr. Egal, wie sensationell es auch war, so geile Zeiten dürfen einfach nicht zu Ende gehen! Meine Rockerbraut will nicht mitfahren, sie hat genug Kilometer für dieses Jahr abgerissen. Also mache ich mich noch einmal allein auf die Achse, auch wenn das Wetter nicht ganz so perfekt ist. Irgendwann heute wird es regnen, das ist jetzt schon klar. Aber wenn ich das im Auge behalte und meine Tour danach ausrichte, werde ich ziemlich sicher trocken wieder nach Hause kommen. Deshalb lenke ich meinen Straßenkönig auch nicht in die Berge, sondern einfach mal in Richtung Freilassing und Laufen. Dort kreuze ich über kleinste Nebensträßchen durch das deutsch-österreichische Grenzgebiet, um dann über den Waginger See wieder sehr umständlich nach Hause zu cruisen. Tatsächlich geht mein Plan auf - es gelingt mir, den heranziehenden Wolken immer so auszuweichen, dass meine Road King und ich außer ein bisschen Gischt von der nassen Straße keinen Regen abbekommen. 

Jahresabschluss im Bikertreff

Samstag, der 13. Oktober - zum Glück nicht Freitag, der 13.! Bevor diese großartige Saison zu Ende geht, möchten wir noch einmal zum Burgeressen in einen Bikertreff an den Wilden Kaiser fahren. Die Sonne lacht, das Wetter ist herrlich - zum wievielten Male schreibe ich das jetzt eigentlich in dieser Saison? -, wir rollen los über Kössen und St. Johann zu unserem Einkehrziel. 

Doch bevor wir dort vorfahren, beschließen wir noch einen Abstecher zum Hintersteiner See zu machen. Ein großer Fehler an diesem Tag. Denn dorthin sind auch gefühlte tausend Auto- und zehntausend Radfahrer unterwegs. So wird es auf der ohnehin schon schmalen Zufahrtsstraße manchmal ziemlich eng, wenn (unfähige) Autofahrer, (allein auf der Welt radelnde) Fahrradfahrer und (ein bisschen Spaß habende) Motorradfahrer aneinander vorbei möchten. Wir machen auch gar nicht großartig Halt am See, sondern ergreifen sofort wieder die Flucht. Die Parkplätze sind überfüllt, hier ist für uns einfach zu viel los. Also geht es wieder über das schmale Zufahrtsstraße hinunter ins Tal und zu unserem eigentlichen Ziel. 

Aber auch da ist gerade die Hölle los. Was wir nicht wussten: Der Bikertreff hat heute den letzten Tag vor der Winterpause geöffnet und feiert das a) mit einem Fußballturnier am Nachmittag und b) einem großen Schlachtfest mit Live-Musik am Abend. Wir finden trotzdem ein schönes Plätzchen im Biergarten. Schließlich sind die meisten Gäste noch beim Fußballturnier. Während wir uns an Burger und Pommes laben, schauen wir dem geschäftigen Treiben in Lokal und Biergarten zu, wo alles für den Abend vorbereitet wird. 

Die Band trägt ihr Equipment an uns vorbei und baut alles in einer Ecke des Biergartens auf. In der Freiküche werkeln mehrere Köche geschäftig an der Vorbereitung der Speisen für das abendliche Schlachtfest. Hier wird tatsächlich alles noch frisch und traditionell von Hand vorbereitet. In riesigen Töpfen kochen Fleisch und Speck; Leber-, Blut- und Bratwurst werden angerührt und in Därme gezogen; die Beilagen Sauerkraut und Kartoffeln kochen ebenfalls in gewaltigen Töpfen vor sich hin. Es duftet himmlisch - aber leider gibt es das alles erst später am Abend, wenn wir schon wieder abgedampft sind. Kein Problem, denn die Burger hier sind auch mehr als sehr ordentlich!

Nachdem wir dem Treiben noch ein wenig zugeschaut haben, gesteht mir meine Rockerbraut eine kleine fahrerische Schwäche: Bei der steilen Abfahrt vom Hintersteiner See - und dabei vor allem in ein, zwei sehr steilen und sehr engen Kurven - hatte sie ein paar Probleme, das richtige Zusammenspiel von Vorder-, Hinterrad- und Motorbremse hinzubekommen. Ergebnis waren ein kurz blockierendes und leicht wegschmierendes Hinterrad, das sie ziemlich verunsichert hat. Wir spielen das Bergabfahren noch einmal in allen Details durch - was sie macht, was sie machen sollte - und beschließen, dass wir das im nächsten Jahr noch einmal ganz gezielt in Angriff nehmen. 

Dann flüchten wir alsbald Richtung Heimat, bevor das Fußballturnier aus ist und die Zuschauer in den Biergarten strömen. Es wird noch eine schöne Heimfahrt über Kufstein in den Chiemgau. Mit ein wenig Wehmut rollen die Sporty meiner Rockerbraut und meine Straßenkönig in die Garage. Das wird wohl die letzte Tour für dieses Jahr gewesen sein. Geplant ist nur noch eine Fahrt: zu unserem Lieblings-Harley-Schrauber ins Winterlager. 

Hausstrecke, ich komme

Anfang Oktober, nach wie vor ist das Wetter sommerlich, auch wenn sich zwischenzeitlich der eine oder andere Regentag eingeschlichen hatte. Wir starten heute noch einmal auf ein Teilstück unserer Hausrunde. Über Kössen geht es zum Walchsee, weiter nach Sachrang und Aschau und dann wieder nach Hause. Schon faszinierend, wie wenig hier jetzt los ist. Vor allem am Walchsee entlang ist die Strecke jetzt wie leer gefegt. Leider haben aber auch die meisten Einkehrmöglichkeiten geschlossen. Egal, so lange sind wir ja heute eh nicht unterwegs und Tee und Kuchen gibt es einfach später zuhause. Jetzt genießen wir einfach die freien Straßen und den herrlichen Ausblick auf den herbstlich werdenden Kaiser. 

Das Panoramastraßenvirus hat mich infiziert

Kaum sind wir aus Kärnten zurück im Chiemgau, überlege ich, wie wir dieses geile Urlaubs- und Bikerfeeling der letzten Woche weiter konservieren können. Der Sommer nimmt kein Ende, das Wetter schreit täglich nach der nächsten Tour! Die Idee für eine Fortsetzung unseres Urlaubstraums und Traumurlaubs: eine Nachmittagstour zur Rossfeld-Panoramastraße. Warum soll die nicht ähnliches Fahrvergnügen bieten wie die Nockalmstraße, auf der ich mich vor genau einer Woche mit dem Panoramastraßenvirus infiziert habe. 

Um dem Virus zu frönen, habe ich heute früh Feierabend gemacht. Schnell sind Sporty und Straßenkönig aus der Garage geschoben, auf geht's nach Berchtesgaden und hoch aufs Rossfeld. Ehrlich: Ich ärgere mich schwarz, dass wir diese Tour erst heute, im vierten Jahr unseres Lebens in Oberbayern, machen. Bisher hatte mich die blöde Vorstellung, über eine überfüllte, mautpflichtige Touristenstraße zu knattern, abgeschreckt. Aber heute - mitten in der Woche und außerhalb der Feriensaison - ist die Tour der pure Genuss.

So fahren wir entspannt hoch zur Passhöhe, wo wir eine ebenso entspannte Pause einlegen und die faszinierenden Aussichten auf die umliegenden Berge und in die angrenzenden Täler genießen. Auch die Abfahrt im beginnenden Abendrot an diesem Tag ist ein sensationelles Erlebnis und fahrerisch gar nicht so ohne. Die Tour ist ein echter Kurzurlaub an einem Nachmittag! Und heute ist zwar der erste dieser Kurzurlaube, aber ganz sicher nicht der letzte. Über die Mautgebühren können meine Rockerbraut und ich nur lachen. Da haben wir für schlechtere Aussichten und weniger Unterhaltung schon weitaus mehr bezahlt! 

Mann, hat das gekracht! 

Sonntag, eine Woche Urlaub in Faak und die European Bike Week sind vorbei. Und was war das für eine Woche! Geile Touren, geile Partys, geiles Wetter - letzteres, mit Ausnahme der Anreise am letzten Sonntag, zumindest immer dann, wenn wir es brauchten. Jetzt geht es heim. Bei noch einmal herrlichem Wetter: Sonne, blauer Himmel, angenehme Temperaturen. 

Nach dem Auschecken aus der Ferienwohnung, die wir bei dieser Gelegenheit gleich wieder für das nächste Jahr fest gebucht haben, packen wir die letzten Sachen auf unsere Maschinen und treten die Heimfahrt an. Zurück wollen wir über die Turracher Höhe. Der Weg dorthin führt uns noch einmal über die in dieser Woche entdeckte Lieblingsstrecke. Am Bächlein entlang schwingen wir uns durch das Tal. Als wir auf eine Pferdekoppel zufahren, galoppieren zwei Pferde über die Weide direkt auf uns und die Straße zu - was für ein herrliches Bild und was für ein Abschied von Faak! Kraftvoll, dynamisch, ungezügelt. 

Später folgen wir dann der Bundesstraße rauf zur Turracher Höhe. Auf der Passhöhe legen wir eine Pause ein und genießen die Aussicht auf den See und die umliegenden Berge. Schon verrückt: Auf einer Infotafel steht, dass der See dank seiner Lage in fast 1800 m Höhe ein typischer Gebirgssee und deshalb meist das halbe Jahr zugefroren ist. Während wir das lesen, ziehen auf dem See ein Stand-up-Paddler und ein seltsames, fahrradähnliches Wasserfahrzeug vorbei. Naja, von zugefroren kann wohl noch lange nicht die Rede sein - obwohl es ja doch schon der 9. September und damit bald Herbstanfang ist. 

Während der Abfahrt von der Turracher Höhe sind wir fast allein auf der herrlichen Strecke. Was für ein Genuss! Beschwingt rollen wir hinunter ins Murtal, wo wir dem Flüsschen auf der Bundesstraße in Richtung Westen folgen. Zum Glück leitet uns das Navi aber bald wieder weg von der Bundesstraße auf kleine Nebensträßchen, denen wir begeistert hinein in die Berge folgen. Der Lohn für den Umweg sind wieder einmal mehr begeisternde Aussichten auf eine tolle Landschaft und unbeschwertes Fahrvergnügen ohne die Hektik der Bundesstraßen. 

Die holt uns erst wieder ein, als es hinauf nach Obertauern geht. Bei dem herrlichen Wetter sind auf diesem Streckenabschnitt viele Möchtegern-Rennfahrer unterwegs. Bitte schön, fahrt's zu und lasst uns in Ruhe cruisen. Für uns ist der Weg das Ziel und nicht die maximale Geschwindigkeit und Schräglage. Diesem Motto folgen wir auch auf der restlichen Heimfahrt durchs Pongau, durchs Salzachtal und dann wieder über die Berge rüber nach Berchtesgaden. Die vermehrt auftretenden Idioten, die die Straße - vor allem den Abschnitt von Berchtesgaden bis in den heimischen Chiemgau - mit der Rennstrecke verwechseln, versuchen wir so gut es geht zu ignorieren. Hauptsache, wir kommen nach einer genialen Wochen wieder gut erholt und entspannt zuhause an. Wir haben es schließlich in dieser Woche schon genug auf unsere Art und Weise ordentlich krachen lassen. 

Antreten zur Parade 

Samstag ist wieder Paradentag. Mitfahren wollen wir nach wie vor nicht. Aber anschauen, winken und jubeln. Bei unserer Rundfahrt um den Ossiacher See am Donnerstag hatten wir das Restaurant am Südufer wieder entdeckt, in dem wir schon vor zwei Jahren die Parade angeguckt und so eine tolle Aussicht hatten. Dorthin fahren wir heute Morgen relativ früh, damit wir ja nicht in irgendeine Streckensperrung kommen. 

Als wir am Ossiacher See ankommen, wird uns schnell klar, dass wir viel zu früh dran sind. Das Restaurant hat zwar schon Biertische aufgebaut, die Mitarbeiter decken aber noch ein und eigentlich ist noch gar nicht geöffnet. Trotzdem dürfen wir schon Platz nehmen und bekommen auch schon ein erstes Getränk. Weiterfahren und später zurückkommen steht für uns nicht zur Debatte, wir wollen auf jeden Fall hier die Parade abnehmen. 

Was für ein Glück, dass wir hier am Südufer warten! Die Sonne scheint sommerlich warm vom Himmel, wir sitzen angenehm im Schatten - Angst vor einem Sonnenstich müssen wir also nicht haben, ebenso wenig aber auch davor, dass es uns zu frisch wird. So harren wir wohl zwei Stunden aus, bis sich die ersten Anzeichen der heranrollenden Parade bemerkbar machen: Die Parade führt nämlich zuerst am Nordufer des Ossiacher Sees vorbei - und von dort schallt das Donnern und Grollen der V2-Motoren schon lange vor Ankunft der ersten Maschinen zu uns über den See herüber. Dann dauert es noch einmal eine gefühlte Ewigkeit, bis die ersten Maschinen auf unseren Standort zurollen. Sie kommen genau auf uns zu, weil das Restaurant im Scheitelpunkt einer Kurve liegt - perfekt für tolle Fotos, zum Winken, Grüßen und ein großes Hallo! Was für ein Karneval auf Rädern! Besonders beliebt auch in diesem Jahr: Trachten aus aller Herren Länder und Helmüberzieher mit Muppet-Show- bzw. Sesamstraßen-Figuren. 

Nachdem die Parade vorbeigezogen ist, überlegen meine Rockerbraut und ich, wie wir den Rest des Tages gestalten wollen. Auf das Festivalgelände wollen wir heute am Samstag eigentlich nicht mehr, darüber sind wir uns einig. Also hätten wir noch den ganzen Nachmittag frei für eine weitere Tour. Aber wollen wir uns das antun, wenn wir morgen die Rückfahrt vor uns haben? 

Das herrliche Wetter überzeugt uns davon, dass wir noch eine weitere Tour fahren. Aber wohin? Da fallen uns die beiden Rollerfahrer von unserer Nockalmtour ein. Die hatten uns die Fahrt auf die Hochrindl ans Herz gelegt. Von hier, vom Ossiacher See aus, wäre das tatsächlich eine schöne Nachmittagsrunde. Also starten wir los. Zunächst geht es nach Feldkirch, von dort dann Richtung Norden über die Bundesstraße, bis die Hochrindl-Straße links abzweigt. 

Liebe Rollerfahrer, an dieser Stelle ist es Zeit Euch ganz herzlichen Dank für diesen tollen Tipp zu sagen! Von alleine hätte ich diese Strecke nämlich niemals in meine Routenplanung aufgenommen. Dabei ist die Tour absolut genial. Ein kleines Landsträßchen führt uns hinein in die Berge, an uns vorbei gleitet eine faszinierende Landschaft aus Wiesen und Wäldern in tausenden von Grüntönen im Wechselspiel von Sonne und Schatten und im Wechsel der verschiedenen Höhenzonen. Oben auf dem Hochrindl begrüßt uns ein Bikertreffpunkt, an dem wir eine kurze Pause einlegen. 

Dann geht es wieder hinab ins Tal. Die Straße führt parallel zu einem Gebirgsbach und folgt auch jeder seiner Kehren. Irgendwann stelle ich fest, dass meine Rockerbraut nicht mehr im Rückspiegel zu sehen ist - und dort auch nicht auftaucht, wenn ich ein Stückchen das Gas rausnehme. Also halte ich irgendwann an, warte und überlege, ob ich umdrehe um zu sehen, wo sie bleibt und ob etwas passiert ist. Gerade will ich erst einmal zum Mobiltelefon greifen, um nachzusehen, ob ich eine Nachricht habe, da höre ich das wohl vertraute Brummeln einer Harley herannahen. Tatsächlich: Meine Rockerbraut tuckert auf mich zu, rollt neben mich und hält an. Unter dem Helm strahlt mich ein fettes Grinsen an: "Wie geil ist das denn hier?", schallt es aus dem Helm hervor. "Ich konnte mich gar nicht satt sehen an Wildbach, Wiesen, Wäldern, Bergen! Sorry, dass ich die Bremse rein gehauen habe. Aber ich musste einfach immer wieder gucken, gucken, gucken!" Na klar, ich mache mir sorgen, dass meine Rockerbraut im Wildbach liegt, und sie tuckert wohlgelaunt im Schritttempo die Straße herunter und genießt das Biken auf ihre ganz eigene, sehr entschleunigte Art. 

Abends zurück in Drobollach gibt es dann noch ein weiteres i-Tüpfelchen auf diesen Tag und eigentlich auf die ganze Woche. Da unser Lieblings-Harley-Schrauber unser Gepäck auch wieder mit zurück nach Hause nimmt, haben wir uns zur Gepäckübergabe und zum anschließenden Essen verabredet. Als wir mit unseren Sachen, vor allem aber mit den Taschen voller Einkäufe der letzten Tage angeschleppt kommen, staunen unser Lieblings-Harley-Schrauber und seine Frau nicht schlecht. "Da habt Ihr aber ordentlich zugeschlagen, hoffentlich bekommen wir das alles noch unter", sagen die beiden lachend, denn in ihrem Sprinter wäre sicherlich noch Platz für ein paar T-Shirts mehr! 

Dann geht es gemeinsam weiter zum Essen in ein Restaurant in Drobollach - gelegen direkt an der Durchgangsstraße, über die heute ein schier endloser Strom Harley rollt. Natürlich würden wir gerne draußen sitzen, aber da ist wohl kein Platz mehr frei. Alle Tische sind entweder schon besetzt oder aber reserviert. Während wir uns also schon damit abfinden, dass wir drinnen sitzen müssen, kommen andere Gäste, die einen Vierer-Tisch in erster Reihe auf der Terrasse direkt an der Straße reserviert hatten. Offensichtlich sind sie keine Harley-Fahrer oder -Fans. Denn sie wollen diesen Tisch nicht haben. Zu laut, zu viel Gestank, später dann vielleicht auch zu kalt. Das sehen wir natürlich ganz anders: Geiler Sound, leckeres Abgasaroma, herangeweht von einer angenehm warmen Abendluft - Biker-Herz, was willst Du mehr? Einen besseren Tisch gibt es doch auf der Terrasse, ach was, im ganzen Ort nicht! Wir schlagen sofort zu und übernehmen den Tisch. Es wird ein wundervoller Abend, den das Personal des Restaurants zu schon sehr fortgeschrittener Zeit mit mehr oder weniger dezenten Hinweisen auf den Feierabend beendet. 

Gammeln und Faulenzen, der 2. 

Nach drei tollen Biketagen legen wir heute noch mal einen motorradfreien Faulenzertag ein. Die Wetteraussichten sind nicht so besonders, der Himmel ist schon am Morgen stark bewölkt. Die Road King und die Sporty bleiben in der Garage, wir nehmen schon mittags den Bus nach Faak. Dort wechseln wir munter zwischen Moppeds gucken, Leute gucken und Verkaufsstände gucken ab und ziehen im Laufe des Tages zu Fuß von Faak nach Arneitz und wieder zurück, bis die Socken qualmen. Irgendwie haben wir ein seltsames Verständnis von Gammeln und Faulenzen - das Rumgerenne ist doch viel anstrengender als den Straßenkönig über die Landstraßen zu treiben!

Perfektes Timing

Wie verabredet, treffen wir uns heute mit unserem Lieblings-Harley-Schrauber, der uns eine ganz besonders schöne Tour zeigen möchte, die er schon vor ein paar Jahren entdeckt hat. Wieder strahlt die Sonne vom Himmel, wieder ist für den Nachmittag ein geringes Schauer- und Gewitterrisiko vorhergesagt. Dann wollen wir aber längst zurück sein. 

Die Begrüßung wird zu einem großen Hallo, denn ich trage heute zum ersten Mal den gestern Abend neu gekauften Jethelm. "Machst Du jetzt einen auf cool?", fragt mich unser Lieblings-Harley-Schrauber, der mich nur mit meinem - immerhin airbrush-verzierten - Klappvisierhelm kennt. "Ja, endlich habe ich einen coolen Jethelm gefunden, der auf meinen komischen Schädel passt. Mal sehen, wie das wird, wenn ich ihn bei der Fahrt trage." Mein Problem mit den richtig coolen Mützen ist nämlich, dass sie mir meistens zu klein sind. Und wenn sie passen, dann kollidiert spätestens das integrierte Visier mit meiner Nase und/oder meiner Brille. Einen Deckel ohne Visier kann ich nicht ab, den Windzug machen meine Augen nicht mit. Und eine supercoole Bikerbrille passt wiederum nicht über meine Brille...

So starten wir auf unsere kleine Tour und Helmprobefahrt. Schon nach wenigen Kilometern gebe ich meiner Rockerbraut ein Daumen-hoch. Die neue Mütze ist perfekt. Frischluftfreuden, ohne dass es auf die Augen zieht oder der Helm drückt oder aber fliegen zu gehen droht. Dieser Kauf war schon mal eine gute Entscheidung. Noch ein paar Kilometer weiter gibt es dann das nächste Zeichen an meine Rockerbraut und auch an unseren Lieblings-Harley-Schrauber - ein fröhliches Lachen bei einem kurzen Zwischenstopp. Denn die tolle Strecke, die wir heute gemeinsam fahren, ist nichts anderes als die Tour, die wir gestern durch Zufall auf der Rückfahrt von der Nockalmstraße entdeckt haben und von der wir gestern Abend noch in den höchsten Tönen geschwärmt hatten - nur dass wir dieses Mal in der entgegengesetzten Richtung unterwegs sind und später statt zur Nockalmstraße in Richtung Feldkirch abzweigen. Macht aber überhaupt nichts - die Strecke ist wieder wunderbar und macht einen riesigen Spaß. So viel Spaß, dass meine Rockerbraut und ich nach der Rückkehr nach Drobollach beschließen, diesen Biketag noch nicht zu beenden, sondern eine kleine Tour dranzuhängen. Wir wollen noch eine Runde um den Ossiacher See drehen. Mit unserem Lieblings-Harley-Schrauber und seiner Frau verabreden wir uns für später in einer Bikerkneipe in Villach. 

Unser Timing für diese Planung passt perfekt. Wir zuckeln gemütlich um den Ossiacher See und fahren sozusagen unsere eigene kleine Parade, um pünktlich zur verabredeten Zeit in Villach einzutreffen. Dort stärken wir uns mit vorzüglichen Burgern, wobei unser Blick allerdings immer wieder gen Himmel wandert. Dort ziehen zunehmend Wolken auf, die auch zunehmend dunkler werden. Es wird wohl Zeit aufzubrechen. Und so starten wir ein klein wenig früher als ursprünglich gedacht zurück zu unserem Feriendomizil. Und das ist gut so: Kaum haben wir die Maschinen untergestellt und sind in unserer Ferienwohnung, krachen die ersten Donner über den Faaker See, zucken die ersten Blitze vom Himmel und ergießt sich ein ordentlicher Gewitterregen vom Firmament. Wenn das kein perfektes Timing war! Entspannt sitzen wir den Regen aus, um danach einen fröhlichen Partyabend zu feiern - dieses Mal im Festzelt von Arneitz. 

Auf zur Nockalmstraße

Auch unser dritter Morgen am Faaker See begrüßt uns mit blauem Himmel und Sonnenschein. Perfekte Voraussetzungen für die nächste große Tour. Heute soll es zur Nockalmstraße gehen. Die habe ich als absolutes Muss für diese Woche geplant. Wir starten also nach einem ordentlichen Frühstück Richtung Villach und rollen dann über ein wunderschönes Sträßchen an der Drau entlang, bis uns das Navi rechts ab in die Hügel führt. Von dort geht es bald wieder hinunter nach Döbriach und zum Millstätter See. Was für eine Aussicht bietet uns diese Abfahrt! Und dazu tuckert, als hätten wir es bestellt, auch noch ein Ausflugsschiff in unserer Blickrichtung über den See und zieht seine Wellenbahn völlig ruhig und gleichmäßig hinter sich her. 

Nach einem kurzen Stück entlang des Millstätter Sees geht es in Dellach direkt wieder raus aus dem Tal und rauf in Richtung Obermillstatt. Dabei stellt uns der Abzweig weg von der Bundesstraße auf das kleine Nebensträßchen vor eine echte fahrerische Herausforderung. Die Straße führt nämlich nicht einfach nur rechts weg. Sie bildet vielmehr eine 180°-Kehre, die praktisch ohne Abstand zur Bundesstraße und mit einer sofort beginnenden Steigung abknickt. Mit meinem Straßenkönig brauche ich die komplette Straßenbreite, um dieses Eck zu meistern, weil ich nicht schon auf der Bundesstraße Schwung geholt habe. Zum Glück kommt in diesem Augenblick kein Gegenverkehr! Meine Rockerbraut hat es etwas leichter. Weil sie ohnehin immer versetzt zu mir etwas weiter in der Straßenmitte fährt, hat sie hier etwas mehr Kurvenradius zur Verfügung und kann ihre Sporty elegant um die scharfe Ecke zirkeln. 

Nach ein paar Kilometern auf der kurvigen Nebenstraße entdecken wir am Wegesrand ein Hotel mit einer tollen Aussichtsterrasse. Wir legen einen kurzen Stopp ein und kommen mit zwei älteren einheimischen Rollerfahrern ins Gespräch. Die beiden wundern sich darüber, dass wir uns auf diese Nebenstrecke verirrt haben und nicht im Tross der übrigen Biker über die Bundesstraßen rollen. Sie versorgen uns mit ein paar Tipps zu tollen Strecken für die nächsten Tage, die selbst während der Bike Week nicht total überfüllt sein werden. Wir bedanken uns für die Empfehlungen und starten wieder Richtung Nockalm. 

Das Navi führt uns parallel zur Bundesstraße und ein bisschen weiter oben in den Bergen über völlig leere Sträßchen, bis wir doch irgendwann wieder auf die Hauptstraße kommen. Wir hatten schon fast vergessen, dass wir sicher nicht die einzigen Biker sind, die zurzeit hier unterwegs sind! Der Verkehr auf der Hauptstraße belehrt uns schnell eines besseren. Mit uns und im Gegenverkehr rollt eine schier endlose Motorradkarawane, vor jedem Café oder Restaurant am Wegesrand stehen Bikes und sitzen Biker, die uns und denen wir zuwinken. 

In Kremsbrücke folgen wir den Hinweisschildern Richtung Nockalmstraße und genießen schon die Anfahrt zur Mautstation bis, ja bis wir irgendwann auf einen Touristenbus aufschließen, der sich die Straße entlang kämpft. Das Ding eiert von links nach rechts, braucht nicht nur seine eigene, sondern auch an vielen Stellen noch die Gegenfahrbahn und tuckert dabei knapp über Schrittgeschwindigkeit durch die Gegend. Grausam, keine Chance zu überholen. An der Mautstation haben wir noch die Hoffnung, dass der Bus kurz Halt macht und uns vorbei lässt. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zu letzt - aber sie stirbt. Also bleibt uns nur, bei erster Gelegenheit einfach eine Pause zu machen, bis der Bus verschwunden ist und uns nicht mehr nervt. 

Kaum kommt der erste Rastplatz auf der Nockalmstraße, fahren wir auch schon raus und wollen parken. Da winkt meine Rockerbraut wie verrückt und gibt mir Zeichen. Der nervige Bus hält ebenfalls und spuckt eine schier endlose Reihe beige gekleideter Rentnerinnen und Rentner aus. Nichts wie weg hier, und das gleich aus zwei Gründen: Erstens sind wir den Bus los, zweitens wird der weitere Aufenthalt an diesem Rastplatz kein Vergnügen, wenn die Rentnerband hier einfällt. Genauso schnell, wie wir auf den Parkplatz rauf sind, düsen wir jetzt auch wieder runter und fahren endlich die ersehnte Genießertour über die Nockalmstraße. Ich bin so begeistert von der Straße und der Aussicht, dass ich gar keinen weiteren Stopp auf der Passstraße mehr einlege, sondern nur noch fahre, fahre, fahre. 

Erst unten im Tal in Reichenau, als die Nockalmstraße schon längst zu Ende ist, halte ich an, um in einem Gasthaus Rast zu machen. Meine Rockerbraut quittiert das mit einer klaren Ansage: Sie hätte nur zu gerne oben auf einem der Parkplätze angehalten und die Aussicht genossen. Bei der nächsten Tour, so lässt sie mich unzweifelhaft verstehen, muss ich bei solchen Gelegenheiten anhalten - egal wie voll die Parkplätze sind, egal wie toll die Strecke gerade ist und egal wie viel Spaß ich gerade beim Fahren habe. 

Erfrischt und gestärkt treten wir die Rückfahrt nach Drobollach an. Eigentlich dachten wir, dass die bisherige Tour gar nicht mehr zu toppen ist. Aber irgendwann zeigt mir das Navi an rechts abzubiegen - und was dann folgt, ist die Krönung des Tages. Die Straße führt uns durch ein Tal in endlosen leichten Schwüngen an einem Bächlein entlang. Die Straßenführung ist wie gemacht für meinen Straßenkönig und die Sporty meiner Rockerbraut, es ist einfach der pure Spaß und das Sahnehäubchen auf diese perfekte Tour. 

Am Abend treffen wir uns mit unserem Lieblings-Harley-Schrauber und seiner Frau im Harley-Village in Faak und können gar nicht genug von der tollen Tour schwärmen, während wir uns an den Cateringständen die Bäuche vollschlagen und bei den Verkaufsständen der Harley-Dealer in einen kleinen Shoppingrausch verfallen. Bepackt mit T-Shirts und einem coolen Jethelm, der mir passt!, kehren wir spät in der Nacht zurück in unsere Ferienwohnung - nicht ohne uns vorher noch mit unserem Lieblings-Harley-Schrauber zu einer kleinen Tour am nächsten Tag zu verabreden. 

Danke, lieber Wettergott

Faak, Tag 2. Die Sonne scheint von einem blauen Himmel, über den noch ein paar Wolken ziehen. Regen ist aber vorerst nicht zu erwarten. Die Wetter-App auf dem Smartphone warnt allenfalls für den Nachmittag vor einzelnen Schauern. Also nichts wie rauf auf die Sporty und den Straßenkönig. Unser Ziel für heute: eine runde um den Wörthersee, direkt am Südufer entlang bis Klagenfurt, dann aber weg vom See mit einer Schleife durch die nördlich gelegenen Hügel nach Velden. 

Die Strecke ist wunderschön, nur mein Navi spinnt und bringt mich zur Weißglut. Die vorab geplanten und auf der SD-Karte gespeicherten Touren werden scheinbar nicht richtig in die Routenplanung übernommen. Das Navi führt mich immer wieder im Kreis, in Sackgassen oder durch ein Wohngebiet, nur um anschließend wieder auf derselben Straße auszukommen, von der wir wenige Meter zuvor abgebogen sind. Irgendwann schalte ich die Routenplanung ab und gebe Velden ganz normal als Ziel in die Navigation ein. Ohne mich sklavisch an die Routenempfehlungen des Navis zu halten, fahren wir immer wieder aufs Geratewohl den einen oder anderen Umweg. Schließlich wollen wir nicht die kürzeste Strecke ans Ziel finden, sondern möglichst viel von der schönen Kärntner Landschaft sehen und kleine, kurvige Nebensträßchen entdecken. 

So kommen wir dann tatsächlich am frühen Nachmittag nach einer wunderschönen Tour in Velden an. Meine Rockerbraut hat Glück, sie kann ihre Sporty wieder einmal direkt vor dem Casino in erster Reihe parken. Leider reicht der Platz für meinen Straßenkönig an dieser Stelle nicht. Ich rolle weiter, bis auch ich eine Lücke in der endlosen Reihe der Harleys finde, in die meine Road King passt. Meine Rockerbraut hat die Zeit, die sie warten musste, bis ich wieder zu ihr ans Casino gestiefelt bin, schon genutzt und uns am Casino einen Tisch in erster Reihe gesichert. An ihm stillen wir unseren Durst und gehen unserer Lieblingsbeschäftigung nach: verrückten Bikern beim Vorbeiflanieren zusehen und über die schrägsten Gestalten lästern. 

Nach einer kleinen Schau- und Guckrunde durch das Veldener Harley-Village geht es dann zurück an den Faaker See. Die Bikes stellen wir sicher bei unserer Unterkunft ab, machen uns kurz frisch, ziehen uns um und nehmen den Bus ins Harley-Village Faak, um dort etwas zu essen und die erste Partyluft dieser Woche zu schnuppern. Danach geht es zu Fuß weiter nach Arneitz, vorbei an Verkaufsständen und endlosen Reihen geparkter Bikes. In der Arneitz-Eventhall legt an diesem Abend die Rammstein-Coverband Stahlzeit einen grandiosen Auftritt hin, zu dem wir mächtig abfeiern und mitsingen. Wenn das die nächsten Tage so weiter geht, wird es tatsächlich die ersehnte und erträumte perfekte Bikerwoche in Faak. 

Gammel- und Faulenztag

Der Blick aus dem Fenster sagt sofort: Heute ist kein Biketag! Es ist regnerisch, die Berge sind total mit Wolken verhangen. Also erstmal in Ruhe unter die Dusche und dann zum nahe gelegenen Laden, um ein Frühstück zu organisieren. Meine Rockerbraut darf ausschlafen. Das hat sie sich nach der Regenschlacht gestern verdient. 

Während des Frühstücks halten wir Familienrat und beschließen, den Tag angesichts des Wetters einfach zu vertrödeln. Ein Gammel- und Faulenztag kann nach dem gestrigen Ritt nicht schaden. Da heute die Shuttlebusse um den Faaker See noch nicht fahren, bleiben wir in Drobollach. Für einen Fußmarsch nach Arneitz sind wir einfach zu faul. 

Da ein bisschen Bewegung aber doch nicht schaden kann, spazieren wir nach dem Frühstück erst einmal runter zum See, dann ein gutes Stück weit den Uferweg entlang und wieder hoch zur Hauptstraße, über die ab morgen nur noch Motorräder und Anlieger fahren dürfen. Entlang der Straße bauen die Drobollacher schon Zelte, Bierstände und Grillstationen auf, an denen bald das Partyvolk bewirtet und von wo aus es die vorbeirollenden Harleys bewundern und feiern wird. Wir tingeln von Stand zu Stand, an dem einen oder anderen dürfen wir heute schon Platz nehmen, etwas trinken und den wenigen vorbeirollenden Bikern zuwinken. Am Ende landen wir in einem Café mit überdachtem Außensitzbereich und schauen vor allem den Regentropfen zu, wie sie vom Himmel und von der Markise fallen. 

Auf diese Abwechslung hätten wir verzichten können

Sonntagmorgen, etwa 10 Uhr. Wir starten, gut verpackt in unsere Funktionskombis, in Richtung Faak. Das Wetter könnte heute alles für uns bereit halten, lassen wir uns überraschen! Momentan ist es trocken, aber stark bewölkt. Nur hin und wieder gibt es eine hellere Wolkenstelle am Himmel, die ahnen lässt, dass irgendwo darüber die Sonne strahlt. Die Motoren unserer beiden Harleys blubbern ihren lieblichen Sound aus den Endtöpfen, wir knattern los. Auf geht's über Landstraßen gen Süden nach Kärnten. 

Die Bundesstraße Richtung Berchtesgaden ist weitestgehend trocken, nur im einen oder anderen Waldstück wartet noch feuchter Asphalt vom Regen der vergangenen Tage auf uns. Aber alles völlig harmlos. Erst hinter Berchtesgaden gibt es einen Schreckmoment für mich - und wie ich später erfahren werde auch für meine Rockerbraut. 

Wir sind von der gut ausgebauten Bundesstraße abgebogen auf ein kleines Nebensträßchen, dass uns rüber nach Österreich und nach Hallein führen wird. Dieses Sträßchen startet gleich zu Beginn mit einer ordentlichen Steilpassage durch den Wald hinauf. Und dort passiert es: Kurz vor dem Scheitel gibt es eine kleine Kurve mit immer noch ziemlich starker Steigung und einigen fiesen Bitumennähten. Meine Rockerbraut und ich, wir machen beide vor bzw. in dieser Kurve denselben Fehler: Wir sind mit einem zu hohen Gang in die Kurve hineingefahren und müssen nun in der Kurve runterschalten. Wegen der starken Steigung verlieren wir dabei soviel Fahrt, das wir im niedrigeren Gang einen Hauch zu viel Gas geben müssen. Prompt schmieren uns kurz, zum Glück noch gut beherrschbar, die Hinterreifen weg. 

Bei meinem Straßenkönig, den ich immer noch mit der schönen, aber eben nicht besonders regentauglichen Original-Weißwand-Bereifung fahre, wundert mich das nicht. Als ich allerdings später höre, dass meine Rockerbraut, die auf Metzler-Pneus unterwegs ist, dasselbe kleine Problemchen hatte, bin ich doch ein wenig irritiert. Von diesen Reifen hätte ich mehr erwartet! Oder ist meine Rockerbraut mit ihrer Sporty so dynamisch unterwegs?

Wie dem auch sei, ab jetzt lassen wir es auf feuchten und nassen Abschnitten besonders vorsichtig angehen. Die sind bis zur 100-Kilometer-Marke dann glücklicherweise sehr selten, denn bis dahin bleiben wir von Regen verschont. Aber genau bevor es rauf nach Obertauern geht - wir machen noch einen Stopp zum Tanken und für eine kleine Brotzeit - fängt es nun doch an zu regnen. Ausgerechnet auf dem Streckenabschnitt, der uns zuerst über die Radstädter Tauern und anschließend über den Katschberg führt. Diesen Wetterwechsel hätten wir nicht gebraucht. 

Während die Radstädter Tauern noch leichten Regen für uns bereit halten und danach im Lungau kurz die Hoffnung auf ein Ende des Regens aufflackert, ist die Auf- und Abfahrt zum und vom Katschberg die reinste Regenschlacht. Kein echter Spaß. Immerhin: Unsere Funktionsklamotten halten dicht und eigentlich auch die Stiefel - wenn meiner Rockerbraut das Wasser nicht von oben in ihre Boots hineinlaufen würde. Aber sie hält sich tapfer und meistert die steile Abfahrt mit Bravour. 

Auch im weiteren Verlauf der Katschbergstraße regnet es mal mehr, mal weniger - meistens eigentlich mehr. Deshalb machen wir auch keine Pause, um die Stiefel zu wechseln. Unsere Hoffnung richtet sich auf das Ende der Katschbergstraße. Denn je näher wir uns an Spittal und den Millstätter See herankämpfen, desto heller wird der Himmel am Horizont und am Ende dieses Talgangs. Sollten wir tatsächlich noch einen trockenen Ausklang unserer Anreise erleben? 

Ja, tatsächlich: Kaum sind wir am Millstätter See, reißt die Wolkendecke auf, der Regen hört auf, blauer Himmel und ab und zu ein Sonnenstrahl begrüßen uns. Zeit für eine kleine Pause direkt am See. Wir stärken uns mit dem mitgebrachten Kuchen und einem heißen Tee aus der Thermoskanne, tauschen die nassen Handschuhe gegen ein trockenes Paar aus dem Reisegepäck und freuen uns einfach darüber, die total verregnete Bergetappe heil und unversehrt überstanden zu haben. 

Die Fahrt vom Millstätter an den Faaker See wird zum Abschluss die reinste Wohltat. Es ist warm, sonnig und eine herrliche Strecke. Wir tuckern am Ufer des Millstätter See vorbei weiter zum Feldsee und zum Afritzer See, bevor wir Richtung Ossiacher See und Villach rollen. Bei der Ankunft in Drobollach sind wir dann schon wieder trocken. Und können uns über die neue Unterkunft richtig freuen. Denn dort wartet ein geräumiger Stellplatz in einer großen Garage auf unsere Bikes, während wir in eine tolle Ferienwohnung einziehen und uns erst einmal frisch machen. Dann geht es noch in ein gemütliches Gartenlokal, in dem wir den lauen Kärntner Abend zusammen mit vielen anderen Harley-Fahrerinnen und Fahrern genießen. 

Egal was kommt: Dieses Jahr muss Faak so richtig krachen

Noch eine Woche, dann geht es auf nach Faak zur European Bike Week - und dieses Mal muss einfach alles perfekt werden: Wir fahren eine ganze Woche von Sonntag bis Sonntag, wir haben eine neue Unterkunft in Drobollach und damit direkt am Faaker See und in der Nähe der Seestraße. Zum Festival werden wir also immer schön mit dem Shuttlebus fahren können. Auch um unser Gepäck müssen wir uns keine Gedanken machen. Unser Lieblings-Harley-Schrauber trailert nämlich seine Bikes nach Faak und hat uns angeboten, unsere Klamotten im Auto oder Anhänger mitzunehmen. Damit können wir nach Herzenslust packen und uns auf alle Eventualitäten einrichten. Ob uns aber auch das Wetter hold sein wird? 

Ich beobachte täglich die Wettervorhersagen. Aber es zeichnet sich einfach kein klares Bild ab. Die Vorhersagen für unseren Anreisetag am Sonntag wechseln täglich von trocken auf nass auf trocken, heute ist die Tendenz eher trocken. Es wird wohl auf jeden Fall bewölkt werden. Egal, wir haben beschlossen, bei jedem Wetter mit den Harleys zu fahren - eventuell auch erst einen Tag später - und notfalls unsere hässlichen, aber immens praktischen Funktionsklamotten auf der Hinfahrt anzuziehen. Denn für die Bike-Week-Woche in Kärnten selbst ist recht gutes Wetter vorhergesagt. 

Entsprechend habe ich natürlich auch schon Touren geplant. Zehn Touren kreuz und quer durch Kärnten speichern schon auf der SD-Karte für mein Navi, plus verschiedene Varianten für die An- und Abreise. Vielleicht ein bisschen viel für sechs Tage vor Ort, schließlich wollen wir ja auch noch durch das Harley- und Arneitz-Village schlendern und die eine oder andere Live-Band hören. Aber ich habe lieber Auswahl und Alternativen dabei - wer weiß, worauf wir Bock haben und auf welchen Strecken und Partymeilen wir es krachen lassen wollen!

Das nenne ich mal Gastfreundlichkeit

Heute geht es Richtung Österreich: eine Runde über Kössen, St. Johann und den Pillersee, dann wieder zurück nach Hause. Herrliche Straßen, herrliche Landschaft. Die Runde fahren wir schon zum wiederholten Mal, sie entwickelt sich zunehmend zu unserer zweiten Hausrunde. Am Pillersee machen wir heute zum ersten Mal in einem Gasthaus mit schönem Biergarten direkt am See Pause - zwei Kännchen Tee für meine Rockerbraut und mich, dazu noch ein Stück Kuchen für mich. Meine Rockerbraut ist Allergikerin und deshalb in Gaststätten gerade bei Süßem außen vor. Dafür hat sie aber immer etwas Selbstgebackenes dabei, wenn wir auf Tour gehen und einen Tee- und Kuchenstopp einplanen. So auch heute. 

Schon bei der Bestellung stutzt die nette Bedienung, dass nur ich Kuchen bestelle. Aber wir lösen das Rätsel gleich auf und fragen, ob meine Rockerbraut ihren mitgebrachten Kuchen hier im Biergarten verzehren dürfe. Auf diese Frage haben wir schon so manches erlebt - bis zum Rausschmiss, obwohl wir ja Getränke und Essen für mich bestellen wollten! Eine so freundliche Reaktion wie heute und hier am Pillersee hatten wir allerdings auch noch nie. "Natürlich, gar kein Problem", flötet die Kellnerin und setzt in ihrem liebenswürdigen Dialekt noch nach: "Da sind Sie ja schon genug gestraft." 

So weit, so gut und noch nichts wirklich Besonderes. Doch dann kommt die liebe Bedienung wenige Minuten später mit unseren Tees und meinem Kuchen um die Ecke - und hat einen leeren Teller und ein extra Kuchengäbelchen für meine Rockerbraut dabei. Mit den Worten: "Bitt' schön und lassen Sie's sich schmecken. Vom Teller schmeckt Ihr Kuchen sicher noch einmal so gut!", stellt sie alles auf den Tisch und den leeren Teller vor meine Rockerbraut. So viel Gastfreundlichkeit haben wir noch nie erlebt - noch ein Grund, warum die Pillersee-Tour fester Bestandteil unserer Routenplanung wird. 

Endlich wieder on the road

Rocken ohne Bike - das war zwar klasse. Aber mit der Sporty und dem Straßenkönig unterwegs zu sein, das bleibt für meine Rockerbraut und mich einfach das Größte. So starten wir heute wieder auf eine unserer Touren ins Chiemgau. Den Chiemsee selbst meiden wir nach wie vor, dafür geht es durch das wunderschöne Hinterland mit vielen tollen Ausblicken auf die Alpen. Die können wir dank des wenigen Verkehrs auch durchaus genießen. 

Heiser, müde, glücklich

Die letzten vier Tage waren sensationell! Das Hosen-Konzert wurde zwar wegen eines Hörsturzes von Campino abgesagt, trotzdem haben wir uns die Stimmung nicht versauen lassen. Dafür war das sonstige Programm einfach zu gut. Iron Maiden hat gestern Abend noch einen grandiosen Schlusspunkt gesetzt. Die alten Herren haben es einfach voll drauf. Da müssen wir uns vor dem Älterwerden keine Bange machen. Und das Wetter hat auch mitgespielt. Vier Tage Sonnenschein und angenehme Festivaltemperaturen. 

Jetzt sind wir wieder auf dem Heimweg - ein wenig desolat, aber bester Laune. Dass wir für Nova Rock auf die Biker Mania in Saalbach-Hinterglemm am vergangenen Wochenende verzichtet haben und wohl auch nicht zu Rock the Roof am kommenden Wochenende nach Schladming fahren werden, macht gar nichts. Dafür hatten wir einen tollen Ausgleich - ohne Bikes, aber voll mit Rock'n'Roll. 

Rocker ohne Bikes

Mitte Juni, wir haben Karten für das Nova Rock-Festival in Österreich. Tote Hosen, Iron Maiden, Bad Religion und viele mehr. Vier Tage Rock'n'Roll und Party. Allerdings fahren wir nicht mit den Bikes aufs Festival, sondern mit dem Auto. Die Tour an die ungarische Grenze wäre sicherlich ein absolutes Touren-Highlight, aber wir möchten es unseren Moppeds nicht antun, dann vier Tage nur im Dreck zu stehen. Außerdem regnet es heute bei der Anreise, da sitzen wir im Auto auch ganz bequem. Hoffentlich bleibt es aber nicht dabei. Festivals im Regen haben zwar ihren Charme, aber zu Sonnenschein an den nächsten Tagen würden wir nicht nein sagen. 

Gut geplant

Was macht man an einem unerwartet freien Faulenzsonntag, an dem die Sonne vom Himmel lacht? Das brauche ich gestandenen Bikern wohl kaum erklären. Nach einem ausgiebigen Frühstück schmeißen wir uns in unsere Klamotten und wollen gerade starten, als das Telefon klingelt. Unser Lieblings-Harley-Schrauber. Er hätte schon alles aus Kössen abgeholt und soweit verräumt, dass er seinen Show-Anhänger wieder zum Standplatz bringen könnte. Dort müsste er allerdings noch eine Schutzplane über den Anhänger werfen und das ginge alleine nicht. Ob ich vielleicht doch noch einmal helfen könnte? 

Na klar können meine Rockerbraut und ich. Wir wollten ja sowieso eine kleine Tour fahren. Dann planen wir doch einfach einen kleinen Stopp bei unserem Lieblings-Harley-Schrauber ein, bringen kurz mit ihm zusammen den Anhänger weg und werfen die Plane darüber. Ist doch kein Problem, Hauptsache alles ist gut geplant! 

Was wir aber ein wenig unterschätzt haben, ist der heiße Tag! Schon die Fahrt in unseren Biker-Klamotten im Auto von der Werkstatt zum Standplatz des Anhängers wird ziemlich mollig. Dann rangieren wir noch fröhlich von Hand den Anhänger auf seine endgültige Position und klettern auf ihm herum, bis die Plane richtig sitzt. Ergebnis: Mein Shirt ist durchgeschwitzt, die Jeans triefnass, in den Stiefeln steht das Wasser - und so geht es wieder ins Auto und zurück zur Werkstatt. Immerhin schon wieder leicht angetrocknet, geht es nach einer kurzen Erfrischung weiter auf unsere Sonntagstour. Die fällt allerdings deutlich kürzer aus als geplant. Klatschnass geschwitzt macht biken keinen wirklichen Spaß. Immerhin ist es so warm, dass der Fahrtwind trotz nasser Klamotten angenehm bleibt und ich mich nicht verkühle. 

Preisverleihung

Gestern waren wir nicht in Kössen. Nachdem wir telefonisch Entwarnung bekommen hatten, dass am Stand unseres Lieblings-Harley-Schraubers beim Gewitter am Donnerstagabend nichts passiert ist, haben wir den Freitag ausgelassen. Es gibt (leider) ja auch noch ein Leben jenseits von Kurven, Bikes und Rock'n'Roll. 

Den Samstag heute lassen wir uns aber nicht entgehen, schließlich ist das auch in Kössen - wie bei allen Events - der Haupttag der Veranstaltung. Und heute Abend werden auch die Bikes der Besucher und Aussteller prämiert. Das wollen wir natürlich nicht verpassen, denn das neue Meisterwerk unseres Harley-Schraubers ist auch im Wettbewerb dabei. Also: Rauf auf die Maschinen, Motor starten und so umständlich wie möglich zu den Days of Thunder fahren, ohne zur Bike-Prämierung zu spät zu kommen. 

Wir sind rechtzeitig in Kössen, haben sogar noch Zeit für eine Runde vorbei an den Verkaufsständen und können uns auch noch die Custom-Bikes im Schönheitswettbewerb anschauen. Dann steigt die Spannung, die Preisverleihung beginnt. Kategorie um Kategorie wird abgearbeitet, immer dritter, zweiter, erster Preis. Küsschen hier und Küsschen da, ein paar Worte über die prämierten Bikes und natürlich Fotos mit den Preisträgern und ihren Trophäen. Das dauert ja ewig. Aber jetzt ist es endlich so weit. "Unsere" Kategorie wird aufgerufen. Platz drei - nein, nicht unser Lieblings-Harley-Schrauber. Platz zwei - wieder nicht. Platz eins - Jackpot! Das in den letzten Tagen schon viel bewunderte Custom-Bike räumt den Hauptpreis ab. 

Gemeinsam mit unserem Lieblings-Harley-Schrauber feiern wir den Erfolg noch schnell bei einer Coke und einer Curry-Wurst, bevor wir kurzerhand beschließen, heute noch abzubauen und zusammenzupacken. Beflügelt vom Erfolg gehen der Abbau des Show-Anhängers und des Infozelts flott von der Hand. Den ersten Teil fährt unser Harley-Schrauber noch heute Abend heim, den Rest wird er morgen abholen. Das heißt für mich: statt des geplanten Abbau-Sonntags habe ich einen freien Faulenz-Sonntag!

Kössen ist immer eine Reise wert

Nachdem Aufbautag gestern geht es heute als Biker nach Kössen. Natürlich wollen meine Rockerbraut und ich unserem Lieblings-Harley-Schrauber ein bisschen unter die Arme greifen, falls er überhaupt noch Hilfe braucht. Aber wir nutzen die Pflicht auch für eine etwas umständlichere Anreise, um Arbeit und Vergnügen bestmöglich miteinander zu verknüpfen. Denn nach Kössen führen viele Wege, die wir immer wieder gerne unter die Räder unserer Harleys nehmen. 

Bei unserem Eintreffen auf dem Eventgelände herrscht schon beste Stimmung. Coole Musik, tolle Bikes sowie relaxte Bikerinnen und Biker geben den Days of Thunder wieder einmal das typische entspannte Flair, das die Gäste seit Jahr und Tag in Kössen lieben. Auch bei unserem Lieblings-Harley-Schrauber am Stand sind alle bester Laune. Das liegt unter anderem an den ausgestellten Custom-Bikes. Vor allem seine neueste Kreation, ein Kunden-Bike, das er in Kössen erstmals vorstellen darf, lockt viele Fans an den Stand. 

Am frühen Nachmittag ziehen ein paar Wolken auf. Und da unsere Hilfe nicht mehr gebraucht wird, machen wir uns - wieder über Umwege - auf den Heimweg. Eine gute Entscheidung und perfektes Timing der Zusatzstrecke: Als wir wieder zuhause sind, die Bikes in der Garage abgestellt haben und gerade den Hausschlüssel im Türschloss herumdrehen, fallen die ersten Tropfen aus tief dunklen Wolken. Wenige Augenblicke später schüttet es aus Kübeln und ein ordentliches Gewitter entlädt sich mit voller Energie. Auch eine Art von Days of Thunder!

Das erste Treffen des Jahres - zumindest für uns - beginnt mit Arbeit

Donnergrollen über Kössen - nein, keine Angst, uns hat kein Gewitter in den Bergen erwischt. Ich bin auf dem Weg zu den diesjährigen Days of Thunder in Kössen. Und dahin fahre ich schon heute, am Mittwoch und Vortag vor dem offiziellen Beginn des Treffens, nicht allein. Immer wieder ziehen donnergrollende V2-Bikes aus Milwaukee an mir vorbei oder stehen auf Parkplätzen und an Biergärten für ein letztes Päuschen. 

Ich bin heute schon unterwegs, weil mein Lieblings-Harley-Schrauber in Kössen ausstellt und als One-Man-Show jede helfende Hand beim Aufbau brauchen kann. Deshalb kutschiere ich auch im vollgepackten Auto mit nicht weniger beladenem Anhänger umher. Ist zwar nicht besonders stilecht, aber unerlässlich. Schließlich bauen wir heute schon den Show-Anhänger und das Infozelt auf, damit morgen alles bereit ist, wenn die Days of Thunder beginnen. Dann werde auch ich wieder im Sattel meiner Road King nach Kössen dampfen.

Ausschweifungen inklusive

Mit der noch frischen Erinnerung an unsere letzte Chiemsee-Tour im Hinterkopf starten wir heute tatsächlich auf eine ausschweifende Runde im größtmöglichen Bogen um den See herum. Wir fahren zum Waginger See, dann Richtung Westen bis Truchtlaching an der Alz, vorbei am Kloster Seeon nach Amerang. Von dort geht es Richtung Süden im großen Bogen wieder zurück nach Hause. Klingt nicht nach sensationeller Tour, ist aber herrlich und bietet viele Vorzüge: Ruhige Nebenstraßen ohne viel Verkehr. Sensationelle Ausblicke auf das Alpenpanorama. Nette Gasthäuser und Biergärten fernab vom Tourirummel mit herzlichen Wirtsleuten und anständigem Angebot zu fairen Preisen. Bikerherz, was willst Du mehr? Wir genießen es einfach und lassen Sporty und Straßenkönig einfach rollen. 

Der größtmögliche Bogen

Das Dauerschönwetter sorgt schon für seltsame Erlebnisse. Bei einer Runde um den Chiemsee tuckern meine Rockerbraut und ich nichtsahnend nach Gstaad hinein und trauen unseren Augen nicht: Stau auf dem Fuß- und Radweg, der dazu führt, dass Radler und Fußgänger auf die Straße ausweichen und hier auch noch für heilloses Chaos sorgen. Ursache für den ungewöhnlichen Stau sind die unzähligen Pedalritter, die sich bei dem herrlichen Wetter in den Sattel ihres Zweirads geschwungen haben und offensichtlich in stiller Übereinkunft alle die örtliche Eisdiele als ideales Ziel für ihre Radltour ausgemacht haben. Für uns heißt das: Den Chiemsee und vor allem die Orte direkt am See in den Sommermonaten und ganz besonders an den Wochenenden im größtmöglichen Bogen umfahren. Macht nichts, da gibt es auch herrliche Strecken ohne Touristenhorden und Naherholungswütige. 

Beim Hirnsberg gibt's die Antwort

Die Sonne lacht, also starten wir auch an diesem Maisonntag die Motoren und machen uns auf eine kleine Tour. Über den Samerberg geht es zunächst hinunter ins Inntal und dann nördlich Richtung Simssee - eine Ecke unserer "neuen" Heimat, die wir in den vier Jahren unseres Lebens im Chiemgau bisher noch gar nicht erkundet haben. Und sie hält einige wunderschöne Überraschungen für uns bereit - und auch eine, wie wir finden, sehr lustige. 

Rund um den Simssee entdecken wir sehr schöne kleine Nebensträßchen, auf denen wir durch eine sanft geschwungene Hügellandschaft cruisen und immer wieder herrliche Ausblicke auf den See und die Alpen am Horizont werfen können. Aufpassen müssen wir bei unserer entspannten Tour nur immer dann, wenn wir uns dem See und dort vor allem einer Badestelle nähern. Denn dort herrscht schon jetzt in der ersten Maihälfte reger Badebetrieb - kein Wunder bei diesen Temperaturen!

Während wir kreuz und quer und ohne direktes Ziel durch die wunderschöne Landschaft tuckern, taucht ein Wegweiser nach Hirnsberg auf, dem wir einfach folgen müssen. Einen Ort mit diesem Namen müssen wir uns auf jeden Fall anschauen. Wir entdecken ein nettes kleines Dörfchen, von dem aus eine wunderschöne Abfahrt hinunter Richtung Chiemsee führt. Auf dieser weiteren Strecke erwartet uns dann die Ortschaft Antwort. Und wir können uns vor Lachen kaum noch auf den Moppeds halten. Von Hirnsberg aus kommend finden wir hier tatsächlich die Antwort - wenn das doch im echten Leben immer so wäre!

Start in den Wonnemonat Mai

Das schöne Wetter nimmt einfach kein Ende. Nach dem herrlichen Aprilwochenende in Österreich geht es im Mai gleich mit schönem Wetter weiter. Also rauf auf die Moppeds und auf die Hausstrecke. Die fahren wir dieses Jahr zum ersten Mal und wissen gleich auch wieder, warum wir sie so gerne fahren. Über Kössen und den Walchsee geht es dann nach Sachrang hinauf und über Aschau wieder zurück nach Hause. Die Runde hat einfach alles, was unsere Bikerherzen begehrt: ein bisschen Kurvenspaß, herrliche Ausblicke auf den Kaiser, wenig Verkehr auf den Nebenstraßen und den einen oder anderen netten Stopp für ein Päuschen. 

Heimreise wie bestellt

Gestern Abend hatte es schon angefangen zu regnen. So ist es die ganze Nacht weitergegangen und auch während des Frühstück regnet es noch recht ordentlich. Aber der Wetterbericht sagt zunehmende Besserung im Laufe des Vormittags und für den frühen Nachmittag dann Sonnenschein vorher. Also sitzen wir das schlechte Wetter doch einfach aus! Wir müssen das Zimmer zwar wie üblich bis 11 Uhr räumen. Aber wir stellen unser Gepäck einfach an der Rezeption unter und harren in der Lobby auf den versprochenen Sonnenschein. 

Tatsächlich hört es schon bald auf zu regnen und wir ziehen schon einmal aus der Lobby auf die Terrasse um. Bei Eistee und Cola schauen wir von hier aus den Wolken dabei zu, wie sie sich über die Berge verziehen und immer mehr blaue Stellen der Sonne einen Blick auf uns ermöglichen. Das ist doch der perfekte Abschluss für unser perfektes Wochenende: Wir können nach den herrlichen Tagen trotz des Regens der letzten Stunden am Nachmittag tatsächlich wieder bei herrlichem Wetter auf trockenen Straßen nach Hause rollen. Das genießen wir noch einmal,  legen tatsächlich noch den einen oder anderen Stopp ein und drehen noch die eine oder andere Sonderschleife, um das schöne Wochenendfeeling so lange wie möglich aufrecht zu halten. 

Ein total entspannter Geburtstag

Montag, der große Tag und eigentliche Anlass unserer Reise: Rockerbrauts Geburtstag. Der Wetterbericht sagt für den Nachmittag Regen vorher, obwohl beim Aufstehen noch die Sonne vom Himmel lacht. Deshalb - und auch, weil wir an diesem Wochenende nun schon etliche tolle Touren gefahren sind und morgen auch wieder nur sehr umständlich über Umwege nach Hause fahren wollen - beschließen wir beim Frühstück, heute nicht die Motoren zu starten und weiter das Salzkammergut zu erforschen, sondern den Wellnessbereich des Hotels einer sehr langen und ausführlichen Inspektion zu unterziehen. Es soll ein total entspannter Geburtstag werden. 

Also steigen wir nach dem ausgiebigen Frühstück nicht in die Motorradklamotten, sondern in die Bademäntel, schultern die extra auf unserem Zimmer bereitstehende Spa-Tasche mit Handtüchern, packen noch die notwendigen Utensilien für einen Wellnesstag dazu - ein gutes Buch für jeden, ein paar Zeitschriften - und marschieren los. 

Nachdem wir erst einmal einen Rundgang durch den Wellnessbereich gemacht und die Lage gecheckt haben - welche Saunen, Pools und sonstigen Entspannungsangebote gibt es? - buchen wir für jeden von uns noch eine Ganzkörper-Entschleunigungsmassage am späten Nachmittag. Dann suchen wir uns ein schönes Plätzchen im Außenbereich und starten unser intensives Power-Relax-Programm. 

Es ist echt nicht zu glauben: Ende April flüchten wir nach einer viertel Stunde in der Sonne in den Schatten, weil es zu heiß ist! Die Sonne knallt jetzt schon derart unbarmherzig vom Himmel, dass es kaum auszuhalten ist. Tatsächlich wird später am Abend ein leichter Sonnenbrand meinen Bauch zieren, obwohl wir uns nach unserem Start in der Sonne sofort in den Schatten verzogen haben. So vertrödeln wir den Tag mit Saunagängen, Whirlpool-Einlagen, Lesen und dem einen oder anderen Nickerchen, bis uns die Massagen endgültig den letzten Rest Entspannung verschaffen. Da kann ich mich nur wiederholen: Das Leben kann so schön sein!  

Total entspannt geht es dann noch zum Abendessen - auch heute wieder ein tolles Fünfgängemenü. Und zur Feier des Tages gibt es für meine Rockerbraut auch noch einen Kuchen mit Erdbeeren. Dass meine Rockerbraut jedes Jahr zum Geburtstag was mit Erdbeeren bekommt, hatte ich dem Hotel schon bei der Buchung gesteckt. Aber nicht wirklich daran geglaubt, dass sie das registriert haben und auch noch in so eine tolle Torte umsetzen. Über den Kuchen freuen übrigens nicht nur wir uns. Da wir schlecht an einem Abend und nach einem kompletten Menü noch einen ganzen Kuchen verputzen und ihn auch morgen nicht auf den Moppeds mit nach Hause nehmen können, verteilen wir ihn an die anderen Gäste im Restaurant. Geteilte Freude ist schließlich doppelte Freude. 

Was finden nur alle an Hallstatt?

Für den Sonntag, dritter Tag des Literaturfestivals, sind noch zwei Lesungen angesetzt: eine gleich nach dem Frühstück, eine am frühen Nachmittag, die gleichzeitig auch die Abschlusslesung bildet. Da uns schon wieder bestes Motorradwetter geweckt hat, nehmen wir nach einem üppigen Frühstück die erste Lesung noch mit. Und das lohnt sich wirklich. Ein lustiger Autor, unterstützt von einem kongenialen Vorleser, spielt mehr als das er liest aus einem seiner Theaterstücke vor. Köstlich. Auch ganz ohne Theater und Bühne baut sich die Szenerie des Stückes vor uns auf und wir werden bestens unterhalten. Das lässt sich nicht mehr toppen. Also sagen wir die Abschlusslesung ab, schmeißen uns in unsere Motorradklamotten und starten eine weitere Tour an diesem Wochenende. 

Wieder geht es über den Pötschenpass, dann aber nach Hallstatt, von dem wir schon so viel gehört haben. Die Strecke dorthin ist ganz passabel, aber als wir nach Hallstatt kommen, schauen meine Rockerbraut und ich uns bei einem kurzen Stopp nur ratlos an. Was soll denn an diesem Städtchen so besonders sein? Es ist ein typisch österreichisches Örtchen - so weit, so gut, aber auch nicht mehr und nicht weniger. Dazu ist es schon jetzt Ende April abseits jeder Ferienzeit völlig von Touristen überlaufen. Uns reicht schon der Anblick der Buskolonne auf dem Parkplatz um zu wissen, dass wir hier nicht anhalten müssen. Wir fahren lieber weiter und halten ein paar Minuten weiter an einem kleinen Parkplatz direkt am Hallstätter See an. Von hier aus bietet sich ein toller Blick über den See auf das Städtchen und das hoch darüber am Berg klebende Salzbergwerk samt Aussichtsplattform. Und von hier aus sind Hallstatt und der gleichnamige See dann auch wieder sehr sehenswert.  

Nach der kurzen Pause geht es weiter Richtung Koppenpass. Doch zuerst müssen wir an einem Bahnübergang auf einen Zug warten. Was wir nicht ahnen: Das wird uns auf den nächsten Kilometern noch zwei Mal passieren! Denn die Bahntrasse führt vor dem Pass parallel zur Straße und quert sie dann nach der Passabfahrt im Tal noch einmal. 

Während wir also nach dem ersten Bahnübergang erst einmal gemütlich weitertuckern und uns auf das kleine Passsträßchen freuen, wundern wir uns als Ortsunkundige schon nach wenigen Kilometern über den kleinen Stau, auf den wir auffahren. Schnell ist uns klar, dass wir am nächsten Bahnübergang warten - und schon rollt auch der Zug wieder wenige Meter entfernt an uns vorbei. Dann düsen wir über die kleine Passstraße hinauf zur Passhöhe und auf der anderen Seite wieder ins Tal hinab, wo meine Rockerbraut und ich uns das Lachen nicht verkneifen können: Geschlossene Schranken am Bahnübergang, der Zug ist allerdings gerade schon vorbei und steht in Sichtweite am örtlichen Bahnhof. Also gibt es nur einen kaum spürbaren Stopp, denn die Schranken heben sich schon wieder und wir fahren weiter. 

Im Ort überlegen wir kurz, ob wir nicht wenden und die tolle, wenig befahrene Passstraße noch einmal retour fahren, bevor wir wieder ins Hotel zurück fahren. Aber uns plagt nach all den Leckereien und dem Luxusessen im Hotel der letzten Tage der Hunger und die Lust auf etwas ganz anderes, einfaches, fettiges, salziges - wir rollen an einem Gasthaus an der Landstraße vorbei und gönnen uns dort eine riesige Portion Pommes mit Ketchup. Mmmh, kann das lecker sein!

Da inzwischen immer mehr Wolken am Himmel aufziehen und es bedrohlich nach Gewitter aussieht, fahren wir von unserer Pommes-Orgie nur noch mit einem kleinen Umweg zurück ins Hotel und genießen den restlichen Nachmittag auf der Hotelterrasse. Da die Wochenendgäste des Literaturfestivals jetzt alle abgereist sind, herrscht hier jetzt herrliche Ruhe. Und es fällt trotz aller Wolken am Ort nicht ein einziger Tropfen Regen. Lesen wir also selbst ein Buch statt uns vorlesen zu lassen - schließlich sind wir ja auch zum Relaxen in dieses Hotel gekommen. 

Vom Mond bis unter die Erde

Das Buch, aus dem bei der letzten Lesung gestern Abend vorgelesen wurde, spielt am Mondsee. Was liegt also näher, als diese literarische Anregung aufzugreifen und unsere heutige Tour dorthin zu planen? Die Entscheidung war eigentlich schon in der vergangenen Nacht an der Hotelbar gefallen. Das herrliche Wetter heute Morgen bestätigt uns jetzt nur darin, den Plan in die Tat umzusetzen. Unsere Teilnahme an der Lesung, die heute nach dem Frühstück stattfindet, sagen wir kurzer Hand ab. Da ist uns die Motorradtour jetzt wichtiger, zumal wir heute Nachmittag auf jeden Fall wieder pünktlich zurück im Hotel sein müssen, um die Hauptlesung des Wochenendes mitzumachen. 

Nach einem üppigen Frühstück starten wir also los Richtung Mondsee. Wieder über den Pötschenpass fahren wir Richtung Bad Ischl und dann weiter erst einmal zum Attersee. Das erste Stück dieser Tour ist nicht besonders prickelnd. Zu viel Samstags-zum-Einkaufen-Verkehr, zu viel Hauptstraße, zu viel Industrie und Bebauung entlang der Straße. Entschädigt werden wir dafür dann hinter Bad Ischl, nachdem wir Richtung Attersee abgebogen sind. Die Straße führt durch ein herrliches Tal an einem Wildbach entlang mit wenig Verkehr. Nur auf Kanu- und Kajakfahrer muss man aufpassen, die auf ihrem Weg vom Auto zum Bach plötzlich mit geschultertem Gefährt am Straßenrand auftauchen. Es ist allerdings auch ein lustiges Bild, wenn unerwartet ein Kanu oder Kajak kieloben mit zwei oder vier Beinen darunter aus einem Waldweg auftaucht!

Am Südufer des Attersees fahren wir dann Richtung Mondsee weiter, den wir dann umrunden und an dessen Ufer wir irgendwo in einem Café oder Biergarten eine Pause einlegen wollen. Daraus wird aber leider nichts, denn die östliche Seestraße ist wegen Baumschneidearbeiten voll gesperrt. Da gibt es kein Durchkommen für den Rest des Tages, wie die Schilder und ein freundlicher Arbeiter an der Straßensperre uns erläutern - auch nicht für Motorräder. Also heißt es wenden und wieder zurück, um dann am Südufer des Mondsees entlang auf direktem Weg zum Wolfgangsee und zurück in unser Hotel zu düsen. 

Bevor wir aber den Südzipfel des Mondsees erreichen, halten wir noch an einem Parkplatz an, um die am Mondsee geplante Rast einzulegen - wenn schon nicht bei Tee und Kuchen, dann wenigstens mit herrlicher Aussicht auf den See. Als Stärkung gibt es unsere mitgebrachten Müsliriegeln und Wasser. Während wir also auf dem Parkplatz pausieren und zur Aussicht unsere Minibrotzeit genießen, hält noch ein Biker an und gesellt sich zu uns. Ein echt lustiger, sympathischer Typ. Er erzählt von seinen Touren, dass er regelmäßig hier am Mond- und den umliegenden Seen unterwegs ist, gerne auch einfach mal am Ufer übernachtet und was er dabei schon so alles erlebt hat. Er erzählt so spannend und lebendig, dass die Zeit vergeht wie im Fluge. Das sind die Begegnungen, die ich am Motorradfahren so liebe! Du hältst irgendwo an, kommst über die gemeinsame Leidenschaft ins Gespräch und lernst interessante Menschen kennen. Mit dem Auto wäre das garantiert nie passiert!

Irgendwann fällt mein Blick auf die Uhr. Wie die Zeit bei diesem netten Plausch vergangen ist! Wir müssen uns jetzt tatsächlich sputen, damit wir zu unserer Hauptlesung heute am späten Nachmittag wieder zurück im Hotel sind. Also geht es los: noch ein kleines Stück am Mondsee entlang, dann über eine schöne, leider viel zu kurze Passage rüber zum Wolfgangsee und von dort über die Bundesstraße im Eiltempo nach Bad Ischl und weiter ins Hotel. Dort kommen wir gerade noch rechtzeitig an, um eine kleine Nachmittagsjause zu nehmen und uns umzuziehen, bevor es zur nächsten Lesung geht. 

Dafür haben sich die Veranstalter etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Diese Lesung findet in einem Salzbergwerk statt. Deshalb brauchen wir auch die Wanderschuhe und die wetterfeste Kleidung. Wir müssen nämlich nach der Busfahrt zum Bergwerk - mir graut jetzt schon vor dem Kaffeefahrt-Feeling! - durch die Stollen des Bergwerks zu einem Salzsee im Berg wandern, wo wir dann anderthalb Stunden der Lesung lauschen werden. Dafür brauchen wir natürlich rutschfeste Wanderschuhe und Kleidung, die uns bei dem feucht-kalten Klima im Berg und an diesem unterirdischen See warm und trocken hält. 

Am Bergwerk angekommen, müssen wir erst einmal die typische Bergwerkskleidung überziehen - schicke Overalls im Mega-Schlabber-Look -, bevor wir uns auf den Weg in die Unterwelt machen. Nach etwa einer halben Stunde Fußmarsch erwartet uns das erste Highlight - zumindest für meine Rockerbraut und mich: die unvermeidliche Rutsche! Als gemischtes Doppel düsen wir die Holzbahn hinunter. Das obligatorische Foto zeigt uns später mit wehendem Haar und einer Geschwindigkeit von über 16 km/h. Da müssen wir noch üben, da geht sicherlich noch mehr. Aber leider ist keine Zeit, die parallel zur Rutsche verlaufende Treppe hochzusteigen und noch einmal zu rutschen. Der ganze Trupp muss weiter, schließlich sind wir ja nicht zum Rutschen, sondern zum Lauschen hier. 

Am Salzsee angekommen, erwartet uns eine ganz tolle Atmosphäre. Wir betreten eine geräumige Höhle, deren Wände dezent farbig ausgeleuchtet sind, sodass sich interessante Spiegelungen auf der völlig ruhig daliegenden Oberfläche des Sees bilden. Im See gibt es eine kleine Insel, auf der schon die Autorin mit dem Moderator der Lesung an einem Tisch, dick in Decken eingewickelt, auf uns warten. Für uns steht am Ufer des Sees im Halbrund aufgebaut ein Auditorium bereit, wo wir auf den Bänken auch Decken vorfinden, damit es uns in den nächsten ein bis anderthalb Stunden nicht kalt wird. 

Die Lesung ist ein absolut beeindruckendes Ergebnis: Die Stimmung hier an diesem Salzsee tief drinnen im Berg, die Autorin, ihre Art zu lesen und das Thema des Buchs passen perfekt zusammen. Schade, dass es nach einer guten Stunde schon vorbei ist und wir wieder den Rückweg durch die Bergwerksstollen raus aus der Unterwelt ans Tageslicht antreten müssen. Und schade, dass wir uns dann wieder zur Kaffeefahrt in den Bus zwängen müssen. Denn die Strecke hierher hoch zum Bergwerk und zurück wäre auch mit unseren Moppeds das reinste Vergnügen gewesen. 

Im Hotel erwartet uns nach unsere Rückkehr und einer kurzen Umziehpause wieder ein 5-Gänge-Abendmenü, dazu ein Weinchen und als Abschluss ein ordentlicher Absacker von einer regionalen Brennerei. Das Leben kann so schön sein! Nach dieser Abendschlemmerei geht es dann noch einmal zu einer weiteren Lesung im Hotel, die mit einem eher lustigen Buch und einem sehr lockeren Autor einen entspannten Abschluss des Tages bringt. 

Urlaub fängt schon mit der Anreise an

Die Harleys sind gepackt, das Navi ist programmiert - keine Autobahn, kurvenreiche Strecke -, die Sonne lacht vom strahlend blauen Himmel. Wieso behauptet eigentlich die Bahn, nur bei ihr würde der Urlaub schon mit der Anreise beginnen? In dem Augenblick, in dem ich den Startknopf meines Straßenkönigs drücke und der V2 unter mir anfängt zu rütteln und zu schütteln, bin ich sofort im Urlaubsmodus. 

Das Navi gibt die Route vor, ich folge seinen Anweisungen und meine Rockerbraut tuckert mit ihrer Sporty hinter mir her. Sie weiß nämlich immer noch nicht, wo es hin geht. Über kleine Nebensträßchen - dem Programmierer des Navis sei Dank für die bereits erwähnte Funktion "kurvenreiche Strecke" - rollen wir nach Berchtesgaden, Hallein und dann ostwärts weiter Richtung Steiermark. Es ist einfach herrlich. So macht Urlaub von Anfang an Spaß. 

Irgendwann kurz vor unserem Ziel signalisiert mir meine Rockerbraut, dass sie jetzt eine Ahnung hat, wo es hingehen könnte. Sie war nämlich vor einem Jahr schon einmal in dieser Gegend für eine Auszeit und schwärmt seither bei jeder Gelegenheit von einem tollen Hotel. Und sie hat recht mit ihrer Vermutung - es geht tatsächlich dorthin. Kurz vor dem Ziel legen wir noch eine kurze Pause auf dem Pötschenpass genau auf der Landesgrenze zwischen Oberösterreich und der Steiermark ein und ich kläre sie über unser Ziel auf - aber noch nicht über den Event, an dem wir teilnehmen werden. Sie freut sich schon allein über das Hotel. Und nach dieser sensationell schönen Anfahrt ist ihr der Event gar nicht mehr so wichtig. 

Nach unserer Erfrischung sind es nur noch wenige Kilometer und wir rollen vor dem Hotel vor. Tatsächlich gibt es einen großen Bereich überdachter Parkplätze, von denen einer durch ein Scherengitter abgesperrt ist. Ob das der reservierte Parkplatz für unsere beiden Maschinen ist? 

Noch während wir unsere Bikes am Rand der Parkplatzzufahrt abstellen, damit ich zur Rezeption gehen und fragen kann, kommt schon eine super nette junge Dame mit einem Gepäckwagen im Schlepptau und gibt uns zu verstehen, dass dies in der Tat unser Parkplatz für die nächsten Tage sein wird. Sie entschuldigt sich sogar noch dafür, dass wir unsere beiden Maschinen zusammen auf einen Parkplatz stellen müssen, aber das Hotel sei ausgebucht an diesem Wochenende und damit sei auch der Parkraum knapp. Selbst für zwei Harleys ist auf einem Autoparkplatz mehr als genug Platz, da braucht sie sich nicht zu entschuldigen. Hauptsache überdacht!

Während wir abladen, reißt die zuvorkommende Hotelmitarbeiterin uns jedes Gepäckstück regelrecht aus der Hand, um es auf ihrem Gepäckwagen zu verstauen. Das ist schon fast peinlich, wie sie mir die schwere Gepäckrolle abnehmen will. Ich gebe den Gentleman, bedanke mich für die angebotene Hilfe, lehne sie aber höflich ab. Meinen Kram kann ich schon noch selbst tragen und verstauen. Als wir alles abgepackt und auf dem Gepäckwagen verstaut haben, geht es auf zur Rezeption. Den Gepäckwagen darf ich aber auf gar keinen Fall schieben. Das ist scheinbar  hoheitliche Aufgabe des Rezeptionspersonals. 

An der Rezeption werden wir mir Sekt begrüßt und erledigen die Anmeldeformalitäten. Dann erfährt meine Rockerbraut auch, welcher Event an diesem Wochenende im Hotel - und nicht nur hier - stattfindet: Es gibt ein Literaturfestival mit insgesamt sieben Lesungen verschiedenster Autorinnen und Autoren. Gleich heute Nachmittag geht es mit der Eröffnungslesung im örtlichen Heimatmuseum los. Wir haben noch eine knappe Stunde, bevor uns ein Shuttle dorthin bringt. Also geht es jetzt erst einmal aufs Zimmer. Die nette Rezeptionistin, die uns schon an den Harleys betreut hat, rollt mit unserem Gepäck vor uns her zu unserem Zimmer. 

Im Zimmer angekommen, geht mein Staunen weiter. Die Aussicht vom Balkon auf die umliegenden Berge ist grandios, das Zimmer und vor allem das Bad sind riesig. Und es geht mit Luxus, Komfort und Herzlichkeit genauso weiter, wie es beim Empfang begonnen hatte: Eine kleine Süßigkeit als Willkommensgruß, die Handtücher nicht einfach hingelegt, sondern zu Figuren gefaltet - tja, hier können wir es sicher fünf Tage aushalten. Und was mich am meisten begeistert: Uns Bikern treten die Hotelmitarbeiterinnen und -mitarbeiter genauso herzlich und freundlich gegenüber wie dem Porsche, Benz und Jaguar fahrenden Publikum, das die Lobby bei unserer Ankunft bevölkerte. 

Aber uns bleibt nicht viel Zeit, das Zimmer zu genießen. Kurz frisch machen und umziehen, schon geht es ab zur Eröffnungslesung. Die Anfahrt dorthin ist allerdings ein wenig peinlich. Wir Biker sitzen im vollbesetzten Reisebus wie die Rentner auf der Kaffeefahrt und werden in den nahe gelegenen Ort kutschiert. Wenn ich geahnt hätte, dass es dort einen so schönen großen Parkplatz gibt, wäre ich lieber mit dem Bike statt mit dem Bus gefahren! Aber wir nehmen es mit Humor und freuen uns einfach auf die Lesung. 

Ich habe noch nie eine Lesung einer Autorin oder eines Autors aus seinem eigenen Buch erlebt und muss sagen: Das ist schon beeindruckend! Okay, auf das anschließende Frage-Antwort-Spielchen zum Buch hätte ich verzichten können, aber die Lesung hat mir sehr gut gefallen. Meiner Rockerbraut übrigens auch. Sie strahlt über das ganze Gesicht, während wir zurück ins Hotel fahren. Dort wartet bereits das Abendessen auf uns - ein 5-Gänge-Menü, bei dem wir den Tag Revue passieren lassen. Unser Fazit ist kurz und bündig: einfach geil von der Anreise bis jetzt. Auch das Abendessen ist ein Genuss. Im Anschluss gibt es noch eine weitere Autorenslesung, bei der wir nicht nur viel Spaß haben, sondern auch noch einen Tipp für das Tourenziel am nächsten Tag bekommen.  

Kann sie beim Kofferpacken was erahnen?

Es ist Donnerstagabend - Zeit, die Koffer zu packen. Motorradklamotten - ist ja klar. Was Legeres, aber nicht zu Lockeres für abends im Hotel - auch kein Problem. Nix für Sauna und Wellness - müssen wir nicht weiter drüber reden. Aber wie mache meiner Rockerbraut jetzt klar, dass sie Wanderschuhe, warme und wetterfeste Klamotten und vielleicht sogar noch 'nen Pulli extra mitnehmen soll, wenn wir mit den Motorrädern unterwegs sind und herrliches Wetter angesagt ist? 

Die Karte muss ich jetzt erst einmal offen legen und hoffen, dass sie nicht weiter nachfragt, sondern sich in ihr Schicksal eines Überraschungswochenendes ergibt. Und das tut sie auch. Es gibt zwar einen komischen Blick und die kurze Nachfrage, ob wir wirklich Wanderschuhe bei unserem begrenzten Stauraum mitnehmen müssen. Auf mein kurzes "Lass Dich überraschen" hin ist dann aber Ruhe und nur noch konzentriertes Packen angesagt. 

Natürlich bekommen wir alles problemlos unter. Zwei Satteltaschen, eine große Gepäckrolle und eine Sissybartasche, die ich auf den Sozius meiner Road King stellen kann, nehmen alle Klamotten auf. Für die Sporty meiner Rockerbraut haben wir noch einen abnehmbaren Gepäckträger mit einem kleinen Lederkoffer, in dem wir allen möglichen Kleinkram verstauen. Darunter sind auch unsere Dusch- und Pflegeartikel, was mich natürlich sofort zu einem dummen Kommentar verleitet: "Siehst Du, jetzt kommt an Dein Mädelsmopped auch noch ein Beautycase. So ist die Sache doch perfekt!" Wenn Blicke töten könnten...

So schmeiß ich meine Planung gerne über den Haufen

Meine Rockerbraut feiert in diesem Jahr einen runden Geburtstag - mehr sei an dieser Stelle aus Höflichkeit nicht verraten. Dazu habe ich mir schon im vergangenen Herbst eine Überraschung ausgedacht und es sogar geschafft, die Details geheim zu halten. Sie weiß nur soviel: 

Geplant ist ab Freitag ein verlängertes Wochenende, an das wir den Montag (ihren Geburtstag) und den Dienstag noch anhängen. Geplant ist außerdem ein besonderes Eventwochenende gar nicht so weit weg von uns in Österreich. Und geplant ist die Reise bisher natürlich mit dem Auto - schließlich ist es ja erst Mitte April. 

Aber angesichts der grandiosen Wetteraussichten schmeiße ich zumindest den letzten Punkt über den Haufen. Unser Gepäck für fünf Tage bekommen wir auch auf den Motorrädern unter, wofür sonst hätte ich meine Road King zum reisetauglichen Straßenkönig ausgebaut? Ich muss nur noch im Hotel Bescheid sagen, dass wir mit den Motorrädern kommen und dass es schön wäre, wenn wir die Maschinen überdacht abstellen könnten. 

"Ein überdachter Stellplatz ist kein Problem, den reservieren wir Ihnen gerne", flötet der nette Hotelmanager bei meinem Anruf in den Hörer. "Aber sind Sie sicher, dass Sie mit den Motorradeln kommen wollen? Die letzten Jahre hatten wir entweder Regen oder Schnee - und davon jede Menge -, aber nie auch nur eine Stunde Sonnenschein zu diesem Eventwochenende." Noch während er das ausspricht, checke ich alle Online-Wetterberichte, die ich kenne und die Google ausspuckt. Selten habe ich bei der Suche im Internet so ein eindeutiges Ergebnis bekommen: sonnig, warm und trocken für alle Reisetage. Allenfalls nachts mal ein Schauer. Aber da sitzen meine Rockerbraut und ich entweder an der Hotelbar oder liegen im Bett. Und unsere beiden Moppeds stehen überdacht. Also bekommt das hoffentlich ohnehin schon angemessen grandiose Geburtstagswochenende noch ein Krönchen aufgesetzt: Wir fahren mit den Harleys!

Die erste Tour des Jahres

Es ist wirklich kaum zu glauben. Mitte März mussten wir noch Schnee schaufeln, jetzt - kaum vier Wochen später und noch nicht einmal richtig Mitte April - herrschen sommerliche Temperaturen und strahlender Sonnenschein. Bestes Biker-Wetter eben. Also nichts wie los zu unserer ersten Ausfahrt. Wir starten in Richtung Berge und landen nach einigen Irrungen und Wirrungen am Königssee - übrigens zum ersten Mal, seit wir vor knapp vier Jahren hierher nach Oberbayern gezogen sind. Und wahrscheinlich auch zum letzten Mal, wenn nicht irgendein Besucher unbedingt dorthin will. Was um Himmelswillen macht die halbe Welt an diesem Königssee so verrückt? 

Ankunft: ein riesiger Parkplatz. Immerhin mit eigenem Motorradbereich, aber selbst der ist kostenpflichtig. Dafür gibt es aber auch abschließbare Spinde für Helme und weitere Biker-Utensilien. Fußweg zum See: ein Spießroutenlauf vorbei an Touri-Nepp-Läden und Touri-Nepp-Lokalen. Am See: Massenabfertigung in jeder Hinsicht, egal ob im Biergarten oder bei den Schiffsanlegern. 

Nach einer kleinen Erfrischung verschwinden wir kopfschüttelnd wieder aus diesem Theater und suchen uns lieber schöne Sträßchen und nicht so überlaufene Ziele für eine sehr verschlungene Heimfahrt. Wie schön können die Berchtesgadener Alpen sein, wenn man die bekannten Ziele meidet!

Der Wettergott meint's gut mit uns

Nach dem noch recht kühlen und durchwachsenen März und gar nicht so tollen Ostertagen ist es heute, am 2. April, dem ersten Arbeitstag nach Ostern und damit auch dem ersten Tag, an dem wir die Moppeds aus dem Winterlager abholen können, tatsächlich trocken, sonnig und einigermaßen warm. Also habe ich mir kurzfristig freigenommen und meine Rockerbraut und ich machen uns auf den Weg zu unserem Lieblings-Harley-Schrauber, um zu sehen, was uns dort erwartet. 

Bei meinem Straßenkönig waren eigentlich nur die allwinterliche Inspektion und TÜV als Arbeiten geplant gewesen. Außerdem schmücken ihn jetzt eine Flame-Fenderschürze am Vorderrad und ein Flame-Schaltgestänge. Die allerwichtigste (und leider auch ziemlich teure) Neuigkeit ist aber, dass meinem Harley-Schrauber bei der Inspektion die verschlissenen Steuerkettenspanner aufgefallen sind. Mit ihrem Austausch hat er einen bevorstehenden üblen Motorschaden verhindert, mir letztendlich - trotz der teuren Reparatur - viel Geld gespart und weiter unbeschwerte Touren mit meinem heißgeliebten Straßenkönig ermöglicht. 

Das absolute Highlight ist aber der Umbau der Sporty meiner Rockerbraut. Lange war nicht klar, ob die Tieferlegung des Kennzeichens überhaupt ohne Modifikationen am lackierten und gebrushten Heckfender funktionieren würde. Die zunächst angedachte Lösung mit einem Kit aus dem Zubehörhandel hat jedenfalls nicht geklappt. Entgegen den Werbeversprechen passte das Kit doch nicht zu den Standardbohrungen im Harley-Heckfender. 

Unser Harley-Schrauber wäre nicht unser Lieblings-Harley-Schrauber, hätte er nicht eine Lösung gefunden: Er hat den Standardhalter für das Nummernschild kurzerhand so modifiziert, dass er weiterhin, allerdings verkürzt und auf dem Kopf stehend, als Nummernschildträger fungiert und auch die Nummernschildbeleuchtung übernimmt. Außerdem sitzt noch der vorgeschriebene Reflektor am modifizierten Halter. Da die Rück- und Bremsleuchte dem Umbau zum Opfer gefallen ist, sitzen jetzt 3-in-1-LED-Leuchten für Rück- und Bremslicht sowie Blinker dort, wo bisher nur die seitlichen Standardblinker der Sporty saßen. So ist jetzt der Blick am Heck endlich auch uneingeschränkt frei auf das Airbrush auf dem Heckfender, das bisher hinter dem aufrecht stehenden Nummernschild versteckt war. Meine Rockerbraut strahlt vor Freude, als sie die neue Rückansicht ihrer Sporty zum ersten Mal sieht. Dass ihre Sporty jetzt auch noch ein Skull-Schaltgestänge hat - passend zu den Skull-Fußrasten und -Handgriffen -, geht im Freudentaumel fast, aber auch nur fast, unter. 

Während wir in der Werkstatt über die vorgenommenen Umbauten philosophieren, kommen wir natürlich auch noch auf mögliche nächste Projekte zu sprechen. Mir ist der große Original-Luftfilter an unseren Maschinen schon lange ein Dorn im Auge. Warum versteckt Harley-Davidson die schönsten Motoren der Welt hinter riesigen hässlichen Brotkästen? Und warum gibt es im Zubehör nur kaum weniger hässliche und weniger große Alternativen, die dann den vielsagenden Namen Klobürste bekommen? Aber unser Lieblings-Harley-Schrauber würde seinem Namen nicht gerecht, wenn er dafür nicht auch eine Lösung parat hätte. An einer der Maschinen, die noch in seinem Winterlager stehen, zeigt er uns einen sehr eleganten, kompakten Filter. Da wissen wir also schon, worauf wir für den nächsten Winterumbau sparen können...

Aber jetzt geht es erst einmal nach Hause. Nicht auf direktem Weg, aber auch nicht mit einer großen Runde. Wir fahren einfach einmal um den Chiemsee und es ist ein herrliches Gefühl, nach fünf Monaten Winterpause endlich wieder den Fahrtwind um die Nase zu spüren. 

Hoffentlich ist das kein schlechtes Omen

Hatte ich gerade noch gehofft, dass uns das Wetter ein super Motorradjahr beschert? Es ist Mitte März und wir müssen Schnee räumen! Ja, heute Nacht hat es tatsächlich geschneit. Und in zwei Wochen ist Anfang April. Ob wir unsere Maschinen dann überhaupt schon aus dem Winterlager abholen können? 

Manchmal ist es doch gut, auf den Fachmann zu hören

Was soll ich sagen?! So ganz wohl hatte ich mich nicht gefühlt, nachdem wir die Gestaltung des Felsentattoos komplett über den Haufen geworfen hatten. Aber jetzt ist alles fertig und ich muss sagen: Mein Tätowierer hatte völlig recht, mich zu seiner Version zu überreden. Das fertige Tattoo mit allen Schattierungen ist phantastisch geworden. Jurojin fliegt nicht mehr haltlos durch die Luft, sondern ruht standesgemäß auf einem soliden Felsen mit wundervollen Bäumen. Und das Ganze ist auch noch termingerecht vor Beginn der Motorradsaison fertig geworden! Jetzt kann ich mich bedenkenlos kurzärmlig auf die Bikertreffen der Saison begeben. Bleibt nur zu hoffen, dass das Wetter in diesem Jahr mitspielt und wir viele tolle Touren zu tollen Treffen fahren können. 

Alles, aber wirklich alles über den Haufen geworfen

Nach der Verzögerung mit den Brust- und Armtattoos fliegt mir jetzt auch noch die Planung für die Unterschenkeltattoos um die Ohren. Den ersten Tattootermin des neuen Jahres musste ich absagen, weil mich eine üble Grippe erwischt und für zwei Wochen komplett außer Gefecht gesetzt hatte. Deshalb war ich erst heute wieder bei meinem Tätowierer, um endlich den Felsen unter Jurojin in Angriff zu nehmen. Dabei hat er mir den nächsten Termin absagen müssen, weil dann er verhindert ist. Somit bleiben von den geplanten sechs Terminen in diesem Frühjahr nur noch vier übrig. Drei brauchen wir voraussichtlich für den Unterarm und der verbleibende Termin wird damit natürlich überhaupt nicht für ein Unterschenkeltattoo, wie ich es mir vorstelle, reichen. Also werde ich diesen Sommer wohl noch mit blanken Unterschenkeln herumlaufen müssen. Schade, aber natürlich nicht weiter schlimm. So habe ich Zeit, mir noch verrücktere Sachen für die Beine auszudenken. 

Aber nicht nur die Termine sind alle verschoben. Auch die Umsetzung des Felsens unter Jurojin haben wir komplett über den Haufen geworfen und neu entwickelt. Meine Idee, Jurojin auf einen Felsen zu setzen, fand mein Tätowierer zu langweilig. Nur graue Schattierungen und irgendwelche geraden Risse im Fels, das würde überhaupt kein richtiges Bild ergeben. Er würde viel lieber auch waagrechte und geschwungene Strukturen dabei haben und deshalb den Felsen mehr oder weniger nur durch einen Baum durchscheinen lassen. 

Am Ende unserer kleinen Diskussion musste ich mich geschlagen geben. Nachdem er die Skizze für das Motiv freihändig auf den Unterarm gezeichnet hatte, habe ich zwar noch nichts erkannt. Aber jetzt, wo die Konturen gezogen sind, ist das Bild schon sehr gut zu erkennen. Und mein Tätowierer hatte natürlich recht: Es sieht mit waagrechten und geschwungenen Ästen viel besser aus als nur mit geraden Strukturen, wie Felsen sie nun einmal haben. Auch bei diesem Motiv hat er die Unterarmmuskeln wieder so einbezogen, dass die Schwünge des Bildes den Bewegungen der Muskeln unter der Haut folgen. Da wiegt sich der Baum im Wind und Äste schwingen auf und ab. Grandios. Einfach grandios!

Zusatztermine werden nötig

Die ursprünglich geplanten Tattootermine für dieses Jahr reichen nicht, um Jurojin auch noch auf seinen Felsen zu setzen. Mit dem letzten, eigentlich für diesen Teilschritt vorgesehenen Termin ist heute erst der Unterarm unter Benzaiten fertig geworden. Aber zum Glück habe ich ja schon weitere sechs Termine für das neue Jahr gebucht, die eigentlich für die Verschönerung meiner Unterschenkel gedacht sind. Also werden wir davon welche für den Felsen unter Jurojin abzweigen und nur ein Bein vor dem nächsten Sommer fertig bekommen. Ich möchte auf keinen Fall mit einem nicht fertigen Tattoo im Sommer rumlaufen! 

Und ganz davon ab: Meer und Felsen unter Benzaiten sehen grandios aus. Der Tatowierer hat die Unterarmmuskeln so geschickt mit einbezogen, dass es je nach Armbewegung ein interessantes Wellenspiel im tosenden Meer auf meinem Arm gibt. 

Zwischenstand der Körperbemalung

Shoki und der Hintergrund für Jurojin sind fertig gestochen. Es hat sich absolut gelohnt! Durch den Hintergrund wirkt Jurojin tatsächlich noch plastischer. Und Shoki auf der linken Brust bildet den perfekten Widerpart zum Drachen rechts. Auch meine Rockerbraut ist begeistert und kann sich gar nicht satt sehen. 

Jetzt bekommt Benzaiten noch mehr Wasser und Felsen bis auf den Unterarm hinab. Die Konturen dafür sind auch schon tätowiert, sehen aber noch ziemlich wüst aus. So richtig vorstellen, wie das alles einmal aussehen wird, können meine Rockerbraut und ich uns noch nicht. Wir sehen nur ein Wirrwarr von Linien. Aber der Tätowierer genießt mein vollstes Vertrauen. Schließlich hat er bisher immer so viel Liebe zum Detail, so viel Gespür für meine Wünsche gezeigt, dass am Ende alles perfekt war. 

Ach ja, und mit der frühen Wintereinlagerung unserer Bikes haben wir alles richtig gemacht. Es war der letzte schöne Nachmittag im Oktober, an dem der Straßenkönig und die Sporty zu unserem Lieblings-Harley-Schrauber gerollt sind. Nicht nur wegen meiner Termine wären wir nicht mehr gefahren. Auch das Wetter hätte nicht mehr mitgespielt. Scheinbar hatte der Oktober das schöne Wetter in seiner ersten Hälfte komplett rausgehauen und für die zweite Hälfte komplett verpulvert. Uns konnte es so nur recht sein...

Nahtlos zur nächsten Leidenschaft

Mich tätowieren zu lassen, ist zu meiner Winterleidenschaft geworden. Statt Schütteln und Rütteln auf dem Straßenkönig halt Pieksen und Stechen im Tattoostudio. Auf dem Programm stehen für diesen Winter: ein Hintergrund für Jurojin, außerdem ein Felsen, auf dem er zukünftig sitzen wird statt in der Luft zu schweben; mehr Meer, Wasser und Felsen unter meiner Benzaiten; einen netten Kerl namens Shoki – nicht nur, weil ich so gerne Schokolade essen, sondern auch weil er böse Geister, Krankenheiten und Fieber vertreibt – auf die linke Brust. 

Heute, nur einen Tag, nachdem die Bikes ins Winterlager rollten, geht es schon los. Wir starten mit den Konturen für Shoki. Es wird grandios!

Das war's dann für dieses Jahr

Mitte Oktober, Freitagnachmittag, wir rollen zu unserem Lieblings-Harley-Schrauber und bringen den Straßenkönig und die Sporty in den Winterschlaf. Die nächsten zwei Wochen werden wir wegen beruflicher und privater Termine nicht in den Sattel kommen, deshalb ist in diesem Jahr schon so früh Schluss. 

Für unsere beiden Maschinen wird es ein ruhiger Winter werden. Der Straßenkönig bekommt nur ein Flame-Schaltgestänge und eine Flame-Fenderschürze für das Vorderrad, die Sporty eventuell einen kleinen Heckumbau, damit das Nummernschild nicht mehr das Airbrush auf dem Heckfender verdeckt. Aber das muss erst noch geklärt werden. Ein Umbau kommt nur in Frage, wenn er ohne eine Neulackierung des Heckfenders machbar ist. 

Etwas wehmütig verabschieden wir uns von unseren beiden Harleys. Aber die tollen Touren, die uns die ersten Oktobertage noch beschert haben, lindern den Abschiedsschmerz und den Frust über fünfeinhalb motorradlose Monate. 

Jahresabschluss allein

Gestern sind meine Rockerbraut und ich noch eine kleine Runde gemeinsam gefahren, zusammengestückelt aus Etappen unserer Hausrunde. Für heute habe ich frei bekommen und darf eine Abschlussrunde bei erneut herrlichem Oktoberwetter alleine fahren. Über Berchtesgaden geht es nach Hallein, dann Richtung Mondsee und über den Irrsee und den Mattsee wieder zurück nach Laufen und nach Hause. Was für ein Wetter! Was für ein Verkehr! Scheinbar sind alle Menschen irgendwie unterwegs: mit dem Auto zum Wandern in die Berge, mit den Fahrrädern oder wie ich mit dem Motorrad. 

Von Berchtesgaden aus knattert eine ganze Gruppe mit Rollern zum Obersalzberg hinauf. Manche schaffen die Steigung locker, andere kämpfen tapfer und wehen blaue Zweitaktölfähnchen aus dem Auspuff, eine kleine Gruppe scheitert und muss schieben. Allen gebührt mein Respekt, während ich mit meinem Straßenkönig an ihnen vorbeidonnere. Ich kurve weiter über kleine Nebenstraßen, fahre und fahre, lege den einen oder anderen Zwischenstopp ein, genieße die herrliche Landschaft und die Herbststimmung im Salzburger Land und an den Seen. 

Es ist ein herrlicher Tag, den ich in vollen Zügen genieße. Ein würdiger Saisonabschluss, denn am kommenden Freitag gehen der Straßenkönig und die Sporty in den Winterschlaf zu unserem Lieblings-Harley-Schrauber.  

Erst Sonne und Föhn, dann Sonne und Sturm

Jetzt spielt das Wetter total verrückt. Der Morgen begrüßt uns mit sommerlichen Temperaturen, die der Föhn über die Alpen bläst. Die Sonne strahlt von einem klaren, blauen Himmel. Beste Voraussetzungen also, um den frisch geputzten Straßenkönig und die Sporty wieder aus der Garage zu holen und eine weitere Oktobertour zu starten. Der Wetterbericht warnt zwar für den Nachmittag vor Sturm und Unwettern, aber davon ist jetzt überhaupt noch nichts zu sehen. Wir schwingen uns in die Sättel und starten los zu einem unserer Lieblingsbiergärten mit schöner Aussicht. 

Es geht immer Richtung Westen durch das Voralpenland. Die Sonne scheint uns warm auf die Lederjacken, das Wetter ist perfekt zum Biken: die Straßen trocken und durch den aufkommenden Wind frei von Laub. Es ist einfach herrlich. Nach rund zweistündiger Anfahrt mit vielen Extraschleifen erreichen wir unser Ziel. Die Gaststätte ist bis auf den letzten Platz besetzt, der Biergarten allerdings wegen der Sturmwarnungen nicht geöffnet. Wir dürfen uns aber auf eigene Gefahr raussetzen, wenn wir unsere Getränke selbst am Tresen holen. Kein Problem für uns, wir sitzen draußen und sind scheinbar Vorbild für weitere Gäste, darunter auch noch andere Biker. Das einzige, worauf wir aufpassen müssen, sind die herumfliegenden Blätter, die immer wieder zielstrebig auf unsere Gläser zuwehen. 

Im Laufe unserer Pause wird der Wind tatsächlich immer stärker. Zu den Blättern gesellen sich zunehmend kleine Ästchen, und im Biergarten fällt das eine oder andere Schild um. Scheinbar Zeit, den Rückweg anzutreten. Und tatsächlich: Die Heimfahrt entwickelt sich zum Segeltörn immer hart am Wind, der auch zunehmend stärker bläst. Irgendwann müssen wir das Tempo raus nehmen. Wir tuckern nur noch gemächlich die Straßen entlang, nachdem ich einem armdicken Ast auf der Straße gerade noch ausweichen konnte und meiner Rockerbraut eine Kastanie mit voller Wucht gegen den Helm geknallt ist, was ihr einen ordentlichen Schrecken eingejagt hat und uns zu einer kurzen Durchatmenpause veranlasst. Die restliche Heimfahrt verläuft danach dann ohne große Zwischenfälle, wir rollen rechtzeitig in die Garage, bevor das richtige Unwetter losgeht. 

Schnee und Schaum und ein sauberer Straßenkönig

Als wir heute Morgen aufgestanden sind, fiel unser Blick durch die Terrassentüren auf Berge mit Schneehäubchen! Der Wetterbericht hatte tatsächlich recht, als er gestern Abend Schneefall bis auf 1200 Meter meldete. Dazu gibt es erst einmal dunkle Wolken, aber immerhin keinen Dauerregen, sondern nur ab und zu einen kurzen Schauer. Kein Wetter zum Motorradfahren, also beschließen wir, einen dringend notwendigen Arbeitstag im Garten einzulegen. 

Gegen Mittag lockert die Bewölkung immer mehr auf, auch die Gartenarbeit geht gut voran, sodass ich am Nachmittag bei blauem Himmel beschließe, endlich die längst überfällige Wäsche meines Straßenkönigs in Angriff zu nehmen. Also stehe ich bald auf dem Waschplatz und es ergibt sich wahrscheinlich ein ziemlich seltsames Bild: Weißer Schnee auf den Berggipfeln, weißer Schaum auf dem Putzwasser im Wascheimer und natürlich auch immer mehr weiße Schaumhäubchen und -wolken auf meinem Straßenkönig. Dazu kommen zunehmend weiße Finger, weil das Waschwasser arschekalt ist. Aber: Der Straßenkönig wird vor dem Winterschlaf noch einmal ordentlich sauber. 

Die erweiterte Hausrunde 

Anfang Oktober, der letzte Monat auf dem Saisonkennzeichen. So etwas wie Torschlusspanik macht sich bei mir breit. Ich möchte fahren, fahren, fahren, solange das Kennzeichen und das Wetter es erlauben. Vor allem, weil ich Ende Oktober beruflich unterwegs sein werde und wir den Straßenkönig und die Sporty wahrscheinlich schon Mitte Oktober in den Winterschlaf schicken müssen. Also starten wir heute bei herrlichem Altweibersommerwetter nach einer morgendlichen Baumfällaktion im Garten noch auf unsere Hausrunde. 

Hausrunde?! Was mit einer 50-Kilometer-Schleife vor gut drei Jahren nach unserem Umzug begann, ist - das sagt der abendliche Blick auf den Kilometerzähler - zu einer 150-Kilometer-Ausfahrt gewachsen, die die schönsten Strecken rund um unseren Wohnort, die wir bisher entdeckt haben, kombiniert. Wir kennen die Strecken inzwischen aus dem Eff-Eff und können die Runde mit maximalem Spaß durchfahren. Ein weiterer Vorteil ist, dass wir reichlich Einkehrmöglichkeiten ausgekundschaftet haben. Hunger, Durst und Blasendruck können wir jederzeit durch einen Stopp an einem netten Café oder Restaurant entgegenwirken, ohne lange nach einer passenden Gelegenheit suchen zu müssen. Damit ist unsere Hausrunde alles andere als eine Notlösung für den Feierabend. Sie ist eine flexible, wohl bekannte Lieblingsstrecke, die Entspannung pur bietet - so wie heute. 

Richtung Norden der Sonne entgegen

Noch ein sonniger Tag! Aber nur Richtung Norden, im Süden, in den Bergen, ziehen dicke Wolken auf. Also starten wir Richtung Niederbayern. Im Internet habe ich eine Biergartenempfehlung für ein motorradfahrerfreundliches Hotel mit sehr schönem Biergarten gefunden, Entfernung ca. 100 km, also genau richtig für eine Tagestour. Adresse ins Navi eingegeben, kurvenreiche Strecke programmiert, auf geht's. 

Keine 10 Kilometer von zu Hause entfernt führt uns das Navi von der uns eigentlich bekannten und erwarteten Strecke ab auf ein kleines Sträßchen. Hier sind wir noch nie entlang gefahren, obwohl die Straße in unserem direkten Umkreis liegt. Was für ein Versäumnis! Die Route führt uns über eine kleine Landstraße durch Wiesen und Felder und bietet sensationelle Ausblicke auf die Alpen, praktisch direkt vor unserer Haustür. Das wird sicher ein weiterer Abschnitt in unserer Hausrunde, die immer länger und länger wird. 

Auch den Rest der Tour nach Niederbayern genießen wir auf wenig befahrenen Sträßchen mit wunderschönen Aussichten und vielen, vielen Kurven. Nur die Erntespuren, die die Bauern auf den Straßen hinterlassen, trüben ein wenig das Vergnügen. Da warten mancherorts üble Spuren aus Dreck, Maisschrot oder Heu in oder nach einer Kurve. Besonders nette Bauern stellen ein Warndreieck auf, um vor dem Schmutz zu warnen. Die meisten Schmutzstellen kommen aber wie aus heiterem Himmel, ohne dass es vorher irgendwelche Hinweise auf das Treiben auf den Äckern und Straßen gibt. Da heißt es aufpassen, aber wir sind ja ohnehin gemütlich unterwegs. 

Der angesteuerte Biergarten erweist sich tatsächlich als lohnenswertes Ziel. Sehr nette Bedienung, gemütliches Ambiente und ein anständiges Mittagessen lassen uns länger als geplant verweilen. Doch irgendwann müssen wir uns wieder auf den Heimweg machen. Damit uns das Navi nicht dieselbe Strecke zurück führt, steuern wir erst einmal ein gutes Stück gen Westen, bevor ich den "nach Hause"-Button drücke und wir Richtung Süden abbiegen. 

Die Rückfahrt passt zum ganzen Tag: entspannt, ruhig und kurvenreich kommen wir noch vor Einbruch der Dunkelheit wieder nach Hause. Noch wichtiger: Wir sind auch vor den heranrollenden Regenwolken wieder daheim. 

Kuchen!

Von einer Freundin haben wir den Tipp für ein tolles Café mit sensationellen Torten und Kuchen erhalten. Heute spielt das Wetter mit, wir haben Zeit, was spricht also dagegen, eine Runde zum Kuchenessen zu fahren? Ich gebe unser Ziel ins Navi ein, wähle kurvenreiche Strecke und ab geht die Post. 

Obwohl ich das Navi immer wieder ignoriere und zusätzliche Etappen über schöne Sträßchen einbaue, sind wir schneller am Café als erwartet. Naja, was soll ich sagen: Die Empfehlung ist der reinste Flopp. Das Café ist eine Touri-Nepp-Bude mit Busparkplätzen vor der Tür, Massenabfertigung und XXL-Tortenstücken eher durchschnittlicher Qualität. Wir machen uns schnell wieder vom Acker. 

Weil sich über den Bergen immer dichtere Wolken auftürmen, fahren wir entgegen unserer ursprünglichen Planung Richtung Norden. Das Navi lotst uns jetzt über wundervolle kleine Sträßchen gen Wasserburg, das ich einfach einmal als Zwischenziel eingegeben habe. Kurz vor der Stadt programmiere ich das Navi dann um auf "nach Hause", denn durch die Innenstadt wollen wir nicht fahren. Allerdings plagt uns inzwischen wieder Durst und eine kleine Pinkelpause wäre auch nicht schlecht. Also beschließen wir, bei nächster Gelegenheit noch einen weiteren Zwischenstopp einzulegen. 

Wir erinnern uns an ein sehr nettes Café und Restaurant, dass wir im Sommer entdeckt hatten und das jetzt nicht weit abseits unserer Heimroute liegen müsste. Tatsächlich finden wir es nach ein paar kleineren Irrungen und Wirrungen wieder - und es hat sogar geöffnet. Also kehren wir ein, eigentlich nur um etwas zu trinken. Auf dem Weg zum dringend notwendigen Toilettenbesuch fällt mein Blick allerdings auf die Kuchenvitrine, in der nur drei oder vier Kuchen stehen, die aber ganz offensichtlich hausgemacht sind und mich verführerisch anlächeln. 

Wider besseres Wissen - schließlich hatte ich heute Mittag ja schon ein XXL-Stück Torte - bestelle ich auch hier ein Stück. Die absolut richtige Entscheidung! Eine super leckere, mit liebe gebackene Quarksahnetorte mit Kirschen, um Welten besser als das Stück vorhin! Voll gefuttert, rund und glücklich treten wir nach einem kleinen Plausch mit dem Wirt den Heimweg an. Hier sind wir nicht zum letzten Mal eingekehrt!

Ein Freitag für mich

Heute habe ich frei auf der Arbeit. Und meine Rockerbraut gibt mir auch noch frei daheim. Dazu scheint die Sonne. Also nichts wie rauf auf den Straßenkönig. Scheiß drauf, dass er immer noch nicht geputzt ist. Bei dem Wetter fahre ich lieber als zu wienern. Also geht's nach dem Frühstück raus auf die Hausrunde, garniert mit ein paar zusätzlichen Schleifen. Denn schließlich muss ich so eine Gelegenheit ausnutzen. 

Es ist die reinste Freude! Nach den vielen Tagen ohne Gelegenheit zum Cruisen genieße ich den Fahrtwind um die Nase, das Schwingen durch die Kurven, das Schütteln meines V2-Motors. Hoffentlich gibt es dieses Jahr einen goldenen Oktober, damit wir noch ein paar schöne Runden drehen können! 

Endlich wieder sauber

... zumindest die Sporty meiner Rockerbraut! 

Heute spielt das Wetter mit. Nach einem regnerischen Tag hört es genau in dem Augenblick auf zu regnen, als ich nach Hause komme. Endlich ist die Serie der letzten Tage durchbrochen! Also nichts wie auf zum Moppedputzen. Schließlich muss der Dreck der misslungenen Faak-Tour - und damit hoffentlich auch die Erinnerung an dieses Desaster - immer noch runtergewaschen werden. 

Ich fange mit der Sporty meiner Rockerbraut an. Sie ist gar nicht so dreckig wie erwartet. Nur ein paar Wasserflecken und Dreckspritzer gilt es wegzuwaschen. Dann noch mit meinem Motorradtrockengebläse vortrocknen und anschließend sauber abledern - Nr. 1 ist schon nach einer Stunde fertig. Dummerweise ziehen jetzt aber am Himmel wieder dunkle Regenwolken auf. Für eine gründliche Wäsche meines Straßenkönigs wird die Zeit wohl nicht mehr reichen. Aber immerhin hat diese Regenpause genau für die Sporty gepasst. 

Dass ich die Sporty meiner Rockerbraut putze, habe ich übrigens meinem vorlauten Mundwerk zu verdanken. Als wir vor gut vier Jahren den Kauf diskutiert haben, hatte meine Rockerbraut darauf hingewiesen, dass die von ihr auserkorene Sportster XL 1200 C Custom doch recht viel Chrom habe, was ihr natürlich im Kontrast zum schwarzen Lack ausgesprochen gut gefalle, aber natürlich auch besonders pflegeintensiv sei, und sie könne sich ja vielleicht auch noch einmal nach einem anderen Modell umsehen, dass weniger Chrom habe. Und was habe ich Depp geantwortet? "Nein, nein, mein Schatz, wenn sie Dir gefällt, dann nehmen wir sie auch. Und ich putze sie dann für Dich." Was soll ich sagen: Manchmal sollte man erst nachdenken, bevor man drauf los redet, und daran denken, wie gut das Gedächtnis seiner Rockerbraut sein kann! 

Was ist das denn für ein Wetter

Es ist jetzt schon der dritte Tag in Folge, an dem mich das Wetter verarscht. Morgens um 6 Uhr, wenn ich mich auf dem Weg zur Arbeit mache, ist der Himmel wolkenlos und sternenklar. Mittags zieht es immer weiter zu und spätestens, wenn ich zuhause ankomme, fängt es an zu regnen. So wird das diese Woche wohl nix mehr mit dem nötigen Moppedputzen oder einer entspannten Feierabendrunde auf dem Straßenkönig. Bleibt die Hoffnung auf einen goldenen Oktober!

Wieder daheim

Gestern Abend war es spät, als wir nach Hause kamen. Wir haben nur noch die Klamotten aus dem Auto geladen und sind dann ins Bett gefallen. Heute Morgen führt mich daher der erste Weg in die Garage. Straßenkönig und Sporty stehen einträchtig nebeneinander und sehen besser aus als befürchtet. Schließlich hatten wir die beiden Maschinen nach unserem Regendesaster einfach in die Garage gestellt, ohne sie großartig trocken zu legen oder gar zu putzen. Außer ein paar eingetrockneten Regen- und Schmutzspuren ist nichts zu sehen, auch die Koffer und Taschen sehen top aus. Da sollte eine Putzeinheit im Laufe der Woche völlig reichen, um den Straßenkönig und die Sporty wieder in vollem Glanz erstrahlen zu lassen. 

Ein ähnliches Bild zeigt sich im Keller, wo die zum trocknen aufgehängten Klamotten auf uns warten. Alles soweit okay. Die Lederjacken haben den Regenguss gut überstanden, da reicht die alljährliche Winterpflege völlig aus. Eine Sofort-Pflege-Fettung ist nicht erforderlich. Ebenso wenig bei den Schuhen. Da bleibt uns schon einmal jede Menge Arbeit erspart und wir können den völlig verregneten Sonntag mit Nichtstun genießen.

Nach der Parade geht's nach Hause

Die große Parade wollen wir uns wieder am Ossiacher See anschauen. Also fahren wir nach dem Frühstück gegen 11 Uhr los. Ziel ist das Restaurant, in dem wir auch im vergangenen Jahr so gute Sicht auf die vorbeirollende Harley-Kolonne hatten. 

Irgendwie verpasse ich aber die richtige Abfahrt. Statt am Südufer fahren wir am Nordufer des Ossiacher Sees entlang. Um ganz um den See herumzufahren, wird die Zeit nicht mehr reichen. Bevor wir also in die Sperrung kommen, stoppen wir lieber bei der nächsten Gelegenheit. Und die kommt bald: Ein Restaurant direkt an der Straße, Bierbänke und - besonders wichtig - freie Plätze an den Tischen und auf dem Parkplatz hinter dem Restaurant!

Eine knappe halbe Stunde müssen wir warten, dann knattern sie heran: Nein, nicht die Parade, sondern erst einmal unser Harley-Schrauber auf seiner Road King und seine Frau auf ihrer Sporty! Auf die winkenden Irren am Straßenrand reagieren sie allerdings nicht. Und ein Foto von den beiden bekomme ich auch nicht hin, weil die Kamera noch nicht schussbereit ist. 

Dann ist es endlich so weit, der Wahnsinn naht. Wie im vorigen Jahr springen wir auf, drängen an den Straßenrand und stehen wieder fast zwei Stunden lang winkend, fotografierend und abklatschend am Bordstein. An uns vorbei rollt der endlose Tross, es dröhnt und blubbert unentwegt. Stinknormale Bikes, Bikerinnen und Biker wechseln sich ab mit verrückt verkleideten Gestalten und extrem verrückten Umbauten. Herrlich!

Nach dem Ende der offiziellen Parade warten wir noch ab, bis eine ganze Reihe Nachzügler vorbeigefahren ist und auch der erste Schwung Zuschauer den Heimweg angetreten hat. Auf dem Weg zurück zum Ferienhäuschen überlegen wir, was wir heute noch machen könnten. Angesichts der Menschenmassen vom gestrigen Abend zieht uns nichts wirklich nach Faak. Und da für morgen Regenwetter vorhergesagt ist, beschließen wir kurzer Hand, unsere sieben Sachen zu packen und nach Hause zu fahren. Gesagt, getan. Nach dem Auschecken im Ferienhäuschen legen wir noch einen kurzen Zwischenstopp im Harley-Village Velden ein. Dann geht es gut gelaunt ab Richtung Heimat, bevor uns schlechte Stimmung wieder übermannen kann. 

Viel zu voll und viel zu nervig

Am Freitag fahren wir wieder mit dem Auto bis Drobollach, dann aber mit dem Bus direkt durch nach Arneitz. Das Faaker Harley-Village hatten wir ja gestern schon ausgiebig durchkämmt. Schon während der Busfahrt von Drobollach Richtung Faak fällt uns der starke Harley-Verkehr auf der Seeuferstraße auf. Hier rollt er noch. Ab Ortseingang Faak ist dann allerdings viel Stopp und wenig Go angesagt. Fast eine Stunde benötigt der Bus für die Strecke Faak - Arneitz. Und wir sind tatsächlich froh, im Bus und nicht auf unseren Moppeds zu sitzen. Wären wir jetzt da draußen mit meinem Straßenkönig und der Sporty meiner Rockerbraut unterwegs, hätte ich wirklich Angst, dass die beiden Maschinen den Hitzetod sterben. 

Dem Hitzetod nah fühlen wir uns drei Stunden später auch. Wir sind durch die schier endlosen Reihen der Verkaufsstände in Arneitz geschlendert und fragen uns inzwischen, welche sadistische Absicht dahinter steckt, in diesem ganzen Bereich nicht einen einzigen Getränkestand zwischen den Verkaufsbuden zuzulassen. Stattdessen gibt es das Zelt und einen Catering-Bereich am Anfang des Areals, aber dahin läuft doch kein Mensch, wenn er auf seiner Shoppingrunde Durst bekommt!

Durstig und entsprechend genervt treten wir irgendwann am späten Nachmittag den Fußmarsch Richtung Faak an. Schließlich sind wir immer noch auf der Suche nach einer zweiten Motorradjacke für meine Rockerbraut. An einem der Stände entlang der Seeuferstraße kehren wir aber erst einmal ein, um etwas zu essen und zu trinken. Und natürlich, um den tausenden vorbeiknatternden Harleys zuzuschauen. Heute ist wirklich die Hölle los! Nach wie vor ist die Straße dicht, die Bikes stehen mehr als dass sie rollen. Das ist nicht einmal Schritttempo. Und manch Biker, der sein Mopped liebt, der schiebt es tatsächlich, um ihm den Hitzetod und eine verbrannte Kupplung zu ersparen. Eine Bike-Parade der ganz besonderen Art. Herrlich anzuschauen, solange man nichts selber drinnen steht!

Nach unserer Rast marschieren wir also weiter gen Faak und einer nicht enden wollenden Karawane von Harleys entgegen. Vielleicht sind dieses Jahr wirklich alle Harley-Fahrer Europas nach Faak gekommen, um das 20te Jubiläum zu feiern! 

Entsprechend dem Chaos auf der Straße wälzt sich auch eine unglaubliche Menschenmenge durch das Harley-Village. Das hält uns aber nicht davon ab, noch einmal Ausschau nach der Jacke für meine Rockerbraut zu halten. Und tatsächlich werden wir fündig. Im Zelt des Salzburger Harley-Händlers hängt die passende Jacke zu einem anständigen Preis, was irgendwie auch schon wieder kaum an Ironie zu übertreffen ist. Wir fahren über 250 Kilometer nach Faak, um dort dann eine Jacke bei dem Harley-Händler zu kaufen, der unserem Wohnort am nächsten liegt. Hätten wir auch einfachen haben können, oder? Wäre aber nicht so schön gewesen!

Einfacher hätte auch die Bezahlung der Jacke werden können. Denn auf dem gesamten Festivalgelände ist das Netz für die Zahlung mit Karte zusammengebrochen. Nur Bares ist hier momentan Wahres! Zum Glück haben wir aber das Geld für die Ferienwohnung durch Zufall in der Tasche, sodass wir die Jacke auch tatsächlich kaufen können. Damit sind wir allerdings so blank, dass es nicht mal mehr für eine Wurst und ein Bier reicht. So führt uns der nächste Weg zum Geldautomaten, wo wir nicht alleine frische Kohle ziehen. 

Wieder zurück im Village gönnen wir uns noch eine ordentliche Portion argentinischer Spezialitäten und marschieren dann zur Bühne um nachzusehen, was dort musikalisch geboten ist. Naja, nicht so unser Fall. Genauso wenig wie die immer dichter drängenden Menschenmassen. Uns wird es viel zu voll, sodass wir uns auf den Heimweg machen. Unterwegs kaufe ich für mich noch ein Event-Shirt - in XL gibt es tatsächlich nur noch ein einziges Poloshirt am Stand. Morgen müssen die gar nicht mehr aufmachen. 

Könnte ja doch noch ganz lustig werden

Nach einer sehr durchwachsenen Nacht beschließen wir beim recht späten Frühstück, doch nicht sofort wieder abzureisen. Das Wetter ist schön, aus Velden dringt schon seit den frühen Morgenstunden immer wieder das Grollen und Donnern der Milwaukee-Twins zu unserem Ferienhäuschen herauf. Außerdem sind die paar Tage unser einziger richtiger Urlaub in diesem Jahr. Auf den wollen wir nicht so ohne Weiteres verzichten. 

Also machen wir uns auf den Weg nach Faak. Das Auto parken wir in Drobollach und fahren dann mit dem Bus zum Harley-Village. Geht's eigentlich noch stilloser? Beruhigend ist nur, dass der Bus proppenvoll mit coolen Bikern in Harley-Klamotten ist, die alle bester Laune sind und überhaupt kein schlechtes Gewissen angesichts dieses unstandesgemäßen Beförderungsmittels haben. 

In Faak tobt schon - es ist gerade einmal früher Nachmittag - der Bär. Soll heißen: Harley-Stau im Bereich des Harley-Villages. Wir steigen am Bahnhof aus dem Bus und entern das Gelände. Als erstes biegen wir in den Cateringbereich ein, um etwas zu trinken. Kaum fünf Minuten im Village, winkt uns jemand von einer Bierbank zu: Die Frau unseres Harley-Schraubers sitzt dort beim Bierchen und wartet auf ihren Mann, der einen Tank für eines seiner Customizing-Projekte geschossen hat und diesen nun aufs Zimmer bringt. 

Wir gesellen uns dazu, erzählen unsere traurige Geschichte und betteln um Mitleid für die armen bikelosen Biker beim geilsten Bikertreff Europas. Mitleid bekommen wir glücklicherweise nicht, aber Verständnis und tröstende Worte, die uns richtig gut tun. 

Was folgt, ist ein typischer Faak-Tag, den wir tatsächlich gemeinsam mit unserem Harley-Schrauber und seiner Frau verbringen: An einem der Catering-Stände entlang der Seeuferstraße sitzen wir auf einer Bierbank und schauen stundenlang den vorbeirollenden Bikes und vorbeiflanierenden Bikerinnen und Bikern zu. Irgendwann machen wir uns auf den Zug durch die Harley-Stores, um nach Schnäppchen, Shirts und anderen Harley-Devotionalien Ausschau zu halten, die uns, unser Heim oder unsere Moppeds verschönern könnten. Insbesondere suchen wir eine zweite Lederjacke für meine Rockerbraut, damit sie noch eine Alternative zu ihrer Skull-Jacke hat, wenn diese wieder einmal nass werden sollte. Aber so richtig entscheiden können wir uns nicht, weshalb wir diese Entscheidung vorerst vertagen. 

Dafür fallen wir bei einem Stand für Biker-Boots ein, die meiner Rockerbraut schon im letzten Jahr ins Auge gesprungen waren. Dass die Verkäufer Holländer sind, begeistert meine Rockerbraut genauso wie die Schuhe. Sie könnte den beiden mit ihrem niederländischen Akzent wohl noch stundenlang zu hören. Aber irgendwann sind halt die passenden Schuhe gefunden. Und außerdem wollen auch noch andere Biker ein paar neue Boots anprobieren. Für mich heißt dieser Abstecher auf jeden Fall, dass ich den Rest des Tages einen Karton mit einem Paar schwarzer Motorradschuhe mit orangen Schnürsenkeln und Nähten herumschleppen darf. Als Entschädigung gibt's für mich immerhin an einer der vielen Fressbuden, deren Angebote einfach zu verführerisch duften, eine ordentliche Portion Leckereien. 

Am Abend wandern wir weiter nach Arneitz. Dort spielt Mallet im Festzelt, eine Band, die uns unser Harley-Schrauber und seine Frau wärmstens empfohlen haben. Und tatsächlich machen die drei Jungs richtig Party. Sie spielen das perfekte Programm für solch einen Abend: Rockklassiker, die jeder mitgrölen kann und mit denen die Stimmung von Minute zu Minute steigt. Das Zelt in Arneitz kocht für beinahe drei Stunden, Bikerinnen und Biker tanzen auf den Biertischen und Bierbänken. 

Irgendwann nachts gegen zwei Uhr fallen wir in unsere Betten. Okay, okay, die European Bike Week kann auch ohne Straßenkönig und Sporty Spaß machen! 

Bike Week unter schlechtem Stern

Eine ganze Woche wollten wir zur European Bike Week an den Faaker See, von Sonntag bis Sonntag. Als Unterkunft haben wir für diesen Zeitraum wieder das Ferienhäuschen in Velden am Wörthersee gebucht. Dann zeichnete sich immer deutlicher ab, dass wir erst ab heute, Mittwoch, fahren können. Na gut, so long, es gibt Schlimmeres. Die Ferienwohnung läuft auf jeden Fall nicht weg, muss allerdings voll bezahlt werden. Außerdem hat es am Sonntag geregnet wie aus Kübeln, da wäre die Anfahrt kein großer Spaß gewesen. 

Dass es allerdings heute Morgen - nach zwei schönen Tagen - auch wieder regnet, das hätte nicht sein müssen. Immerhin sagt der Wetterbericht Besserung für den Tagesverlauf vorher. Und die warten wir ab. Tatsächlich reißt die Wolkendecke kurz vor Mittag auf. Wir stürzen uns in die Motorradklamotten, packen die Taschen meines Straßenkönigs und starten. Am Horizont zieht schon die nächste schwarze Wolkenwand auf, aber vor der wollen wir weg sein. Auf Regenkombis verzichten wir, schließlich ist es gerade sonnig und trocken, da wollen wir nicht noch mehr Zeit mit dem Anziehen vergeuden. Und außerdem möchten wir uns die Einmannsauna ersparen. 

Wir sind gerade einmal fünf Kilometer gefahren, da hat uns die Wolkenwand eingeholt und der erste Tropfen rinnt über das Visier. Schade, aber dahinten, vielleicht in 300 Metern, ist eine Brücke. Darunter werden wir anhalten und die Regensachen anziehen. So der Plan. 

Ich hätte nie gedacht, dass wir auf 300 Metern Fahrtstrecke so nass werden können. Kaum springt die Ampel auf Grün, fahren nicht nur wir los. Auch der Himmel öffnet seine Schleusen. Bis zur Brücke sind wir klatschnass. Meiner Rockerbraut steht das Wasser in den Schuhen, ich bin nass bis auf die Unterhose. Da brauchen wir gar keine Regenklamotten mehr drüberziehen. Bis Faak würden wir uns den Tod holen. Also bleibt nur eins: Umkehren, raus aus den nassen Klamotten und ... INS AUTO UMSTEIGEN. Was für eine Schmach!

Zuhause fahren wir die beiden Moppeds in die Garage und ich könnte vor Wut und Ärger den Helm und noch so einiges andere in die Ecke feuern. Stattdessen packen wir ab, schälen uns aus den nassen Klamotten, ziehen trockene Sachen an, hängen alles zum Trocknen auf und schauen noch nach, wie nass das Gepäck in den Taschen geworden ist. Hier ist zum Glück alles gut gegangen. Wir können alle Taschen einfach ins Auto schmeißen und neu starten. 

Wie mit den Motorrädern geplant, fahren wir auch mit dem Auto über Landstraße. Die Stimmung ist unterirdisch, genauso wie das Wetter. Der Sturzregen ist zwar vorbei, trotzdem begleitet uns starker Regen bis weit nach Kärnten hinein. Auf den Straßen steht oder fließt das Wasser, aus Feld- und Wanderwegen wird Schotter auf die Fahrbahn gespült. Die Straßen von Obertauern und Flattnitz hinunter ins Tal gleichen eher Wasserläufen als Straßen. 

Je länger wir unterwegs sind und je mehr der Ärger verraucht und Sachlichkeit weicht, desto klarer setzt sich im Kopf die logische Erkenntnis durch, dass wir mit dem Auto heute letztendlich besser unterwegs sind. Trotzdem sagt der Bauch: Mit dem Auto zum Harley-Treffen ist absolut nicht Bikerstil! Da gibt's nicht zu deuteln und schön zu reden. Weicheier on the road. 

In Velden erwartet uns dann auch noch gutes Wetter - als wollte uns irgendein Wettergott am Ende des Tages verhöhnen. Bei lauen Temperaturen schlendern wir abends durch den Ort, ins Harley-Village und zum Essen. Sollen wir bleiben oder morgen gleich wieder fahren? 

Tieferlegen geht okay, aber bitte keinen Fuchsschwanz!

Die Touren am langen Augustwochenende haben richtig viel Spaß gemacht und ordentlich Kilometer auf den Tacho gebracht. Mit dem Police-Seat macht mir mein Straßenkönig während der Fahrt so viel Freude wie nie zuvor in den vergangenen fünf Jahren. Nur Stopps - vor allem auf seitlich abfallenden Wegen - machen mir wegen der hohen Sitzposition und zu kurzer Beine Probleme. Deshalb habe ich unseren Harley-Schrauber gebeten, alles für die Tieferlegung meines Straßenkönigs vorzubereiten. 

Die Teile sind da, wir sind beim Harley-Schrauber und tatsächlich ist die Tieferlegung im Handumdrehen erledigt. Nicht einmal eine halbe Stunde hat der Spaß gedauert. Das Abnehmen und wieder Anmontieren der Koffer hat fast mehr Zeit in Anspruch genommen als die eigentliche Arbeit. Die erste Sitzprobe begeistert schon. Was knapp 2,5 cm alles ausmachen! Ich komme wieder sicher und mit beiden Füßen ganz auf den Boden. Die etwas abschüssige Einfahrt zum Harley-Schrauber schreckt mich überhaupt nicht mehr. Ich kann auch wieder rückwärts schieben, während ich auf dem Straßenkönig sitze. Mal sehen, wie es jetzt mit dem Fahren geht. 

Laut Harley-Schrauber dürfte sich am Federungskomfort nichts ändern, da die Federwege unverändert geblieben sind. Die Änderungen an der Fahrwerksgeometrie durch die Tieferlegung sollten so minimal sein, dass ich sie nicht spüre. Durch die reduzierte Bodenfreiheit könnte sich allenfalls ein früheres Aufsetzen der Trittbretter einstellen. Nun, das sollte mich und die Chromunterseiten der Trittbretter nicht kratzen. Denn weder mein Straßenkönig noch ich sind darauf aus, in Kurven mit irgendwelchen Teilen außer den Reifen Straßenkontakt zu haben. 

Nachdem wir mit einem kleinen Umweg nach Hause gefahren sind, hänge ich noch eine Runde über unsere Hausstrecke dran. Die Heimfahrt war schon völlig problemlos verlaufen, außer dem sicheren Halt bei Stopps habe ich auf der - zugegebenermaßen nicht besonders kurvenreichen - Strecke allerdings auch nicht viel Gelegenheit gehabt, das Fahrverhalten großartig zu testen. Also geht's noch weiter. Serpentinen rauf, durch die Berge über schwungvoll-kurvige Straßen, Serpentinen wieder runter. 

Anderthalb Stunden düse ich dahin. Die neue Sitzposition, das dadurch bessere Fahrverhalten meines Straßenkönigs, jetzt das tiefergelegte Heck - alles passt perfekt zusammen. Ich genieße die Hausrunde völlig unbeschwert und komme mit einem Grinsen nach Hause, dass kaum noch unter den Helm passt. 

Gut gewähltes Ziel mit Aussicht

Gestern Abend habe ich mich nach unser nicht ganz so tollen Tour noch an den Rechner gesetzt und bin tatsächlich fündig geworden: Es gibt natürlich Internetportale mit Biergartenempfehlungen und -bewertungen. Ausgesucht habe ich einen mit besonders schöner Aussicht und entspannter Anfahrtsstrecke. 

Das Internetportal hat nicht gelogen: Wir sitzen unter schattigen Bäumen mit herrlichem Ausblick auf die Alpen, werden von der freundlichen Bedienung mit einer Portion Pommes Frites für meine Rockerbraut und erst mit einem und dann noch dem zweiten Stück Kuchen für mich verwöhnt und genießen das Leben. Die Anfahrt lief entspannt über kleine Landstraßen durch das Alpenvorland. Das Bikerleben kann so schön sein!

Auch am Montag geht's rund

Nach der Bad-Tölz-Runde starten wir auch am heute wieder bei herrlichem Wetter - allerdings dieses Mal ohne richtiges Ziel, nur mit einer wagen Richtung. Bald zeigt sich, dass wir bei der Hitze besser hätten planen müssen. Der Durst wird langsam quälend. Wir haben keinen Zwischenstopp eingeplant und wissen auch nicht so recht, wo wir auf dieser Einfach-so-drauf-los-Tour einkehren können. Also fahren wir weiter, bis wir endlich einen Biergarten finden, wo wir Halt machen. Aber mehr als Durst stillen ist hier auch nicht drin. Freundlich und gemütlich ist für uns irgendwie anders. Das müssen wir demnächst besser planen! Und ich habe da auch schon eine Idee...

Planänderung - wir sind ja flexibel

Langes Wochenende im August, weil hier bei uns Mariä Himmelfahrt ein Feiertag ist. Geplant war - zur Einweihung des neuen Gepäckträgers und der Gepäckrolle - eine viertägige Tour durch die Alpen. Start am Samstag mit Zwischenziel Harley-Treffen in Bad Tölz. Durch dieses Vorhaben hat uns aber das Wetter einen Strich gemacht, der Samstag war komplett verregnet. Aber wir sind ja flexibel und haben umgeplant. Jetzt geht's halt heute am Sonntag als Tagestour nach Bad Tölz. 

Die Anfahrt gestalten wir wieder so umwegreich wie möglich und genießen Nebenstraßen, Kurven und Kehren. In Bad Tölz tobt bei unserer Ankunft am frühen Nachmittag schon der Bär - und auf das Festivalgelände knallt erbarmungslos die Sonne. In die neue Gepäckrolle und die Koffer passen jetzt fast alle Utensilien, die wir bei dieser Hitze nicht mitschleppen wollen. Hätte ich nicht in jeder Hinsicht so einen furchtbar dicken Schädel, würden wir sogar beide Helme unterbringen. So müssen wir leider einen mitschleppen. Aber Jacken, Nierengurte, Handschuhe, Halstücher und der Rückenprotektor meiner Rockerbraut sind gut verstaut. Der neue Stauraum hat seine erste Bewährungsprobe bestanden - wenn auch nicht ganz so, wie geplant.   

Sieht ja richtig klasse aus

Der Heckumbau an meinem Straßenkönig ist fertig. Und das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen. Der Gepäckträger mit aufgeschnalltem Lederkoffer passt wunderbar zu den Original-Lederkoffern meines Straßenkönigs. Prima ist auch, dass die neuen Blinker am Heck enger beieinander sitzen. Das sieht viel besser aus als der ursprüngliche Blinkerbalken. Meinem Harley-Schrauber gefällt nicht so richtig, dass das hängende Nummernschild jetzt die Schürze unten am Heckfender abdeckt. Aber damit kann ich gut leben. Auf jeden Fall ist jetzt jede Menge Stauraum da, mit dem wir auf große Fahrt gehen können. 

Jetzt wird der Straßenkönig zum Tourendampfer

Endlich sind die Teile für den Heckumbau da. Also geht mein Straßenkönig heute noch einmal für zwei Tage zum Harley-Schrauber. Dabei schildere ich ihm meine Erfahrungen mit der neuen Sitzposition: Wie gut ich damit zurecht komme, dass ich ein ganz neues Fahrgefühl für meinen Straßenkönig habe, dass ich überhaupt keine Probleme mehr mit dem Sitzen habe und am Sonntag total entspannt meine höchstpersönliche Fünf-Seen-Tour gefahren bin. 

Er freut sich, dass sein Tipp so gut geholfen hat und ich wieder schmerzfrei und mit so viel Spaß unterwegs sein kann. Für das bessere Fahrverhalten meines Straßenkönigs hat er auch eine Erklärung parat: Durch die höhere Sitzposition sitze ich leicht nach vorne gelehnt, bringe also mehr Gewicht und Druck auf den Lenker und somit auf das Vorderrad, was natürlich zum veränderten - besseren - Fahrverhalten führen kann. Wenn's wirklich so ist, habe ich absolut nichts dagegen. 

Dagegen habe ich allerdings nach wie vor etwas bei der schlechten Standsicherheit, wenn ich anhalten muss. Gibt's dafür auch noch eine Lösung? Unser Harley-Schrauber wäre nicht mein Lieblings-Harley-Schrauber, wenn er hier nicht auch eine Idee hätte. Es gibt die Möglichkeit, meinen Straßenkönig tieferzulegen. Das würde so etwa zweieinhalb Zentimeter bringen und könnte meine Standsicherheit deutlich verbessern, ohne Fahreigenschaften und Bodenfreiheit einzuschränken. Eingebaut wäre das Ganze im Handumdrehen, ebenso schnell auch wieder ausgebaut, wenn es mir nicht taugen würde. Ich werde darüber nachdenken, aber jetzt kommt erst einmal der Heckumbau samt Gepäckträger für die neue Tasche. 

Auf großer Fahrt

Meine Rockerbraut ist an diesem Wochenende nicht da. Und da das Wetter heute am Sonntag endlich mitspielt, gehe ich mit meinem Straßenkönig auf Achse. Wohin genau habe ich mir gar nicht überlegt. Ich rolle erst einmal Richtung Walchsee. Über Kufstein und Thiersee geht es weiter nach Bayerisch Zell. Soll ich zum Sudelfeld abbiegen? Nein, sonntags muss das nicht wirklich sein. Also geht es links ab Richtung Schliersee. 

Die direkte Strecke zum Schliersee ist heute wegen irgendeiner Fahrradveranstaltung gesperrt, also folge ich der Umleitung und lande irgendwann in Miesbach. Von hier knattere ich wieder an den Schliersee, weiter Richtung Tegernsee und dann hoch zum Achensee. Erst hier mache ich den ersten Stopp des Tages! Mein Hinterteil ist tiefenentspannt, keine Schmerzen am Steiß mehr, es ist einfach nur zu schön. Ich fahre mich weiter in einen regelrechten Rausch. Die Angst, wegen meiner Schmerzen beim Sitzen auf dem Straßenkönig nie mehr vernünftige Touren fahren zu können, verfliegt an diesem Tag mit jedem Kilometer ein bisschen mehr. 

Durch's Inntal geht es wieder zurück Richtung Heimat, auf dem Samerberg gibt es noch einen Stopp zum Abendessen. Dann rolle ich tatsächlich nach Hause und ziehe eine beachtliche Bilanz: Alles in allem war ich heute neun Stunden unterwegs, davon etwa sieben Stunden im Sattel, in denen ich gut 320 Kilometer abgespult habe. Das klingt doch besser als die 20 Kilometer, nach denen ich bei unserer ersten Ausfahrt in diesem Jahr für eine erste Pause an die Tanke gerollt bin. Danke, liebster aller Harley-Schrauber, für Deine geniale Idee mit dem Police-Seat!

Kössen, die Zweite

Wie geplant haben wir heute die lange Anfahrt nach Kössen genommen. Es ist herrlich. Schmerzfrei und voller Elan schwinge ich durch die Kurven und über kleine Landsträßchen. Pausen machen wir nicht wegen meines schmerzenden Hinterns, sondern weil wir einen schönen Biergarten oder sonst eine schöne Stelle entdecken, die einen Stopp lohnt. Verstehen kann ich das völlig veränderte, deutlich bessere Fahrverhalten allerdings nicht. 

In Kössen stellen wir unsere beiden Harleys wieder beim Airbrusher ab, der sich riesig freut, erneut ein Schaustück ausstellen zu können. Dann setzen wir uns an einen der Biertische, essen und trinken etwas und philosophieren über den neu gewonnenen Fahrspaß. Eigentlich spricht ein höherer Schwerpunkt gegen bessere Fahreigenschaften. Aber dieses physikalische Gesetz scheine ich gerade außer Kraft zu setzen. 

Mir fallen die Videos von den Motorradpolizisten aus den USA ein, die mir der Fahrlehrer damals nach meinem kleinen Fahrtraining empfohlen hatte. Bis vor ein paar Tagen konnte ich mir nicht vorstellen, wie diese Jungs mit ihren Road Kings das machen. Jetzt kann ich mir zumindest theoretisch vorstellen, dass ein guter Fahrer mit genügend Übung so etwas hin bekommt. Mein Straßenkönig begeistert mich mit einer bis dato ungeahnten Handlichkeit. Nur beim Anhalten und im Stand fühle ich mich alles andere als sicher, wenn ich auf Zehen und Fußballen balancieren muss. 

Kurven, ich komme

An diesem Wochenende finden die Days of Thunder statt. Der Airbrusher, der die Sporty meiner Rockerbraut verschönert hat, stellt auch dort aus. Wir haben ihm versprochen, so oft es geht vorbeizukommen und die Sporty an seinen Stand zu stellen, damit er ein echtes Airbrush zeigen kann, nicht nur Fotos. Außerdem ist es ein langes Wochenende und schönes Wetter ist vorhergesagt. Also starten wir schon am Donnerstag zu einem ersten Besuch nach Kössen. 

Selbst die von uns aus kürzeste Strecke ist bereits ein wahres Kurvenparadies. Und mit dem neuen Sitz und der neuen Sitzposition machen die Kurven heute richtig Spaß. Irgendwie flitzt mein Straßenkönig plötzlich ganz anders um die Kurven. Sauberer, wie am Schnürchen gezogen. 

Wir stellen die Maschinen am Stand des Airbrushers ab. Meine Rockerbraut spricht mich nach dem Absteigen in Kössen sofort auf meinen neuen Fahrstil an: "Heut macht Dir das Moppedfahren aber richtig Spaß, oder? Deinem Rücken geht's ja wirklich besser, oder?"

Wir spazieren eine Runde über den Motorradparkplatz, schauen uns die abgestellten Harleys an, trinken etwas und gehen wieder zu unseren Bikes zurück. Als wir uns anziehen, spricht mich ein Harley-Fahrer an: "Ist das der Police-Seat? Wie kommst Du damit klar? Ich bin auf der Suche nach einem alternativen Sitz. Meine Hüfte will nicht mehr so, vielleicht wäre so was ja auch was für mich!" Ich erzähle ihm also meine Geschichte, empfehle meinen Harley-Schrauber und wünsche alles Gute für die Zukunft. 

Am selben Abend zuhause beschließen wir, am Samstag wieder nach Kössen zu fahren, allerdings mit einer sehr viel umständlicheren Anfahrt, mit mehr Kurven und mehr Spaß. 

Wie man sitzt, so fährt man

Gestern habe ich meinen Straßenkönig zum Harley-Schrauber gebracht, damit der Police-Seat angebaut wird. Für den Heckumbau fehlen noch Teile, aber ich möchte auf jeden Fall den Sitz umgebaut haben, um die geplanten Urlaubstouren fahren und dabei auch den neuen Sitz testen zu können. Den Gepäckträger und die neue Gepäckrolle brauche ich dafür nicht unbedingt, es sind nur Tagestouren geplant. 

Jetzt stehe ich vor meinem Straßenkönig und bin beeindruckt. Der neu gepolsterte und bezogene Sitz mit den Flame-Absteppern sieht richtig gut aus, auch mit dem neuen Soziuskissen dahinter. Und dass ich jetzt eine höhere Sitzposition haben werden, war auch klar und gewünscht. Aber so hoch? Muss ich da jetzt mit der Leiter hochklettern? Es sieht im Vergleich zum vorherigen Sitz unglaublich hoch aus. Und wie wird die Sitzposition sonst sein. Wie komme ich an den Lenker? War der Police-Seat wirklich die richtige Entscheidung?

Zusammen mit meiner Rockerbraut und dem Harley-Schrauber umkreisen wir den Straßenkönig und diskutieren den Umbau. Außerdem erklärt mir der Harley-Schrauber, was er alles gemacht hat: Sitz angebaut, dafür die Halterungen aber ein bisschen gekürzt, sonst wäre es noch höher geworden. Eine neue Abdeckung unter dem Sitz. Der Ausgleichsbehälter für die Luftfederung sitzt in einer Tasche am Schutzbügel für die Koffer. Zum Aufpumpen brauche ich eine Luftpumpe, wie sie auch Mountainbiker für die Luftfederung ihrer Fahrräder brauchen. 

Dann klettere ich zum ersten Mal auf den neuen Sitz. Ist das vielleicht hoch. Statt wie früher satt mit beiden Beinen auf dem Boden zu stehen, balanciere ich jetzt auf den Zehenspitzen. Sicher fühle ich mich im Stand nicht. Aber ich will ja auch fahren und nicht herumstehen. Get your motor runnin' - mal sehen, wie es dann läuft. 

Die Heimfahrt verläuft ungewohnt, aber sehr gut und macht Mut für mehr. Schmerzen an Steiß und Hinterteil habe ich überhaupt keine. Meine Sitzposition ist aufrecht, leicht nach vorne geneigt, mein Becken ist höher als die Knie, der Kopf ragt über den Windschild hinaus, was aber nicht unangenehm ist. Mal sehen, wie es auf einer längeren Ausfahrt läuft. 

Was für eine Überraschung!

Heute feiere ich meinen 50ten Geburtstag. Keine große Party oder so, eher ein ruhiger, beschaulicher Tag mit meiner Rockerbraut. Kaffeetrinken und Kuchenessen, abends zum Japaner Sushi schmausen, dazwischen die Zeit genießen. Und um 4 Uhr müssen wir zuhause sein, da kommt mein Geburtstagsgeschenk - das erzählt mir meine Rockerbraut schon seit ein paar Tagen. 

Also sind wir um 4 Uhr daheim. Ich bin gerade in der Garage und räume noch ein paar Sachen aus den Taschen meines Straßenkönigs, als ein Transporter vorfährt. Ich achte erst einmal nicht darauf. Wenn da irgendein Paketdienst mein Geburtstagsgeschenk liefert, wird der Fahrer sich jetzt eine Minute gedulden müssen, bis ich hier fertig bin. 

Ich höre die Stimme meiner Rockerbraut und höre, wie jemand in die Garage kommt. Ganz schön dreist, der Typ vom Paketdienst. Einfach so hier in die Garage marschieren. Ich drehe mich um und ... vor mir steht unser Harley-Schrauber! Was will der denn hier? Ich mache doch gar keine Party. Zuerst einmal nehme ich seine Glückwünsche entgegen, bevor ich ihn höchst erstaunt Frage, was er denn nun heute hier will? "Ich bring Dein Geburtstagsgeschenk!", lautet die knappe Antwort. Und ich rätsle, was das sein könnte. Ein neuer Straßenkönig? Den will ich gar nicht! Und er wäre natürlich viel zu teuer. Irgendwelches Zubehör? Wüsste nicht was! Alles, was ich brauche, ist gerade in Arbeit. Weitere Wünsche habe ich eigentlich nicht geäußert. Was hat sich meine Rockerbraut da wohl einfallen lassen?

Wir gehen zum Transporter des Harley-Schraubers und so langsam schwant mit was. Im Laderaum steht ein Harley-Motor. Sollte meine Rockerbraut sich daran erinnert haben? Vor - ich weiß nicht - 30 Jahren hatte ich einmal die Idee, einen Tisch mit einem Harley-Motor als Fuß zu bauen. Das Projekt war immer wieder gescheitert, vor allem weil es keine bezahlbaren Motoren gab und mir die richtige Idee fehlte, wie ich die Tischplatte darüber montieren sollte. 

Jetzt wandern jedenfalls erst ein Harley-Motor und dann eine Glasplatte in unser Wohnzimmer. Der alte Wohnzimmertisch ist im Handumdrehen weggeräumt, der neue Tisch genauso schnell aufgebaut. Was für ein geiles Geschenk! Und was für eine Geschichte dahinter, die ich erst jetzt erzählt bekomme: 

Schon kurz nach meinem letzten Geburtstag hatte meine Rockerbraut unseren Harley-Schrauber angesprochen und die Idee mit ihm diskutiert. Der war sofort Feuer und Flamme, wusste aber auch keine Lösung für das Motorenproblem. Günstige Harley-Motoren sind einfach nicht zu bekommen. Trotzdem hielt er seine Augen offen und entdeckte wohl kurz vor Weihnachten einen bezahlbaren Motor im Internet. Nach einigen Telefonaten stellte sich heraus, dass der Motor in den Niederlanden stand. Wie also sollte der hierher zu uns nach Oberbayern kommen? 

Da wir noch Verwandtschaft in Nordrhein-Westfalen haben, wurde die nun von meiner Rockerbraut in Gang gesetzt, um den Motor zu kaufen und in den Niederlanden abzuholen. Dann ging er per Spedition von NRW zu unserem Harley-Schrauber. Und der hatte dann plötzlich ein unerwartetes Problem: Angesichts des Preises für den Motor hatte er mit einem nicht mehr funktionstüchtigen Aggregat gerechnet und sich entsprechend wenig Gedanken darum gemacht, ihn zum Tisch umzubauen. Wäre also egal gewesen, wenn irgendwas dabei verbaut wird oder kaputt geht. Jetzt aber steht ein voll funktionstüchtiger V-Twin vor ihm und zu allem Überfluss auch noch genau der Typ, den ich auch in meinem Straßenkönig habe! Den will er natürlich nicht beschädigen, sondern voll funktionsfähig erhalten. Und muss nun ganz genau planen, wie er einen Fuß und eine Halterung für die Tischplatte anbaut. 

Seine Lösung ist genial: Der Motor ruht mit den Originalhalterungen auf zwei Füßen. Für die Glasplatte hat er als Halterung ein großes Bar&Shield-Logo auslasern und schwarz pulverbeschichten lassen, das mit Stäben am Motor befestigt ist. Alles ist demontierbar, ich habe jetzt einen Ersatzmotor für meinen Straßenkönig als Wohnzimmertisch im Haus stehen. Zweimal jährlich muss ich die Kurbelwelle drehen, damit der Schmierfilm im Motor erhalten bleibt und er nicht korrodiert. 

Am liebsten würde ich heute Abend gar nicht mehr das Wohnzimmer verlassen und nur meinen neuen Tisch bewundern. Aber beim Japaner ist ein Tisch für uns reserviert. Da dreht sich das ganze Gespräch natürlich nur um das supergeile Geburtstagsgeschenk meiner Rockerbraut. Und wie viel besser das Sushi jetzt von meinem Harley-Tisch schmecken würde. 

Juni - Zeit der Harley-Treffen in der Region

Der Police-Seat ist noch beim Sattler, aber immerhin habe ich meine Steiß-Behandlung inzwischen abgeschlossen. Die Tabletten haben ganz gut geholfen, die Schmerzen sind deutlich besser. Außerdem turne ich natürlich nach wie vor noch auf dem Wohnzimmerboden herum und mache die Übungen, die mir die Physiotherapeutin gezeigt hatte. So traue ich mich heute auf eine Tagestour nach Saalbach-Hinterglemm. 

100 Kilometer hin, 100 Kilometer zurück. Das wird spannend. Aber es klappt besser als erwartet. Auf der Hinfahrt machen wir eine kurze Pause, aber nicht wegen meines Hinterteils, sondern weil wir Durst haben. In Saalbach-Hinterglemm bei der Bike Mania ist nicht viel los, ist ja auch erst Donnerstag. Das gibt uns die Gelegenheit, ganz entspannt durch die Mainstreet zu schlendern, an den Ständen zu schauen und auch in Ruhe etwas zu essen. 

Mit nach Hause gehen dann am Abend bei bester Laune und Stimmung ein neuer Anhänger für die Schlüssel meines Straßenkönigs und eine Mütze für mein immer lichter werdendes Haupt, das inzwischen durchaus eine Neigung zu Sonnenbrand hat. Meine Rockerbraut entführt eine neue Geldbörse aus Saalbach-Hinterglemm - wen wundert's: mit Totenkopfbeschlag. 

Die Heimfahrt verläuft auch wieder relativ unproblematisch. Erst nach Dreivierteln der Strecke fahre ich kurz an einem Parkplatz raus, weil ich meinem Hintern etwas Entspannung gönnen möchte, lange bevor es auch nur annähernd schmerzhaft wird. 

Ach ja, das wäre vor lauter Arschweh beinahe in Vergessenheit geraten: Mein Straßenkönig hat auf dieser Tour - wie auch schon bei den vorherigen, kürzeren Ausfahrten - wieder keinerlei Probleme gemacht mit plötzlichem Ausgehen des Motors beim Ausrollen. Der Austausch der Sensoren im Winter zeigt wohl Wirkung. Wenn jetzt der Hintern wieder mitspielt, steht ausgiebigen Fahrten wirklich nichts mehr im Wege. 

Tatütata, der Police-Seat ist da

Bei unserem Harley-Schrauber ist das Paket mit dem Police-Seat angekommen. Es ist alles dabei - Sitz, Halterung, Sozius, Gepäckträger, Luftdruck-Ausgleichsbehälter - und technisch okay, aber optisch ein wenig mitgenommen. Wir schauen alles genau an und beschließen gemeinsam, die Sitze neu beziehen zu lassen. Und der Sattler kann dann auch gleich, passend zu den übrigen Flame-Elementen an meinem Straßenkönig, Flammen auf der Sitzfläche absteppen. Außerdem soll der Sattler noch seine Erfahrungen in Sachen Polsterung einbringen und entsprechend meiner Beschwerden Gel-Einlagen einarbeiten. 

Montiert werden sollen dann Fahrer- und Soziussitz. Der Gepäckträger ist in Sachen Hässlichkeit nicht zu überbieten und wandert auf den Schrott. Stattdessen kommt ein passender Chromgepäckträger aus dem Harley-Zubehör an meinen Straßenkönig. Das macht allerdings einen Heckumbau notwendig, das Nummernschild muss nach unten verlegt werden. Ganz schöner Aufwand und auch tatsächlich nicht billig. Auch der Faktor Zeit macht mir Sorgen. Mittlerweile ist es Anfang Juni, bald habe ich Urlaub. Und dann wollte ich eigentlich schmerzfrei und mit meinem fertig umgebauten Straßenkönig on the road. Aber wenn mein Traum vom Reise-Straßenkönig wahr werden soll, muss das wohl so sein. 

Die "Tieferlegung" meines Nummernschilds bringt auch wieder das Thema des nach unten zu versetzenden Nummernschilds bei der Sporty meiner Rockerbraut auf die Tagesordnung. Eine Lösung ist aber immer noch nicht in Sicht. Es wird wohl ein Projekt für den nächsten Winter bleiben. Auch wenn meine Rockerbraut jetzt schon ein wenig neidisch ist, dass bei meinem Straßenkönig wegen eines Gepäckträgers gemacht wird, was ihr mit dem tollen Airbrush einstweilen verwehrt bleibt. 

Scheiß Steiß

Gestern war ich beim Orthopäden, Diagnose: Knochenhautentzündung am Steiß, Therapie: Diclofenac-Tabletten. Heute habe ich Bauchschmerzen wie Hölle und Übelkeit. Mein Hausarzt lacht nur: "Diclo? Da bekomme ich schon Bauchschmerzen, wenn ich die nur bei mir im Arzneimittelschrank stehen sehe. Ich schreibe Ihnen eine verträglichere Alternative auf." Dieser Scheiß Steiß raubt mir den letzten Nerv. 

Eine gute Idee?

Heute sind wir zu unserem Harley-Schrauber gefahren, um die Idee mit den zusätzlichen Fußrasten zu diskutieren. Er hört lange zu, wie ich mein Leid klage, schüttelt immer wieder den Kopf und bringt die Sache auf den Punkt: "Da kurierst Du doch nur an den Symptomen herum und fuchtelst mit den Beinen in der Gegend herum. Das bringt doch nix. Auch wenn Du den neuen Sitz erst seit einem Jahr drauf hast: Wenn Dir Dein Arsch weh tut, muss ein anderer Sitz her!" 

Und er hat da auch schon eine Idee: Den Police-Seat der amerikanischen Polizei-Road-Kings. "Die hocken den ganzen Tag da drauf, der muss also bequem sein. Außerdem hat der Luftfederung und -einstellung, Du kannst ihn also auch noch individuell für Deinen Hintern einstellen. Und die Sitzposition ist mit dem Ding auch ein ganzes Stück höher als normal. Das kommt Dir doch alles entgegen." Während er das so vor sich und zu mir hin murmelt, bin ich meinem Harley-Schrauber aus der Werkstatt an seinen Schreibtisch gefolgt und habe ihm dabei zugeschaut, wie er im Internet nach einem Police-Seat sucht - und auch gleich den passenden für meinen Straßenkönig findet. "Guck mal, so sieht das Ding aus. Und der hier hat sogar noch einen Soziussitz und einen Gepäckträger dabei. Für das Geld kannst Du eigentlich nichts falsch machen!"

Ich schaue mir das Ding an, sieht ziemlich seltsam aus auf diesen Fotos. Gar nicht wie ein Harley-Sitz. Unser Harley-Schrauber zeigt mir auch noch Bilder von US-Polizeimaschinen, damit ich mir den Sitz an meiner Maschine vorstellen kann. Aber er hat natürlich recht: Das beste gegen Arschweh ist ein toller Sitz. Und für den Preis können wir nicht viel falsch maschen. Also bestellen wir das Teil. Auch wenn bei mir ein guter Rest Skepsis bleibt. 

Damit ist dann allerdings auch das Thema Gepäckträger für meinen Straßenkönig momentan zurückgestellt. Schließlich müssen wir dafür erst die Lieferung des Police-Seats samt Zubehör abwarten. Für die Sporty meiner Rockerbraut bestellen wir aber einen abnehmbaren Gepäckträger, der direkt hinter ihren Einzelsitz passt. 

Viel Mühe, wenig Lohn

Das Physio-Rezept ist aufgebraucht, ich turne fleißig dreimal die Woche auf dem Wohnzimmerboden herum, aber wirklich gut ist mein Steiß nicht. Moppedtouren jenseits der 50-Kilometer-Marke werden zur Tortur oder zu einer Aneinanderreihung von Biergartenbesuchen zur Erholung. Die Empfehlung meiner Physiotherapeutin ist daher eindeutig: Nix wie hin zum Orthopäden. Da muss was entzündet sein, allein durch manuelle Therapie ist da nichts mehr zu machen. 

Wenn ich schon nicht fahren kann, darf ich doch wenigstens träumen, oder?

Um meinen Frust über den schmerzenden Steiß ein wenig zu kompensieren, träume ich von langen Touren mit meinem Straßenkönig. Wie wäre es mit einer Pässetour durch Österreich? Aber dafür müsste ich meinen Straßenkönig zum Reisedampfer ausbauen. In die beiden Standardkoffer und die Sissybartasche, die ich irgendwann mal gekauft habe, passt definitiv nicht genug Gepäck, um mehr als ein Wochenende zu verreisen. Zumal meine Rockerbraut an ihrer Sporty überhaupt keinen nennenswerten Stauraum hat und ich unser beider Gepäck transportiere. 

Im Internet finde ich einen tollen Anbieter von Ledergepäcktaschen und -rollen, die richtig klasse aussehen. Eine der Rollen passt auch sehr gut zum Design der originalen Koffer meines Straßenkönigs. Gepäckträger gibt es für mein Mopped wie Sand am Meer, und weil auch meine Rockerbraut von der Idee längerer Touren begeistert ist, kann ich sie zu einem abnehmbaren Gepäckträger und zu einem kleinen Lederkoffer für ihre Sporty überreden. Also bestellen wir die Rolle und die Tasche online. Wegen der Gepäckträger müssen wir dann noch einmal zu unserem Harley-Schrauber, wenn die Taschen da sind, damit er die richtige Träger besorgen kann. 

So könnte es was werden

Drei Physio-Termine sind rum, jeden zweiten Abend turne ich zuhause auf einer Isomatte herum, jetzt muss sich zeigen, ob das alles etwas bringt. Wir starten wieder zu einer - kleinen - Ausfahrt. Wirklich toll wird's nicht. Immerhin, die erste Pause ist jetzt erst nach 50 km fällig, allerdings habe ich schon präventiv vor der Abfahrt eine Schmerztablette genommen. 

Allerdings bringt mir die Ausfahrt zusammen mit den Tipps der Physiotherapeutin eine Erkenntnis: Mein Steiß tut wesentlich weniger weh, wenn ich eine Sitzposition einnehmen kann, bei der das Becken höher ist als die Knie. Lässt sich ganz einfach testen, indem ich die Beine neben den Trittbrettern meines Straßenkönigs baumeln lasse. Könnten mir also vielleicht zusätzliche Fußrasten am Motorschutzbügel oder an den Trittbrettern helfen?

Schneller Termin, viele Tipps, kaum Wirkung

Einen Termin bei der Physiotherapie bekomme ich erstaunlich schnell. Und die Therapeutin weiß nur zu gut, was zu tun ist. Sie behandelt mich nicht nur während unserer Sitzung, sondern zeigt mir auch noch Übungen für daheim. Immerhin verlasse ich den ersten Termin mit einem guten Gefühl, dass sich Besserung einstellen könnte, wenn ich fleißig turne. Weniger Schmerzen habe ich jetzt direkt allerdings nicht. 

Rudi Ratlos...

Nachdem ich meinem Doc die Probleme geschildert habe, schaut er mich auch nur ziemlich ratlos an. Physiotherapie und bei Bedarf Schmerztabletten, mehr kann er mir im Augenblick auch nicht verschreiben. Wenn das nicht hilft, soll ich zum Orthopäden gehen. Das klingt nicht nach schneller Hilfe!

Erste Ausfahrt, große Katastrophe

Eine Woche ist die Abholung meines Straßenkönigs jetzt her, meine Rockerbraut hat inzwischen auch ihre Sporty nach Hause geholt. Zeit also für die erste Ausfahrt. Das Wetter passt, vor allem meine Rockerbraut ist ganz heiß darauf, ihr "neues" Bike endlich auszufahren und vielleicht auch von dem einen oder anderen Biker bewundern zu lassen, wenn wir irgendwo haltmachen. 

Wir kommen wieder gut 20 km weit, dann muss ich Pause machen, weil ich vor Schmerzen nicht mehr sitzen kann. Ich fahre die nächste Tankstelle an, hole mir etwas zu trinken und pfeife mir Schmerztabletten rein. Dann warten wir ein Viertelstündchen, während der ich mit seltsamen Bewegungen über den Tankstellenvorplatz turne: Hüftkreisen, Rumpfbeugen, Oberkörperkreisen. Dazu schreite ich wie John Cleese als Mitarbeiter des Ministeriums für albernes Gehen rund um die Zapfsäulen. Hoffentlich holt der Tankstellenbesitzer jetzt nicht direkt die Polizei oder einen Krankenwagen!

Unsere erste Ausfahrt fällt am Ende deutlich kürzer aus als geplant. Immerhin schaffe ich dank der Schmerztabletten jetzt noch eine 40-Kilometer-Schleife nach Hause. Aber dann geht nichts mehr. Als ich meinen Straßenkönig in die Garage fahre, habe ich tatsächlich Tränen in den Augen vor Schmerzen. Also geht's nächste Woche wohl erst einmal zum Onkel Doktor. Das kann so nicht weitergehen. 

Tolles Tattoo. Und das Beste gegen Schmerz ist Gegenschmerz

Die Autofahrt zum Tätowierer schaffe ich nur, weil ich permanent hin und her rutschen kann. Ansonsten tut mein Hinterteil weh wie die Hölle. Irgendetwas stimmt mit meinen Steißbein nicht. Vor sechs Jahren bin ich mal die Treppe runtergefallen, regelrecht auf meinem Hintern runtergerodelt bin ich alle Stufen. Damals hatte ich sechs Wochen auf dem Bauch verbracht, bis die Schwellung und die Prellungen so weit abgeklungen waren, dass ich wieder auf dem Rücken liegen oder sitzen konnte. Aber gebrochen war damals nichts. Sollte das jetzt, sechs Jahre später, irgendwie wieder für die Schmerzen verantwortlich sein?

Die Sitzung beim Tätowierer verläuft so weit gut, vom Stechen der letzten Schattierungen merke ich fast nichts. Obwohl der Drache auf der Brust heute dran ist. Aber die Schmerzen in meinem Hintern und am Steiß überstrahlen alles. Nach gut zwei Stunden bin ich froh aufstehen zu dürfen. Belohnt werde ich mit einem grandiosen Tattoo, das ich da im Spiegel sehe. 

Guter Start, aber miese Fortsetzung

Ach Du Scheiße, was ist denn mit mir los? Nach den gut 20 km vom Harley-Schrauber nach Hause tut mir mein Arsch so weh, dass ich kaum noch einen Meter fahren kann und nur unter Schmerzen vom Mopped klettern kann. Das ist ja ein toller Start in die neue Saison. Jetzt ist aber keine Zeit darüber nachzugrübeln, jetzt muss ich erst einmal weiter zum Tätowieren.  

April! April!

1. April, Samstag, eigentlich hat unser Harley-Schrauber heute seine Werkstatt geschlossen. Aber es ist herrliches Wetter, die Saisonkennzeichen gelten heute wieder und der Harley-Schrauber hat ein großes Herz. Zumindest ich darf heute um 8 Uhr morgens meinen Straßenkönig abholen. Und dabei können meine Rockerbraut und ich natürlich auch einen Blick auf die Sporty werfen. Die muss noch da bleiben, weil sie in der kommenden Woche durch die zweijährliche TÜV-Prüfung muss. 

Sieht die Sporty genial aus! Alles passt wunderbar und die Motive ergänzen sich wie geplant. Die Idee mit den Skull-Fußrasten war erste Klasse und auch mit den Logos auf dem Tank hat unserer Harley-Schrauber völlig recht. Die klassischen Bar&Shield-Logos sehen toll aus, also sollen sie noch angeklebt werden. Nur der Skull-Tankdeckel muss weg, der passt überhaupt nicht mehr zum neuen Airbrush. Aber eine Alternative ist schnell gefunden: Ein bündig im Tank sitzender Chromdeckel nimmt dem Airbrush nichts von seiner Optik. 

Eines haben wir allerdings bei allen Planungen und Tüfteleien rund um das Airbrush komplett übersehen: Der stehende Standard-Nummernschild-Halter verdeckt das Motiv auf dem Heckfender. Man kann zwar - in jedem Sinne des Wortes - darüber hinwegsehen, aber er stört schon ein wenig. Was nun? Da müssen wir noch nach einer Lösung suchen. Einfach umbauen geht jedenfalls nicht. Denn alle üblichen Lösungen würden Schweiß- und Lackierarbeiten am Heckfender erfordern - ganz bestimmt nicht am gerade erst frisch gebrushten Teil! Vielleicht haben wir ja im Laufe der bevorstehenden Saison eine Idee. Erst einmal müssen wir mit dieser nicht so perfekten Lösung leben. 

Jetzt muss ich aber meinen Straßenkönig nach Hause fahren, denn heute Mittag geht's noch zum letzten Tattoo-Termin, damit Benzaiten und der Drache endlich fertig werden. 

Ich liebe es, wenn Leute mitdenken

Gleich am Montag, nachdem wir die Teile der Sporty vom Airbrusher abgeholt hatten, haben wir sie zu unserem Harley-Schrauber gebracht. Der war auch begeistert und hat versprochen, alles bis Anfang April wieder zusammenzubauen und dabei zu behandeln wie rohe Eier. Als heute nun völlig unerwartet das Telefon klingelt und sich unser Harley-Schrauber meldet, kommt zunächst leichte Panik auf. Denn eigentlich gibt es nichts zu besprechen. Ist also etwas mit den gebrushten Teilen passiert? Eine Schramme? Ein Kratzer? Eine Delle? Oder alles auf einmal?

Unser Harley-Schrauber beruhigt uns sofort. Nichts ist passiert, alles ist montiert und noch einmal poliert und gewachst. Aber er hätte da einen Verbesserungsvorschlag: Weil die Griffe schon das Harley-Skull-Design haben und jetzt auch auf allen lackierten Flächen Totenköpfe prangen, findet er, dass die ohnehin schon recht abgenutzten Originalfußrasten nicht mehr ganz so schick aussehen. Für relativ kleines Geld könne er uns die zu den Griffen passenden Skull-Fußrasten anbauen, das sähe bestimmt schick aus. Ja, und außerdem findet er den Tank ziemlich nackt so ganz ohne Logos. Er hätte da noch zwei klassische Bar&Shield-Logos herumliegen, die jetzt super passen würden. 

Zu den Fußrasten sagen wir ohne langes Nachdenken: "JAAAAA!!!" Toll, wenn Leute mitdenken und gute Ideen haben, auf die man selbst noch nicht gekommen ist. Das mit den Logos am Tank wollen wir uns aber erst einmal ansehen. Denn eigentlich war ein Tank nur mit Airbrush vorgesehen ohne irgendwelchen Harley-Davidson-Schriftzüge. "Kein Problem, die können wir ja erst einmal dran halten, wenn Ihr die Bikes Anfang April abholt. Angeklebt sind die dann schnell - auf jeden Fall schneller als wieder abgemacht!"

Freudentränen, Umarmungen und pure Glückseligkeit

Heute Morgen war ich noch zur dritten Tattoo-Sitzung, bei der wieder alles gut gelaufen ist. Aber das ist jetzt unwichtig, denn wir stehen wieder in der Küche des Airbrushers. Auf dem Tisch liegen - abgedeckt mit Tüchern - wohl die Teile der Sporty. Aber zuerst ist noch ein anderer Kunde dran, der seinen Helm abholt. Auch ein ziemlich cooles Motiv, er hat seinen Hund darauf verewigen lassen. 

Wir üben uns notgedrungen in Geduld und fiebern dem Moment entgegen, in dem für uns das Tuch gelüftet wird. Was soll ich sagen: Das Warten hat sich gelohnt. Das Tuch hebt sich, meine Rockerbraut sieht den Tank, ihr ganzes Gesicht explodiert in einem glücklichen Strahlen, der Airbrusher landet - ob er will oder nicht - in ihren Armen und wird aufs herzlichste geknuddelt und gedrückt. Dann geht es wieder zurück zu den Sporty-Teilen. Und ein paar Freudentränen sammeln sich in den Augenwinkeln. 

Jedes einzelne Teil nehmen wir unter die Lupe, eines ist genialer als das andere. Der Typ hat's echt drauf und erschafft mit Sprühpistolen und Lack absolut geile Welten. Wir hatten uns in den letzten Wochen und Monaten einiges vorgestellt und ausgemalt - aber damit hatten wir nie gerechnet. Wir kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus und quatschen den armen Airbrusher halb tot in unserer Begeisterung. Es dauert über eine Stunde, bis wir alles einpacken und den armen Kerl in Ruhe lassen. Und noch beim Einpacken wird jedes Teil fünf Mal in der Hand gedreht und betrachtet. 

Anruf aus Österreich

Am Anrufbeantworter blinkt die Anrufleuchte, beim Abhören zuckt ein Strahlen über das Gesicht meiner Rockerbraut. "Mein Airbrush ist fertig! Wir sollen anrufen und einen Termin zum Abholen vereinbaren!", flötet es aus ihrem Munde, während sie schon die Rückruftaste drückt und beim Airbrusher anruft. Schnell ist ein Termin ausgemacht, am Samstag fahren wir die Teile holen. Ansonsten ist der Typ knallhart. Allen Versuchen zum Trotz lässt er sich zu keiner genaueren Beschreibung, geschweige denn zu ein paar Vorabfotos per E-Mail überreden. Da müssen wir wohl der Dinge harren. Auf jeden Fall ist die Spannung unendlich groß, schlaflose Nächte inklusive. 

Tattoositzung, zweiter Akt

Heute geht's ans "Ausmalen". Auf dem Plan stehen die Figur Benzaiten selbst und der Felsen im Meer, auf dem sie sitzt. Das Schattieren spielt sich also alles am Oberarm ab, ist wieder nichts Neues und verläuft völlig unproblematisch. Allerdings bin ich jetzt bei Benzaiten der Empfehlung meines Lieblingstätowierers gefolgt, nicht nur die Figur, sondern auch den Hintergrund zu schattieren. 

Bei Jurojin hatte ich das abgelehnt, weil ich ihn eher im Stil einer Tuschezeichnung haben wollte. Bei Benzaiten muss ich aber einsehen, dass eine Göttin auf einem Felsen inmitten von Wasser und mit einem Drachen im Hintergrund einfach nicht ohne Hintergrund zu machen sein wird und auch nichts aussehen würde. Das treibt den Aufwand doch erheblich höher als bei Jurojin. In der heutigen Sitzung wird Benzaiten nicht ganz fertig. Und angesichts des noch zu schattierenden Drachens planen wir vorsorglich schon einmal eine vierte Sitzung ein. 

Kunst am Körper

Nach dem Tattoo, das ich im letzten Winter auf den linken Oberarm bekommen habe, bin ich wohl süchtig geworden. Jetzt ist der rechte Oberarm samt Brust dran. Benzaiten heißt die Dame. Sie ist, wie Jurojin auf dem linken Arm, einer der sieben japanischen Glücksgötter und zuständig für die schönen Künsten, Musik, Literatur, Malerei, etc. Passt doch wunderbar zu mir als Schreiberling. Sie wird immer auf einem Felsen im Meer sitzend dargestellt, hält eine Art Gitarre oder eine Schriftrolle in der Hand und wird von einem Drachen begleitet. 

Bei der ersten Sitzung heute sind erst einmal die Konturen dran, das Spielchen kenne ich ja schon. Am Arm, wie gehabt, alles kein Problem. Auf der Brust gibt es allerdings schon ein paar Nervenenden mehr, vor allem je näher es Richtung Brustwarzen geht. Ist aber alles auszuhalten. Und das Resultat der heutigen Sitzung lässt allen Schmerz schnell vergessen. Das Tattoo sieht in diesem skizzenartigen Zustand schon grandios aus. 

Kunst am Bike

Wir stehen in der Küche unseres Airbrush-Künstlers, vor uns ausgebreitet die Teile der Sporty und Fotos und Skizzen des geplanten Kunstwerks. Nicht alle unsere Ideen finden die Zustimmung des Airbrushers, manches geht einfach technisch nicht. Ist halt nicht Photoshop am Bildschirm, sondern echte Kunst mit Farbe und Düsen - und noch dazu auf dreidimensionalen Körpern statt glatter Leinwand. Trotzdem finden wir gemeinsam für alle Wünsche und Ideen eine Lösung, dazu kommen noch ein paar tolle Ideen vom Airbrusher, auf die wir nie gekommen wären. 

Nur eine "Sorge" bleibt: Zu sehen bekommen wir alles erst, wenn es fertig ist. Zwischenstände gibt es nicht. Da müssen wir dem Airbrusher und unserem Instinkt, weshalb wir ihn ausgewählt haben, vertrauen. Und uns bis zum Frühjahr gedulden. Ende Februar, Anfang März soll alles fertig sein, damit die Sporty im April rechtzeitig zum Saisonstart in neuem Glanz erstrahlt.  

Naked Bike

Heute Morgen kam der Anruf, dass alle Teile für den Airbrusher von der Sporty meiner Rockerbraut abgebaut sind und wir sie abholen können. Jetzt stehen wir in der Werkstatt bei unserem Harley-Schrauber vor der nackten Sporty. Mein Gott, sieht die erbärmlich aus so ohne Tank, Fender und Seitendeckel und alle anderen Teile, die für deren Montage auch noch runter mussten. 

Die Teile für den Airbrusher sind alle vorbereitet, die eine oder andere Bohrung, die nicht mehr gebraucht wird, ist zugeschweißt und sauber geglättet, alles liegt in weiche Tücher und Decken eingeschlagen in Kisten bereit, damit beim Transport auch gar nichts passieren kann. So können wir am Wochenende bedenkenlos nach Österreich düsen und die Sachen abliefern. 

Saisonende

Alle Jahre wieder - Ende Oktober, die Moppeds gehen in den Winterschlaf. Der wird allerdings für beide Maschinen ziemlich unruhig werden. Die Sporty meiner Rockerbraut bekommt ihr Airbrush und dazu noch Kupplungs- und Bremshebel im Skelettdesign, außerdem muss sie zum TÜV. Beide Bikes brauchen komplett neue Bereifung, bei meinem Straßenkönig gehen wir das Thema "Motor geht aus" noch einmal mit dem Austausch von Sensoren am hinteren Zylinder an. 

Das wird also ein langer Winter, durch den wir mit erwartungsvoller Hochspannung durch müssen, bevor wir erfahren, ob die geplanten Umbau- und Reparaturmaßnahmen so sein werden, wie wir uns alles vorstellen. 

Jetzt ist Platz für das geplante Airbrush

Mit dem Einzelsitz steht jetzt auf dem Heckfender der Sporty meiner Rockerbraut nun auch der notwendige Platz zur Verfügung, um ein lange geplantes Airbrush-Projekt in die Tat um zusetzen. Das Hauptmotiv ist zwar ein Drache auf dem Tank, aber auf dem Heckfender soll eine Amazone hocken, die den Drachen beobachtet. 

Über unseren Harley-Schrauber haben wir einen Airbrusher in Österreich empfohlen bekommen, vom Harley-Treffen in Bad Tölz haben wir auch noch die Adresse eines Airbrushers mitgenommen. Jetzt heißt es also zu entscheiden, wer den Job bekommt. Die Entscheidung fällt für Österreich, vor allem wegen der Nähe. Da können wir jederzeit mal hinfahren, wenn es Fragen zu klären gibt. 

Also vereinbaren wir, dass wir Anfang November, wenn unsere Moppeds in den Winterschlaf bei unserem Harley-Schrauber gehen, Tank, Front- und Heckfender sowie die beiden Seitendeckel für das Airbrush liefern. Das Motiv haben wir schon per E-Mail geliefert und dazu auch noch reichlich telefoniert. 

Endlich der richtige Sitz

Nachdem die Suche nach einem schönen, bequemen Toureneinzelsitz für die Sporty meiner Rockerbraut in Faak ergebnislos geblieben ist und unser Harley-Schrauber natürlich nicht ein halbes Dutzend Sitze zum Anschauen und Probieren für uns bestellen kann, von denen wir dann nur einen oder vielleicht sogar gar keinen nehmen, fahren wir heute zum Harley-Dealer nach München. Der wirbt auf seiner Homepage auf jeden Fall damit, in Sachen Sitze eine richtig gute Beratung zu geben und auch verschiedene Sitze zum Probieren da zu haben. 

Aus der Tour machen wir das Beste, auch wenn die Strecke nach München nicht unbedingt das motorradfahrerische Highlight ist. Man muss halt nur die richtigen Nebensträßchen kennen, dann wird's zumindest bis an die Münchner Peripherie heran noch ganz kurvig und lustig. 

In München erwarten uns zwar auch nicht gerade Dutzende von Sitzen, aber der nette Verkäufer aus dem Zubehörshop kann uns doch ein paar Vorführmaschinen und Gebrauchtbikes mit verschiedenen Einzelsitzumbauten zeigen und hat tatsächlich auch den einen oder anderen Einzelsitz im Lager. Probesitzen ist auf den Vorführmaschinen und den Gebrauchten überhaupt kein Problem. Dabei kristallisiert sich so langsam ein Favorit heraus: der Sundowner-Einzelsitz von Harley. 

Der ist tatsächlich auch noch als Zubehörteil für die Sporty meiner Rockerbraut original verpackt am Lager. Und - wir sind baff erstaunt - wird in Handumdrehen auf die Sporty montiert, damit meine Rockerbraut auch in der späteren Konstellation Bike-Sitz die Sitzposition testen kann. Draufsetzen, probesitzen, probefahren - perfekt. Der Sitz passt. Bleibt nur noch die Frage, wie wir ihn nach Hause bekommen. Die Lösung ist aber schnell gefunden: Der Einzelsitz passt so in eine Packtasche meines Straßenkönigs, dass diese sich zwar nicht mehr richtig schließen lässt, der Sitz aber auch nicht herausfallen kann. Also wieder kurzer Rückbau auf die Originalsitzbank, Einzelsitz bezahlt und ab geht die Post wieder Richtung Heimat, wo der neue Einzelsitz sofort und endgültig montiert wird. 

Heimreise - vier geile Tage gehen zu Ende

Partys soll man beenden, wenn sie am schönsten sind - auch wenn's schwerfällt. Also heißt es heute für uns: Heimfahrt. Die Ferienwohnung ist schnell geräumt und abgerechnet, das Gepäck auf dem Straßenkönig verstaut, auf geht es wieder über kleine, kurvige Landstraßen nach Hause. Irgendwann kommt der Abzweig, der uns wieder auf die frisch geteerte und dick mit Splitt abgestreute Straße führen wird. Was tun? Wieder über den Splitt schleichen oder versuchen, den Abschnitt zu umfahren? Nach kurzer Abstimmung entscheiden wir uns für das Umfahren. Das Navi wird uns schon wieder auf den richtigen Weg führen. Also biegen wir hier nicht wie vom Navi empfohlen ab, sondern fahren einfach weiter gerade aus. 

Nach beinahe 30 km will uns das Navi immer noch zum Umkehren bewegen und empfiehlt ständig Kehrtwenden. Also fahre ich einen Parkplatz an und diskutiere mit meiner Rockerbraut, was wir machen wollen. Wir befragen zusätzlich zum Navi auch noch die Karte auf dem Smartphone und entscheiden uns weiterzufahren. Und tatsächlich: Keine drei Kilometer weiter berechnet das Navi eine neue Route und hört auf, uns wieder zurückzuschicken. Bis jetzt haben wir durch den Umweg schon über eine halbe Stunde Fahrtzeit verloren, aber das ist es uns wert, wenn wir nur den Rollsplitt nicht wieder befahren müssen. Zuversichtlich folgen wir also der neuen Route des Navis, das uns zunächst auf eine gut ausgebaute Bundesstraße führt, auf der wir zügig vorankommen. Dann geht es ab von der Rennbahn zurück auf wunderschöne Nebensträßchen. Es ist einfach herrlich. 

Irgendwann kommen wir an eine T-Kreuzung, an der wir rechts abbiegen müssen. Und irgendwie kommt uns diese Ecke bekannt vor. Keinen Kilometer weiter wissen wir auch warum: Wir sind tatsächlich über 60 km Umweg gefahren, um genau dort auszukommen, wo wir definitiv nicht hin wollten! Wir rollen auf den frisch geteerten und mit Splitt abgestreuten Abschnitt unserer Hinfahrt zu, den wir auf dieser Rückfahrt doch so sehr meiden wollten! Bevor wir auf den Splitt fahren, halten wir noch kurz an, schauen uns an und brechen in schallendes Gelächter aus. Was sollen wir auch tun? In so einem Fall hilft doch nur Humor - und auf den nächsten Kilometern ein gefühlvolles Gas- und Bremshändchen. 

Den Rest der Heimfahrt genießen wir dann wieder, vor allem auch, weil uns die dichter werdenden Wolken bis auf ein paar wenige Tropfen nicht behelligen. Abends daheim schließen wir die gelungene Faak-Tour noch mit einem leckeren Essen im Steakhouse ab, bei dem wir in Erinnerungen an die letzten Tage schwelgen und schon die Tour für das nächste Jahr planen. 

Auf zur Parade - aber nur gucken, nicht mitfahren

Samstag ist Paradentag in Faak. Sollen wir mitfahren? Unser Harley-Schrauber hat uns eindringlich davon abgeraten: "Da ruiniert Ihr Euch nur die Kupplung und die Nerven", war seine nur zu gut nachvollziehbare Warnung. Aber er wäre natürlich nicht der Harley-Schrauber unseres Vertrauens, wenn er nicht auch einen guten Rat parat hätte: "Fahrt lieber irgendwo an die Strecke, am besten an den Ossiacher See. Da stehen überall bei Kneipen und Privatleuten Bänke und Stühle an der Straße und Ihr könnt wunderbar zusehen, wie die Parade an Euch vorbeifährt und ein schönes kühles Getränk dabei genießen." 

Einen solchen Tipp befolgen wir natürlich gern und knattern schon recht früh zum Ossiacher See. Dort finden wir schnell ein Restaurant direkt an der Straße, die wir auch noch sehr weit einsehen können. Der perfekte Platz. Bei kühlen Getränken warten wir, bis ein leises Donnergrollen die herannahende Parade ankündigt, und eilen dann flugs zum Straßenrand, um auch ja nichts zu verpassen. 

Können erwachsene Menschen so bescheuert sein wie wir? Wie die kleinen Kinder stehen wir dann zwei Stunden lang an der Straße und winken, bis wir die Arme kaum noch heben können. An uns vorbei knattern und donnern stinknormale Harleys und irrsinnige Umbauten, Durchschnittstypen und ausgeflippte Freaks in unglaublichen Kostümen: Kermit und Miss Piggy, das Bärenmarke-Bärchen, Wikinger, Trachten aller Herren Länder - die Kostümierungen nehmen kein Ende. 

Irgendwann nach Tausenden von Harleys kommt ein fröhlich-freundlich winkender Motorradpolizist auf einem bayerischen Motorrad, der bollernd-donnernde Traum aus Chrom, Stahl, Gummi und V2-Motoren ist erst einmal vorbei. Wir trinken noch ein Glas, schauen dabei die Fotos und Filme auf unserem Fotoapparat und dem Smartphone im Schnelldurchgang an und überlegen, ob es nicht doch ziemlich geil wäre, in der Parade mitzufahren. Bevor wir Harley-Entzug bekommen, starten wir dann ziemlich schnell wieder Richtung Faak zum Eventgelände. 

Meine Rockerbraut würde ihre Sporty gerne mit einem Einzelsitz ausstatten. Wo könnten wir danach besser schauen als in Faak bzw. Arneitz? Dachten wir jedenfalls angesichts der Dichte von Harley-Händlern und Zubehörherstellern. Aber Pustekuchen. Sitze gehören offenbar nicht zu den aktuell heißgehandelten Themen bei der European Bike Week. Die meisten der besuchten Stände zeigen uns ihr Angebot nur im Katalog, hier und da finden wir den einen oder anderen Sitz zum Anschauen an die Standwand gehängt. Aber Probesitzen geht fast nirgends. Dabei sollte man einen Sitz doch genauso aus- wie ein Paar Schuhe anprobieren können, oder? Dann müssen wir das Thema Einzelsitz eben nach der Heimreise noch einmal neu angehen. Hier in Faak lassen wir uns aber die gute Laune nicht verderben und feiern statt zu shoppen. 

Du kriegst den Mund nicht zu

Zu unserer Entschuldigung muss ich es an dieser Stelle noch einmal erwähnen: Wir sind heute das erste Mal bei der European Bike Week! Und wir benehmen uns wahrscheinlich wie die letzten Deppen. Aber der Reihe nach: 

Morgens nach dem Frühstück - also so gegen Mittag - fahren wir erst einmal nach Velden und schauen uns dort um. Schließlich gibt es hier ja auch ein Harley-Village. Und unser Harley-Schrauber hatte uns außerdem empfohlen, beim Casino halt zu machen, uns dort ins Straßencafé zu setzen und einfach die Atmosphäre zu genießen. So einen Tipp lassen wir natürlich nicht unbeachtet. Das Glück der Dummen oder der Neulinge, das könnt Ihr jetzt sehen, wie Ihr wollt, sorgt auch noch dafür, dass wir genau vor dem Casino noch zwei Stellplätze für unsere Moppeds finden und genau dort auch noch ein Tisch für uns frei ist. So sitzen wir einfach zwei Stunden auf echten Logenplätzen und lassen das Harley-Volk, jede Menge Milwaukee-Eisen und auch ein paar typische Urlauber an uns vorbeiflanieren. Grandios!

Danach machen wir noch einen kleinen Rundgang durch das Veldener Harley-Village, bevor wir dann nach Faak starten. Die Fahrt zum Eventgelände absolvieren wir noch recht souverän, dann reihen wir uns in die endlose Kolonne der Motorräder ein, die sich an Faak vorbei nach Arneitz schiebt. Irgendwo zwischendurch stellen wir die Sporty meiner Rockerbraut und meinen Straßenkönig ab, weil wir das Stop-and-Go, die von den Motoren aufsteigende Hitze und den aus unserer Sicht teilweise völlig irrsinnigen Fahrstil einiger Biker inmitten dieser dahinschleichenden Motorradmasse nicht mehr ertragen. Da erforschen wir die Mainstreet, das Essensangebot, die Zubehörstände lieber zu Fuß. 

So muss das Paradies aussehen! Geile Leute überall, gute Stimmung, Motorräder vom Feinsten und alles, was des Bikers Herz sonst noch begehrt - einschließlich erstaunlich gutem Essen! Wir laufen mit offenem Mund herum, bis die Stände schließen und fahren wieder zurück in unsere Ferienwohnung. Bevor wir wie erschlagen in die Betten fallen, setzen wir uns aber noch auf die Terrasse und bewundern die Ausblick auf das Lichtermeer von Velden und Wörthersee. 

Das ist ja wohl der Hammer

Die Fahrt nach Velden ist tatsächlich das pure Vergnügen. Wir knattern munter über Landsträßchen gen Süden, zu unserer großen Verwunderung ist kaum Verkehr. Nur die Harley-Dichte wird von Kilometer zu Kilometer höher. Immer wieder überholen wir oder überholen uns Einzelfahrer und Gruppen, stehen vor Restaurants und Cafés am Straßenrand die Maschinen der pausierenden Biker. Irgendwo in einem kleinen Örtchen steht eine Mutter mit ihren beiden kleinen Töchtern am Straßenrand, die uns beim Vorbeifahren frenetisch zuwinken und völlig aus dem Häuschen sind. Ein echtes Hochgefühl, in diesem Tross dabei zu sein.

Nach etwa zwei Dritteln der Strecke kommt allerdings ein kleine Härteprüfung: Die neu asphaltierte Straße ist zentimeterdick mit Splitt abgestreut. Da müssen wir jetzt wohl durch. Jedenfalls bietet uns das Navi keine vertretbare Umfahrung an. Also tuckern wir in sehr moderatem Tempo über diese Splittpiste, bremsen bei Bedarf nur behutsam mit der Hinterradbremse und hören dem Klimpern des Splitts in den Fendern zu. Das wird eine schöne Putzerei werden! Hoffentlich bleibt’s bei putz- und polierbaren Hinterlassenschaften dieser schwarzen Pest!

Irgendwann ist auch diese Passage geschafft, es geht weiter auf kleinen Nebensträßchen, an Feldern und Wiesen vorbei und über bewaldete Höhen und karge Pässe. Es macht wieder richtig Spaß unterwegs zu sein.

Dann kommt das Ortsschild Velden, wir folgen den Anweisungen des Navis und rollen eine steile Nebenstraße in ein Wohngebiet oberhalb von Velden hinunter. Da unten soll unsere Unterkunft sein – und die ist echt der Hammer.

Oberhalb vom Wörthersee liegt das Häuschen am Hang mit freier Aussicht auf den See, auf Velden und die Promenade. Ein Ausblick für die Götter. Klar, dass wir hier untergebracht sind.

Der Vermieter hat uns natürlich schon gehört und kommt sofort aus dem daneben liegenden Wohnhaus, um uns zu begrüßen. Nach dem ersten Handschlag führt er uns kurz durchs Haus: Drinnen ist es richtig schnucklig, romantisch, österreichisch. Wie er uns erzählt, ist das Häuschen, das wir als Ferienwohnung gemietet haben, ein uraltes historisches Bauernhaus aus der Gegend, dass er nach dem Abriss an dieser Stelle wieder komplett aufgebaut und mit ein paar modernen Annehmlichkeiten wie Heizung und zeitgemäßen Bädern aufgepeppt hat. Das nenne ich übernachtungstechnisch schon einmal einen echten Glückstreffer. Von der Aussicht können wir uns kaum losreißen. Aber der Klang der V2-Motoren, der aus dem Tal vom Wörther See zu uns heraufdringt, ist auch sehr verführerisch. Also machen wir uns kurz frisch, verstauen das Gepäck und starten noch nach Faak für einen ersten Rundgang.

Auf nach Faak

Wir haben es getan: Spät haben wir uns entschieden, dieses Jahr zur European Bike Week nach Faak zu fahren. Ein Zimmer direkt am Faaker See war zwar nicht mehr zu bekommen, aber in Velden am Wörther See sind wir fündig geworden. Ein kleines Häuschen als Ferienwohnung. Dann müssen wir halt zum Faaker See fahren. Und außerdem ist ja in Velden inzwischen auch schon einiges los.

Jetzt geht es aber erst einmal los Richtung Kärnten. Die Bikes sind gepackt, die Wettervorhersage ist grandios, das Navi wird Autobahnen vermeiden. Uns stehen vier Stunden Fahrt ins pure Vergnügen bevor.

Voller Durchblick

Beim Harley-Treffen in Bad Tölz entdecken wir einen Stand mit echt geilen Brillengestellen. Seitlich in den Bügel sind typische Harley-Insignien wie der Motor oder der Skull eingebaut, und das auch noch drehbar. So kann man sich je nach Lust und Laune rechts und links seine Lieblingsmotive nach außen drehen. Meine Rockerbraut, ohnehin gerade auf der Suche nach einer neuen Sonnenbrille, ist begeistert. Denn im Gegensatz zu den sonst bei solchen Veranstaltungen angebotenen Brillen können bei diesem Gestell die Gläser ausgetauscht werden. Sie kann also optische Gläser mit ihrer Stärke beim Optiker einbauen lassen. 

Allerdings sind die Gestelle alles andere als preiswert. Jedenfalls kosten sie mehr, als wir bei einer Tagestour zu einem Treffen in der Tasche habe. Und Kartenzahlung ist nicht möglich. Aber der schlaue Verkäufer weiß natürlich Rat und kann uns den Weg zum nächsten Geldautomaten ganz genau beschreiben. Also machen wir noch einen Spaziergang zur Bank, holen Geld ab und schreiten zum Kauf. Schade nur, dass die Rockerbraut die neue Brille nicht sofort anziehen kann, sondern sie erst noch zum Optiker geben und die richtigen Gläser einbauen lassen muss. 

Damit hat sich die Fahrt nach Bad Tölz doch noch gelohnt und wird zu einem Erfolg. Begonnen hatte die Fahrt nämlich eher bescheiden, weil wir auf der Hinfahrt heute Vormittag sowohl in Miesbach als auch vor Bad Tölz im Urlauber- und Ausflügler-Stau stecken geblieben waren und schon darüber nachgedacht hatten, nicht zum Harley-Treffen, sondern Richtung Berge abzubiegen und einfach nur eine schöne Tour zu fahren. 

Alte Probleme, keine kurzfristige Lösung

Auf der Tour durch Niederbayern Anfang Mai und auch jetzt beim Besuch in Pulman-City ist mein Straßenkönig beim Ausrollen wieder mehrfach ausgegangen. Deshalb bin ich heute zu meinem Harley-Schrauber des Vertrauens getuckert, um das Problem noch einmal mit ihm zu erörtern. Die Motordiagnose gibt keinerlei Fehlermeldungen aus, wir können das Phänomen nur so weit einkreisen, dass es bei relativ hohen Außentemperaturen und zügiger Fahrt auftritt – nicht zwingend bei heißem Motor.

Der Verdacht fällt auf irgendwelche Sensoren und Elektronik am hinteren Zylinder, die spinnen. Da die Reparatur aber aufwendig und von längerer Dauer sein wird, schieben wir diesen Versuch, das Problem in den Griff zu bekommen, auf den Winter. Passieren kann ja nichts, außer dass ich hin und wieder mal stehen bleiben und neu starten muss. 

Biker im Wilden Westen

Dieses Jahr haben wir das Harley-Treffen in Pulman-City in Niederbayern auf unser Tourprogramm genommen – auch, weil uns die Mai-Tour in diese Gegend so gut gefallen hat. Die Koffer sind gepackt, das Navi programmiert – auf geht’s auf kurvenreicher Strecke Richtung Eging am See.

Zum ersten Mal zweifle ich heute tatsächlich an meinem Navi, lotst es uns doch tatsächlich rüber nach Österreich. Eine wunderschöne Strecke über kleine Nebenstraßen, kaum Verkehr. Aber über Österreich nach Niederbayern? Kann das stimmen? Der eingebaute Zweifler in mir ist skeptisch und wird mit jedem Abzweig skeptischer. Aber was soll ich machen? Das Navi ist richtig programmiert, das habe ich inzwischen schon geprüft. Meine Ortskenntnisse reichen eigentlich nicht aus, die Streckenführung anzuzweifeln. Und eine Landkarte für einen Gegencheck habe ich natürlich erst recht nicht dabei. Also weg mit den Zweifeln. Vertraue auf die moderne Technik. Und genieße vor allem die schöne Tour. Denn schließlich geht es ja gerade darum: den geilsten Weg zu einem Ziel zu finden, an dem dann hoffentlich eine geile Party auf Dich wartet.

Je länger wir unterwegs sind, desto mehr kann ich auch meine Zweifel beiseiteschieben. Das Navi lotst uns tatsächlich in einem wunderschönen Bogen abseits der Standardroute Richtung Ziel. Vielen Dank liebe Technik! Hätte ich die Tour von Hand geplant, wäre ich nie auf diese Strecke gekommen!

In Eging erwartet uns tatsächlich eine tolle Harley-Sause. Das Flair der Westernstadt, in der an diesem Wochenende statt Cowboys und Pferden Biker und ihre Harleys vor den Saloons halt machen, passt einfach nur zu gut zu den Milwaukee-Eisen.

Auch unsere Unterkunft ist eine Erwähnung wert. Wir sind nämlich nicht mehr direkt in Pulman City untergekommen, sondern in einem Gästehaus in Eging. Die Wirtsleute sind supernett. Gemeinsam mit uns kommen noch ein paar andere Harley-Fahrer an, woraufhin der Wirt sofort seine Scheune leer räumt, damit wir unser Bikes dort unterstellen können – falls es mal regnet und überhaupt: Die Maschinen sollten nachts nicht einfach so draußen stehen.

Harley hält Einzug ins Haus

Zu meinem Geburtstag schenkt meine Rockerbraut mir einen Harley-Spiegel. Nein, kein Teil aus dem Harley-Davidson-Devotionalien-Programm. Sondern ein extra für mich gebautes Unikat. Den Rahmen schmücken Zündkerzen, Zahnräder, Bremsklötze, Ketten und andere Motorradteile sowie ein Adler und Totenköpfe. Ein echt geiles Teil, das seinen Platz im Treppenhaus finden und dann als Schlüsselhalter und Andenkenschrein rund um unsere Harley-Abenteuer dienen soll.  

Heiße Griffe gegen eiskalte Händchen

Schon auf der Rückfahrt von unserem Fahrsicherheitstraining war meiner Rockerbraut ein klarer Mangel an ihrer Sporty ins Bewusstsein gekommen: Sie hat keine beheizbaren Griffe. Bei frischen Temperaturen frieren ihr ziemlich schnell die Finger ab, zumal sie kein Freund von riesigen, dicken Winterhandschuhen ist, die jegliches Feingefühl für Kupplung, Gas und Bremse töten.

Deshalb geht es jetzt zu unserem Harley-Schrauber, der schon schicke beheizbare Griffe mit Skull-Emblem bestellt hat, die heute an die Sporty montiert werden. Damit wird die Sporty nicht nur kuscheliger für die Finger. Auch das Skull-Thema – anfangs nur sporadisch und unstrategisch hier und da verfolgt – bekommt immer mehr Struktur. Kennzeichen-Schrauben, Hupendeckel und jetzt auch die Griffe tragen den Skull. Die Originalspiegel mussten schon vor einige Zeit Skeletthänden weichen.

Erster Mai, erste Tour, erstes Sommerfeeling

Zum langen Wochenende rund um den 1. Mai starten wir eine Ausfahrt Richtung Niederbayern. In die Berge macht noch nicht richtig Sinn. Dann lieber in flachere Gefilde mit nicht weniger geilen kleinen Sträßchen und vielen schwungvollen Kurven.

Der Wettergott hat mit unserem Vorhaben ein Einsehen und verwöhnt uns mit sommerlichen Temperaturen, blauem Himmel und strahlendem Sonnenschein. So macht Biken richtig Spaß. Sogar abends können wir – es ist wohlgemerkt erst Anfang Mai! – noch lange entspannt draußen sitzen und Benzin quatschen. 

Alles gut gelaufen und viel gelernt

Heute Morgen geht als erstes ein gespannter Blick aus dem Hotelfenster gen Himmel. Bewölkt, aber durchaus mit blauen Einsprengseln. Das sieht ja richtig gut aus. Also raus aus den Federn, das Fahrsicherheitstraining wartet auf uns. Das Frühstück ist klasse, frisch gestärkt knattern wir zum Übungsplatz. Dort stehen schon die Harleys der anderen Teilnehmer, die Trainerin begrüßt uns herzlich und schickt uns erst einmal in den Seminarraum, in dem die Theorie stattfindet. 

Nach der Theorie und der allgemeinen Einweisung zum Verhalten auf dem Übungsgelände geht es wieder zurück zu den Bikes. Jetzt folgt die Praxis: Slalom, immer engere Kreise, Bremsen, herantasten an den Blockierpunkt von Vorder- und Hinterrad für die Maschinen ohne ABS, Kurven, kleine Turnübungen auf dem Mopped - es wird ein spannender und lehrreicher Tag. Und er bleibt komplett trocken. In der Mittagspause fachsimpeln wir mit den anderen Teilnehmern und sind einhellig der Meinung, dass dieses Training mehr als sein Geld wert war. Endlich konnten wir einmal Grenzbereiche ausloten, an die wir uns im Straßenverkehr kaum gefahrlos herantasten würden. Alles in allem lernen wir unsere Maschinen besser kennen und ihr Verhalten in verschiedenen Situationen besser einzuschätzen. 

Nach mehr als neun Stunden Theorie und Praxis, nur unterbrochen von einer Stunde Mittagspause, fahren wir verdammt müde, aber mit dem zufriedenen Gefühl, etwas gelernt zu haben und in Zukunft hoffentlich sicherer unterwegs zu sein, nach Hause. Und wir freuen uns darüber, dass es ausgerechnet heute trocken geblieben ist. Ach ja, und meine Rockerbraut ist happy, dass ihre Sporty im Winter die Kupplungserleichterung bekommen hat. Sonst würden ihr jetzt wahrscheinlich die Finger abfallen. 

Zum Saisonstart gleich ein Sicherheitstraining

Vor ein paar Wochen kam das Angebot: Gleich zum Saisonstart Mitte April können wir ein Fahrsicherheitstraining extra für Harleys absolvieren. Nach einigem Hin und Her haben wir zugesagt und sind jetzt auf dem Weg nach Augsburg. Bisher hat der April uns wettertechnisch nicht besonders verwöhnt. Nass-kalt würde der Wetterbericht dazu wohl sagen. Es gab nur einen trockenen Nachmittag in den letzten zwei Wochen, an dem wir den Straßenkönig und die Sporty aus dem Winterlager abgeholt haben. 

Wegen des Wetters haben wir auch beschlossen, schon heute - am Freitagnachmittag - nach Augsburg zu fahren und im Hotel zu übernachten. So müssen wir nicht morgen in aller Herrgotts Früh und vielleicht sogar noch bei leichtem Frost raus, um pünktlich um 9 Uhr auf dem ADAC-Gelände zu sein. Eingemummelt in unsere Funktionskombis, darüber sogar noch die Regenkombis, sind wir heute Mittag losgefahren. Und ob Ihr es glaubt oder nicht: Nach einem verregneten Morgen hat es pünktlich zu unserer Abfahrt aufgehört zu regnen. Der Himmel bleibt zwar bewölkt, aber der Regen fällt irgendwo anders, nur nicht auf unserer Strecke. So kommen wir einigermaßen trocken im Hotel an. Nur die Stiefel sind von der nassen Straße angefeuchtet. Am Hotel wartet sogar ein überdachter Stellplatz auf unsere beiden Moppeds. Und meine neue Sitzbank hat auch ihre Bewährungsprobe bestanden. Das Teil sieht nicht nur klasse aus, sondern ist auch saubequem, obwohl sie deutlich flacher als die originale Sitzbank ist. Das war also schon einmal ein erfolgreicher Anreisetag. Jetzt sind wir gespannt auf das Fahrtraining morgen und fallen nach einem kleinen Abendbrot müde ist Bett. 

Da geht noch mehr

Dritte Sitzung, ich bin immer noch begeistert von meinem noch nicht ganz fertigen Tattoo und kann es kaum erwarten, dass es endlich fertig wird. Heute sind die Schattierungen im Baum und noch ein paar Feindetails an Jurojin und Hirsch dran. Und scheinbar hängt das Schmerzempfinden tatsächlich stärker mit der persönlichen Konstitution zusammen als ich dachte. Heute merke ich nämlich auch vom Schattieren kaum etwas. Ich bin ja auch total entspannt und ausgeschlafen zum Termin gekommen. Nicht wie beim letzten Mal!

Das fertige Tattoo ist der Hammer. Ich bin total begeistert, auch wenn es jetzt noch sehr wulstig, rot und blutig aussieht. Und ich bin „angestochen“. Entgegen aller bisherigen Planungen wird das wohl nicht das einzige Tattoo bleiben. Mal sehen, welche dazu passenden Motive ich noch finde!      

Das tut ja doch weh!

Nach der ersten Sitzung ist das Tattoo super verheilt. „Wer gut schmiert, der gut fährt“ gilt scheinbar auch hier. Ich habe jedenfalls die letzten beiden Wochen mehr Salbe auf meinen Oberarm geschmiert als vorher in meinem ganzen Leben auf den ganzen Körper. Dafür sieht das Tattoo aber auch schon klasse aus. Heute geht es also ans Schattieren.

So schmerzarm die letzte Sitzung war, so ordentlich erwischt’s mich heute. Das Schattieren der Flächen ist scheinbar doch eine andere Nummer als das Ziehen feiner Linien. Aber es ist auszuhalten. Und schließlich muss, wer schön sein will, auch leiden! Außerdem war es vielleicht auch keine gute Idee, ausgerechnet auf gestern einen Termin zu legen, für den ich 16 Stunden ins Rhein-Main-Gebiet unterwegs war, über 1000 km im Auto abgerissen habe und nebenbei auch noch Frust als unfähiger Gespannfahrer schieben musste. Das hat ganz schön geschlaucht und ist dem Schmerzempfinden wahrscheinlich auch nicht zuträglich.

Gespann(t) und enttäuscht

Der Frankfurter Harley-Händler wirbt seit einiger Zeit mit einem Gespannumbau. Sieht in den Anzeigen, auf der Homepage und auch in ein paar Zeitschriftenberichten ziemlich schick aus. Wäre das vielleicht eine Lösung, unseren Hund mit auf Tour zu nehmen statt beim Hundesitter unterzubringen? Verrückt auf Motorräder ist er ja, schließlich wedelt er jedem Mopped hinterher. Also haben wir für heute einen Probefahrttermin vereinbart, weil wir sowieso in das Rhein-Main-Gebiet müssen, und stehen jetzt vor der Harley Factory Frankfurt am Main. 

Obwohl schon November, haben wir einen trockenen, recht warmen Tag erwischt. Allerdings steht draußen bei den Vorführmaschinen kein Gespann. Dann mal nix wie rein in den Laden. Drinnen am Empfang wissen die netten Ladies schon Bescheid, und während ich die Formalitäten für die Probefahrt erledige, sehe ich einen Harley-Mitarbeiter mit dem Gespann durch den Verkaufsraum und aus der Eingangstür hinaustuckern. Sieht ja richtig easy aus, wie der Typ mit der Maschine samt Beiwagen durch die engen Gänge und die Doppeltür schnurrt. 

Wenig später holt der Gespannfahrer mich an der Anmeldung ab, führt mich vor den Laden und gibt mir eine Einweisung: "Vergiss alles, was Du vom Motorradfahren kennst! Nix Kurvenlage, niemals die Füße runtersetzen, wenn Du bremst, richtig lenken, wenn Du um die Kurve willst. Ansonsten funktioniert eigentlich alles wie bei Deiner Road King." Also Helm auf zum Gebet, die Maschine starten, Kupplung ziehen, Gang rein. Und jetzt allen Mut zusammennehmen und die Kupplung kommen lassen. 

Wenige Augenblick später steht die Fuhre schon wieder. Ich bin auf den ersten 10 Metern schon knapp an zwei Katastrophen vorbeigeschrammt. Erst bin ich mit Müh' und Not an einem parkenden Auto vorbeigekommen. Dann hätte ich beinahe noch meine Rockerbraut umgefahren. Dass ich natürlich beim Bremsen aus Reflex die Füße runtergesetzt habe, ist das kleinste Problem. Tut halt ordentlich weh, wenn man sich die Latschen zwischen Beiwagenaufhängung, Trittbrett und Pedalen einklemmt. 

Getreu der alten Reiterweisheit "Wer runterfällt, muss sofort wieder aufsteigen" lasse ich mich von meiner Rockerbraut zu einem zweiten Versuch überreden. Schließlich habe ich jetzt auch mehr Platz auf dem Parkplatz vor mir. Also tuckere ich wieder los. Geradeaus, um die Kurve, links, rechts. Alles im ersten Gang. Da wird's mir bei mehr als Standgas schon zu schnell. 

Nach nur etwa 10 Minuten steht für mich fest: Gespannfahren sollen andere, das ist definitiv nichts für mich. Ich bin zu blöd dazu. Ich zirkle das Gespann noch irgendwie zurück zum Eingang und stelle es enttäuscht dort ab. Um den Frust ein wenig zu kompensieren, shoppen wir noch ein paar Dealer-Shirts und verlassen dann geknickt den Laden. Der Hund muss wohl weiter zum Hundesitter, wenn wir länger auf Tour gehen.

Jetzt geht’s unter die Haut

Seit rund 25 Jahren schlummert der Katalog zur Ausstellung japanischer Kunst „Shogun“ in meinem Bücherregal. Genauso lange kleben darin ein paar Post-its – einer bei Jurojin, einem der sieben japanischen Glücksgötter, einer bei einem Bild mit einem alten, knorrigen Baum. Heute ist es nun so weit: Jurojin und der knorrige Baum werden aus dem Ausstellungskatalog unter die Haut auf meinem linken Oberarm wandern. Ich habe die erste Sitzung beim Tätowierer.

Jurojin war mir schon bei unserem ersten „Treffen“ auf der Ausstellung sympathisch: Ein älterer, dicker Herr mit langem Bart, zufriedenem Gesichtsausdruck, strahlenden Augen und freundlichem Lächeln, begleitet vom mystischen „schwarzen Hirsch“. Spätere Recherchen ergaben dann, dass er für langes Leben, Zufriedenheit, Ruhe, innere Stärke, Gesundheit und langes Leben steht. Passt doch!

Die lange Suche nach einem passenden Tätowierer konnte ich dieses Jahr glücklich abschließen. Waren das Vorhaben in der Vergangenheit immer wieder gescheitert, weil ich entweder keinen passenden Tätowierer finden konnte oder wir aber weggezogen sind, bevor das Werk unter die Haut gekommen ist, habe ich dieses Mal direkt nach dem Umzug mit der Suche begonnen und auch den richtigen Mann für dieses Projekt gefunden: Sympathisch, super ordentlich und mit Erfahrung bei japanischen Motiven. Die Vorbesprechungen zur Umsetzung meiner Ideen waren schon sehr vielversprechend.

Jetzt sitze ich also auf dem Tätowierstuhl, alles ist desinfiziert und sauber, auf meinem Oberarm prangt schon der aufgepauste Jurojin samt Hirsch. Der Baum kommt später dann freihand hinzu. War ich bisher noch super cool, rutscht mir nun doch langsam aber sicher das Herz in die Hose. Wird das weh tun? Wie weh wird das tun? Wie wird mein persönliches Schmerzempfinden sein?

Während ich so nachdenke, fällt mir auf, dass die Tätowiermaschine schon munter surrt und auf meinem Oberarm schon die ersten Linien gezogen sind. Na, so darf das ruhig weitergehen! Tatsächlich habe ich – wahrscheinlich vor lauter Aufregung – gar nicht gemerkt, dass die Sitzung schon begonnen hat.

Drei Stunden später prangen auf meinem Oberarm die Outlines von Jurojin, schwarzem Hirsch und Baum. Ich bin schon jetzt begeistert. In zwei Wochen geht es dann weiter mit den Schattierungen. 

Ab in den Winterschlaf

Es ist schon wieder Ende Oktober, Straßenkönig und Sporty gehen in den Winterschlaf. Die Fehlersuche an meinem Straßenkönig war bisher erfolglos. Er geht immer wieder mal und nicht nachvollziehbar aus. Unser Harley-Schrauber will über Winter noch ein paar Sachen prüfen. Mal sehen, ob er was findet. Sonst sind nur kleinere Umbau- oder Reparaturaktionen geplant. Mein Straßenkönig bekommt eine neue Sitzbank, das Original zeigt Auflösungserscheinungen an den Nähten. Und bei der Sporty meiner Rockerbraut muss die Kuhglocke einem Hupencover mit Skull weichen. Außerdem bekommt sie noch eine Kupplungserleichterung. Mehr wird nicht gemacht. Warum auch, wir sind dieses Jahr schließlich geile Touren gefahren und die Sporty meiner Rockerbraut läuft rund wie ein Uhrwerk. 

Warum sind wir nicht dabei?

Ein Sonntagnachmittag Anfang September, wir sitzen vor dem Haus auf unserer Gartenbank und wundern uns. Von der nahen Autobahn klingt immer wieder der wunderbare Sound von V2-Motoren zu uns herüber. Mal einzelne Maschinen, mal ganze Karawanen. Was ist da nur los? Ein Blick in den Harley-Terminkalender im Internet verschafft uns Klarheit: Nächste Woche ist European Bike Week, Faak ruft. Die Jungs und Mädels sind alle auf dem Weg nach Kärnten. Da müssen wir wohl auch unbedingt mal hin. Aber dieses Jahr müssen wir uns erst einmal mit dem Zuhören begnügen.  

Des einen Freud, des anderen Leid

Die Sporty meiner Rockerbraut läuft wie geschmiert mit ihrem neuen Auspuff, mein Straßenkönig muckt immer mal wieder. Auch ein geändertes Mapping am Super Tuner ändert daran nichts. Anfangs dachte ich, die neue Abstimmung hätte geholfen. Aber bei unserer heutigen Tour heißt es wieder aufpassen. Beim Ausrollen geht der Straßenkönig aus. 

Aber davon lassen wir uns den Spaß heute nicht verderben. Wir rollen über unsere zwischenzeitlich zur Hausstrecke avancierten Runde durch das Nahe Österreich und genießen einfach die Tour, die Landschaft und das herrliche Wetter.

Rätsel über Rätsel 

Das Diagnosegerät stellt sich dumm, kein Fehler im System. Die Probefahrt bleibt ohne Ergebnis, mein Straßenkönig ist wunderbar gelaufen und nicht ausgegangen. Dabei hatte ich ihn vorher extra über die Landstraße gescheucht, weil er ja immer nur ausgegangen ist, wenn er auch ordentlich heiß gefahren war. Vorführeffekt nennt man das wohl. Vielen Dank, lieber Straßenkönig, aber damit hilfst Du Dir selbst und mir nicht weiter! Was bleibt, ist der Ratschlag, das ganze weiter zu beobachten und vielleicht mal vorbeizukommen, wenn er mal wieder spinnt. Und das Versprechen meines Harley-Schraubers, sich schlau zu machen, mal in Foren nachzulesen und ein paar Kollegen zu kontaktieren, ob die vielleicht was wissen. Ich werde derweilen abwarten und Tee trinken müssen.  

Es bleibt nervig

Dass mein Straßenkönig immer wieder ausgeht, war kein einmaliges Phänomen der letzten Tour. Heute geht's nicht besser. Gott-sei-Dank passiert das nur, wenn ich sowieso langsam ausrolle. Aussetzer während der Fahrt oder gar in Kurven wären eine Katastrophe. Werde also mal einen Termin beim Harley-Schrauber machen müssen. Vielleicht kennt der die Macke ja schon oder findet über das Diagnosegerät was. 

Aus die Maus, aber warum?

Mein Straßenkönig hat plötzlich eine Macke. Wenn ihm richtig warm ums Herz ist, geht er einfach aus. Nach schöner Landstraßenhatz auf eine Kreuzung oder einen Kreisverkehr zurollen heißt für mich: entweder ganz vorsichtig mit der Gashand spielen und die Drehzahl knapp über Leerlauf halten oder der Bock geht aus. Neu Starten ist zwar kein Problem, aber das Ganze ist einfach nervig. Ansonsten ist alles wunderbar. Er zieht sauber durch, im Schiebebetrieb läuft er ruhig, alles so, wie es sein soll. Nur die Kupplung darf ich nicht zu lange ziehen. Dann ist der Straßenkönig aus. Kurios. Aber auf unserer heutigen Tour nicht mehr zu ändern. Und den Spaß lasse ich mir davon schon gar nicht verderben. 

Wir rollen fröhlich durch die Landschaft, Zwischenstopp in Wasserburg. Während wir im Straßencafé entspannen, rollt eine ganze Kolonne Harleys heran. Als die Truppe absteigt und die Helme abnimmt, stellen wir fest, dass alle außer dem Road Captain Asiaten sind. Schnell sind wir im Gespräch. Die Jungs und Mädels machen tatsächlich den typisch asiatischen Urlaubstrip: Europa in 14 Tagen, einmal kreuz und quer durch die alte Welt. Allerdings mit einer Besonderheit: 5 Tage nehmen sie nicht Zug, Bus oder Flieger, sondern Harleys. Jetzt gerade kommen sie aus Salzburg und fahren weiter nach München. Nach einem Dutzend Fotos und einer herzlichen Verabschiedung geht es für uns wieder zurück nach Hause. Die asiatische Harley-Reisegruppe stürzt sich noch auf bayerische Spezialitäten. Wir wünschen gute Fahrt!

Das erste (nennenswerte) Opfer der Totenköpfe

Was sich in Saalbach-Hinterglemm angekündigt hat, wird tatsächlich Realität. Erstes (oder eigentlich besser: zweites, denn schließlich gibt es ja schon die Skull-Nummernschildschrauben) Opfer der Totenkopfbegeisterung ist der Tankdeckel. Das Originalteil muss einem Skull-Tankdeckel aus dem Harley-Zubehör weichen. Ja, sieht klasse aus auf der in Schwarz und Chrom glänzenden Sporty. Und an meinem Straßenkönig lodern ja schließlich auch überall Flammen in Schwarz und Chrom. 

Pommes ohne alles und neue Töpfe für die Sporty

Die neue Auspuffanlage für die Sporty meiner Rockerbraut ist da. Also sind wir heute zu unserem Harley-Schrauber gefahren, der den Umbau am Nachmittag machen will. Während die Sporty in der Werkstatt bleibt, fahren wir mit meinem Straßenkönig ein kleines Ründchen - die Rockerbraut mal wieder als Sozia hinter sich sitzen zu haben, hat auch was. 

Eigentlich wollen wir in ein kleines Café, aber das hat heute dummerweise Ruhetag. Okay, dann geht's ein Stückchen weiter. Da gibt es noch einen Luxusschuppen, der aber immerhin eine schöne Terrasse mit toller Aussicht hat. Ist zwar eher Touri- als Bikerambiente, aber was soll's. Wir werden es überleben und nehmen an einem der Tische auf der Terrasse Platz. 

Getränke bestellt, ein Stück Kuchen für mich, meine Kurzzeitsozia hat eher Lust auf was Herzhaftes und bestellt Pommes. Auf Nachfragen des Kellners, ob sie Mayo oder Ketchup dazu möchte, antwortet sie das klassische "Nein danke, ohne alles". Die Getränke kommen, mein Kuchen ebenso, die Pommes aber lassen noch auf sich warten. Na gut, die müssen auch noch frittiert werden. Ich genieße meinen Kuchen vom Tellerchen mit einer kleinen Kuchengabel und tupfe mir abschließend den Mund mit der dabeiliegenden Serviette ab. 

Auftritt Kellner: Er stellt meiner Rockerbraut wortlos einen Teller mit Pommes hin und räumt ebenso wortlos meinen Kuchenteller ab. Dann ist er weg. Wir schauen uns an, zucken mit den Schultern, werfen einen suchenden Blick über die Terrasse, ob unsere Bedienung oder irgendeine Bedienung zu sehen ist. Nichts. Vor meiner Rockerbraut steht ein Teller Pommes. Und tatsächlich nur ein Teller Pommes. Ohne alles. Keine Serviette, keine Gabel, kein Salz. Nirgends eine Bedienung, nirgends ein Besteckwagen, aus dem wir eine Gabel holen könnte, nirgends ein Salzstreuer. "Tja Schatz, ich glaube, hier nimmt man Kundenwünsche wörtlich." Ich kann mir das Lachen kaum verkneifen. "Ja, und mit den Fingern essen ist diesem Möchtegern-Luxusschuppen vollkommen angemessen", antwortet meine Sozia für einen Nachmittag und greift genüsslich zu. Immerhin schmeckt es ihr. 

Dass wir in diesem Laden nicht länger geblieben sind als nötig und sicher auch nie wieder hinfahren werden, muss ich wohl kaum weiter erklären. Das bezahlen läuft genauso wortkarg ab wie der Service davor. Viel mehr als den Betrag und ein kurzes Servus gibt es nicht - und natürlich auch kein Trinkgeld. 

Aber jetzt nichts wie zurück zur Werkstatt. Da steht jetzt hoffentlich eine Sporty mit neuer Auspuffanlage und völlig neuem Fahrgefühl. Als wir ankommen, ist der Umbau tatsächlich fertig, die Sporty knattert in völlig neuer Tonlage vor sich hin. Unser Harley-Schrauber putzt und wienert noch die letzten Fleckchen von den Chromrohren, dann können wir los. 

Heim geht's natürlich nicht auf kürzester, sondern auf kurviger Strecke. Wie wird sich die Sporty jetzt verhalten? Zieht sie besser hoch? Auf die Antwort werde ich noch bis zu Hause warten müssen. Aber eines ist auch für mich sofort klar: Der Sound allein ist die Investition schon wert gewesen! Das Getröte aus den Serientöpfen war nichts im Vergleich zu der Sinfonie, die jetzt aus der neuen Anlage erklingt. Auch wenn sie nicht besser laufen sollte, sie klingt auf jeden Fall nach Kraft und Power. 

Wieder zu Hause angekommen, muss ich gar nicht lange fragen, ob die Auspuffkur geholfen hat. Das Grinsen im Gesicht meiner Rockerbraut sagt mehr als tausend Worte. Was ein störungsfreier Strom für die Abgase doch so alles bewirken kann! Mehr Durchzug, mehr Spaß, mehr Zufriedenheit!

Auf nach Saalbach

Bevor es an irgendwelche Umbauten an der Sporty meiner Rockerbraut geht, steht erst einmal eine Tour zum Harley-Treffen in Saalbach-Hinterglemm auf der Jahresplanung. Bei bestem Wetter starten wir gen Österreich und knattern über eine herrliche Strecke durch eine wunderschöne Landschaft in den Skiort hinauf. Hier ist ja ordentlich was los. Wir stellen die Bikes ein gutes Stück unterhalb der ersten Stände, Cafés und Restaurants auf der Mainstreet in die endlose Harley-Reihe und spazieren in den Ort hinein. 

Erst einmal was trinken und dabei den vorbeirollenden Maschinen oder vorbeiflanierenden Harley-Menschen zuschauen. Kann das Leben schöner sein? Dann selber weiterflanieren und Moppeds gucken. Meine Rockerbraut entwickelt dabei ein zunehmendes Interesse an Bikes mit Totenköpfen. Tankdeckel, Handgriffe, irgendwelche Deckel und Abdeckungen, Spiegel und Hebel im Skelettdesign - das alles findet großes Interesse. Den Vogel schießt allerdings ein Bike ab, dessen Besitzer Totenköpfe in die Endkappen der Auspuffanlage eingearbeitet hat. Das ist mal ein echter Hingucker und hat dazu noch einen schönen Hintersinn. 

Bisher waren Umbauten an der Sporty auf jeden Fall kein großes Thema. "Nein, da machen wir nichts. Die sieht doch so schon klasse aus", hieß es immer, wenn ich das Thema angeschnitten habe. Und: "Die Skull-Nummernschildschrauben reichen mir völlig, mehr muss gar nicht sein." Mir schwant, dass sich diese Einstellung gerade ändert. Und ich ahne, wie die nächsten Wunschlisten meiner Rockerbraut aussehen werden. Aber das hat noch Zeit. Geburtstag war schon, da wird sie wohl auf Weihnachten warten müssen. 

Während wir so durch Hinterglemm streunern, fängt es plötzlich an zu regnen. Also nichts wie rein ins Festzelt. Ist ganz offensichtlich nur ein Schauer, den es auszusitzen gilt. Als der Regen aufhört, ist es für uns auch Zeit wieder heim zu fahren. Während wir den Weg zu unseren Maschinen antreten, überlegen wir noch, ob wir uns in die Regenkombis zwängen wollen oder das bisschen Wasser auf der Straße einfach ignorieren. Die Entscheidung hat uns der Wettergott allerdings schon abgenommen. Auf dem Weg vor uns wechselt der nasse Asphalt beinahe übergangslos in trockene Straße, die Kante ist wirklich wie mit dem Lineal gezogen. Und tatsächlich: Auf unseren beiden Moppeds finden sich nur ein paar wenige Tropfen. Das sind halt die Berge: wenn es hier regnet, kann hundert Meter weiter schon wieder die Sonne scheinen. Und so fahren wir der Sonne entgegen - oder hinterher - nach Hause. 

Aber woran liegt's?

Termin bei unserem Harley-Schrauber des Vertrauens. Schließlich soll meine Rockerbraut ja so schnell wie möglich wieder glücklich mit ihrer Sporty sein und sauber aus dem Drehzahlkeller rausbeschleunigen können. Das Diagnosegerät meldet auf jeden Fall schon einmal keine Fehler. Die Überprüfung des Mappings für die Einspritzanlage ergibt auch nichts. Und was nun? "Tja, da gibt's jede Menge Möglichkeiten. Auspuff, Luftfilter, Feinabstimmung... Alles eine Frage des Geldes." 

Wer die Wahl hat, hat also auch hier ganz offensichtlich die Qual. Womit anfangen, womit weitermachen, womit aufhören? "Also, wenn Ihr noch über andere Sachen nachdenkt, solltet Ihr die Feinabstimmung sowieso erst ganz am Ende machen. Sonst müsst Ihr sie nach jeder Änderung wieder neu machen." Klare Aussage, damit brauchen wir das Thema erst einmal nicht weiterverfolgen. 

Abends daheim lässt uns das Thema keine Ruhe, wir diskutieren und überlegen hin und her. "Als ich meinem Straßenkönig die Penzl spendiert habe, war das eine echte Offenbarung. Die zog gleich ganz anders. Lass uns das doch bei Dir auch probieren. Wenn's nicht klappt, hast Du wenigstens 'nen geilen Klang", schlage ich irgendwann vor. Und meine Rockerbraut ist einverstanden. 

Da muss was passieren

Schon nach den letzten Ausfahrten war meine Rockerbraut not amused. Und auch jetzt beim Zwischenstopp nach einer kleinen Serpentinenorgie guckt sie ziemlich unglücklich drein. "Ich weiß nicht, irgendwie zieht mein Mopped aus niedrigen Drehzahlen nicht sauber hoch. Da ruckelt's und rumpelt's einfach nur so. Rausbeschleunigen aus Kurven geht nur, wenn ich für meinen Geschmack einen zu kleinen Gang drin habe und relativ hoch drehe. In welchem Gang bist Du zum Beispiel die geile Linkskurve eben ungefähr in der Mitte der Serpentinen gefahren? Ich musste runter in den Zweiten." 

Okay, Hubraum ist durch nichts zu ersetzen außer durch noch mehr Hubraum. Und da hat mein Straßenkönig schon ein paar Kubik mehr zu bieten. Aber dafür schleppt sie auch ein ordentliches Pfund Mehrgewicht mit sich herum - sowohl Maschine als auch Fahrer sind deutlich schwerer als Sporty und Rockerbraut. Daran allein kann es also nicht liegen, dass ich besagte Kurve gemütlich im dritten Gang genommen habe und ohne Probleme ordentlich rausbeschleunigen konnte. 

"Dann fahr Du bitte nachher mal mit meiner 'ne Runde. Bin gespannt, was Du dazu sagst", wünscht sich meine Rockerbraut, womit das Thema erst einmal erledigt ist und wir uns stattdessen lieber kalten Getränken und einer kleinen Stärkung widmen. 

Tatsächlich habe ich bei der kleinen Probefahrt nach Abschluss unserer Tour auch das Gefühl, dass da von unter heraus nicht viel passiert bei der Sporty. Aus 1200 Kubik hätte ich auch mehr erwartet. Aber was ist da los, woran kann das liegen? Wir müssen wohl unseren Harley-Schrauber das erste Mal so richtig um Rat und Tat bitten, damit sich etwas ändert und sich das echte Harley-Feeling einstellt: Standgas, aufdrehen, hochbeschleunigen, glücklich sein. 

Auf geht's, Straßenkönig!

Der Winter ist vorbei, der Frühling macht sich immer stärker bemerkbar, es ist Anfang April, die Sonne lacht und die Moppeds wollen aus dem Winterschlaf geweckt werden. Also nix wie hin zu unserem Harley-Schrauber. Da stehen die beiden Schätzchen in ihrer ganzen Pracht, frisch geputzt, frisch gewartet und - im Falle der Sporty - frisch durch den TÜV, der dieses Jahr fällig war. Also Rechnung bezahlen und los!

Von der Werkstatt geht es erst einmal mit einer kleinen Schleife nach Hause. Mensch, dieses Jahr muss aber in Sachen Moppedfahren mehr passieren als im vergangenen. Wir leben hier im Motorradschlaraffenland, das müssen wir doch ausnutzen. Mein diesbezüglicher Antrag, gestellt bei einem Zwischenstopp an einem Biergarten, findet Zustimmung seitens meiner Rockerbraut. Dann wollen wir mal planen. 

Abends läuft also der Laptop heiß auf der Suche nach möglichen Zielen. Auf die Liste kommen Motorradtreffen im Umkreis von ±100 km, eine Bikerkneipe in Österreich und ein paar Strecken, die wir unbedingt fahren wollen. Mal sehen, was wir davon schaffen!  

Schon wieder vorbei

Ein verdammt kurzes Bikerjahr geht zu schon wieder zu Ende. Eigentlich sind wir kaum gefahren, weil wir zuviel mit neuem Haus und Garten beschäftigt waren. Unser neuer Harley-Schrauber bietet eine Wintereinlagerung für unsere Moppeds an - für einen Euro pro Tag. Für das kleine Geld blockiere ich mir nicht den ganzen Winter die Garage mit den Maschinen und darf bei Schnee und Eis auch noch jeden Morgen das Auto freiräumen. 

Also geht es heute mit der Sporty meiner Rockerbraut und meinem Straßenkönig ab in die Werkstatt. Hier werden sie in einem trockenen, beheizten Raum überwintern, hängen am Batteriefrischhaltegerät und bekommen auch noch die fälligen Services. Wellness für Harleys. 

Die spinnen die Urlauber

Bei unserem Umzug in den Südosten der Republik war uns ja klar, dass wir jetzt in einer Urlaubsregion leben werden. Was das bedeutet, davon hatten wir aber nicht die geringste Vorstellung. Na klar, hier ist es super schön, Berge zum Motorradfahren und Wandern, Seen zum Baden, Gasthäuser und Biergärten - alles da, was das Herz sich wünscht. Aber das jetzt Anfang Juli, mit Beginn der Sommerferien in vielen Bundesländern, hier bei uns das Verkehrschaos ausbricht und Touristen einfallen wie die Heuschrecken, das haben wir nie geglaubt, wenn man es uns erzählt hat! Und auch die Geschichten über die Fahrkünste der Urlauber, die uns die Nachbarn erzählt haben, konnten oder wollten wir nicht glauben. Aber es ist alles wahr und manchmal noch viel schlimmer!

Heute ist Samstag und wir wollten eigentlich endlich mal eine Tagestour fahren. Nach 15 km geben wir unser Vorhaben mehr oder weniger entnervt auf und schlagen uns lieber auf winzige Nebenstraßen abseits der touristischen Pfade Richtung Niederbayern statt unser Ziel "einmal rund um Salzburg" weiter zu verfolgen. "Samstags ist Bettenwechsel", erklärt uns am Abend unser Nachbar. "Da bleibst' besser dahoam." Morgens machen sich alle Abreisenden in Richtung Norden auf den Heimweg, ab Mittag füllt sich zunehmend die andere Richtung mit den anreisenden neuen Gästen, die hierher in unsere Region oder weiter nach Österreich, Italien und Kroatien wollen. 

Das werden wir uns auf jeden Fall merken. Und in Zukunft unsere Tourenplanung nach dem Ferienkalender richten. Die Tour Richtung Niederbayern ist auch sehr schön. Zwar keine Berge, dafür aber wirklich einsame, kleine Landstraßen mit wenig Verkehr. Keine schlechte Alternative!

Wo bleibt nur die Zeit?

So ein Umzug frisst Zeit ohne Ende. Vorher, währenddessen, nachher. Ab und zu eisen wir uns los vom Kistenauspacken, Bilderaufhängen und Gartenanlegen, um eine kleine Runde zu drehen. So wie heute. Aber mehr als ein, zwei Stündchen in die nähere Umgebung sind einfach nicht drin. So knattern wir also manchmal nach Feierabend oder zwischen dem Auspacken einfach drauf los. 

Ein, zwei Runden kristallisieren sich dabei schon als zukünftige Hausrunden heraus. Auf einer sind wir heute unterwegs. Rein in die Berge, durch ein wunderschönes Hochtal an ein paar kleinen Seen vorbei und wieder zurück nach Hause. Was uns aber noch fehlt, ist so ein richtiger Bikertreff, zu dem man einfach mal hinfahren kann und auf jeden Fall ein paar Leute trifft. Abwarten und Tee trinken. Wird sich alles noch finden. Jetzt genießen wir erst einmal unsere Entspannungsrunde am Abend. 

Bin ich im OP?

Was tut man nicht so alles für sein Mopped! Ich habe mir jedenfalls einen Tag frei genommen, um mit meinem Straßenkönig in die neu entdeckte Werkstatt zu fahren und dort die HU machen zu lassen. Schließlich will ich mir den Laden ja einmal ganz genau anschauen, ob er auch meines Straßenkönigs würdig ist, bevor ich dort irgendwann einmal wirklich haarige Reparaturen oder aufwendige Umbauten in Auftrag gebe. 

Auf der Fahrt in die neue Werkstatt gehen mir die wildesten Bilder durch den Kopf, was mich jetzt erwarten könnte. Eine freie Harley-Werkstatt. Eine One-Man-Show. So viel weiß ich ja schon. Und die ausgestellten Umbauten sahen alle ganz ordentlich aus. Nicht alles mein Geschmack, aber sauber gearbeitet, mit viel Liebe zum Detail. Aber macht der Typ das alles in der Garage hinterm Haus? Stapeln sich daneben im Schuppen irgendwelche Teile, demontierte Moppeds, Werkzeugkisten und Schrotthaufen? Habe ich zu viele schlechte Filme gesehen, in denen solche Hinterhofwerkstätten auftauchen? Oder bin ich der Harley-Werbung aufgesessen, dass nur ein offizieller Dealer auch eine gute Werkstatt sein kann. 

Ich rolle vor das Werkstatttor und bin schon mal beeindruckt. Hinterhof ist das nicht, vielmehr ein kleiner Werkstattbetrieb, ganz offensichtlich vor ein paar Jahren extra für diesen Zweck gebaut und tipptopp in Schuss. Noch bevor ich absteigen und reingehen kann, öffnet sich das Rolltor. Klar, dass ich schon gehört wurde. Wofür fährt man schließlich Harley. 

Hinter dem Rolltor tut sich eine Werkstatt auf, wie ich sie noch nie in meinem Leben vorher gesehen habe. Wurde hier schon mal gearbeitet? Oder putzt der Typ seinen Laden nur? Vom Boden würde ich ohne Bedenken essen. Die Werkzeuge liegen wie zum Fotoshooting für einen Katalog für Werkstattausrüstungen in Reih und Glied auf den Rollwagen oder hängen ordentlich an Wandhaltern. Die Bikes, die beim Harley-Treffen vorige Woche noch ausgestellt waren, stehen wieder blitzeblank geputzt im kleinen Showroom. Ah, da auf der Hebebühne steht sogar ein Motorrad, an dem wohl gerade gearbeitet wird. Und tatsächlich: Auf der Arbeitshose sehe ich sogar einen kleinen Fettfleck. 

Auch wenn's nur die HU ist, der ich in der nächsten Stunde beiwohnen darf und bei der der Meister nur ein paar Handgriffe zu tun hat - ich bin tief beeindruckt. Das wird mein neuer Harley-Schrauber, da bin ich mir sicher. Jeder Handgriff sitzt, aber nach jedem Handgriff wird auch sofort das nicht mehr benötigte Werkzeug weggeräumt, vielleicht am Bike hinterlassene Spuren werden sofort weggewischt. So liebevoll ist wahrscheinlich außer mir noch niemand mit meinem Straßenkönig umgegangen. Bingo, wenigstens haben wir in der neuen Heimat schon einmal eine geile Werkstatt gefunden!

Ein Joker unter lauter Nieten

Ist das alles noch ungewohnt! Wahrscheinlich warten keine 5 km von uns entfernt die geilsten Motorradstrecken auf uns, aber wir ahnen nichts davon. Egal, dann gibt es wenigstens Neues zu entdecken. Vielleicht hilft ja das kleine Harley-Treffen dieses Wochenende. Koffer und Kisten sind so weit ausgepackt, dass wir im neuen Zuhause schon von Wohnen reden können. Spricht also nichts dagegen, die Motoren endlich wieder einmal anzuwerfen und uns den Wind um die Nase wehen zu lassen. Auf geht's!

Viel ist ja nicht gerade los. Ein paar Buden mit den obligatorischen Fressalien, Schmuck und Ledersachen. Ein Festzelt, in dem allerdings auch nur ein paar einsame Gestalten hocken. Ein geschotterter Parkplatz für die Bikes, der vielleicht viertel voll ist. Das war ja wohl ein Reinfall. Doch halt, stopp, stehenbleiben. Da stellt ja noch ein Harley-Schrauber aus. Und der kommt auch noch hier aus der Nähe. Nix wie hin. Die nächsten offiziellen Harley-Dealer sind nämlich in München (100 km für eine Strecke) und Salzburg (nur 40 km, aber entweder Pickerl oder einmal quer durch die Stadt). Wenn es da eine Alternative vor der Haustür gibt, das wäre einfach genial. 

Manchmal ist es auch gut, wenn bei so einer Veranstaltung nichts los ist. Der Harley-Schrauber hat nämlich jede Menge Zeit für uns und stellt uns ausführlich vor, was er so macht - eigentlich alles - und was nicht - eigentlich nur keine offiziellen Stempel ins Serviceheft. Nett ist er obendrein. Und da bei meinem Straßenkönig der TÜV noch für diesen Monat ansteht, ist das doch eine tolle Gelegenheit, mal in der Werkstatt vorbeizuschauen und dort die HU machen zu lassen. 

Entzug

Wie lange kann ein Biker es eigentlich in der Saison aushalten nicht zu fahren? Seit unserer Überführungsfahrt stehen mein Straßenkönig und die Sporty einsam und allein in der Garage unseres neuen Zuhauses - schon fast anderthalb Monate. Aber jetzt ist es endlich so weit. Der ganze doch nicht so unwichtige Rest folgt nach: Möbel, Klamotten, Hausrat und all das Sammelsurium, das sich im Laufe der Jahr so aufhäuft, von dem wir uns aber einfach nicht trennen können oder wollen. Und natürlich wir. 

Der Möbelwagen steht vor dem Haus und wird entladen. Damit sind auch wir in unserer neuen Heimat angekommen. Naja, fast zumindest. So richtig ankommen wird wohl noch ein paar Wochen, wenn nicht Monate dauern. Hoffentlich dauert das Auspacken nicht genauso lange wie das Einpacken. Dann kommen wir mindestens noch einen Monat nicht auf die Moppeds!

Neue Saison, neue Heimat

April. Was war das für ein Winter. Also, eigentlich war es keiner, denn von Schnee und Eis konnte nicht großartig die Rede sein in den letzten Monaten. Aber in unserem kleinen Leben war die Hölle los. Die Probezeit im neuen Job habe ich bestanden, durch einen glücklichen Zufall haben wir ein neues Zuhause gefunden, für die zweite Mai-Hälfte ist der Umzug in eine schnuckelige Doppelhaushälfte geplant. Aber vorher ziehen schon die Sporty meiner Rockerbraut und mein Straßenkönig um. Wir dürfen die beiden Moppeds schon in die Garage stellen. Und für dieses Wochenende hat der Wetterbericht gute Aussichten versprochen. Also ist unsere erste Ausfahrt dieser Saison gleichzeitig auch der erste Teil unseres Umzugs. 

Nach dem Frühstück geht's los. Aus dem Südwesten in den Südosten. 100 km Landstraße und 200 km Autobahn einmal quer durch's Land. Gut, dass wir außer dem coolen Harley-Outfit damals auch sehr uncoole, aber warme und praktische Funktionsbekleidung gekauft haben. Das Wetter ist zwar trocken und sonnig, aber eben noch aprilfrisch. Das mag für Wäsche ja ganz werbewirksam klingen, ein paar Grad mehr könnten wir jetzt aber doch brauchen. 

Die ersten 100 km sind das reinste Vergnügen. Wenig Verkehr, ruhige Landstraßen mit ein paar schönen Schwüngen und Kurven - so macht Moppedfahren wirklich Spaß. Aber es dauert halt! Den Gedanken, die gesamte Strecke über Landstraße zu fahren, haben wir ad acta gelegt, nachdem ich das mal mit dem Auto ausprobiert hatte. Es dauert einfach ewig. Und wir wollen den Straßenkönig und die Sporty heute schließlich nur in ihr neues Basislager überführen, keine Urlaubsfahrt unternehmen. 

Nach einem kurzen Halt und einer Stärkung starten wir auf die erste Autobahnetappe. Mal macht auch das Spaß. Die Bahn ist frei und wir lassen die Pferdchen so richtig traben - bis nach gut 50 km die Geschwindigkeitsbegrenzungen anfangen, die bis ans Ende der Tour unsere ständigen Begleiter bleiben. Und dann erst München. Der mittlere Ring ist Baustelle, ein elendes Gequäle durch verengte Fahrspuren mit idiotischen Ich-muss-noch-schnell-Einkaufen-Samstagsfahrern und dem üblichen Münchener Verkehrsgedränge. Da macht Moppedfahren überhaupt keinen Spaß. Wir wollen nur noch hier raus!

Als wir uns endlich durch diesen Irrsinn durchgeschlagen haben, ist die nächste Pause fällig. Jetzt brauchen der Straßenkönig und die Sporty auch frisches Futter, genauso wie wir. Also nichts wie runter von der Autobahn und auf den Rastplatz. Tanken, Beine vertreten, etwas essen und kurz austreten - schon geht es weiter. 

Ich bin die Strecke in den letzten Wochen und Monaten jede Woche mit dem Auto gefahren. Aber wie das Alpenpanorama auf dem Straßenkönig wirkt, auf dem ich jetzt dahin rolle, ist einfach unvergleichlich gegenüber dem Auto. Jetzt kann ich nämlich die Berge, das Land, den Frühling nicht nur sehen, sondern auch riechen, schmecken, fühlen. Hallo neue Heimat, wir sind gekommen um zu bleiben und hier jede Menge Spaß zu haben - und natürlich auch um zu arbeiten. Aber das erst wieder am Montag. Jetzt ist noch Samstag und wir knattern weiter in Richtung Zukunft. 

Geschafft. Straßenkönig und Sporty stehen gut und sicher in ihrer neuen Garage. Geschafft sind auch wir. Direkt nach der Winterpause ohne kleinere "Vor-"fahrten war dieser Trip tatsächlich ganz schön anstrengend. Also klingt der Abend noch bei einem leckeren Essen zur Stärkung aus, bevor wir in süße Träume von Touren durch die Berge fallen. 

Veränderungen

Die Saison ist vorbei. Unsere Bikes stehen in der Garage und fallen in den Winterschlaf. Und was für ein Jahr neigt sich langsam aber sicher dem Ende zu: Meine Ex-Sozia fährt begeistert als Rockerbraut mit ihrer Sporty durch die Lande, auch wenn wir bisher immer nur Touren in die nähere Umgebung unternommen haben. Meinen Straßenkönig hatte ich zum Ende der Saison immer besser im Griff. Jetzt gibt es keine Kehre und keinen noch so kleinen Kreisverkehr mehr, um die ich nicht einigermaßen elegant herumzirkle. 

Umbauten werden wir diesen Winter nicht vornehmen. Ich habe einen neuen Job angefangen, da müssen wir erst einmal sehen, was die Zukunft bringt, bevor wir wieder das Ersparte in die Verschönerung der Maschinen stecken. Außerdem werden wir wohl umziehen, wenn im neuen Job alles klappt. Meine Rockerbraut und ich sind nicht die Typen für Wochenendbeziehungen über eine Strecke von mehr als 300 Kilometer, das merken wir jetzt schon nach ein paar Wochen der Teilzeittrennung. Das heißt aber auch, dass die nächste Motorradsaison in gänzlichen neuen Gefilden starten könnte. Mal sehen, was die neue Saison so bringt. 

Im Konvoi

Die vergangenen Wochen waren wir fleißig unterwegs und sind viele kleine Touren gefahren. Immer zu zweit. In der Gruppe haben wir uns nicht getraut. Da wollten wir uns nicht auf die Knochen blamieren. Aber heute veranstaltet unser Harley-Händler einen Charity-Ride, für den wir uns nach langem Hin und Her angemeldet haben. Immer nur zugucken, wenn ganze Clubs und Chapter bei Treffen und Veranstaltungen vorbeirollen, ist zwar ganz spaßig. Aber in so einem Konvoi mitfahren, dass muss doch um ein Vielfaches geiler sein. 

Um kurz vor 9 fahren wir beim Harley-Händler vor. Das heißt: Bis zum Händler kommen wir erst gar nicht. Die Straße ist zugestellt mit Maschinen, wir reihen uns einfach hinten ein und gehen zu Fuß vor. Die Werkstattjungs machen die Tourguides und weisen uns ein. Unser Fahrlehrer ist auch da und versorgt uns Gruppen-Ausfahrt-Neulinge noch mit ein paar Tipps: Immer versetzt fahren, nicht die Spur wechseln, auch nicht, wenn vor uns jemand ausscheren muss. Dann in der Spur die Lücke zufahren. Spurwechseln darf nur das Schlusslicht. Wer links versetzt fährt, muss auf die Blocker achten, die das Feld natürlich immer wieder überholen müssen. Für die darf und muss er kurz Platz machen. Ansonsten gilt noch eine Hauptregel: Niemals abreißen lassen!

Uns beschleicht ein leicht mulmiges Gefühl, ob wir uns da nicht zu viel zugetraut haben. Aber faktisch gibt es kein zurück mehr. Nach uns sind noch mehr Teilnehmer am Charity-Ride gekommen, die Straße vor und hinter unseren beiden Moppeds ist dicht, da gibt es kein entkommen mehr. Also warten wir an unseren Maschinen auf das Startzeichen. Das ist natürlich nicht zu überhören: Das Starten der Motoren und Grollen der Auspuffanlagen rollt von vorne auf uns zu, wir starten auch und reihen uns damit in diesen unglaublichen Sound ein. Dann kommt Bewegung in die Masse, der Ride geht los: Get your motor runnin', head out on the highway... oder besser: auf die Landstraße, denn wer will schon Autobahn oder Bundesstraße fahren?

Über 50 Harleys rollen los und wir sind mitten drin. Ein berauschendes Gefühl. Der Road Captain hat eine tolle Strecke zu einem beliebten Bikerlokal ausgetüftelt. Es geht über kurvige kleine Nebenstraßen. In den Orten, die wir durchfahren, bleiben die Leute am Straßenrand stehen und winken. Beim Tankstopp nach knapp 100 Kilometern verursachen wir ein mittleres Verkehrschaos, weil nicht nur gut die Hälfte der Harleys tanken muss, sondern viele vorbeifahrende Auto-, Motorrad- und Fahrradfahrer stehen bleiben, um sich dieses Schauspiel von 50 V-Twins an und um die Tanke herum näher anzuschauen. Ähnliches passiert natürlich auch am Zielpunkt. Das ist zwar - wie schon gesagt - ein beliebtes und bekanntes Bikerlokal. Aber 50 Harleys schlagen auch dort nicht jeden Tag auf einmal auf. Und erst recht stellen sich die üblichen Gäste nicht auch noch für ein Gruppenfoto in Reih und Glied auf. 

Nach einer leckeren Stärkung und einigen Benzingesprächen mit den anderen Teilnehmern geht es am späten Nachmittag wieder auf eigene Kappe zurück nach Hause. Wir sind wieder als gemischtes Doppel unterwegs und fallen daheim völlig erschlagen auf unser Sofa. War das eine geile Erfahrung! Aber auch anstrengend. Für uns ein unvergessliches Erlebnis, für den guten Zweck gibt's eine fette Spende. Das nenn' ich mal 'ne Win-Win-Situation!

Trainingstag

Ich gebe es ja ungern zu, aber wirklich sicher bin ich auf meinem Straßenkönig nicht unterwegs. Vor allem enge Kurven, winzige Kreisverkehre, Wenden auf engem Raum machen mir Probleme - auch jetzt noch, da meine Rockerbraut nicht mehr hinter mir Platz nimmt, sondern selber fährt. Schlimmer noch: Mit ihrer Sporty ist sie wesentlich wendiger, agiler und flotter unterwegs als ich mit meinem Straßenkönig. Das muss sich ändern! 

Da meine Rockerbraut den Fahrlehrer von ihrer begleiteten Probefahrt in höchsten Tönen gelobt hat, haben wir einen Termin vereinbart. Heute geht es auf einen kleinen Verkehrsübungsplatz in der Nähe. Hat das etwas zu bedeuten, dass der direkt neben dem Friedhof liegt? Egal, hier stören wir jedenfalls niemanden, denn außer Friedhof gibt es weit und breit nichts außer Wald, Felder und Wiesen. 

Gut zwei Stunden später und einige Liter Schweiß leichter sitzen wir auf unserer Terrasse: Fahrlehrer, Rockerbraut, ich und einige Liter Cola, Wasser, Kaffee und Tee. Ich bin fix und fertig, obwohl ich in den anderthalb Stunden Fahrtraining vielleicht 10 km gefahren bin. Die halbe Stunde An- und Abfahrt zum und vom Übungsplatz hat mehr Kilometer auf die Uhr gebracht! Die linke Hand tut weh vom Kuppeln, im rechten Bein habe ich einen Krampf vom dezent dosierten Bremsen. Der Nacken ist steif wie ein Brett. Aber ich darf stolz auf mich sein. Selbst den kleinsten Kreisel auf dem Platz habe ich am Ende geschafft. Und die Slalomstrecke, die der Fahrlehrer für mich immer wieder ausgelegt hat, war am Ende auch deutlich enger als am Anfang. Geht doch. 

"Ja, ja, aber Du musst jetzt nicht gleich abheben. Wenn Du wissen willst, was richtige Motorradbeherrschung ist, dann such' im Internet mal unter dem Stichwort >harley davidson police slalom< und schau Dir die Videos mal an, was da abgeht. Dann sprechen wir uns wieder." Hab' ich mir dann abends angeschaut. Hallo, was geht denn da ab? Die Jungs fahren auch Road King, aber so viel Kohle kann ich gar nicht in Fahrtraining investieren, um meinen Straßenkönig so zu beherrschen. Und wahrscheinlich auch nicht in Ersatzteile, die auf dem Weg dahin fällig sind. 

Hektischer Freitag

Um 8 Uhr macht die Zulassungsstelle auf. Dann kann ich eigentlich auch erst den Versicherungsmann erreichen. Aber ab Viertel vor versuche ich es praktisch im Minutentakt. Vielleicht kommt der ja heute früher. Wie bescheuert bin ich denn? Gestern war Christi Himmelfahrt, Vatertag, Feiertag. Kein vernünftiger Mensch kommt heute überpünktlich ins Büro. Glückspilze wie ich haben sogar ganz frei. 

Scheiß Warterei. Immerhin hatten wir schon direkt nach dem Kauf vor ein paar Wochen das Wunschkennzeichen reserviert. Endlich geht bei der Versicherung jemand ans Telefon. "Nein, der Chef hat heute frei, aber vielleicht kann ich Ihnen helfen", flötet eine Mitarbeiterin in den Hörer. "Ich brauche eine Versicherungsbestätigung. Das Motorrad für meine Frau ist am Mittwoch überraschend gekommen und wir könnten es heute zulassen... Sie wissen ja schon Bescheid." Am anderen Ende der Leitung klappern die Tasten der Computertastatur. "Moment bitte, ich bin gerade erst reingekommen und muss eben noch den Rechner hochfahren." Es klappert weiter. Wer hat eigentlich behauptet, dass Computer irgendetwas beschleunigen? Zumindest das Hochfahren der Dinger ist eher Entschleunigung! 

"Ah, da hab ich Ihre Daten. Geht es um die Harley-Davidson XL 1200 C? Da ist schon eine Anfrage hinterlegt." "Ja, die Daten hatten wir Ihnen direkt nach dem Kauf zugemailt. Wie komme ich denn jetzt an die eVB-Nummer?" Während ich am Festnetz telefoniere, brummt auch noch mein Handy. Hab jetzt keine Zeit, das andere Telefonat ist wichtiger. Die SMS kann ich auch später noch lesen. "Sie müssten gerade eine SMS mit der eVB-Nummer bekommen haben", tönt es aus dem Hörer. Geile moderne Welt. 

Ich liebe Computer, Handys und überhaupt alles, was die Zulassung der Sporty heute möglich macht. 

Ich liebe den netten Herrn in der Zulassungsstelle. Der erledigt nämlich alles in erstaunlich kurzer Zeit. 

Ich liebe den Schildermacher, der ratzfatz das Wunschkennzeichen prägt. 

Ich liebe unseren Harley-Händler und die Werkstattjungs, die die Sporty bis heute Nachmittag fertigmachen. 

Ich liebe Petrus, der am Nachmittag auch noch das richtige Wetter zum Abholen der Sporty macht. 

Ich liebe das Strahlen in den Augen meiner Ex-Sozia, als ihre Sporty aus der Werkstatt rollt und ihr übergeben wird. Aus Sozia wird Rockerbraut. 

"Herzlichen Glückwunsch, mein Schatz, nachträglich zu Deinem 45ten", wünsche ich meiner Rockerbraut. Dann erledigen wir noch die letzten Formalitäten und machen uns auf den Heimweg. Natürlich gibt es noch eine Zwischenstopp am Ausflugslokal. Schließlich müssen wir ja zeigen, was am Mittwoch für soviel Hektik, Wirbel und Freude gesorgt hat. 

Unverhofft kommt oft

Anfang Mai, morgen ist Christi Himmelfahrt, herrliches Wetter. Warum also im Büro versauern. Lieber früh nach Hause und das lange Wochenende schon einmal mit einer kleinen Ausfahrt einläuten. "Schatz, wo fahren wir hin?" "Lass uns doch einfach zu diesem netten Ausflugslokal fahren. Das mit der schönen Terrasse und der tollen Aussicht. Da treffen wir bei dem Wetter bestimmt auch ein paar andere Biker." Solche Wünsche sind mir gerne Befehl. Also rein in die Motorradklamotten, rauf auf den Straßenkönig und los geht's.

Am Bikertreff ist nix los, wir halten trotzdem, um was zu trinken und vielleicht ein Stückchen Kuchen zu naschen. Während wir auf die Terrasse gehen, wo uns die Bedienung schon freundlich grüßt und unsere Getränkewünsche aufnimmt, werfe ich - warum auch immer, ist sonst überhaupt nicht meine Art - einen Blick auf mein Handy. "1 verpasster Anruf". Die Nummer sagt mir gar nichts. Also die Mailbox abhören. "Hallo Uli, Eure Sporty ist heute gekommen. Bitte melde Dich doch mal." 

Manchmal passen Dinge einfach zusammen wie der Arsch auf den Eimer. Wer auch immer die so zusammenfügt. Ich habe heute früher Feierabend gemacht. Unser heutiges Ausflugsziel liegt genau auf halbem Weg zum Harley-Händler. Ich hole ausnahmsweise mal mein Handy aus der Tasche, wenn wir einen Stopp einlegen. Und es ist erst 5 Uhr, der Harley-Händler hat bis 6 auf, also können wir das tatsächlich auch noch dahin schaffen. 

"Vergiss die beiden Tees!", rufen wir der Bedienung zu, "wir kommen später noch mal wieder." Mit diesen Worten, begleitet von den staunend-zweifelnden Blicken der Kellnerin, eilen wir wieder zum Straßenkönig und starten zum Harley-Händler durch. 

Da kommen wir auch noch rechtzeitig vor Feierabend an. "Mensch, super, toll, wo ist unsere Sporty, wie geht's jetzt weiter?", sprudelt es aus uns heraus. "Sie steht in der Werkstatt, ist ja heute Mittag erst gekommen. Da müssen wir schon noch ein bisschen was machen, bevor Ihr die mitnehmen könnt. Aber den Brief kann ich Euch schon mal geben, damit Ihr sie zulassen könnt." 

Wie geht es jetzt weiter? Morgen ist Feiertag, da geht gar nichts. Freitag könnten wir sie zulassen, dafür müssen wir aber noch die Versicherungsbestätigung haben. Den Versicherungsmenschen erreichen wir heute nicht mehr. Hoffentlich arbeitet der am Freitag und macht nicht Brückentag. Dann könnten wir die Sporty am Freitagnachmittag theoretisch abholen. 

Unsere Gedanken haben wir laut ausgesprochen, unser Gegenüber lächelt dazu. "Na, dann schau ich mal, ob die Werkstattjungs noch da sind und was die am Freitag so vorhaben", tönt es über den Tresen, während sich unser Verkäufer erhebt und Richtung Werkstatt stapft. Ein paar Minuten später kommt er wieder. "Die Jungs in der Werkstatt mögen Dich scheinbar", schmeichelt es meiner Sozia entgegen. "Die wollen's sich mit Dir nicht verderben und Dich nicht unnötig auf die Folter spannen. Wenn Ihr am Freitagmorgen wisst, ob Ihr die eVB-Nummer von der Versicherung bekommt und die Sporty zulassen könnt, dann sagt bitte so früh wie möglich Bescheid. Dann schiebt die Werkstatt Dein Mopped irgendwie dazwischen und Ihr könnt sie spätnachmittags abholen." 

Voll mit Glückshormonen und Vorfreude auf Freitag düsen wir wieder ab. In der Tasche den Brief der Sporty, im Kopf jede Menge Gedanken und Ideen, wie wir das am Freitag am besten machen. Und was wir machen, falls wir die Versicherung nicht erreichen. Vielleicht ein Kurzzeitkennzeichen? 

Natürlich machen wir auf dem Heimweg wieder Halt an unserem ursprünglichen Ziel, dem netten Ausflugslokal. Die Bedienung schaut uns an, als kämen wir von einem anderen Stern oder als wären wir völlig irre. "Euer Tee ist jetzt aber kalt", begrüßt sie uns mit einem freundlich-fragenden Lächeln. Und weil nicht viel los ist, laden wir sie ein sich zu uns zu setzen, denn wir müssen unser Glück jetzt mit irgendjemandem teilen. 

Nix mehr Sozia. Rockerbraut!

Ein herrlicher Tag Anfang April, wie rollen auf meinem Straßenkönig zum Harley-Händler. Der muss herzlich lachen, als er uns sieht. "Na, schon wieder da? Hab's schon von meinem Verkäufer gehört, die Probefahrt gestern war ein voller Erfolg. Na, da steht die Sporty. Was kann ich denn jetzt für Euch tun?" Rhetorische Frage. Er weiß doch nur zu genau, was er für uns tun kann. "Du darfst uns die Sporty verkaufen. Mach ein Schleifchen drum, wir nehmen sie gleich mit." "Ne, so einfach geht das nicht. Das ist meine Vorführmaschine. Die kann ich Euch nicht verkaufen. Aber ich bestell' Euch natürlich gerne eine neue." Wir wandern an den PC, erledigen alle Formalitäten. Die Lieferanfrage an Harley ergibt eine Lieferzeit von 6 bis 8 Wochen. Eine harte Geduldsprobe. 

Voller Erfolg

Das Telefon klingelt im Büro. Heute ist der zweite Probefahrttermin meiner Sozia. Soll ich rangehen? Natürlich. Bin ja selber neugierig, wie's gelaufen ist. "Hallo Schatz!" Mehr müsste ich eigentlich nicht hören, so strahlt die Stimme schon in diesen zwei Wörtern. Aber es geht ansatzlos weiter, ich kann nicht mal antworten. "Ist das geil, ich kann's doch noch. Also, mit der anderen Maschine, da kann was nicht gestimmt haben. Die kann man ja eigentlich überhaupt nicht abwürgen. Und wie die abgeht. Ich meine, wir sind am Ende der Stunde mal ein Stückchen Landstraße gefahren und da konnte ich ein bisschen Gas geben. Wie die beschleunigt..." 

So ähnlich ging es dann noch ein paar Minuten weiter. Kann ein Mensch so viel und so schnell reden ohne Luft zu holen? "Super, toll, das freut mich. Dann sollten wir heute Abend wohl mal überlegen, wie's weitergeht." "Also, wir können die auch finanzieren, Harley hat da ganz tolle Angebote." Ich kann mir das Lachen nicht verkneifen. Es ist gerade einmal fünf Tage her, dass sie nicht mehr Motorrad fahren konnte. 

Überzeugungsarbeit

Abends zuhause ist ein wenig Ruhe eingekehrt, die ersten Emotionen verflogen, Sachlichkeit kommt langsam in die Diskussion. Meine Sozia hat sich doch noch die aktuelle Sporty zeigen lassen, eine XL 1200 C, die sie mir jetzt auch im Internet zeigt. Schnuckelig: schwarz, viel Chrom, Speichenräder. "Meinst Du wirklich, ich soll's noch einmal probieren?" "Na klar, wenn man vom Pferd fällt, muss man schnell wieder aufsteigen, sonst klappt das mit dem Reiten nie mehr." "Aber die hat noch mehr Hubraum und PS." "Schatz, Hubraum ist durch nichts zu ersetzen außer durch noch mehr Hubraum. Das kann's alles nur leichter machen." "Soll ich dann den Termin am Montag bestätigen?" "Natürlich Schatz." "Und was, wenn ich dann klar komme? Ich meine, mit der neuen. Die ist doch viel zu teuer, die sprengt doch komplett das Budget!" "Fahr doch erstmal. Dann können wir immer noch sehen, wie es weiter geht." "Ok, dann ruf ich morgen an, dass ich Montag nochmal komme." "Prima."

Ich kann nicht mehr fahren!

Das Telefon klingelt im Büro. "Ich kann nicht mehr Motorradfahren. Vergiss es. Der Bock ruckelt und hoppelt wie ein Kaninchen. Ich weiß gar nicht, wie oft ich den in der Stunde abgewürgt habe." Heute war die begleitete Probefahrt meiner Sozia auf der Sporty. Scheint nicht so gut gelaufen zu sein. 

"Wo bist Du denn jetzt?" "Noch beim Händler. Brauch jetzt erstmal 'ne Cola. So blöd kann man doch gar nicht sein. Von wegen Moppedfahren verlernt man nicht. Hatte ich doch schon geahnt. Aber Du musstest ja immer noch auf mich einreden, dass ich wieder selber fahren soll..." "Ja, dann trink erst mal was und atme mal tief durch. Was hat denn der Fahrlehrer gesagt? Der hätte Dir doch helfen müssen?!" "Der war supernett. Was soll der schon sagen, wenn ich zu blöd bin zu fahren. Kannst ihn ja selber fragen, der steht hier noch neben mir." "Hallo, was war denn da los? Das kann doch gar nicht sein, dass sie gar nicht mehr fahren kann?" "Nö, lag wahrscheinlich auch gar nicht an ihr. Die Sporty ist das letzte Vergasermodell, da stimmt irgendwas mit der Abstimmung nicht. Ich hab schon mit dem Chef gesprochen. Wenn sie will, können wir nächsten Montag noch einmal eine begleitete Probefahrt machen, dieses Mal aber mit 'ner neuen Sporty. Ich hab' die Deiner Frau schon gezeigt, aber im Moment braucht die wohl erstmal eine Auszeit. Überlegt's Euch in Ruhe, ich halt' den Termin einfach mal frei." 

Überraschung!

Heute Nachmittag kam der Anruf: Mein Straßenkönig ist fertig! "Komm doch einfach in den nächsten Tagen mal vorbei. Dann kannst Du Dir alles ansehen und wir machen einen Termin für die Rücklieferung aus", krächzt die Stimme vom Band des Anrufbeantworters. Also nix wie hin. Nicht in den nächsten Tagen. Jetzt, heute, sofort! 

Da steht er, mein Straßenkönig. In einem Nebenraum der Werkstatt. Glänzend, flammend, bollernd. "Und, wie gefällt's Dir?", frage ich vor Begeisterung den Werkstattmeister, der mir meinen Straßenkönig zeigt. "Ja, passt schon", lautet die knappe Antwort. Hätte ich mir auch denken können. Wenn ich mir so ansehe, was gerade in der Werkstatt für ein Umbau an einer Breakout läuft, dann sind die paar Bolt-on-Teile und der Auspuff an meiner Road King einfach nur lächerlich. Egal, ich find's geil - auch noch, als ich die Rechnung bezahle. 

Tja, und dann passiert an diesem Tag noch etwas Bemerkenswertes. Während ich bezahle und noch ein wenig mit dem Chef fachsimple, ist meine Sozia durch den Laden spaziert. Jetzt steht sie neben mir: "Komm mal mit, ich muss Dir was zeigen." Es geht vorbei an den Neumaschinen, vorbei an den Klamotten, vorbei am Schmuck und den Accessoires. Bis wir in der Ecke mit den Gebrauchtmaschinen stehen. "Guck mal, sowas könnte mir gefallen." 

Irgendwann im Herbst hatte ich schon angefangen, meiner Sozia das Thema Selberfahren schmackhaft zu machen. Ich wusste, dass es sie juckt. Aber so richtig wollte sie nicht ran an die Sache. Und jetzt das: Vor uns steht eine gebrauchte Sporty. Schlicht. Klassisch. Bezahlbar. Der Chef ist uns natürlich gefolgt, wohl ahnend, dass hier noch ein Geschäft auf ihn wartet. "Setz Dich doch einfach mal drauf!", leitet er die Verführung ein. Sie setzt sich. "Also, ich finde, die passt gut zu Dir", schmeichelt der Verführer weiter. "Und beim Preis können wir auch noch was machen", umgarnt er jetzt mehr mich als die Sozia. 

Jetzt kommt das Drehen und Winden, das Ausweichen und Rausreden: "Ich weiß nicht, ob ich mich wirklich trau. Bin ja auch 20 Jahre nicht mehr gefahren. Und hinten drauf sitzt ich doch auch ganz gut. Also, einfach so wie mein Mann wieder aufsteigen und losfahren, das kann ich mir gar nicht vorstellen." Fasel. Laber. Rhabarber. Leberkäs. "Du, das ist kein Problem. Wir arbeiten mit einem Fahrlehrer zusammen. Der macht mit Wiedereinsteigern wie Dir 'ne Stunde begleitete Probefahrt, wenn Du Dich so unsicher fühlst." 

Im Rausch der Teile

Offensichtlich sind wir nicht die einzigen, die über Weihnachten nichts besseres zu tun hatten, als über Umbauten am Motorrad nachzudenken. Alleine sind wir beim Händler jedenfalls nicht. Aber in der Werkstatt kennen die Jungs diesen Trubel scheinbar schon und sind gut vorbereitet. Geschraubt wird in diesen Tagen nur in Ausnahmefällen, dafür aber beraten. Meine Wunschliste findet die Zustimmung des Werkstattmeisters. Ja, das klinge alles ganz vernünftig und ist auch alles machbar (was auch sonst, schließlich reden wir hier über Umbauwünsche im Gegenwert eines sehr luxuriösen Urlaubs für zwei!). 

Auspuff: kein Problem, wir lauschen Vorführmaschinen mit verschiedenen Anlagen. Optisch und vom Klang her wird's eine Penzl.

Flame-Design: Trittbretter für Fahrer und Sozia, Fußhebel für Schaltung und Bremse

Chrom: alle Bedienelemente am Lenker, eine Abdeckung für das Lenkradschloss, Verkleidungen für die Unterseite der Soziatrittbretter, Chromschirme für die Scheinwerfer und vorderen Blinker

Aus der Werkstatt marschieren wir ins Lager, wo wir die Teile bestellen können und auch gleich erfahren, ob alles für meinen Straßenkönig lieferbar ist. Ist es. Also noch einmal mit der guten Nachricht zurück in die Werkstatt und einen Termin für die Abholung der Maschine vereinbart. Mitte Januar zieht sie um in die Werkstatt und soll pünktlich zum Saisonbeginn Ende Februar/Anfang März - im neuen Glanz erstrahlend - wieder zurückgeliefert werden.   

Zwischen den Jahren

27. Dezember, endlich ist Weihnachten vorbei. Und der Harley-Händler hat offen! Ob wir vorbei kommen könnten wegen des Winterserviceangebots und ein paar Zubehörsachen? Natürlich, klar, wie wär's morgen, da sind Werkstattleiter und Zubehörspezialist da und können mich beraten. Meine Sozia und ich setzen uns hin und schreiben alles ordentlich zusammen, was wir fragen, wissen, kaufen möchten.  

Weihnachten fällt aus - oder wird zumindest verschoben

In den letzten Tagen war der Zubehörkatalog mein ständiger Begleiter. Jetzt ist Weihnachten und noch mehr Zeit, darin zu blättern. Glücklicherweise teilt meine Sozia diese Leidenschaft und beteiligt sich fleißig daran, gelbe Post-it-Zettelchen auf die Seiten zu kleben, auf denen wir tolle Sachen entdecken. Nein, nicht auf jede Seite! Wir haben schließlich ein Konzept - das reden wir uns zumindest ein. 

Fest steht eigentlich schon seit dem Spätsommer, dass der Originalauspuff weg und durch ein klangvolleres Instrument ersetzt werden muss. Die neuen Tröten sollen aber die originale Optik nicht großartig verändern. Da wird uns unser Harley-Händler sicher gut beraten. 

Der Vorbesitzer meines Straßenkönigs hatte außerdem schon ein paar kleiner optische Modifikationen vorgenommen, unter anderem beheizbare Griffe im Flame-Design. Das gefällt mir auch gut, und so wollen wir meinem Straßenkönig noch ein paar weitere Flammen mit auf den Weg geben. Ja, und dann stehe ich total auf Chrom... 

Schönen Gruß vom Nikolaus

Nikolaus-Party beim Händler. Für ein bisschen Motorradluft und Bikerfeeling fahren wir hin. Schließlich steht mein Straßenkönig schon gut einen Monat regungslos in der Garage, regelmäßig von mir umschlichen. Einziges Lebenszeichen sind die Leuchten am Batteriefrischhaltegerät. Als Geschenke vom Harley-Nikolaus nehmen wir einen harmlosen Schokoladenmann und einen brandgefährlichen Zubehörkatalog mit - über 800 Seiten Verführung pur. 

Die Saure-Gurken-Zeit beginnt

Ende Oktober, Ende der Saison, Ende der Gültigkeit des Saisonkennzeichens. Anfang einer langen Leidenszeit! Vom Händler kommt termingerecht das Angebot für den Winterservice, Abholung und Rücklieferung oder Einlagerung der Maschine inklusive. Und natürlich DIE Gelegenheit, noch die eine oder andere Verbesserung und Verschönerung vornehmen zu lassen. Mal sehen, müssen wir ja nicht sofort entscheiden. Aber das Winterserviceangebot wäre schon praktisch. 

Die erste Fahrt mit Freunden

Heute starten wir das erste Mal zu einer Tour mit anderen Bikern, einem befreundeten Pärchen - auch wenn die beiden keine Milwaukee-Eisen fahren, sondern jeder eine Bayern-Gummikuh lenkt. Es wird eine ziemlich frustrierende Erfahrung. Wir zu zweit auf dem Straßenkönig haben keine Chance, an den beiden dran zu bleiben. Liegt's an mir, weil ich noch so neu auf dem Bock bin und die beiden BMW-Lenker schon immer fahren? Oder ist am Spott und Hohn über meinen "Schraubenhobel" doch mehr Wahres dran, als ich wahrhaben will? 

Das erste Mal zu zweit

Bisher bin ich nur allein gefahren. Erst mal Sicherheit bekommen, bevor die Sozia mitfährt. Aber die hat inzwischen die Nase voll davon, zuhause auf ihren Allerliebsten zu warten, während der durch die Gegend knattert. Also starten wir heute zur ersten Ausfahrt als Doppelpack. 

Uih, das ist aber schon eine etwas andere Nummer, so zu zweit aus der Einfahrt und um die erste enge Kurve zu zirkeln. Wenn die Fuhre rollt: alles kein Problem. Langsam müssen wir halt üben. Aber es klappt. Ich habe sowieso mein chronisches Straßenkönig-Grinsen im Gesicht. Wie ich feststelle, ist das wohl ansteckend. Auch die Sozia zeigt glücklich-zufriedene Gesichtszüge. Kein Wunder, so bequem wie sie es dank SissyBar da hinten hat. Ab jetzt geht es also nur noch zu zweit auf Tour.

 Zum ersten Treffen

Ganz in der Nähe findet ein American Bike & Car Meeting statt. Mein Straßenkönig und ich sind zwar noch in der Eingewöhnungsphase und tasten uns so langsam an etwas heran, das man Motorradfahren nennen könnte. Aber trotzdem muss ich dahin. Schließlich gehört das zum Harley Way of Life dazu, sich bei Treffen mit anderen V-Twin-Verrückten zu treffen. 

Was für ein erhebendes Gefühl, das erste Mal dabei zu sein! Schon ein ganzes Stück vor dem Ziel steigt die Harley-Dichte deutlich an. Und ich bin mitten drin in dieser Karawane. Ein erhebendes Gefühl, zwischen all den Bikes mitzurollen, während die Passanten am Straßenrand stehenbleiben, staunen und winken. 

Richtig erhebend wird es dann aber bei der Zufahrt zum Eventgelände. Vor mir werden Autos und Motorräder nicht-amerikanischer Herkunft auf einen Wiesenparkplatz abseits der Veranstaltung gelotst. Ich dagegen rolle mit meinem Straßenkönig auf das Veranstaltungsgelände und fühle mich wie Graf Rotz, während ich mitten durch die Budengasse tuckere und mir das Fußvolk bereitwillig Platz macht. Und natürlich gibt es für Harley-Fahrer einen schönen, asphaltierten Parkplatz mitten im Eventbereich. Nix Wiese draußen. Das Leben kann so schön sein, wenn man was Besonderes ist ... oder sich zumindest so fühlt ... oder es Leute gibt, die einem dieses Gefühl geben, auch wenn es für sie dabei nur ums Geldverdienen geht. 

Jetzt geht's los

Kaufvertrag unterschreiben, Versicherung abschließen, Geld von der Bank holen, Kaufpreis bezahlen und Brief bekommen, Mopped zulassen, Kennzeichen machen lassen, wieder zum Händler düsen, MEINEN Straßenkönig abholen. Zwischendurch außerdem noch Klamotten, Helm und sonstige Ausstattung kaufen. Und dann geht's endlich los. Das Kennzeichen ist montiert, im Tank schwappen ein paar Liter Sprit, die erste Fahrt beginnt. Gott-sei-Dank führt die Heimfahrt erst einmal über wenig befahrene Nebenstraßen, sodass ich mich mit meinem Straßenkönig vertraut machen und anfreunden kann. Hier stört es niemanden außer meiner Sozia, die im Auto hinter mir her zuckelt, wenn ich Kurven knapp über Standgas durchschleiche. 

Endlich: Der Tag der Probefahrt

Scheiße, was ist denn hier los? Beim Harley-Händler sind fast genauso viele Menschen wie am Samstag beim Open House. Leute, heute ist ein stinknormaler Mittwoch. Was wollt Ihr alle hier? Doch wohl nicht mir dabei zusehen, wie ich nach 20 Jahren Zweiradabstinenz zum ersten Mal wieder auf einen Bock steige, oder? Das kann ja heiter werden. Aber da muss ich wohl durch. Also Auto geparkt und nichts wie rein in den Laden. 

Drinnen finden wir zwar den Chef nicht, aber der Verkäufer weiß Bescheid: "Ah, Du kommst zur Probefahrt. Ja, da stehen drei Maschinen für Dich. Aber warum drei? Kannste Dich nicht entscheiden?" Ich fasse kurz unser Gespräch vom Samstag zusammen und dass der Chef meinte, die Road King sei vielleicht nicht das richtige Bike für den Wiederanfang. Die Reaktion ist ein langer, an mir auf- und abgleitender Blick und dann der Kommentar: "Du bist doch kein Mädchen. Manchmal ist der Chef auch komisch. Musst fahren, was Dir gefällt und Spaß macht. Alles andere hat doch keinen Sinn." 

Mit diesen Worten sind wir auf den Hof gegangen. Da stehen tatsächlich zwei hagelneue Vorführmaschinen und die blaue Road King. Und ganz viele Biker. Und die Werkstatt-Crew. Und ich. Irgendwie bekomme ich mit, dass einer der Mechaniker und der Verkäufer gerade versuchen, mir das Bike zu erklären: Kupplung, Schaltung, Bremsen, Zündung, Blinker, Keyless-Alarm-Superdingsbums-Schloss... Dann drückt mir jemand einen Helm in die Hand: "Guck mal, ob die Mütze passt. Kannst ja schlecht ohne fahren", grinst mir der Verkäufer ins Gesicht. 

Mütze auf und rauf auf den Bock. Hinsetzen, geraderücken, Seitenständer reinklappen, eigentlich nur symbolisch in die Spiegel gucken und ein bisschen daran herumstellen. Lieber Gott, ich glaub zwar eigentlich nicht, dass es Dich gibt. Aber wenn doch: Bitte lass mich jetzt irgendwie mit dem Bock hier vom Hof kommen. Anfahren ohne Abwürgen, durch das Tor, links rum auf die Straße, nicht geradeaus in die Hecke vom Nachbarn, nicht umkippen, niemanden umfahren. Immerhin: Im Stand fühlt sich das schon geil an. 

Starten. Mann, ist das ein Gefühl. Der Motor schüttelt und rüttelt, ich gebe vorsichtig ein bisschen Gas, nur so, 'nen Gang hab ich noch gar nicht eingelegt. Dann Kupplung ziehen, Gang rein, KLACK. Jetzt gibt es kein zurück mehr. Entweder wird das gleich 'ne riesen Comedy für alle Zuschauer oder meine Wiedergeburt als Biker. Kupplung kommen lassen, ein kleines bisschen Gas. Danke, Mr. Harley und Mr. Davidson, für all den Hubraum. Offensichtlich kann selbst ich den Bock nicht abwürgen, die Fuhre rollt, der erste Schritt ist getan. Dann geht's durch's Tor, ich schaffe das Linksabbiegen auf die Straße, ich rolle, ich schalte hoch, ich fahre, ich komme nach einer Viertelstunde unbeschadet auf den Hof zurück und stelle die Maschine dort auch wieder sicher ab. 

Um die Sache abzukürzen: Auf der ersten Maschine fühle ich mich nicht besonders wohl, die Sitzposition passt irgendwie nicht und außerdem finde ich das Bike noch unhandlicher, als ich es mir selbst bei einer Harley vorgestellt hätte. Aber immerhin habe ich die erste Probefahrt ohne Blamagen und ohne Schäden an Mann und Maschine überstanden. Und das soll auch bei den beiden folgenden Runden so bleiben. Bike Nr. 2 macht schon wesentlich mehr Spaß als die erste Maschine, allerdings fällt meine zukünftige Sozia das Todesurteil für eine eventuelle Kaufentscheidung: "Schatz, mag ja sein, dass Du gerade Spaß hattest beim Fahren. Aber auf dem Bock siehst Du einfach nur richtig Scheiße aus!" Zur Road King muss ich eigentlich auch nichts mehr sagen. Schließlich habe ich sie ja gekauft. Nur so viel: Draufsetzen, losfahren, glücklich sein! Das Grinsen in meinem Gesicht nach der Probefahrt ist chronisch geworden. Es kommt wieder, jedes Mal wenn ich aufsteige und nur einen Meter fahre oder auch nur daran denke! 

Vier lange Tage der Fragen 

Wie lang können vier Tage eigentlich sein? Und gleichzeitig so kurz! Einerseits sehnsüchtiges Warten auf die Probefahrt, andererseits alles vorbereiten: Klamotten für die Probefahrt zusammensuchen (welche Hose, welche Jacke, welche Schuhe und war im Keller nicht noch ein Karton mit alten Motorradsachen?), Infos über das Motorrad sammeln (Testberichte suchen und lesen, gibt es irgendwelche Probleme mit den Modellen dieses Baujahrs, passt der aufgerufene Preis, schließlich will mir der Händler ja was verkaufen und soll mir bei der Probefahrt nicht irgendwelche Märchen erzählen können - eigentlich geht es aber nur darum, dass ich an diesem Tag nicht so dumm dastehe wie beim ersten Besuch), recherchieren, was wir außer dem Mopped noch so alles kaufen müssen (Helme, Klamotten, Handschuhe und Schuhe, Nierengurte - den Karton im Keller gab es zwar noch, aber 20 Jahre hinterlassen unschöne Spuren), nach der Versicherung erkundigen. Und natürlich die Frage aller Fragen: Reicht das Ersparte tatsächlich, um die Road King und das ganze Drumherum zu kaufen? 

Ach, wäre doch schon Mittwoch. 

Wieso ist schon Mittwoch? Ich habe doch noch gar nicht alles erledigt! 

Ein Samstag im Juni 2012 - Open House beim Harley-Händler

Hier ist was los. Die Straßen rund um den Harley-Händler sind zugeparkt mit Autos und Motorrädern. Auf dem Hof, im Laden - überall Menschen im Motorradfieber. Dazwischen wir, meine Frau und ich. Staunend. Beeindruckt. Ein bisschen verschüchtert. Schließlich sind wir anhand unserer Klamotten sofort als Nicht-Biker zu erkennen. Irgendwann entdecken wir sie zwischen den anderen Gebrauchtmaschinen: die blaue Road King von der Homepage. Mein Straßenkönig?

Wir werden auch entdeckt: vom Chef persönlich. Klar, schließlich sind wir ja auch kaum zu übersehen - genauso wenig wie ein paar andere Neu- und Wiedereinsteiger. "Zwanzig Jahre nicht mehr gefahren, jetzt endlich den Traum von der Harley erfüllen, blablabla..." rattere ich mein Sprüchlein auf und starre sehnsüchtig auf die Road King. "Ja, Du bist der typische Kunde für uns, und übrigens: Hier dutzen wir uns!" Sag ich doch: Wir sind als Neue einfach nicht zu übersehen. "Die gebrauchte Road King da, die würde mir gefallen. Können Sie - äh, Entschuldigung - kannst Du uns was dazu sagen?" offenbare ich meine komplette Ahnungslosigkeit. Es folgen Beschreibungen über das Mopped, den guten Zustand, den Vorbesitzer, der die Maschine sorgsam gehegt und gepflegt hat und und und ...

Und die Erkenntnis, dass ich von diesem Mopped gefangen bin wie die Fliege im Netz der Spinne. Aber dann der Rückschlag: "Ob die Road King allerdings das richtige Motorrad für den Wiedereinstieg ist, da habe ich so meine Zweifel. Ist schon ein ganz schön schwerer Brocken! Aber komm doch unter der Woche mal vorbei. Dann stelle ich Dir drei Maschinen hin, die kannst Du Probe fahren. Natürlich auch die Road King. Wie wär's am Mittwoch?"